- Interessant: Berlin: Gespräche zwischen Bankbesetzern und Bank - monopoly, 18.12.2003, 14:31
- "Auaaa" - Zandow, 18.12.2003, 21:28
Interessant: Berlin: Gespräche zwischen Bankbesetzern und Bank
-->Besetzung Berliner Bank update
von Spar Wars - The University Steiks Back - 18.12.2003 01:26
Die Berliner Bank ist Teil der Berliner Bankengesellschaft.
Diese hat - wie bekannt - extrem viel Geld verloren (man könnte auch sagen"transferiert", obwohl eine Bank ja eigentlich fast nur fette Gewinne machen kann (2,5% Zinsen geben, dafür 15% Zinsen nehmen - plus tausend Gebühren).
Jetzt sollen wir das ganze bezahlen.
Wir sagen: Schluß mit lustig - Schluß mit Schluß!
Es ging ungefähr um 10.00 los, wir stürmten mit 20-30 uniformierten Aktivisten (alle mit T-Shirts"Schämt euch") am Wachmann vorbei ins Foyer. Es wurde draußen von der Soligruppe (so 40-60 Leute) Musik gemacht, die Straße blockiert, Flyer zum Bankenskandal verteilt.
Im Vorraum wurde skandiert, außerdem wurden die Forderungen verlesen. Es kam mit der Zeit immer mehr Presse, so daß wir zeitweise drei Kameramänner da hatten. Viele Fotografen. DPA, RBB, mehr weiß ich nicht. Die Forderungen beinhalteten: * Die Studenten können nichts für die mafiösen Geschäfte der Bankengesellschaft, deshalb macht es keinen Sinn, bei ihnen zu kürzen * Studienkonten und Studiengebühren werden abgelehnt * Es wird die Rücknahme des Risikoabschirmungsgesetzes gefordert, und die sinnvolle Verwendung der jährlichen 300 000 000/ 900 000 000 Euro für Bildung * Es wird eine Plattform zum Einbringen von anderen Vorstellungen und Visionen von Gesellschaft und Bildung gefordert.
Kann sein, daß noch was drin stand, aber das war’s im Groben.
Die Studis waren hauptsächlich von der UdK.
Es waren zeitweise mindestens zwei Hundertschaften da, allerdings ließ sich die Bank mit allen Reaktionen viel Zeit. Die Schalter haben sie recht früh geschlossen. Es kam die ganze Zeit keine Nachricht, ob Strafantrag gestellt wird. Schließlich kam einer von der Bank in den besetzten Vorraum und meinte, sie würden keinen Strafantrag stellen, da man die Studenten als Gäste sehen würde. Man würde auch das Gespräch suchen. Man sei auch gegen den Bankenskandal und würde gerade den Vorstand verklagen. Es sei alles nicht so einfach. Wir nahmen ihn beim Wort und formulierten einen Antrag, den sie unterschreiben sollten:
* Solidarität mit den Studenten * Übergabe aller relevanten, internen Akten an die Studenten * Rückhaltlose Strafverfolgung der Schuldigen anhand dieser Akten etc. Das wollten die natürlich nicht wirklich unterschreiben, weil die angebliche Strafverfolgung/ Untersuchungsausschuss und ebenso ihre"Solidarität" ein einziger Witz ist (wie immer). Deshalb kam der Banker nach einer kurzen Besprechung wieder heraus und bot ein Gespräch mit den Aktivisten an, allerdings unter Ausschluß der Presse. Darüber wurde unter den Studenten etwas diskutiert, man kam aber zu dem Schluß, daß ein Gespräch ohne Presse sinnlos ist, man mobilisierte Experten von der Bankenskandal-Ini und man blieb bei den beiden Forderungskatalogen, auch wenn dies das Ende des"Gastrechtes" bedeuten könnte. Mit einem Banker festgelegte Standpunkte auszutauschen schien wenig sinnvoll. Zu diesem Zeitpunkt (14.00) wurde der Schalterraum abgedunkelt und die Jalousien heruntergelassen. Die Ã-ffnungszeit war vorbei, und jetzt wurde einigen klar, daß die überraschenderweise nicht stattgefundene Räumung bei einer Besetzung des Schalterraumes ziemlich sicher gewesen wäre. Inzwischen rückte eine Frau von der Bankenskandal-Ini einige Äußerungen der Banker gerade. Später kam Matthew D. Rose und hielt ein langes, interessantes teach-in (ca. 1 1/2h lang) über die Berliner Verfilzungen in den letzten 15 Jahren: Ein Netzwerk von Politikern, Bankern, Wirtschaftsprüfern, Gutachtern, Staatsanwälten, Anwälten, Richtern, Werbern, Medienleuten, die sich gegenseitig absichern und die z.T. starke personelle Überschneidungen aufweisen. Als Gegengewicht dazu kommt beim Bankenskandal nur der Rechnungshof, der Bund, die Fondseigner (die langsam die Muffe kriegen, weil die Insolvenz langfristig wahrscheinlicher wird) und die basisdemokratischen sozialen Bewegungen in Frage. Letztere gilt es zu stärken und zu organisieren, um durch eine Parallelstruktur quasi die Regierung zu übernehmen oder zumindest effektiv zu kontrollieren. Zur Frage nach dem Teufelskreis aus Neuverschuldung und Zinszahlungen, der längst den point of no return überschritten hat, wies er auf Argentinien hin, im Sinne der Möglichkeit, die Zahlungen an den Gläubiger einfach auszusetzen. Er schilderte auch die zahlreichen Strategien der Bankrotteure: Verlagerung auf die Cayman-Inseln, Ringgeschäfte mit sich selbst, Verschieben von Problemen in die Zukunft, kritiklose Kreditvergabe,"Sanierung" im Sinne von Verkauf von Werten und Behalten von Risiken, Fusion von öffentlicher und privater Bank, Zusammenlegung von maroder und profitabler Bank, gefälschte Geschäftsberichte, falsche Gutachten, die 300%-GarantieFonds inklusive Abschreibungsmöglichkeiten bis hin zu Details wie dem, daß die Feuersozietät sich ins Rückversicherungsgeschäft einklinken wollte und ausgerechnet die Twin Towers in NYC rückversicherte...
Danach blieben wir noch ein bißchen, aber da weder Presse noch Bankangestellte anwesend waren, schenkten wir uns die Übernachtung und zogen zum UdK-Asta.
Insgesamt eine aus meiner Sicht gelungene Aktion, deren Medienecho ich (noch) nicht genau einschätzen kann.
Mit ein paar Dingen konnte ich nicht soviel anfangen (Hochloben der Polizei, relatives Ausklammern der anderen sozialen Bewegungen), andere liefen sehr gut (Pressepräsenz, Entschlossenheit, Thematisierungen, teach-in).
http://de.indymedia.org/2003/12/70386.shtml

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