- Das Märlein von der"spontanen Ordnung": Hayek und Japan - dottore, 18.12.2003, 19:21
- Re: Japan... etwas Vorgeschichte - JoBar, 18.12.2003, 20:12
- Re: Japan... etwas Vorgeschichte - Shogunat = Stabilität = Konfliktfreiheit? - bernor, 18.12.2003, 23:07
- Danke und Frage zu Macht bei Ureinwohnern - mkF - McShorty, 18.12.2003, 20:37
- Wie passt die Schweiz in die Machttheorie? - chiron, 18.12.2003, 21:39
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- Re: Das Märlein von der"spontanen Ordnung": Hayek und Japan - Galiani, 18.12.2003, 22:06
- Re: Japan... etwas Vorgeschichte - JoBar, 18.12.2003, 20:12
Das Märlein von der"spontanen Ordnung": Hayek und Japan
-->Hi,
ich weiß nicht, ob sich Hayek mit der japanischen Geschichte befasst hatte, bevor er seinen schönen Vortrag an der Rikkyo Universität gehalten hat. (Ich habe ein Manuskript von ihm, handsigniert obendrein, tja, war mal Mega-Fan, auf japanischen Hotel-Papier, wo er die"Katallaxie" beschreibt, siehe schon Mises dazu; ob er das vorgetragen hat und ob es publiziert wurde, kann ich jetzt nicht checken).
Die japanische Geschichte ist nun alles andere als eine machtfreie und ich kann nicht sehen, wie sich die japanische"Gesellschaft" nach"menschlicher Vernunft" bzw. als aus der Gesellschaft selbst kommenden Verwirklichung einer"Ordnung" evolutorisch entwickelt hat.
Wir haben da allerlei ganz andere Abläufe.
Bis in die 1850er Jahre hinein gab es das"bakufu", ein auf feudaler Basis operierendes Shogunat, das wie alle Zwangssysteme mit wegbrechender ökonomischer Basis und der bekannten bürokratischen Verknöcherung der politischen Strukturen zu kämpfen hatte.
Dann kam die Macht von außen. Japan wurde bekanntlich gezwungen, seine Häfen für den Handel zu öffnen (Perry- und Harrisvertrag).
Der interne Machtkampf spitze sich zu, Blut floss. Versuche, bakufu zu erhalten (Gegner war der Kaiser), führten zum Mord an deren Chef. Feudale Samurai opponierten, Versuche liefen, diese wiederum finanziell zu schwächen, usw.
England schließlich wandte sich von diesem Morast ab und verhandelte mit dem Thron. Es wurde auf ausländische Schiffe geschossen, die Leute aus dem Choshu-Distrikt versuchten mit französischer Hilfe eine Diktatur zu errichten.
Schließlich kam 1867 ein neuer Kaiser (Meiji) auf den Thorn, weitere Kämpfe. Der Shogun hatte die Wahl, seine Ländereien aufzugeben, was eine Revolte seiner Vasallen nach sich gezogen hätte. Der Kaiser zog nach Tokyo und der Machtkampf ging weiter, bis weniger begüterte Samurai die reicheren endgültig aus dem Sattel hoben.
Der Meiji-Slogan war: "Macht das Land reich, stärkt das Militär!" Von etwelchen friedlich-evolutorischen Gesellschafts-Bildungen weit und breit keine Spur.
1871 eine Mission nach Europa. Aber nicht aus der Bevölkerung, sondern von Macht-Führern. Sie brachten die Idee zurück, man brauche eine"Modernisierung". Ein Klassiker der gesellschaftlichen Veränderung ("Reformen") von oben startet.
Die Macht-Clique wird nach Tokio bestellt, und ihr wird lakonisch mitgetelt, dass die Ländereien (ca. 250 Latifundien) an den Thron abzutreten seien. Weitere Revolten und Aufstände.
Das Land wird ab 1873 vermessen, was überhaupt erst Privateigentum ermöglicht, das nicht Eigentum der Samurai-Klasse war. Das Land wird von oben bewertet und von oben wird eine 3 %-Landsteuer eingeführt. Bauern, aus der Feudalherrschaft entlassen, erhalten Eigentumsurkunden. Weitere Verwirrungen, Revolten, auch der Bauern.
Die Landsteuer bleibt für lange Zeit die einzige Staatseinnahme. Um sie erheben zu können, wird Geld als Landsteuer-Zahlungsmittel eingeführt.
Jetzt erst beginnt der berühmte Aufschwung (Industrialisierungsprozess). Ein Oligarchie-System startet (die zaibatsus als Großkonzerne, beherrscht von kaiser-nahen Cliquen). Die Mitsui und Meiji operieren wie Brüder (hatten die russischen Oligarchen gegenüber Putin wohl übersehen).
Parlaments-Experimente von oben eingeführt, geändert, wieder aufgehoben. Jetzt erst melden sich mehr und mehr Stimmen von unten mit den bekannten Forderungen nach mehr Freiheit, Mitbeteiligung usw.. Eine Verfassung wird von oben versprochen. Ein Deutscher ist bei der Ausarbeitung behilflich (Hermann Rösler). 1889 erst eine Verfassung. Erst dann wird privates Eigentum garantiert. Die Oligarchen werden zu leder statesmen.
Und die ganze Zeit über Expansion (Taiwan, Korea, Ryu Kyu-Inseln. Krieg mit China 1894. Rest bis hin zum großen Clash in ganz Ostasien und schließlich den USA bekannt.
Um es kurz zu machen:
Davon, dass sich in Japan so etwas abgespielt hätte, wie es die"Formierung" einer Gesellschaft durch diese selbst in der schönen Theorie sich ausgedacht hat (mit"Gesellschaft" alias"Gemeinschaft" müssen ja die"Millionen" Japaner gemeint sein) - und dies in friedlich-evolutorischer hume-hayekscher Manier, noch dazu durch Klumpung so vieler einzelner Intelligenzen, kann nicht mal im Traum die Rede sein.
Ohne gnadenlosen Machteinsatz innen und von außen hätte sich, was in Japan gelaufen ist, nicht so ergeben wie es sich ergeben hat.
Oder waren die Japaner zu unintelligent und sahen nicht ein, wie schön es doch mit einer"spontann Ordnung" hätte laufen können? Dann war ja wohl jeder der mindestens 20 Millionen Toten, die der japanische"Gesellschaftsbildungsprozess" gekostet hat aufgrund allseits mangelnden IQs gestorben. Das kann ich nicht glauben.
Gruß!

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