- Falsche Wahrnehmung (Irak) der US-Bevölkerung? (mL) - zani, 19.12.2003, 11:16
- Re: Falsche Wahrnehmung (Irak) der US-Bevölkerung? -Danke! Erklärt Einiges! (owT) - Popeye, 19.12.2003, 11:27
- Re: Falsche Wahrnehmung (Irak) der US-Bevölkerung? (mL) - zani - nereus, 19.12.2003, 13:00
- Hallo nereus! Hopla nicht so schnell! - Turon, 19.12.2003, 19:43
- Re: Hallo nereus! Hoppla nicht so schnell! - Turon - nereus, 19.12.2003, 21:29
- Re: Hallo nereus! Hoppla nicht so schnell! - Turon - Turon, 20.12.2003, 00:29
- Re: Hallo nereus! Hoppla nicht so schnell! - Turon - nereus, 19.12.2003, 21:29
- Hallo nereus! Hopla nicht so schnell! - Turon, 19.12.2003, 19:43
- Geht in die selbe Kerbe wie das hier - Sorrento, 19.12.2003, 13:04
Falsche Wahrnehmung (Irak) der US-Bevölkerung? (mL)
-->Guten Tag
Haben Amerikaner Wahrnehmungsstörungen?
- Sie nehmen zwar die Tatsachen war, aber das Unglück passiert bei der Interpretation?
Oder eher Realitätsstörungen?
- Sie fehlen schon bei den Tatsachen.
Oder eher Totalstörungen?
- Weder bei den Tatschen noch bei der Interpretation klappts, weil ihnen der Instinkt abhanden gekommen ist, durch die Presse und die Politik hindurch zu sehen auf das Wahrscheinliche.
Als Betrogener oder Nichtwisser sich hinstellen, sollte eigentlich nicht mehr (seit den 30/40-Jahren) von Strafe entbinden.
Desinformation und Wahrnehmungsprobleme:
Die US-Ã-ffentlichkeit und der Krieg im Irak
William F. Fore, bekannter US-Medienwissenschaftler und früherer Präsident der Weltvereinigung für christliche Kommunikation (WACC), hat in der November-Ausgabe der Zeitschrift"Christian Century" einen Beitrag unter dem Titel"Misperceiving the World" veröffentlicht, der für die WACC-Website ins Deutsche übersetzt worden ist.
Eine der rätselhaftesten Fragen, die sich Kirchenführer in den USA stellen, lautet: Warum haben die meisten Gläubigen, die in den Kirchenbänken sitzen, das einseitige Vorgehen der USA im Irak unterstützt, während es doch von fast allen großen Denominationen des Landes öffentlich abgelehnt wird? Was hat die Mehrheit der Bürger, einschließlich der Kirchenmitglieder, veranlasst, diesen Krieg zu unterstützen?
Die jüngste Studie zu diesem Thema unter dem Titel"Misperceptions, the Media and the Iraq War" wurde Anfang Oktober veröffentlicht und zwar im Rahmen des"Program on International Policy Attitudes". Dieses Programm wird getragen vom"Center on Policy Attitudes" und vom"Center for International and Security Studies" der Universität von Maryland. Die Forscher fragten,"ob die durchschnittlichen Amerikaner die Informationen über den Irak und den Krieg 'falsch wahrnehmen'", und die Antwort lautete ja.
Zwischen Januar und September 2003 führten die Forscher sieben Umfragen zum Konflikt im Irak durch. Daraus zogen sie den Schluss, dass"ein bedeutender Teil der Ã-ffentlichkeit vieles falsch wahrnimmt, zum Teil auf Grund von nachweislich falschen Tatsachenbehauptungen... Dies hat eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Zustimmung zu der Entscheidung gespielt, in den Krieg zu ziehen." Die Forscher identifizierten drei Bereiche der falschen Wahrnehmung.
Anfang 2003 sagten 68 Prozent der Befragten, dass sie glaubten, der Irak habe eine wichtige Rolle beim Terrorangriff auf das World Trade Center gespielt. 13 Prozent sagten, dass sie"unbezweifelbare Beweise" für diese Beteiligung gesehen hätten. Beide Behauptungen waren zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht zu belegen und wurden auch aus US-Geheimdienstkreisen zurückgewiesen. Im August veröffentlichte die"Washington Post" eine Umfrage, aus der hervorging, dass 69 Prozent der Amerikaner weiterhin glaubten, dass Saddam Hussein"persönlich beteiligt" an den Angriffen auf die Twin Tower war. Noch im September sagte etwa die Hälfte der Befragten, dass die USA im Irak tatsächlich Beweise für die Zusammenarbeit von Saddam Hussein und Al-Qaida gefunden habe. Saddam Hussein ist mit Sicherheit ein großer Schurke, aber er hatte nichts mit dem Angriff zu tun. Dies hat Präsident Bush am 17. September klargestellt.
In der Zeit vom Mai bis September haben die Befragungen des Zentrums jeweils ergeben, dass 35 Prozent der Ã-ffentlichkeit glaubte, es seien im Irak tatsächlich Massenvernichtungswafffen gefunden worden. 22 Prozent sagten, der Irak habe während des Krieges Massenvernichtungsmittel eingesetzt. Eine Umfrage des Fernsehsenders ABC und der"Washington Post" im Juni kam zu ähnlichen Resultaten. Tatsächlich haben die US-Truppen keinerlei solche Waffen gefunden, und die"Defence Intelligence Agency" des Pentagon berichtete im Juni, dass"es keine verlässliche Information darüber gibt, ob der Irak chemische Waffen produziert und lagert oder ob der Irak Produktionskapazitäten zur Produktion chemischer Kampfmittel geschaffen hat oder schaffen wird". Am 2. Oktober berichtete David Kay, der verantwortliche US-Inspektor für die Suche nach Massenvernichtungswaffen im Irak, vor dem Kongress, dass er keine chemischen, biologischen oder atomaren Waffen gefunden habe. Deren"Existenz" war aber einer der wichtigsten Begründungen für den Krieg gegen den Irak.
Im März fragte das Center Amerikanerinnen und Amerikaner:"Was denken die anderen Völker der Welt über einen Krieg der USA gegen den Irak?" 31 Prozent äußerten die falsche Auffassung, dass die Haltung im Ausland in dieser Frage ausgeglichen sei zwischen Befürwortern und Gegnern. Weitere 31 Prozent glaubten, dass die Mehrheit der Menschen im Rest der Welt das Vorgehen der USA begrüßen würde. Tatsächlich haben seit mehr als einem Jahr Umfragen gezeigt, dass die Weltmeinung sehr stark ablehnend gegenüber dem US-Vorgehen ist. So ergab zum Beispiel eine Umfrage von"Gallup International" im Januar, dass in keinem einzigen der 38 Länder (darunter 20 europäische Länder), in denen die Befragung durchgeführt wurde, eine Mehrheit ein einseitiges Vorgehen der USA befürwortete. Im April und Mai 2003 kam ein"Pew Global Attitudes Survey" in acht muslimischen Ländern (Türkei, Indonesien, Pakistan, Libanon, Jordanien, Kuwait, Marokko und Palästina) zum Ergebnis, dass in sechs Ländern zwischen 67 und 97 Prozent der Menschen gegen eine Aktion der USA waren. Nur in Kuwait gab es eine Mehrheit für ein solches Vorgehen.
Diese Studien zeigen, dass viele Amerikaner heute im Blick auf den Iran voller falscher Vorstellungen sind. Dies betrifft vor allem drei Fragen: die Verbindung des Irak zu Al-Qaida, die Existenz von Massenvernichtungswaffen und die Auffassungen der Weltöffentlichkeit. Warum ist das so? Die deprimierende Antwort lautet, dass diese falschen Wahrnehmungen sehr eng zusammenhängen mit den Quellen, aus denen die US-Amerikanerinnen und -Amerikaner ihre Informationen beziehen.
Als das Center die Leute befragte, woher sie die meisten Informationen über das Weltgeschehen beziehen, antworteten 19 Prozent: aus der Zeitung und 80 Prozent aus Radio und Fernsehen. Auf die Frage, welcher Fernsehsender ihre primäre Informationsquelle sei, lautete die Antwort: 30 Prozent - mehrere Sender, 18 Prozent - Fox, 16 Prozent - CNN, 14 Prozent - NBC, 11 Prozent - ABC, 9 Prozent - CBS, 3 Prozent - PBS-NPR (nicht-kommerzielle Sender, Anmerkung des Übersetzers). Der Grad der Fehlinformation variierte entsprechend der Quellen der Informationen. In der Maryland-Studie heißt es dazu:"Diejenigen, die die meisten Nachrichten von Fox News beziehen, unterliegen stärker als der Durchschnitt Fehleinschätzungen. Diejenigen, die den größten Teil der Nachrichten von NPR und PBS erhalten, sind viel weniger Opfer von Fehleinschätzungen."
Tatsächlich ist es so, dass die Fox News-Zuschauer dreimal so häufig das Opfer aller drei genannten Fehleinschätzungen sind als die Zuschauer des nächstplazierten Fernsehsenders. Auf der anderen Seite hatte die große Mehrheit der PBS-NPR-Zuschauer keine der drei Fehleinschätzungen. Wenn man die Fehleinschätzungen einzeln betrachtet, wird der dramatische Unterschied sichtbar. Im Blick auf Verbindungen zwischen Irak und Al-Qaida hatten 67 Prozent der Fox-Zuschauer eine falsche Einschätzung, aber nur 16 Prozent der PBS-NPR-Zuschauer. Was die Existenz von Massenvernichtungsmittel angeht, hatten 33 Prozent der Fox-Zuschauer gegenüber 11 Prozent der PBS-NPR-Zuschauer eine falsche Einschätzung. Zur Weltmeinung hatten 35 Prozent der Fox-Zuschauer und nur 5 Prozent der PBS-NPR-Zuschauer eine falsche Einschätzung. In allen drei Fällen bewegte sich der Prozentsatz der Fehleinschätzungen abwärts von Fox über CBS, NBC, CNN, ABC und die Druckmedien bis zu PBS-NPR. Dies korrespondiert mit der Reihenfolge der Nutzung dieser Medien, von den höchsten Zuschauerzahlen von Fox bis zur niedrigsten Zahlen bei PBS-NPR!
Der Bericht der Universität von Maryland kommt zum Ergebnis, dass die Unterstützer des Präsidenten mit höherer Wahrscheinlichkeit falschen Einschätzungen unterliegen als Nicht-Unterstützer. Potenzielle Wähler des Präsidenten sind häufiger von falschen Einschätzungen in den drei Themen betroffen und unterstützten den Krieg, während potenzielle Anhänger eines demokratischen Kandidaten weniger von falschen Einschätzungen betroffen waren und den Krieg nicht unterstützten. Die Bedeutung dieser Ergebnisse liegt nicht darin, dass Unterstützer und Gegner der Politik des Präsidenten unterschiedliche Auffassungen haben, denn das ist unvermeidlich, ja wünschenswert in einer Demokratie. Was Sorge bereitet ist, dass die Nachrichten einen großen Einfluss auf alle Bürger haben, dass die Medien in beachtlichem Maße Fehleinschätzungen in Fragen von großer öffentlicher Bedeutung fördern und dass diese Fehleinschätzungen einer bestimmten ideologischen Linie zu folgen scheinen, nämlich der Auffassung, dass der Krieg im Irak gerechtfertigt ist.
Was wir hier wahrnehmen, ist das unvermeidliche Ergebnis der Deregulierung des Rundfunksystems. Während das Kommunikationsgesetz die Förderung der Bedürfnisse und Interessen der Gemeinschaft in den Mittelpunkt stellte, ist es den Sendern jetzt schlicht und einfach erlaubt, Programme auszustrahlen, die den wirtschaftlichen und ideologischen Bedürfnissen der Besitzer entsprechen, was zum Ergebnis hat, dass die internationalen Nachrichten notwendigerweise einseitig und verzerrt sind.
Fox News ist dafür ein herausragendes Beispiel. Fox News ist im Besitz des in Australien geborenen Rupert Murdoch und hat den Freibeuter-Rundfunk auf ein neues Niveau gebracht, während die Regulierungsbehörde FCC in zunehmendem Maße klein bei gibt unter dem Druck der multinationalen Medienkonzerne. Murdoch nimmt regelmäßig Einfluss auf die Nachrichtensendungen, damit sie seinen politischen Vorstellungen entsprechen, ebenso auf die Berichterstattung der Druckmedien seines Konzerns. So hat er eine entscheidende Rolle dabei gespielt, um die Bürger dieses Landes zu überzeugen, gegen den Irak in den Krieg zu ziehen.
Das Fox-Network hätte in seiner jetzigen Form vor drei Jahrzehnten schlicht nicht existieren können. Zu dieser Zeit setzte die FCC noch die Doktrin der Fairness und den Grundsatz der gleichen Zeit ein, um die Sender dazu zu veranlassen, alle Positionen in einer Frage von öffentlichem Interesse zu Wort kommen zu lassen und dies kostenlos. Gleichzeitig verhinderten die Bestimmungen der FCC, dass ein einzelnes Rundfunkunternehmen mehr als sieben Stationen in wichtigen nationalen Marktbereichen besaß. Das Ergebnis solcher Regulierung war nie perfekt und immer Gegenstand von Kontroversen, aber es führte dazu, dass alle auf einem"Spielfeld" von etwa gleichem Niveau agieren konnten und dass eine kleine Gruppe von Unternehmen nicht die Kontrolle über die Quellen von Nachrichten und Informationen übernehmen konnte, die die Gemeinschaft erreichten - so wie es heute ist.
Als Alternative zu einer Regulierung könnte es erscheinen, den Liberalen ihre eigene Version von Fox sowie den Konservativen und anderen sozialen und politischen Gruppierungen ihre eigenen Netzwerke zu geben. Aber das wäre eine falsche Einschätzung der Natur des Rundfunksystems. Weil es nur eine begrenzte Zahl von Frequenzen und deshalb auch nur eine begrenzte Zahl von Fernseh- und Radiosendern gibt, hat jeder Sender weiterhin die gesetzliche Pflicht, den Bedürfnissen und Interessen der Ã-ffentlichkeit zu dienen - der ganzen Ã-ffentlichkeit. Ein vernünftiges Maß an Regulierung ist unverzichtbar, um sicherzustellen, dass diese Pflichten erfüllt werden.
Die Deregulierung begann unter Ronald Reagan im Jahre 1980, und in den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Machtverteilung stetig zu Gunsten der Besitzer der Medien und zu Lasten der Ã-ffentlichkeit verschoben. Schließlich sind die Menschen in diesem Jahr aufgewacht, als der gegenwärtige FCC-Vorsitzende Michael Powell, ein Sohn des Ministers Colin Powell, vorschlug, die Regulierungsrichtlinien zu verändern, die vorschreiben, wieviel Marktanteile ein Medienkonglomerat kontrollieren darf. Im Juni legte die FCC fest, dass ein einzelnes Unternehmen nunmehr TV-Stationen mit einem Anteil von 45 Prozent und nicht mehr 35 Prozent des nationalen Fernsehmarktes erwerben kann. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Diese Regelung löste bei Liberalen wie bei Konservativen Zorn aus und eine parteiübergreifende Gruppe von Senatoren erreichte ein so noch nie dagewesenes Abstimmungsergebnis gegen die neuen FCC-Bestimmungen. Aber die Angelegenheit muss jetzt noch vor das Repräsentantenhaus kommen, und Präsident Bush hat damit gedroht, ein Veto gegen das Gesetz einzulegen, wenn es von beiden Häusern des Parlaments verabschiedet werden sollte.
Auf diese Weise ist der Zusammenhang zwischen der Verbreitung von Fehleinschätzungen über den Irak und der Regierungsunterstützung für eine weitere Deregulierung im Medienbereich sehr deutlich geworden. Es ist, einfach ausgedrückt, eine unheilige Allianz. Die Regierung wird weiterhin die Interessen der Rundfunkindustrie vertreten, während umgekehrt die Rundfunkanbieter weiterhin die Ã-ffentlichkeit irreführen. Wenn es hier um einen gewöhnlichen Industriesektor ginge, sagen wir die Deregulierung im Bereich der Luftfahrt oder der Elektrizitätsversorgung, wäre das Problem schon ernst genug. Aber es geht hier um Informationen, um die lebenswichtige Frage, wie Bürger Ideen austauschen und sich Meinungen bilden, und deshalb ist eine Re-Regulierung des Rundfunkbereichs von größter Bedeutung, um eine Ausgewogenheit in der Vermittlung von Nachrichten und Informationen zu erreichen.
Die Maryland-Studie bietet ein eindeutiges Beispiel dafür, wie einseitige Fernsehberichterstattung zu einer bedeutenden nationalen Fehleinschätzung über eine wichtige politische Frage geführt hat - gegen den Irak in den Krieg zu ziehen. Wenn die unheilige Allianz zwischen Regierung und Rundfunkunternehmen fortbestehen sollte, wenn Rundfunkunternehmen weiterhin ohne Regulierungen und Beschränkungen bleiben, dann wird solche einseitige Berichterstattung weiter zunehmen. Die drei erwähnten Fehleinschätzungen im Blick auf den Irak wären dann nicht mehr als ein Vorbote von vielen weiteren, die kommen werden. Das demokratische Experiment kann nicht lange unter Bedingungen überleben, unter denen die Bürger - mit Billigung des Staates - systematisch falsch informiert werden.
--------------------------
Die Übersetzung besorgte Frank Kürschner-Pelkmann.
Wir danken dem WACC für die Überlassung dieses Beitrages.
Die englische Fassung dieses Beitrags ist zu finden unter:
http://www.wacc.org.uk/modules.php?...News&file=article&sid=27
<ul> ~ Spezial: Irak / US-Medien</ul>

gesamter Thread: