- Das Wort zum Sonntag von Kindergärtner B.Niquet - kizkalesi, 21.12.2003, 11:27
Das Wort zum Sonntag von Kindergärtner B.Niquet
--><font size="4">Einer muss immer der Dumme sein </font>
Kinder finden auf knifflige Fragen einfache Antworten
Strahlende Kinderaugen, leuchtende Tannenbäume, schön eingepackte Geschenke. Zeit für die Familie. Zeit für Fragen: Wie erkläre ich meiner Tochter, was ein Vermittlungsausschuss ist? Warum Geldanlagetipps von Hilfsschülern gegeben werden dürfen, man jedoch einen Meister machen muss, um ein Frisörgeschäft zu betreiben? Warum ein Steuererleichterungsgesetz mehr als 1000 Seiten hat - und wie man es schaffen kann, sich an Gesetze zu halten, die man schon aus Zeitgründen weder lesen noch auch nur in Ansätzen verstehen kann?
Wie hingegen die Börse und die Finanzmärkte funktionieren, das kennen die Kinder bereits bestens aus eigener Anschauung. Devisenmärkte beispielsweise funktionieren nicht anders als Pausen auf dem Schulhof: Da wird jemand ausgeguckt, und dann wird er verdroschen. Ob das gerechtfertigt ist, ist völlig egal. Hauptsache, man hat ein Opfer und kann darauf einprügeln. Liegt das Opfer dann auf dem Boden, lässt man ab und sucht sich schnell das nächste aus. So wird erst der Yen verprügelt, dann der Euro, und jetzt geht es eben dem Dollar an den Kragen. Wer wird der nächste sein? Vielleicht der Renminbi, aber nur dann, wenn seine Eltern ihn zukünftig einmal allein zur Schule gehen lassen werden.
Und der Aktienmarkt? Hier kommt eher der Kindergarten als der Schulhof als Referenzobjekt in Frage: Alle Aktionäre unterliegen der Illusion, dass sie sich von ihren Aktien trennen können, wann immer sie wollen. Dass ihnen also letztlich nichts passieren kann, so hoch die Kurse auch immer gejubelt werden. Was sie dabei jedoch nicht beachten, ist, dass zwar jeder Einzelne von ihnen seine Aktien rechtzeitig verkaufen und Verluste vermeiden kann, die Gesamtheit jedoch nicht. Einer ist immer gezwungen, die Verluste einzufahren, wenn es wieder in den Keller geht. Kinder sind da viel realistischer: Sie wissen, dass jeder Dresche bekommt, wenn man den Bogen überspannt.
Aktionäre vertreten zudem die Meinung, dass sich der Kurs ihrer Aktien am inneren Wert des Unternehmens orientiert. Dabei vergessen sie, dass Aktien niemals an Unternehmen zurückgegeben, sondern immer nur an andere Käufer weiterverkauft werden können. Weshalb ihre Bewertung zwangsläufig subjektiv gefärbt und niemals objektiv sein wird. Kindergartenkinder sind hier ebenfalls schon realistischer, denn sie wissen bereits, dass man die Kirschen, die auf den Strümpfen aufgedruckt sind, nicht essen kann.
Auch die große Politik hat bereits bemerkt, dass man an den Märkten durchaus von der Kinderwelt lernen kann und die Komplexität der Welt am besten auf Kinderstärke reduziert. Man denke nur an das Maastricht-Kriterium, bei dem nicht den komplexen Ursachen eines Defizits, sondern ausschließlich der simplen Zahl Drei die ganze Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wie heißt es doch so schön: Jede Gesellschaft ist so viel wert, wie sie ihre Kinder behandelt. Sage deshalb niemand mehr, wir würden nicht auf unsere Kinder hören. In diesem Sinne: eine frohe Weihnacht! Bernd Niquet
<ul> ~ http://www.wams.de/data/2003/12/21/213919.html</ul>

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