- off-topic: Warum es in den U.S.A. Wahlmänner gibt mT und Link - Tobias, 11.11.2000, 13:45
- offtopic: USA-Demokratie - SchlauFuchs, 11.11.2000, 19:56
- Re: offtopic: USA-Demokratie - Sascha, 12.11.2000, 17:29
- offtopic: USA-Demokratie - SchlauFuchs, 11.11.2000, 19:56
off-topic: Warum es in den U.S.A. Wahlmänner gibt mT und Link
Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt hierzu:
"Die Verfassungsväter begründeten im Federalist den politischen Hintergrund der komplizierten Prozedur: Die Wahl des obersten Beamten direkt dem Volk zu überlassen, sei ebenso sinnvoll, als wenn man einen Blinden mit der Auswahl von Farben beauftrage. Ganz sicher aber sei das Volk in der Lage, erfahrene und umsichtige Männer im überschaubaren Bereich der Einzelstaaten mit dem Auftrag auszustatten, in freier Gewissensentscheidung das Oberhaupt des Staates auszuwählen."
Das heißt doch auf deutsch: Die US-Bürger (bzw. das Volk) sollen bei der Wahl gar nicht den nächsten Präsidenten wählen!
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Weiterer TEXT zum Präsidentenamt
Präsidentenamt
" Wesentliche Unterschiede fallen schon bei Auslese und Wahl der Kandidaten für das höchste Amt ins Auge, wenn man die Prozeduren am Ausgang des 18. Jahrhunderts mit heutigen Gepflogenheiten vergleicht. Geblieben ist nur die Beschränkung der Amtsperiode auf vier Jahre und der von George Washington ins Leben gerufene Leitsatz, kein Bürger des Landes solle länger als höchstens acht Jahre an der Spitze des Staates stehen. Im XXII. Verfassungszusatz (Amendment) von 1951 wurde der Grundsatz der Einmaligkeit der Wiederwahl definitiv festgeschrieben, nachdem Franklin Delano Roosevelt wegen des Zweiten Weltkrieges insgesamt drei Amtszeiten im Weißen Haus verbracht (und damit zum erstenmal das"ungeschriebene Verfassungsrecht" durchlöchert) hatte.
Der Präsident wird durch Wahlmänner (electors) gewählt. In jedem Staat werden so viele Wahlmänner gewählt, wie der Staat Vertreter in den Kongreß entsendet, mindestens also drei (zwei Senatoren und mindestens einen Repräsentanten). Zusammen sind es 538 Wahlmänner, 100 (für die Senatoren), 435 (für die Mitglieder des Repräsentantenhauses) und drei Wahlmänner für den District of Columbia, die Hauptstadt Washington, die nicht im Kongreß vertreten ist, sondern als bundeseigener Bezirk der Jurisdiktion des Kongresses unterworfen ist.
Sämtliche Wahlmännerstimmen eines Staates werden für den Präsidentschaftskandidaten abgegeben, der die Mehrheit der Stimmen in diesem Staat erhalten hat. Für jeden Kandidaten ist es wichtig, diejenigen Staaten zu"erobern", die viele Abgeordnete in das Repräsentantenhaus entsenden und damit viele Wahlmänner stellen, so Kalifornien mit 54, Texas mit 32, New York mit 33 oder Illinois mit 22. Die Zahlen ändern sich alle zehn Jahre, wenn durch eine nationale Bevölkerungserhebung Veränderungen in der Einwohnerzahl der Einzelstaaten festgestellt worden sind.
Die Verfassungsväter begründeten im Federalist den politischen Hintergrund der komplizierten Prozedur: Die Wahl des obersten Beamten direkt dem Volk zu überlassen, sei ebenso sinnvoll, als wenn man einen Blinden mit der Auswahl von Farben beauftrage. Ganz sicher aber sei das Volk in der Lage, erfahrene und umsichtige Männer im überschaubaren Bereich der Einzelstaaten mit dem Auftrag auszustatten, in freier Gewissensentscheidung das Oberhaupt des Staates auszuwählen.
Die fortschreitende Demokratisierung des politischen Prozesses in den USA hat im Verbund mit dem sich organisierenden Parteiwesen den Charakter der Präsidentschaftswahl entscheidend verändert: Heute präsentieren Parteien in den Einzelstaaten Wahlmännerlisten. Die Wahlmänner tragen ein Parteietikett, werden als Republikaner oder Demokraten vom Volk gewählt und sind faktisch verpflichtet, den vom Nationalkonvent gekürten Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei zu bestätigen. Einige Einzelstaaten haben diese Regel inzwischen auch im Verfassungsrecht festgeschrieben, um jede Abweichung von dieser ungeschriebenen Verpflichtung zu verhindern.
Auch der Ausleseprozeß der Kandidaten für das Weiße Haus hat sich gewandelt. Ursprünglich wurden die Präsidentschaftskandidaten von den Kongreßfraktionen nominiert. Später ging dieses Recht auf die Delegiertenkonferenzen (conventions) der Parteiorganisationen über. Es erwies sich jedoch, daß sowohl die Auswahl der Delegierten für die conventions wie auch die der Kandidaten für das Präsidentenamt von kleinen Gruppen einflußreicher Parteibosse manipuliert und oft hinter verschlossenen Türen vorgenommen wurde. Verschiedene Einzelstaaten führten um die Jahrhundertwende Vorwahlen (primaries) ein, um das Wahlverfahren zu demokratisieren. In den 90er Jahren bedient sich die Mehrheit der amerikanischen Bundesstaaten (durchschnittlich etwa 38 von ihnen) dieses Verfahrens. Es gibt verschiedene Arten von Vorwahlen:
Geschlossene Vorwahlen (closed primaries) - an denen nur jene Wählerinnen und Wähler mitwirken dürfen, die sich offiziell als Mitglieder einer Partei haben registrieren lassen.
Offene Vorwahlen, an denen sich alle Wahlberechtigten beteiligen können.
Parallel zu den Vorwahlen finden in einer Reihe von Staaten sogenannte Präferenzwahlen (presidential primaries) statt, die den Wählern die Möglichkeit geben, die Auswahl der Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei direkt zu beeinflussen, gegebenenfalls sogar neue Bewerber ins Spiel zu bringen. Die Konsequenzen der Vorwahlen unterscheiden sich in den einzelnen Staaten. In manchen sind die gewählten Parteitagsdelegierten verpflichtet, dem Sieger der presidential primary ihres Staates auf dem Nationalkonvent für einen oder mehrere Wahlgänge ihre Stimme zu geben. In anderen ist die Vorwahl nicht mehr als eine Art Meinungsumfrage ohne Wahlbindung für die Delegierten.
Ursprünglich sollten die Vorwahlen die endgültige Nominierung der Präsidentschaftskandidaten nicht vorbestimmen, vielmehr als eine Art Stimmungsbarometer fungieren, das anzuzeigen hatte, welcher Kandidat die besten Chancen besäße, zum Präsidenten der USA gewählt zu werden. Die eigentliche Entscheidung fällt nach wie vor auf den demokratischen und republikanischen Parteikonventen. Dieses Prinzip ist freilich in den letzten Jahrzehnten immer wieder durchbrochen worden. In dem Maße, wie sich die Zahl der Vorwahlstaaten vergrößerte, das Bürgerinteresse an den primaries zunahm und die modernen Massenmedien jede Vorwahl zum nationalen Spektakel ausweiteten, ist ein Kandidatensog entstanden, dem sich die Nationalkonvente nicht mehr entziehen konnten. Ehe die Parteitage im Sommer eines Präsidentschaftswahljahres zusammentreten, haben sich eindeutige"Spitzenreiter" im nationalen Bewußtsein etabliert, sind nicht selten sogar werbewirksame"Außenseiter" (Jimmy Carter 1976) von den Medien ins Rampenlicht der Ã-ffentlichkeit gerückt und damit Fakten gesetzt worden, die von den Nationalkonventen"geschluckt" werden müssen, wenn sie die Siegchancen ihrer jeweiligen Partei nicht drastisch beschneiden wollen.
Wenn sich im Lauf der Zeit die indirekte Wahl des Präsidenten zur faktischen Volkswahl fortentwickelte, so hat dieser Prozeß doch entgegen den Befürchtungen der Verfassungsväter keine Demagogen ins höchste Amt der USA befördert. Die politische Tradition des Landes, die Vielfalt der regionalen Gliederungen und ethnischen Gruppierungen haben ebenso wie der weltanschauliche und soziale Pluralismus in den USA eher den vermittelnden, ausgleichenden, freilich auch oft genug den mittelmäßigen Kandidaten begünstigt.
Neben der von der"elektronischen Demokratie" unserer Zeit geforderten"Telegenität" muß ein Bewerber um die Präsidentschaft ein gerütteltes Maß an Standfestigkeit mitbringen, um das lange Hürdenrennen zum Weißen Haus bestehen zu können. Und obwohl seit den frühen siebziger Jahren die staatliche Finanzierung bei Präsidentschaftswahlen eingeführt worden ist, verlangt die Wahlkampagne doch noch immer beträchtliche Eigenmittel des Bewerbers, die er entweder aus eigenem Vermögen oder über Spenden bezieht."
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Den vollen Text und Abbildungen zum politischen System der USA gibt's über den Link.
Tobias
<ul> ~ Politisches System der U.S.A.</ul>
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