- The Daily Reckoning - The Sunny Optimism Of Youth (Mogambo Guru) - Firmian, 25.12.2003, 16:55
- dt. Fassung - Firmian, 25.12.2003, 17:10
dt. Fassung
-->Der falsche Bart
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Das ist das Problem mit der derzeitigen"Wirtschaftserholung" in den
USA, liebe(r) Leser(in). Man kann ihr nicht einfach den falschen Bart
abreissen, um der Welt zu zeigen, was sie wirklich ist. Denn unter dem
Bart ist eine Maske... und darunter ist ein falscher Schnurrbart.
Die amerikanische Arbeitslosigkeit soll fallen... die Aktien sollen
weiter steigen... die Wirtschaft soll mit Rekordtempo wachsen.
Wenn man nicht zu genau hinsieht, dann koennte die derzeitige
Entwicklung fuer eine"Wirtschaftserholung" durchgehen.
Aber wenn man den Bart wegnimmt, dann sehen die Arbeitsmarktzahlen
angesichts einer angeblichen Wirtschaftserholung armselig aus. Und die
Jobs, die neu geschaffen worden sind, sind nur Jobs im
Niedriglohnsektor.
Die amerikanischen Aktien steigen, aber wenn man als Euro-Investor den
Waehrungseffekt mitberuecksichtigt, dann ist man nicht reicher
geworden.
Und die amerikanische Wirtschaft? Wenn man die Haushaltsdefizite, die
Militaerausgaben, die Steuersenkungen und andere einmalige
Tricksereien herausnimmt... und dann den Kursverfall des Dollars
beruecksichtigt... dann waechst die Wirtschaft ueberhaupt nicht.
Selbst wenn die Wirtschaftserholung selbsttragend waere - die
Amerikaner ruinieren sich weiter. Sie sind bereits stark verschuldet,
die Sparquote ist nahe Null. Die Amerikaner koennen ihre Ausgaben nur
dadurch erhoehen, dass sie sich weiter verschulden! Und genau darauf
setzen Fed und Bush-Administration... und die Wall Street und CNBC
applaudieren.
Die meisten menschlichen Bemuehungen sind in Wirklichkeit darauf
ausgelegt, dass sich ein Mann gegenueber seinen Mitmenschen ueberlegen
fuehlen kann. Wenn er Erfolg hat, dann kann er wenigstens ehrlich auf
seinen Brustkorb klopfen und einen Tarzan-Ruf von sich geben. Aber es
ist ein armseliger Anblick, wenn er sich ueberlegen fuehlt und sich
auf den Brustkorb klopft... waehrend er in Wirklichkeit den Anschluss
an die anderen verliert.
Jetzt zu Eric, mit mehr News:
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Dienstag, 23. Dezember 2003
Wird 2004 wirtschaftlich das beste Jahr seit 2000?
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
In New York City besteht derzeit eine"glaubwuerdige und aktuelle"
Terrordrohung. Dennoch bin ich gestern die Park Avenue lang gegangen,
um mir am Nachmittag in der Starbucks-Filiale in der 23rd Street einen
doppelten Expresso zu goennen. Da gesagt wurde, dass diesmal ein
Anschlag von einer weiblichen Attentaeterin ausgehen koennte, habe ich
alle Frauen auf dem Weg und in der Starbucks-Filiale genau im Auge
behalten. Natuerlich nur aus Gruenden der nationalen Sicherheit,
versteht sich.
Gluecklicherweise hatte New York einen terrorfreien Tag. Aber eine
"glaubwuerdige und aktuelle" Drohung bleibt... an der Wall Street.
Aus meiner Sicht sind die derzeitigen Kurse eine glaubwuerdige und
aktuelle Drohung in Bezug auf die Zerstoerung von Kapital. Der Markt
kann jederzeit ueber etwas stolpern - eine Dollarkrise zum Beispiel -,
was den Dow Jones ein paar Tausend Punkte kosten wuerde.
Aber vielleicht sollte ich mir wegen solcher Risiken keine Sorgen
machen. Schliesslich gewinnen die Terroristen (und die Kaeufer von
Put-Optionsscheinen), wenn wir in Angst Leben. Also lassen Sie uns die
positive Seite betrachten. Die amerikanische Inflationsrate ist zahm,
die Fabriken brummen wieder, die Indikatoren steigen, und die
Immobilienpreise und Aktienkurse steigen.
Wenn man nicht zu genau hinsieht, dann kann man viel finden, was einem
an der amerikanischen Wirtschaft gefaellt. Die Erstantraege auf
Arbeitslosenhilfe gehen zuerueck... das ist gut. Aber die Qualitaet
des Wachstums der Zahl der Arbeitsplaetze laesst zu wuenschen uebrig.
"Es ist wichtig, die Qualitaet der neuen Jobs mit der Qualitaet der
verloren gegangenen Jobs zu vergleichen", beobachtet das Economy
Policy Institute."Waehrend der wirtschaftlichen Erholung (von
November 2001 bis November 2003) sind im produzierenden Gewerbe 1,3
Millionen Arbeitsplaetze abgebaut worden, 272.000 Jobs im IT-Bereich,
und betroffen waren Sektoren mit ueberdurchschnittlichen Gehaeltern.
Gleichzeitig sind neue Jobs in der Verwaltung und im
Nahrungsmittelsektor geschaffen worden, was zwei Sektoren mit
unterdurchschnittlichen Loehnen sind."
Mit anderen Worten: Hochbezahlte Angestellte haben ihren Arbeitsplatz
verloren, dafuer wurden neue Arbeitsplaetze bei McDonald's & Co.
geschaffen.
Aber keine Sorge, sagt Paul Kasriel von der Analyseabteilung von
Nortern Trust."2004 verspricht, das Jahr zu werden, in dem die
gesamte Weltwirtschaft so schnell wie noch nie seit dem Jahr 2000
wachsen wird. Nicht nur, dass das globale Wachstum wahrscheinlich
stark sein wird, sondern auch weit verbreitet. Warum dieser Optimismus
fuer 2004? Nun, zunaechst einmal wird die groesste Volkswirtschaft der
Welt - die USA - um ueber 4 % im kommenden Jahr wachsen, so schnell
wie seit 1999 nicht mehr. Eine Kombination von sehr aggressiver
monetaerer und fiskalischer Politik scheint letztlich doch gewirkt zu
haben."
"Was kann da schon schief gehen?" fragt sich Kasriel."Das groesste
Risiko fuer dieses optimistische globale Szenario waere ein Run auf
den Dollar. Wenn das passieren wuerde, dann wuerden die amerikanische
Inflationsrate und die Zinsen steigen... aber das wird wahrscheinlich
erst 2005 geschehen. Also lehnen Sie sich zurueck und geniessen Sie
2004, was fuer die Weltwirtschaft das beste Jahr seit 2000 werden
koennte."
Ja, geniessen Sie... aber vergessen Sie nicht, von Zeit zu Zeit ein
bisschen Gold oder Goldzertifikate beiseite zu legen. Jetzt aber
wuensche ich Ihnen Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins Neue
Jahr!
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Dienstag, 23. Dezember 2003
Indien
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
*** Eine aktuelle Ausgabe von"India Today" hat auf dem Cover die
Schlagzeile:"Champion of the World". Im globalen wirtschaftlichen
Wettbewerb hat Indien nach eigener Ansicht die Fuehrungsposition.
Die Zahlen kann man anzweifeln, aber Indien hat eine der hoechsten
Wachstumsraten in der Welt. Waehrend China zunehmend in die
Schlagzeilen geraet, ist es Indien, wo die englischsprachigen
Unternehmen zuerst auf der Suche sind, wenn sie etwas"outsourcen"
(wie es neudeutsch heisst) wollen. Indien ist sehr buerokratisch, wie
jeder weiss. Aber es waechst schnell... und die Zahl der
Arbeitskraefte ist fast so hoch wie in China.
Indien ist ein relativ freies Land. China ist relativ unfrei. In China
koennte es derzeit so weit sein, dass sich eine Spekulationsblase
entwickelt hat. Und die muesste platzen. Indiens Wachstum - weniger
sichtbar und fuer die Aussenwelt verstaendlich - koennte auf Sicht der
naechsten Jahre dauerhafter und stetiger sein.
*** Die Weihnachtsferien haben begonnen. Ich habe meine gesamte
Familie fuer eine Woche in unserem Schloss in Frankreich
zusammengebracht.
Unser aeltester Sohn, Will, ist aus Florida gekommen, zusammen mit
seiner Verlobten. Unsere Tochter Sophia ist aus dem College in West
Virginia angereist. Meine Mutter ist gerade von ihrer USA-Reise
zurueckgekehrt - normalerweise wohnt sie bei uns in Frankreich. Und
der Rest der Familie ist aus Paris angereist.
Mein franzoesischer Freund Michel ist derzeit an Indien interessiert.
Er ist davon ueberzeugt, dass China ein grosser Betrug ist, und
verglichen mit China sei Indien eine Riesenchance. Er ist auch ein Fan
von Bollywood - der indischen grossen Filmindustrie - geworden.
Gestern versammelte sich die gesamte Familie vor de m Fernseher, um
einen von Michels Lieblingsfilmen - Gadar - anzusehen. Dieser indische
Film ist in indisch, mit Untertiteln, die irgendeine Form von Englisch
sind. Zuerst haben wir alle ueber die komischen Uebersetztungen und
die merkwuerdigen Tanz- und Gesangszenen gelacht. Aber nach und nach
nahm uns der Film gefangen.
"Der war laecherlich", sagte unsere Filmkritikerin Maria,"aber uns
hat der trotzdem gefallen."
Es ging um eine Liebesgeschichte, zur Zeit der Trennung Indiens und
Pakistans im Jahr 1947. Der politische Hintergrund war bemerkenswert
feinfuehlig und zynisch dargestellt. Es gab nicht einen einzigen
Politiker, Soldaten oder Buerokraten im Film, der nicht als Luegner
oder Schuft dargestellt wurde. Und jedes Mal, wenn Menschenmassen
auftraten, dann ging es um Gewalt. Der einzige"politische" Charakter
im Film ist ein Verrueckter, der seinen Verstand verloren hat und
unablaessig von den Erfolgen des neuen Indiens spricht. Er ist
allerdings Pakistani, der Todfeind aller Inder!
An dieser Stelle moechte ich es nicht versauemen, Ihnen Frohe
Weihnachten zu wuenschen. Ich hoffe, Sie haben ein paar angenehme
Feiertage - und kommen Sie gut ins Neue Jahr!

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