- Nachtrag zu Tritt Ihns Flug: Warum der Staatsanwalt nicht ermitteln kann - RetterderMatrix, 29.12.2003, 19:40
Nachtrag zu Tritt Ihns Flug: Warum der Staatsanwalt nicht ermitteln kann
-->Feines Gift
Ein Berliner Staatsanwalt hat ganz genau herausgefunden, warum er gegen die grünen Minister Renate Künast und Jürgen Trittin nicht ermitteln kann.
Wie man sparsam mit Geld umgeht weiß der Kölner Diplomkaufmann Arno Doll besser als die meisten Menschen. Doll ist gelernter Steuerberater. Außerdem gehört ihm eine Firma, die ein patentiertes Gerät vermarktet, das die Heizkosten senkt - angeblich um bis zu 15 Prozent.
Wenn jemand Steuergelder verschwendet, bekommt Doll schlechte Laune. Besonders übel stieß ihm auf, was er vor ein paar Wochen über die grünen Minister Renate Künast (Landwirtschaft) und Jürgen Trittin (Umwelt) lesen musste. Die beiden Oberökologen wollten sich eine Brasilien-Reise so angenehm wie möglich machen. Den Hinflug buchten sie bei der Lufthansa. Für Kurzstrecken wie die zwischen der Landeshauptstadt Brasilia und der Amazonas-Region wurde ein Challenger-Jet der Bundeswehr geordert, der leer vorausfliegen sollte.
Doch die schöne Tour Ende Oktober wurde den Politikern vermasselt: Der SPIEGEL recherchierte die Kosten, rund 250 000 Euro hieß es aus dem Büro von Verteidigungsminister Peter Struck. Künast sagte ihre Challenger-Reisen umgehend ab, der bereits gestartete Jet wurde zurückbeordert. Kurz darauf stornierte auch Trittin.
Nach den Strapazen der Reise wurden die beiden Minister vor den Haushaltsausschuss des Bundestags zitiert. Was im SPIEGEL stand, fanden sie gemein. Kurze Empörung der Opposition - dann stritt Berlin wieder über Rente, Maut und Steuern.
Kaufmann Doll war sauer. Wütend formulierte er eine Strafanzeige über diesen Fall einer"vorsätzlichen Veruntreuung von Steuergeldern, der vor dem Hintergrund der Schuldensituation der BRD noch als besonders schäbig und abgeschmackt zu werten ist". Adresse: Staatsanwaltschaft Berlin, Turmstraße 91 im Stadtteil Moabit.
Wenn der Volkszorn bei den Justizbehörden aktenkundig wird, genügen normalerweise drei oder vier Zeilen als Antwort: Vorgang geprüft, kein Anfangsverdacht, hochachtungsvoll.
Staatsanwalt Holger Henjes machte es anders. Er schickte Doll jetzt freundliche Grüße am Ende eines zwei Seiten langen Schreibens. Daraus geht vor allem eines hervor: Der Fall hat es dem Fahnder zwar angetan, doch zu strafrechtlich relevanten Vorwürfen reichte es nicht."Nach alldem war ich gehalten, das Verfahren ohne Aufnahme von Ermittlungen einzustellen." Auf die Frage, ob er seine Entscheidung bedaure, antwortet Henjes lächelnd:"Nein, das wäre unprofessionell." Er sagt auch:"Die Staatsanwaltschaft ist bekanntlich die objektivste Behörde der Welt."
Aus seinem Schreiben sickert feines Gift. Das Verhalten der Minister, so heißt es dort,"mag unter mancherlei Aspekten diskussionswürdig sein". Aber den Politikern komme ein"weiträumiger Bereich eigener Wertung und Abwägung" zu.
Es könne ja beispielsweise sein, dass die Regierungsmitglieder auf Reisen"vertrauliche Gespräche oder Telefonate führen oder der Geheimhaltung unterliegende Schriftstücke lesen müssen". Dies aber sei in Linien- oder privaten Charterfliegern nicht möglich. Wie kommt er darauf? Henjes will"keine weitere Begründung" geben und verweist auf"das Recht der Beschwerde".
Alles in allem fand der Ermittler keine"Anhaltspunkte", dass die Minister oder ihre Mitarbeiter"bewusst die Maschine ohne gerechtfertigten Grund angefordert oder bewusst zu spät storniert haben". Dies allein wäre"Voraussetzung für eine strafbare Untreue" gewesen."Eine nur fahrlässige Untreue ist jedoch nicht strafbar."
So objektiv können Behörden sein.
<ul> ~ Guggstdu hier..</ul>

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