- The Daily Reckoning - New Year's Resolutions, Part II (Bill Bonner) - Firmian, 12.01.2004, 19:53
- Dt. Fassung vom Investor-Verlag - Firmian, 12.01.2004, 19:55
- Danke- wie immer sehr interessant! Gruss (owT) - Tofir, 12.01.2004, 20:56
- So eine erbauliche Lektüre braucht man zum Abend, danke. (owT) - prinz_eisenherz, 12.01.2004, 21:15
- Frage: Quelle der Zahlen? - fridolin, 13.01.2004, 09:42
- Re: Frage: Quelle der Zahlen? - Cosa, 13.01.2004, 10:44
- Dt. Fassung vom Investor-Verlag - Firmian, 12.01.2004, 19:55
Dt. Fassung vom Investor-Verlag
-->"Schröpft die Dummen!"
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Schröpft die Dummen!"
Diesen Slogan schlage ich der amerikanischen Partei der Republikaner
für den kommenden Wahlkampf vor. Denn diese Partei um Präsident Bush
scheint ja eine sehr originelle Methode der Finanzierung der
Staatsausgaben gefunden zu haben. Sie senken die Steuern... aber
erhöhen die Ausgaben. Wer wird dann für ihre Programme der Waffen und
Drogen bezahlen? Statt die Reichen zu schröpfen oder die Armen
auszuquetschen, setzen die Republikaner darauf, dass die Dummen der
Bush-Administration Geld leihen, zu Zinssätzen, die auf dem
niedrigsten Stand seit 50 Jahren stehen. Die Bush-Administration leiht
sich das Geld... und wertet dann die Währung ab, in der die Schulden
gemessen werden.
Das ist ein Trick... aber ein eleganter Trick; fast die Hälfte der
geliehenen Beträge kommt aus dem Ausland... und die armen Ausländer
wählen nicht mit!
Aber was ist das? Der Dollar ist weiter gefallen... und der Goldpreis
steigt weiter. Und jetzt sieht es so aus, als ob die Freundlichkeit
der Ausländer ihre Grenze erreicht hätte. Sie wählen irgendwie doch
mit.
"Ein ominöser Vorbote für die US-Finanzanlagen", schreibt mein Freund
Terry Reik,"war der deutliche Kollaps bei den Kapitalimporten aus dem
Ausland... Vom Topp von 110,4 Milliarden Dollar im Mai sind die
Netto-Kapitalimporte im Juni auf 90,6 Milliarden Dollar, im Juli auf
73,4 Milliarden Dollar, im August auf 49,9 Milliarden Dollar und im
September auf 4,2 Milliarden Dollar gefallen."
Der Betrag vom September hat nur 10 % des Wertes erreicht, der
notwendig wäre, um das amerikanische Leistungsbilanzdefizit von 500
Milliarden Dollar zu finanzieren. Die privaten Investoren außerhalb
der USA haben den Dollar aufgegeben, zugunsten anderer Anlagen.
Bis jetzt haben nur die Dollarkäufe (bzw. die Käufe von
US-Staatsanleihen) von ausländischen Zentralbanken den Dollar vor der
Zerstörung bewahrt. So hat z.B. die Bank of Japan im September Dollar
und US-Staatsanleihen für 40 Milliarden Dollar gekauft."Ohne diese
herkulesmäßige Anstrengung der japanischen Zentralbank", so Terry Reik
weiter,"wären die US-Kapitalimporte aus dem Ausland negativ gewesen,
und zwar mit 35,8 Milliarden Dollar."
Die Periode der Zurückhaltung der ausländischen Investoren kommt zu
einer schlechten Zeit. Denn mit jedem Tag scheinen die Amerikaner mehr
Kredite zu brauchen, nur um ihr Niveau halten zu können. Terry nennt
die Zahlen: Die Schulden der USA stehen bei insgesamt 33 Billionen
Dollar, die jährlichen Zinsen betragen fast 2 Billionen Dollar -
selbst zu den niedrigsten Zinsen seit den 1950ern. Und die Schulden
wachsen 7 Mal so schnell wie die Wirtschaft.
Was für Amerika Schulden sind, sind für das Ausland Forderungen (wenn
auch von ungewissem Wert). In den ersten 200 Jahren der amerikanischen
Republik schafften es die Amerikaner, gegenüber dem Ausland ein
Netto-Vermögen von rund 5 % ihrer Wirtschaftsleistung aufzubauen. Aber
dann gab es die Reagan-Jahre der"Angebotsorientierung", und dann die
Clinton-Jahre des"Alles ist möglich". Und darauf folgte dann George
Bush mit seinem"Schröpft die Dummen". Nach der ersten Amtszeit von
Reagan hatte sich das amerikanische Nettovermögen gegenüber dem
Ausland in Luft aufgelöst, und in den folgenden 17 3/4 Jahren hielten
die Ausländer immer mehr US-Vermögensanlagen, während die Amerikaner
immer wenige ausländische Vermögensanlagen hielten.
Im April 2003 besaßen die Ausländer 3,3 Billionen Dollar mehr an
US-Vermögensanlagen, als die Amerikaner an ausländischen
Vermögensanlagen besaßen. Und dann, in den folgenden 90 Tagen, schoss
diese Zahl um 21,5 % auf über 4 Billionen Dollar nach oben.
Wow! Bei mir dreht sich alles.
Jetzt zu Addison, mit mehr Details:
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Montag, 12. Januar 2004
IWF rügt US-Wirtschaftspolitik
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin an der Wall Street
Die Wirtschaftszahlen der letzten Tage haben mich ein wenig verwirrt.
Zunächst einmal gab es bei CNN Money ein großes Thema: Steht den USA
ein Kreditkollaps bevor? Es geht um den Boom bei den Hypotheken, der
durch die niedrigsten Zinsen seit einer Generation angefacht worden
war. Die Hausbesitzer erhöhten ihre Hypotheken, um das zusätzliche
Geld in den Konsum stecken zu können. In Deutschland praktisch
unvorstellbar, dass Hypotheken erhöht werden, um mehr Geld für den
Konsum zu haben - in den USA völlig gang und gäbe.
In den USA wird von offizieller Seite so argumentiert, dass das Geld
aus den Hypothekenerhöhungen zur Tilgung von Kreditkartenschulden
verwendet werden könnte. Das ist aber offensichtlich nicht im
gewünschten Umfang der Fall: Die Kreditkartenpleiten sind im dritten
Quartal auf Rekordniveau geklettert. Selbst wenn es eine Erholung bei
der Schaffung von Arbeitsplätzen gibt, dann wird es erfahrungsgemäß
erst mit 6 Monaten Verzögerung eine Verbesserung bei der Zahl der
Kreditkartenpleiten geben.
Und hier beginne ich mich zu wundern. Denn die Arbeitsmarktzahlen
waren letzte Woche überhaupt nicht gut. Dennoch stieg der Dow Jones -
weil man sagte, dass die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe
jetzt seit 13 Wochen unter der angeblich wichtigen Marke von 400.000
geblieben sei. Aber ohne die Unterstützung durch steigende
Immobilienpreise und den Hypothekenboom hängt die"Erholung" von der
Schaffung neuer Jobs ab. Oder von neuen Schulden.
"Der Wirtschaft geht es gut, weil sich die Leute verschulden", so
Samuel Gardano, Vorsitzender vom"America Bankruptcy
Institute"gegenüber der Zeitung Kansas City Star. Da frage ich mich:
Was meint er mit"gut"? Im Jahr, das am 30. September 2003 endete,
konnte sein Institut 1,66 Millionen persönliche Pleiten zählen... das
ist die höchste Pleitenzahl, die es jemals seit Beginn der
Aufzeichnungen gab.
Gardano meint, dass die Kreditkartenpleiten ein"natürlicher Auswuchs"
einer 10 Billionen Dollar schweren Konsumentenvolkswirtschaft seien.
Und er fügt ziemlich glücklich hinzu:"Je mehr sich die Wirtschaft
verbessert, desto mehr werden sich die Leute verschulden und desto
mehr Pleiten wird es geben." Jetzt bin ich völlig baff. Orwell hätte
das nicht besser machen können: Wenn Schulden und Zahl der Pleiten
bereits auf Rekordniveau stehen und dann weiter steigen, dann soll das
eine"Verbesserung der Wirtschaftslage" sein! Da können Sie mich
wirklich verwirrt nennen...
"Es ist ein Rätsel" so Roger Whelan, der auch bei diesem Institut
arbeitet."Kredite treiben die Verbesserung der Wirtschaft an, aber
ein Übertreiben der Konsumausgaben kann zu Schulden und Verlusten der
Kreditwirtschaft führen." Hm... das hilft."Wir leben in einer
Gesellschaft, wo man nicht mehr nur danach lebt, was man sich leisten
kann." Ok, jetzt verstehe ich es langsam."Schulden = Reichtum", das
brauchen wir, weil die amerikanischen Konsumenten gegenüber ihren
Nachbarn prahlen wollen, oder zumindest mithalten (wenn diese z.B. ein
neues Auto haben).
Aber sollten es nicht genau diese Nachbarn sein, die sich Sorgen
machen sollten? Laut einem Bericht des Weltwährungsfonds (IWF), der
letzte Woche veröffentlicht wurde, sollte auch die US-Regierung
nachdenken. Laut der New York Times warnt der Bericht davor,"dass die
amerikanischen Netto-Finanzverpflichtungen gegenüber dem Rest der Welt
in den nächsten paar Jahren auf 40 % der gesamten amerikanischen
Wirtschaftsleistung explodieren könnten. Das repräsentiert 'ein noch
nie da gewesenes Niveau an externen Schulden für ein großes
Industrieland', und es könnte zu Verwüstungen beim Dollarwert und bei
den internationalen Devisenkursen führen."
"Der IWF hat Recht", so Fred Bergsten, Volkswirt beim Institute for
International Economics, so als ob er regelmäßig mit den
Korrespondenten des Investor's Daily Wein trinken würde."Wenn diese
Zwillingsdefizite - das Haushaltsdefizit und das Handelsbilanzdefizit
- weiter ansteigen, dann wird das Risiko eines Tages der Abrechnung,
der ziemlich hässlich werden kann, zunehmen."
Wie kann eine Regierung dem Ausland 40 % ihrer eigenen
Wirtschaftsleistung schulden, einer Wirtschaft, die zum größten Teil
von ihren eigenen Konsumenten gestützt wird, von denen so viele wie
nie zuvor Pleite gehen? Diese Frage habe ich Dr. Kurt Richebächer
gestellt. Seine Antwort:
"Für mich sind die größten Unsicherheiten (in Bezug auf die
Weltwirtschaft) die US-Wirtschaft, ihr Finanzsystem und ihre Währung.
Das große Thema nicht nur für Amerika, sondern auch für die
Weltwirtschaft ist, ob die US-Wirtschaft das Niveau erreicht hat, bei
dem das Wirtschaftswachstum selbst tragend geworden ist. Oder ob wir
in diesem Jahr ein Schneckenwachstum oder sogar eine Rezession
bekommen werden. Wenn man sich die Märkte ansieht, dann habe ich den
Eindruck, dass viele Leute (besonders Ausländer) Probleme mit dieser
Frage haben..."
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Montag, 12. Januar 2004
US-Geldmenge sinkt
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
*** Die US-Geldmenge sinkt! Von August bis November ist die Geldmenge
M3 so schnell wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 1960
gesunken.
*** Auch wenn ich den Grund für den Rückgang der US-Geldmenge nicht
genau weiß - die Auswirkungen kann ich erraten: Statt einer realen
Erholung... steht der US-Wirtschaft eine reale Rezession bevor. Ich
zitiere noch einmal meinen Freund Terry Reik:
"Ich sehe die jüngsten monetären und fiskalischen Stimulierungen und
den Konsum und das Geldleihen, die dadurch gestärkt wurden, nur als
eine Verzögerung des unausweichlichen Prozesses der Rationalisierung,
der Schuldenreduktion und (...) des Sparens. Eine nachhaltige
wirtschaftliche Erholung ist in den USA noch nie mit so einem
Leistungsbilanzdefizit und so geringen Sparraten eingetreten. Und ich
erwarte auch nicht, dass es diesmal so sein könnte."
***"Große Gesellschaften wie Enron gehören zu den Top-Geldgebern von
Bush", so eine Schlagzeile im International Herald Tribune. Ich habe
dafür eine Erklärung.
Wir leben in einem degenerierten Zeitalter, in dem sowohl die
amerikanische Wirtschaft als auch die amerikanische Regierung durch
das"leichte Geld" korrumpiert worden sind. Warum soll man sich viel
Mühe machen, wenn man Geld einfach aus dem Nichts schaffen kann? Die
Unternehmen machen sich nicht mehr die Mühe, Geld zu verdienen, indem
sie Güter herstellen und verkaufen. Stattdessen machen sie direkt
Geld. Die Finanzunternehmen sind mittlerweile für fast 40 % der
gesamten Unternehmensgewinne verantwortlich. Warum geben die
Finanzunternehmen soviel Geld an Bush? Weil sie die einzigen
Unternehmen sind, die noch Geld haben, das sie geben können.
Und es sind die einzigen Unternehmen, die ein Motiv dafür haben. Wer
hat mehr zu verlieren, wenn das halsbrecherische Schuldenmachen und
Geldausgeben der Bush-Jahre nicht weitergeht? Wessen Kunden werden
geschröpft?
Es ist dekadent. Es ist ekelhaft. Aber so ist das in Amerika, im Jahr
2004... das ist das neue Babylon, das gegenüber den Wüstenstämmen so
selbstlos ist wie das alte Babylon...
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Montag, 12. Januar 2004
Verblüffende Parallelen
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"I'm turning Japanese, I think I'm turning Japanese, I really think
so."
The Vapors, 1980
Zwischen 1971 und 1985 stieg der japanische Aktienmarkt um rund 500 %.
In Amerika begann der Bullenmarkt 10 Jahre später, 1981. Und von 1981
bis 1995 stiegen auch die amerikanischen Aktien um 500 %.
-1985 hob der japanische Aktienmarkt richtig ab - er verdreifachte
sich in den nächsten 5 Jahren. -1995 hob der US-Aktienmarkt richtig ab
- er verdreifachte sich in den nächsten 5 Jahren. -1990 hatte der
japanische Aktienmarkt sein Topp erreicht, und er begann zu fallen. 18
Monate später war er 30 % gefallen. -2000 hatte der US-Aktienmarkt
sein Topp erreicht, und er begann zu fallen. 18 Monate später war er
30 % gefallen.
Unheimlich, oder? Aber die Parallelen hören damit nicht auf. Nehmen
wir nur die Sparraten. Als die Aktienkurse in Japan in den 1970ern und
1980ern stiegen, da fiel die Sparrate um rund 10 Prozentpunkte. Und in
den USA passierte dasselbe - genau 10 Jahre später. Aber es ist nicht
das, was passiert ist, sondern die Moral von der Geschichte, die
zählt. Ich habe vor kurzem die Geschichte eines Amateur-Pyrotechnikers
gehört. Überzeugt davon, dass Dieselkraftstoff sich nicht entzündet,
und weil er vor seinen Mitarbeitern prahlen wollte, reichte er ein
angezündetes Feuerzeug über einen Strom von Diesel, der aus einem Tank
heraus floss, ohne Effekt. Dann, um das zu beweisen, wiederholte er
diesen Trick, und vielleicht kam er dabei in näheren Kontakt mit dem
Kraftstoff. Derzeit erholt er sich von den Verbrennungen, die der
größte Teil seines Körpers erlitten hat.
Dieser Artikel hier ist im Geist eines der neugierigen Zuhörer dieser
Geschichte geschrieben: Verblüfft, dass jemand so dumm sein kann, von
dem Spektakel fasziniert, und glücklich, dass jemand anderes die
Experimente durchführt.
Auch die wirtschaftlichen Ingenieure aus Washington, D.C., könnten ein
bisschen neugierig sein. Sie haben so bereitwillig auf die Mittel der
monetären und fiskalischen Stimulierung zurückgegriffen, dass sie sich
vielleicht zumindest fragen könnten, was man wirklich braucht, um eine
Volkswirtschaft durchstarten zu lassen. Ich schlage einen Besuch
Japans vor.
Es gab kein anderes Beispiel für eine große Volkswirtschaft, die in
der Nachkriegszeit soviel Ärger hatte - nur Japan."Japan ist anders."
Vielleicht stimmte das; jeder sagte das ja. Aber inwiefern anders?

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