- Auswege aus der Weltwirtschaftskrise - Karl, 17.01.2004, 11:28
- Re: ja, aber - zani, 17.01.2004, 12:17
- Nur Sprüche eines Bauernfängers - Diogenes, 17.01.2004, 13:40
Auswege aus der Weltwirtschaftskrise
-->Auswege aus der Weltwirtschaftskrise
Am 18. Dezember war Lyndon LaRouche Gastredner beim"Berliner Salon". Diese Organisation bringt einflußreiche Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur zusammen; in diesem Jahr wurde ein"Berliner Salon" in St. Petersburg gegründet, im kommenden Jahr soll er in Peking eröffnet werden. Der Vorsitzende des Berliner Salons, Dr. Manfred Boese, stellte seinen Gast den etwa 80 Zuhörern als demokratischen Präsidentschaftsbewerber mit der offiziell zweitgrößten Anzahl von Unterstützern vor. LaRouche habe bereits in den 80er Jahren als Autor des SDI-Programms an führender Stelle die amerikanische Politik mitgestaltet und trete jetzt für das Entwicklungskonzept der Eurasischen Landbrücke ein. Boese erwähnte auch LaRouches Zusammenarbeit mit Indira Gandhi und anderen Staatschefs aus den Entwicklungsländern. Unter den Gästen waren auch diplomatische Vertreter aus mehreren arabischen Ländern, China und Finnland. An LaRouches Vortrag schloß sich eine ausführliche Diskussion an.
Eine Wernadskijsche Lösung
Dialog der Kulturen
Das Besondere an der amerikanischen Verfassung
LaRouche und das Präsidentenamt
Der Wiederaufbau Europas
Die kommenden Generationen
Die kommenden ein bis zwei Jahre sind von den beiden großen Krisen bestimmt, vor denen wir heute stehen. Einen Ausweg daraus gibt es, wie bei jeder großen Krise, nur auf der Ebene des Erhabenen. Wenn man den Ausweg sieht, wendet man diese Zukunftsvision auf die Gegenwart an, um festzustellen, welche Mittel wir haben, um die Krise zu überwinden. Davon ausgehend kann ich sagen, daß ich bezüglich der Zukunft der Menschheit vorsichtig optimistisch bin.
Ich schildere zuerst diese beiden großen Krisen, in der die Menschheit heute steckt.
Erstens gibt es einen Vorstoß in Richtung Krieg. Wenn man es nicht verhindert, wird vielleicht die ganze Erde mit asymmetrischem Atomkrieg unvorstellbaren Ausmaßes überzogen. Dieser Vorstoß für weltweite Kriege kommt derzeit bekanntlich aus den Vereinigten Staaten, infolge der Doktrin des präemptiven Atomkriegs, die auf den amerikanischen Vizepräsidenten Dick Cheney zurückgeht. Alle informierten Teile der Welt sehen einen solchen Krieg voraus.
Wenn er nicht verhindert wird, bedeutet ein solcher Krieg, daß Milliarden von Menschen sterben werden. Deshalb sagen wir:"Ist es nicht höchste Zeit, eine Lösung zur Überwindung dieser Kriegsgefahr zu finden?"
Die andere Krise ist die größte Finanzkrise der Neuzeit, in der wir uns jetzt befinden. Schon Kleinigkeiten, wie beispielsweise eine Zinsänderung um ein Prozent, könnten zur Detonation führen und die amerikanische Wirtschaft in die Luft jagen. Es kann jederzeit geschehen. Man kann in Geldfragen keine genauen zeitlichen Vorhersagen machen, weil in den einzelnen Nationen der freie Wille mitspielt. So läßt sich eine Krise mit inflationären Mitteln hinauszögern, indem man in großen Mengen elektronisch Geld druckt.
Die Krise selbst ist trotzdem unausweichlich. Krisen sind aber auch nützlich, denn sie zwingen uns, zu überlegen, wie Nationen zusammenarbeiten können, damit dieser Krieg nicht weitergeht und sich nicht ausweitet. Es gibt beispielsweise in Eurasien schon Tendenzen zu einer Zusammenarbeit in dieser Richtung.
Eine Wernadskijsche Lösung
Eigentlich ist Westeuropa bankrott. Aber es gibt eine Lösung.
Westeuropa, also Deutschland, Frankreich, Italien usw., hat gemeinsam mit Rußland aussichtsreiche Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Ost-, Südost- und Südasien, die schnelles Wachstum und Wohlstand in ganz Eurasien schaffen können.
China beispielsweise arbeitet an großen Infrastrukturbauten, die wahrscheinlich ein Vierteljahrhundert in Anspruch nehmen werden. Es sind die wohl größten Infrastrukturprojekte, die heute irgendwo auf der Erde geplant sind. China wendet sich jetzt von den Küstengebieten mehr dem Landesinnern zu und will die westlichen Provinzen entwickeln. Dazu ist ein Ausbau der Infrastruktur notwendig, die ein Vierteljahrhundert brauchen wird. China hat zwar gewisse Hochtechnologiekapazitäten, von denen einige sogar in ein paar Jahren weltweit einzigartig sein werden, aber es hat zuwenig davon. Er braucht mehr Technik. Es hat eine riesige Bevölkerung, die aus Not und Elend befreit werden muß. Dazu muß man die Infrastruktur und anderes entwickeln. Das bietet Westeuropa und Rußland die Gelegenheit, sich an diesem Teil der Entwicklung Asiens in sehr hohem Maße zu beteiligen.
Blicken wir nach Nordasien, Korea, Sibirien bis zur Pazifikküste und nach Japan. In dieser Region - unter der Voraussetzung, daß man einen Frieden zwischen den beiden Koreas aushandeln kann, was ich für durchaus möglich halte - ist eine beträchtliche Entwicklung möglich.
In Südostasien ist das vor kurzem ausgeweitete Projekt zur Entwicklung des Mekongtales ein wichtiger Motor des Fortschritts für einen großen Teil der Menschheit. Die dreiseitige Zusammenarbeit zwischen Rußland, China und Indien bildet einen Angelpunkt, um den sich die Zusammenarbeit der Nationen Asiens drehen kann.
Diese riesige Bevölkerung - 1,3 Milliarden Chinesen, über eine Milliarde Inder, die Bevölkerung Südostasiens usw. - hat einen gewaltigen Bedarf an Technik. Wir müssen die Armut besiegen. Die Bevölkerungsdichte bewohnbarer Regionen steigt, und ohne Entwicklung der Infrastruktur und bessere Technik lassen sich diese Probleme nicht befriedigend lösen.
Das Allerwichtigste in diesem Bild Eurasiens sind jedoch die gewaltigen Rohstoffvorkommen in Mittel- und Nordasien. Es handelt sich um große Wüsten- und Tundragebiete. Um an die Rohstoffe heranzukommen, muß man diese dünnbesiedelten Regionen Nord- und Mittelasiens infrastrukturell erschließen. Russische Arbeiten habe gezeigt, daß es kaum irgendwo auf der Welt eine solche Dichte an Bodenschätzen gibt. Allerdings werden selbst diese Vorkommen langfristig nicht ausreichen. Wir müssen Durchbrüche in der Wissenschaft schaffen, um die nötigen Ressourcen zu erneuern und neue Ressourcen zu entwickeln, um die verbrauchten zu ersetzen.
Wenn wir dann einen Frieden in Westasien zustandebringen - Iran, Türkei, Syrien, Ägypten, dem Nahen Osten insgesamt -, schaffen wir die Aussicht auf eine eurasische Entwicklung, die weit in die Zukunft weist.
Diese Entwicklung Eurasiens kann nicht als globalisierter Mechanismus ablaufen. Die Fähigkeit eines Menschen, wissenschaftliche und andere Entdeckungen zu assimilieren, beruht auf einem Vorgang, der von der Kultur dieses Menschen in seinem Teil der Welt abhängig ist. Deshalb ist der Eigenwert der nationalen Kulturen unverzichtbar, damit die einzelnen Bürger sich so entwickeln können, daß sie wichtige Ideen in organisierter Form aufnehmen können. Das heißt, daß wir das Prinzip des souveränen Nationalstaats auf der Grundlage seiner nationalen Kultur verteidigen müssen. Wir brauchen eine Gemeinschaft souveräner Nationalstaaten, eine auf gemeinsamen Prinzipien beruhende Gemeinschaft von Nationen - keine Weltregierung.
Dialog der Kulturen
Das wirft ein anderes Problem auf. Wir haben einerseits die asiatischen Kulturen, und wir haben andererseits die europäische Kultur, die im Schatten der Pyramiden im alten Ägypten begann. Damit stellt sich das Problem, wie man eine ökumenische Prinzipiengemeinschaft unter Nationen entwickelt, die nicht aus der gleichen Wurzel stammen, sondern verschiedene Kulturen haben.
In Europa gibt es Vorstöße in dieser Richtung, vor allem durch die jüngste Zusammenarbeit zwischen Frankreich, Deutschland und Italien. Das allein wird nicht zum Ziel führen, aber es ist ein Anstoß in diese Richtung. Die jüngste Entwicklung in Rußland mit dem Ergebnis der Dumawahl ist vielversprechend, und wir erwarten viel von der russischen Präsidentschaftswahl im März.
Bis dahin werden wir große Veränderungen der Weltlage erleben. Es wird ein großes Kräftemessen geben, für und wider die Fortsetzung der Kriege, die Cheney angefangen hat. Ebenso wird die auf uns hereinstürzende Finanzkrise, u.a. in den Vereinigten Staaten, die Weltlage verändern. Rußland wird eine wichtigere Rolle spielen als irgendwann seit 1988.
Wir haben also Westeuropa, Rußland, und das wachsende Potential in Asien. Wir haben eine weltweite Finanzkrise. Der IWF in seiner gegenwärtigen Form wird nicht mehr lange existieren. Wir werden also in nächster Zeit titanische Entscheidungen treffen müssen - Entscheidungen, welche die Nerven vieler Menschen auf die Probe stellen. Aber es gibt hervorragende Lösungen für die Krise. Sie werden Geduld und harte Arbeit erfordern, aber es gibt sie.
Dies bringt uns zu einer weiteren großen Frage: Was wird mit den Vereinigten Staaten, und was muß in dem Zusammenhang Amerikas Beitrag sein?
Das Besondere an der amerikanischen Verfassung
Die Vereinigten Staaten haben einige Geheimnisse, die eigentlich keine sind - die Menschen sehen nur nicht richtig hin. Die Europäer verstehen die Geschichte der USA oft nur unvollkommen, weil sie Amerika aus der Sicht des anglo-holländischen, liberalen, parlamentarischen Regierungssystems betrachten. Die Vereinigten Staaten sind aber anders. Sie sind beispielsweise schon immer ein Schmelztiegel der Nationen gewesen, wenn auch die europäische Kultur den prägendsten Einfluß hatte.
Zweitens haben wir in den USA nicht das anglo-holländische, liberale Parlamentssystem. Wir sind ein Produkt des Einflusses von Leuten wie Colbert und Gottfried Leibniz. Colbert führte Frankreich aus dem Niedergang des Dreißigjährigen Krieges, womit der Wiederaufbau Europas auf der Grundlage von wissenschaftlich-technischem Fortschritt begann. Colbert förderte Leibniz' Entwicklung und Einfluß. Die Kriege Ludwigs XIV. haben das wieder verdorben, aber der Antrieb zu diesem Fortschritt blieb, vor allem in Deutschland. Ein Beispiel dafür ist die deutsche Klassik Mitte bis Ende des 18. Jahrhunderts.
In der Mitte des 18. Jahrhunderts sahen dann einflußreiche Leute aus allen Teilen Europas hoffnungsvoll auf Nordamerika. Leute wie Abraham Kästner, der Lehrer Lessings und anderer, förderten unseren Wissenschaftler Benjamin Franklin als den Mann in Nordamerika, um den herum man eine neue Bewegung aufbauen konnte. Die besten Köpfe Europas entwarfen die Perspektive, aus den englischen Kolonien in Nordamerika eine wahre Republik zu machen, die wiederum als Grundlage dafür dienen sollte, diese Idee der wahren Republik auch in Europa einzuführen.
Mit dieser Unterstützung aus Europa verwandelten wir unsere freie Nation in eine vorbildliche Republik mit einer präsidialen Verfassung. Unsere Verfassung ist, verglichen mit anderen Verfassungen in anderen Teilen der Welt, einzigartig. Erinnern wir uns daran, daß sowohl die Unabhängigkeitserklärung als auch die Verfassung unter Benjamin Franklins persönlicher Leitung formuliert wurden. Das wesentliche Prinzip der Unabhängigkeitserklärung stammt beispielsweise direkt aus Leibniz' Neuen Abhandlungen über den menschlichen Verstand. Die amerikanische Verfassung ist nicht bloß eine Sammlung von Grundrechten, sie stützt sich auf Prinzipien. Das erste Prinzip ist die vollkommene Souveränität des Nationalstaats. Das zweite ist die Verpflichtung der Regierung, das Gemeinwohl der Bevölkerung zu fördern; die Regierung ist nur legitim, wenn sie entschlossen ist, das Gemeinwohl aller Bürger zu verteidigen. Und das dritte Prinzip ist, daß Regierung und Staat auch der Nachwelt verpflichtet sind.
Alle anderen Teile der amerikanischen Verfassung und alle Bundesgesetze unterstehen dieser Präambel. Die Präambel ist kein Vorwort, sie ist das grundlegendste Gesetz, welches das Grundprinzip unseres Verfassungsrechts ausdrückt. Hier liegt der Unterschied zwischen den Systemen.
LaRouche und das Präsidentenamt
Der Schlüssel ist das präsidiale System. Das müssen die Europäer begreifen, wenn sie die Vereinigten Staaten und die internen Auseinandersetzungen im amerikanischen Regierungssystem wirklich verstehen wollen.
Ich selbst bin in gewissem Sinne ein Teil des präsidialen Systems. Das System der Präsidentschaft besteht einerseits aus den regulären Regierungsmitarbeitern, wie Diplomaten, Geheimdiensten, Militär usw. Aber es umfaßt auch private Bürger, die formell nicht in der Regierung sind, wie ehemalige Regierungsmitglieder und verschiedenste Berater des Präsidenten.
Nehmen wir den Fall der Strategischen Verteidigungsinitiative SDI. 1975 stellte ich fest, daß eine Gruppe um Zbigniew Brzezinski entschlossen war, eine nukleare Konfrontation mit der Sowjetunion vom Zaun zu brechen. Ich reagierte darauf, indem ich einen Präsidentschaftswahlkampf führte und diese Pläne öffentlich anprangerte. Damit vereitelten wir die Pläne, und ich zog mir Brzezinskis dauerhafte Feindschaft zu. Aber als dann Ronald Reagan zum Präsidenten gewählt wurde, lud man mich noch vor seinem Amtsantritt nach Washington ein, um seinen Leuten meine Empfehlungen für die kommende Regierung zu unterbreiten. Einer meiner Vorschläge war das, was später, nach der berühmten Rede des Präsidenten vom 23. März 1983, als SDI bekannt wurde. In diesem Zusammenhang verhandelte ich im Auftrag der Regierung von Februar 1982 bis Februar 1983 und danach vertraulich mit der sowjetischen Regierung.
Man wird in der Geschichte der USA viele Persönlichkeiten finden, die auf ähnliche Weise an der Arbeit des Präsidentenamts mitwirkten, ohne formell einer Regierungsinstitution anzugehören.
Eine weitere Besonderheit unserer Regierungsform ist, daß unsere Verfassung niemals abgeschafft wurde. Keine andere Regierung kann dies von sich behaupten. Es gibt kein Land, das seit 1789 dieselbe Verfassung hat. Deshalb stürzen wir auch nicht unsere Regierungen, sondern beweisen Elastizität. Wir arbeiten lieber daran, unsere Regierung von innen zu reformieren, als eine Krise zu schaffen, um sie zu stürzen. Denn wir wissen, daß es für die Sicherheit und Stabilität unserer Nation lebenswichtig ist, unsere Verfassung mit ihrer Präambel zu erhalten.
Weil es in Leibniz und Colbert wurzelt, ist das amerikanische System der politischen Ã-konomie anders als das liberale System. Unser System ist laut Verfassung im wesentlichen ein Nationalbanksystem, d.h. wir dürfen eigentlich nicht zulassen, daß private Bankiers eine von der Regierung unabhängige Zentralbank gründen. Und obwohl es dem britischen König Edward VII. gelang, das New Yorker Federal-Reserve-System einzuführen, zeigt uns die Art und Weise, wie Franklin Roosevelt mit diesem Problem der Federal Reserve umging, wie unser System unter den besten Umständen funktioniert.
Ich will nun deutlich machen, wozu ich dies alles erklärt habe.
Der Wiederaufbau Europas
Das Problem in Europa ist, daß es zwar viele gute Vorschläge gibt, wie etwa den Tremonti-Plan, daß diese aber nur um die 100 Milliarden Euro an Krediten für Infrastruktur vorsehen, während wir aber in Eurasien viel mehr brauchen, nämlich Billionen von Euro an Investitionen. Für die Anstrengungen zum Wiederaufbau und Aufbau in Eurasien, die ich vorhin beschrieben habe, brauchen wir Regierungsabkommen über Billionenkredite mit 25- bis 50jähriger Laufzeit für grundlegende wirtschaftliche Infrastruktur beispielsweise in Nord- und Mittelasien.
Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Kürzlich schätzte man das wirtschaftliche Gesamtprodukt der Welt auf rund 41 Billionen Dollar, als der Dollar noch etwas mehr wert war als heute. Man schätzte das amerikanische Bruttoinlandsprodukt auf etwa 11 Billionen Dollar. Allein im Bereich der grundlegenden wirtschaftlichen Infrastruktur haben die Vereinigten Staaten heute ein Defizit von mindestens 4 Billionen Dollar.
Europa hat vergleichbare Probleme. Denken wir an das Verkehrswesen in Deutschland. Wir wollen keine Volkswirtschaft, wo die Autobahnen aussehen wie Parkplätze, weil man ständig nur im Stau steht. Das ist nicht gut für die Gesellschaft. Es ist nicht gut für das Privatleben. Um so mehr, wenn man zwei oder drei Jobs nebeneinander hat, zu denen man fahren muß.
Denken wir an die Armen in China, in Indien, in vielen anderen Teilen Asiens. Was für ein Ausmaß an Entwicklung ist erforderlich, um diese Menschen in absehbarer Zeit aus ihrem Elend herauszuholen? Wir reden hier von einer Größenordnung von Billionen Dollar.
Die Rolle, welche die Vereinigten Staaten wegen ihrer Geschichte und ihres nationalen Charakters dabei spielen können, ist zwar nicht ganz dieselbe, aber ähnlich wie Franklin Roosevelts Rolle 1944 bei der Vereinbarung des Finanzsystems von Bretton Woods - wenn wir uns darauf besinnen, wie Roosevelt damals auf die weltweite Krise reagierte. Damals waren die Vereinigten Staaten die einzige Weltmacht. Das sind wir heute nicht mehr. Aber wir nutzten die Stärke des Dollars und unserer Wirtschaft, um ein Programm für den Wiederaufbau des Planeten vorzulegen.
Das erfolgreichste Beispiel dafür war Westdeutschland. Hermann Abs, ein kluger Kopf, unterstützte den Gedanken, nach dem Vorbild von Roosevelts Reconstruction Finance Corporation, die die Depression in Amerika überwinden half, eine neue Einrichtung zu gründen - man kennt sie als die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Besser hat man die Gelder für den Wiederaufbau damals nirgendwo auf der Welt eingesetzt.
Die Vereinigten Staaten sind heute nicht mehr die Weltmacht, die sie damals waren, aber das Prinzip, wie wir unter Roosevelt aus der Depression herauskamen und wie wir ein Währungssystem mit festen Wechselkursen schufen, würde auch heute funktionieren. Dazu muß es aber in den USA einen Präsidenten geben, der eurasischen und anderen Nationen sagt:"Wir treffen uns jetzt und machen es noch einmal so wie damals."
Wenn sich die Nationen Europas und Asiens und die Vereinigten Staaten dann darauf einigen, ein neues System fester Wechselkurse zu schaffen und das alte System einem Konkursverfahren zu unterziehen, dann wird alles möglich, was sich Eurasien wünscht.
Die kommenden Generationen
Keiner der anderen gegenwärtigen Präsidentschaftsbewerber in den USA wäre dieser Aufgabe gewachsen. Da ich mich um die Welt als ganze und insbesondere um Europa kümmere, sehe ich auch, an welche Grenzen die Europäer bei der Lösung dieser Probleme stoßen. Deshalb ist es die wichtigste Aufgabe der Vereinigten Staaten auf der Welt, sich mit diesen Nationen zusammenzutun und das möglich zu machen, was diese Nationen alleine nicht tun können.
Wir müssen zwei Generationen in die Zukunft schauen. Nehmen wir China als Beispiel. Die Regierung in Beijing plant Infrastrukturprojekte zur Entwicklung Westchinas. Darunter sind Vorhaben, deren Bau wahrscheinlich eine ganze Generation dauern wird. Erst die nächste Generation der Bevölkerung wird den Nutzen davon haben. Wir haben also einen Zyklus, der zwei Generationen umfaßt.
Wir leben in einer bankrotten Welt. Dieser Bankrott ist nicht so schnell zu überwinden, es wird einige Zeit dauern, bis wir uns da herausgearbeitet haben. Deshalb brauchen wir langfristige Vereinbarungen - aber nicht nur in monetär-finanziellen und wirtschaftlichen Fragen. Wir müssen auf der Grundlage unserer gemeinsamen Bedürfnisse und des gemeinsamen Interesses an der Sicherheit dieser Wirtschaftsordnung ein gemeinsames Prinzip der Beziehungen zwischen den Staaten definieren, nach dem wir für einen Zeitraum von 25 oder 50 Jahren planen. Man kann es späteren Generationen überlassen, die Pläne zu revidieren, falls das notwendig wird.
Schließlich zur Frage, ob das alles machbar sein wird: Mit Hilfe vieler meiner Freunde in den Institutionen der Präsidentschaft, wie ich sie vorhin beschrieben habe, haben wir es bisher geschafft, einige der schlimmsten Absichten Cheneys zu vereiteln. Wir gehen dabei in mehr oder weniger koordinierter Form vor. Das sind die Leute, auf die ich mich als Präsident weitgehend verlassen würde.
Ein Erfolg ist also möglich. Wenn wir Cheney stürzen, werden wir es wahrscheinlich schaffen. Cheney muß aber so bald wie möglich gehen, nicht erst nach der nächsten Wahl. Und ich kann Ihnen sagen, daß Cheney mich heute als seinen Feind Nummer Eins betrachtet.
Es ist ähnlich wie im Krieg. Friedrich der Große hatte einmal in einer Schlacht gegen die Ã-sterreicher einen zahlenmäßig weit überlegenen Gegner vor sich, der ihn mit einer klassischen Operation nach dem Vorbild von Cannae schlagen wollte. Da bewegte Friedrich seine Truppen, wie es noch nie jemand vorher getan hatte. Er fiel den Ã-sterreichern zweimal in die Flanke und schlug sie in die Flucht. Wenn man eine Regierung anführt oder sich darauf vorbereitet, muß man in sich selbst oft vergleichbare Qualitäten finden: Man muß lernen, eine neue Flanke zu finden, um Herr der Lage zu bleiben - manchmal sogar zweimal an einem Tag.
Was Schiller als"das Erhabene" definierte, ist eigentlich eine andere Beschreibung dieses Prinzips, ein Problem auszuflankieren, von einer neuen Flanke her anzugehen. Wir stehen vor schrecklichen, gefährlichen Problemen: der Gefahr eines Weltkrieges und der Gefahr eines finanziellen Zusammenbruchs. Wie gehen wir mit den Feinden um? Nehmt sie bei der Flanke, wo sie es nicht erwarten. Der Schlüssel dazu ist das Erhabene.

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