- Gute und böse Märkte (offtopic!) - egal, 25.01.2004, 15:28
Gute und böse Märkte (offtopic!)
-->Hab ich aus nem anderen Forum hier reinkopiert, ist aber bis auf die >>-Zeilen alles von mir. Mich würden mal andere Meinungen dazu interessieren.
cke schrieb:
"Nehmen wir z.B. an, Macht A setzt sich zusammen aus westlichen Großkonzernen, aus westlichen Parteien, aus chinesischen Generälen, aus chinesischen Parteibonzen, aus russischen Business-Bonzen und aus dem russischen Präsidenten und aus russischen Parteigängern des Präsidenten, und Macht A setzt sich darüberhinaus zusammen aus etwas, was man Subkapital oder Submarkt 1 nennen könnte."
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>> macht A bildet lobbys, wo sich kräftig zugeschachert und geschmiert wird,
>> die frage ist ja ob macht B, sich gegen die schon gefestigten strukturen von macht A behaupten kann, ohne den wettbewerbs mechanismen die macht A zweifelsohne und gnadenlos generiert zu erliegen.
>> macht D scheint mir ein sehr opportunistischer haufen zu sein,
>> mit denen rechne ich jetzt lieber noch nicht.
>> die frage ist also demnach, wie kann man in einem wettbewerb fair play spielen ohne dabei sang und klanglos unterzugehen?
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>> ps: in irgendeinem forum hast du glaube ich microsoft als beispiel genannt eines konzernes der auch hätte eine andere entwicklung nehmen können, wenn der goodwill gesiegt hätte. (falls du das überhaupt warst)
>> aber egal, microsoft hätte sich nie zu dem entwickelt was es heute ist, wenn es sich nicht der mechanismen vom fressen was einem in den weg kommt bedient hätte.
>> mit goodwill währe microsoft nicht microsoft, sondern linux mit seinem open source;)
Erstmal zu letzterem: Man kann Microsoft und Linux von den Ursprüngen her nicht vergleichen, auch wenn es sich um Konkurrenten auf dem Markt der Betriebssysteme handelt:
Microsoft ist entstanden aus normalen unternehmerischen Zusammenhängen, in denen Produkte, z.B. Betriebssysteme, hergestellt werden, um Geld zu verdienen bzw. seinen Lebensunterhalt usw. bestreiten zu können.
Linux ist entstanden aus, wie man in Deutschland sagen würde, ehrenamtlichen Zusammenhängen, in denen Produkte, z.B. Betriebssysteme, hergestellt werden, um gute Produkte zu erhalten, wissenschaftliche Übungen zu betreiben usw.
Wobei allerdings auch Mischbereiche entstanden sind, wenn z.B. IBM oder Red Hat Linux-Anwendungen und -Support vertreiben, also Zusatzleistungen zum eigentlichen, kostenlosen Produkt, um Geld zu verdienen.
Ein weiteres Merkmal von Linux, das GNU-Prinzip, sollte noch erwähnt werden, als sozusagen"erzwungene Solidarität": Das System darf umsonst genutzt werden, wenn derjenige, der es umsonst nutzt, im Falle einer Ergänzung oder Verbesserung des Systems diese Ergänzung oder Verbesserung ebenfalls umsonst zur Verfügung stellt.
Die Methoden von Linux könnten natürlich auch für andere Produkte aus dem"guten" Markt der Macht B strategisch genutzt werden:
1. Starker Marktanteil gegenüber Produkten aus dem"bösen" Markt der Macht A aufgrund des Preisvorteils (in diesem Falle: Kostenlosigkeit)
2. als Folge von 1. Geringere Macht der Macht A aufgrund von niedrigerer Kapitalgenerierung aus dem Markt der Macht A und aufgrund der Stärkung der Solidarität innerhalb des Marktes der Macht B.
Eine solche GNU-artige Strategie wäre also eine mögliche Strategie für die"gute" Macht B, wobei eine Möglichkeit zur Bestreitung des Lebensunterhaltes nur aus dem Verkauf von Nebenprodukten zum kostenlosen Hauptprodukt erzielbar wären: Also so wie IBM Nebenprodukte und Support zum kostenlosen Linux verkauft, könnte z.B. eine anarchistische Gemeinschaft von radikalen Systemgegnern sagen wir mal (spontanüberleg) kostenlosen Support für Rechner und technische Geräte anbieten, und davon leben, diese Geräte günstig zu beschaffen und mit Gewinn weiterzuverkaufen, insbesondere an die Nutzer des kostenlosen Supports. D.h. also diese anarchistische Gemeinschaft würde Geld kassieren, was sonst der Media-Markt o.ä. Läden kassieren würden.
Es gäbe natürlich auch noch die grundsätzliche Mainstream-Vorstellung von Anarchie, dass ALLE kostenlos produzieren, und ALLE kostenlos nehmen können. Auf die Möglichkeit gehe ich hier nicht ein, da auch ausnahmslos selbst alle sich so bezeichnenden Anarchisten in der Praxis nicht so handeln und sich als unfähig zeigen, ihren Worten Taten folgen zu lassen (die, die es doch versucht haben, werden i.d.R. als Müslis und Ã-kospinner und Sonderlinge verspottet, erstaunlicherweise gerade von der"Anarchie!"-gröhlenden Klientel).
Was den Teil der Produktion und des Wirtschaftens allgemein angeht, der der Bestreitung des Lebensunterhaltes dient, muss man ja leider feststellen, dass die"böse" Macht A nicht nur Vorteile aus ihrer Skrupellosigkeit erlangt (Kriege, Mafia-Morde - z.B. an allen die keine Schutzgelder zahlen, Kriminalisieren, Wirtschafts-Morde - z.B. an Gewerkschaftern, Meinungs-Morde - z.B. an kritischen Journalisten, Folter, KZ's usw.), sondern auch aus ihrem symbiotischen Verhältnis mit dem akkumulierten Kapital, welches aus verschiedenen Quellen herrührt, insbesondere
a) mit Gewalt erzwungene Marktanteile,
b) überlegene und oder innovative Produkte
c) Ausnutzung von Vorteilen, z.B. Niedriglohnländer, und teilweise Weitergabe der Vorteile als Niedrigpreise an die Konsumenten - was natürlich auf der Haltung (auch der meisten systemgegnerischen Konsumenten) oder auch der puren Überlebensnotwendigkeit der Konsumenten beruht, grundsätzlich das billigste zu kaufen.
Wenn man diesen Kreislauf durchbrechen will, und NICHT davon ausgeht, dass die Konsumenten, zumindest die, die es sich leisten können, die"guten" Produkte des Marktes der Macht B zu höheren Preisen kaufen (z.B. Solarstrom der Elektrizitätswerke Schönau oder Bio-Kaffee), muss man dahin kommen, dass die"guten" Produkte mindestens genau so billig sind wie die"bösen" Produkte.
Wenn man zugrundelegt, dass in den Produkten des Marktes der"bösen" Macht A wahnsinnige Kosten für unfähiges Management, schmarotzende Führungskräfte und schwachsinnige Hierarchie-Organisationen enthalten sind, bestehen eigentlich ganz gute Chancen.
Es muss aber nach meiner Auffassung die Strategie hinzukommen, dass die Hersteller und Konsumenten der"guten" Produkte sich gegenseitig unterstützen, was auch die horizontalen und vertikalen Wirtschaftsverflechtungen solcher Produkte mit einbeziehen muss, will sagen Lieferanten, Zwischenhändler, gekoppelte Produkte usw.
Deswegen auch mein in einem anderen Beitrag genanntes Beispiel:
Eine Limonade, die deswegen teuer ist, weil sie keine gefährlichen Stoffe enthält, und weil das sie produzierende Unternehmen NICHT Gewerkschafter umlegen lässt, muss mindestens so billig sein wie die Limonade mit den gefährlichen Stoffen und den umgelegten Gewerkschaftern.
Die"gute" Limonade müsste bezuschusst oder sonstwie belohnt werden von den Leuten, die von ihr profitieren, z.B. von Krankenkassen, deren Mitglieder nicht die gefährlichen Stoffe trinken, von Gewerkschaften, deren Mitglieder nicht mehr umgelegt werden usw.
Es wäre also an der"guten" Macht B, solche Prozesse zu organisieren, z.B. eine Krankenkasse mit solchen Ambitionen zu gründen oder entsprechende Lobby-Arbeit bei Krankenkassen zu betreiben (wobei diese Lobbyisten wiederum von der Limonaden-Firma und verbundenen Unternehmen usw. bezahlt werden müssten), oder mit z.B. südamerikanischen Gewerkschaften entsprechende Deals zu machen, die z.B. in gemeinsamen Solaranlagen oder IT-Beratungsfirmen oder oder oder verankert sein können.

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