- The Daily Reckoning - Corrupted Thinking In A Money Culture (Kurt Richebächer) - Firmian, 28.01.2004, 21:05
- Dt. Fassung vom Investor-Verlag - Firmian, 28.01.2004, 21:07
- Danke, dass Du bei Goldseiten an mich gedacht hast-hat mich sehr gefreut. Gruss (owT) - Tofir, 28.01.2004, 21:07
Dt. Fassung vom Investor-Verlag
-->Die sagenhafte Geschichte des Alan Greenspan, Teil 1
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Heute möchte ich - da die Nachrichtenlage relativ ruhig ist - die
Gelegenheit nutzen, um die Persönlichkeit von Alan Greenspan etwas
näher zu analysieren. Dies setze ich weiter unten (im Artikel:"Die
sagenhafte Geschichte des Alan Greenspan, Teil 2") fort. Lassen Sie
mich etwas ausholen:
Am 7. Juli 2001 eröffnete die amerikanische Zentralbank (Federal
Reserve System, kurz: Fed) in Chicago ein Museum. Die Presse
berichtete von einer Ausstellung, die Besucher vor ein ökonomisches
Problem stellte, um sie daraufhin einzuladen, zu erraten, was die Fed
tun solle. Wäre es gut, die Zinsen zu erhöhen, zu senken oder gar
nichts zu unternehmen? In der Ausstellung wurde dann erklärt, was Alan
Greenspan in der Realität in genau dieser Situation getan hatte. Nach
landläufiger Auffassung war das Handeln der Notenbank längst eine
Wissenschaft für sich geworden. Es gibt immer eine richtige und eine
falsche Antwort. Und auf den Chef der Fed, Alan Greenspan ist absolut
Verlass, dass er zu jeder Zeit die richtige Antwort geben könnte. In
einer Zeit voller Misstrauen ist er einer der wenigen Menschen, an
denen die Leute keinen Zweifel oder Bedenken hegen. Er ist der
Vertrauensmann der erfolgreichsten Währung, die die Geschichte je
erlebt hat. Er ist der prominenteste Zentralbanker seit John Law. Und
er ist der bekannteste öffentliche Angestellte seit Pontius Pilatus.
Alan Greenspan wurde am 6. März 1926 geboren. Zu dieser Zeit war die
Rolle der Notenbank in den USA bereits fest umrissen. Das Federal
Reserve System war damals aber noch lange nicht jener hoheitsvolle
Hort der Geldpolitik, zu dem es sich bis zum Ende des 20. Jahrhunderts
entwickelte. Die Notenbank der US-Nation war in den 20er Jahren eine
unreife Institution, unbeholfen wie ein Teenager und sehr unsicher.
Vorsitzende der Fed waren damals noch keine Berühmtheiten!
Das Federal Reserve System wurde in seiner Rolle als Amerikas
Zentralbank fast heimlich eingesetzt."Zentralbank" wurde die neue
Institution nicht genannt - das wäre zu offensichtlich gewesen.
Amerika war damals ein wesentlich freieres Land als heute, in dem die
einzelnen Gliedstaaten darauf bedacht waren, möglichst viel der noch
vorhandenen Unabhängigkeit zu bewahren. Vor diesem Hintergrund wäre
eine"Zentralbank" für den Kongress im Jahr 1913 eine Überforderung
gewesen. Ohne recht zu wissen, wofür sie votierten, stimmten die
Politiker der Einrichtung der"Federal Reserve" zu und bekamen die
Zentralbank dabei als Zugabe. Mehr dazu weiter unten!
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Mittwoch, 28. Januar 2004
Wall Street - Die Zahl der Aktien mit neuen Tiefs: Null!
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Manchmal ist der naheliegendste Trade auch der profitabelste...
(solange, bis er das nicht mehr ist). Die amerikanischen Aktienkurse
steigen fast jeden Tag - also was wäre da offensichtlicher, als mehr
von diesen Papieren zu kaufen, bevor sie morgen weiter steigen?
Das"dumme Geld", das das Offensichtliche bemerkt, tut auch das
Offensichtliche: Es kauft Aktien. Natürlich ärgert sich das"smarte
Geld", wenn das"dumme Geld" Tag für Tag seine Gewinne vergrößert.
Aber manchmal ist das einfach so... manchmal prosperiert das dumme
Geld, egal wie sehr das die hyper-analytischen Dauer-Bären ärgern mag.
Deshalb wird das"dumme Geld" derzeit immer mehr. Und das"smarte
Geld" wird relativ immer weniger. Gelegentlich, und zwar während den
verrücktesten Phasen des Aktienmarktes, können Teile des"smarten
Geldes" verzweifelt werden und überlaufen.
Heute steigen die Aktien... und sie steigen und steigen, egal, wie
viele neue Fans sie auf diesem Weg gewinnen. Egal, auch wenn die
Stimmungsindikatoren überhitzt sind - je mehr Investoren Aktien
lieben, desto stärker steigen diese. Die Liebe der Kleinanleger zu den
Aktien war bis jetzt ausreichend dafür, dass die größeren
Aktienindizes auf neue Multi-Monats-Hochs getrieben wurden. Sowohl Dow
Jones als auch Nasdaq befinden sich in unmittelbarer Nähe ihrer 2,5
Jahres-Hochs.
Da kann der Dollar wirklich nicht mithalten. Und auch der Enthusiasmus
für US-Anleihen und Gold hat zuletzt einen Dämpfer erhalten: Die
Rendite der 10jährigen US-Staatsanleihen stieg von 4,07 % auf 4,13 %
zu Wochenbeginn, und der Goldpreis muss erst noch beweisen, dass das
Wiedererreichen der Marke von 410 Dollar das Ende der Konsolidierung
eingeläutet hat.
Doch zurück zum Aktienmarkt. Wie leidenschaftlich lieben die
Kleinanleger derzeit die Aktien? Optionshändler Jay Shartsis kann
zumindest eine Teilantwort geben.
"Nun, die Liste der Aktien mit neuen Tiefstkursen an der NYSE (New
Yorker Börse) fiel letzten Freitag auf absolut Null. Natürlich
befanden sich auf dieser Liste in den letzten 6 Monaten ohnehin so gut
wie keine Titel."
"Ich sehe mir den Chart der neuen 10-Tages-Hochs an und vergleiche den
mit dem Chart der neuen Tiefs, sowohl von der NYSE als auch von der
Nasdaq, und vergleiche diese Daten zurück bis 1992", so Shartsis
weiter."Was wirklich bemerkenswert an diesem Chart ist, ist die
Tatsache, dass es in den 1990ern immer eine ordentliche Zahl an Aktien
gab, die auf neuen Tiefs notierten. Selbst nach 1995, als die
Spekulationsblase auf ihren Höhepunkt zustrebte, gab es auf
10-Tages-Basis immer ein paar Hundert Tiefs. Einige scharfe
Korrekturen ließen diesen Wert zeitweise sogar auf über 3.000 steigen.
Jetzt sind wir bei Null! Wie lange kann das so weitergehen?"
Und die US-Kleinanleger wollen lieber Aktienfonds als direkt Aktien
kaufen. Die Vanguard Group, Amerikas zweitgrößte
Investmentfonds-Gruppe, musste Hunderte Leute einstellen, um die
Anrufe von Kunden bewältigen zu können. Die explodierende Zahl der
Anrufe hat dazu geführt, dass die Kunden von Vanguard momentan bei
einem Anruf durchschnittlich 6,7 Minuten in der Leitung warten müssen
- so zumindest die Bostoner Research-Firma Dalbar Inc. Der
Durchschnitt bei Fondsgesellschaften liegt bei 58 Sekunden...
Aber wenn man wirklich drüber nachdenkt - sind 6,7 Minuten wirklich zu
lange, wenn es darum geht, auf ein professionelles Vermögensmanagement
zu warten?
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Mittwoch, 28. Januar 2004
27. Januar 1944: Blockade von Leningrad beendet
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
***"Das Geld fließt weiterhin in diesen Markt", so Street.com. Woher
kommt das Geld? Die realen Einkommen sinken doch.
Die Leute werden praktisch dazu gezwungen, mit Aktien zu spekulieren.
Die Sparer können es sich in den USA nicht leisten, ihr Geld als
Festgeldanlage festzulegen. Die Zinsen, die sie damit verdienen,
können beim Zuwachs der Wohn- und Energiekosten nicht mithalten.
Deshalb kaufen diese Leute Anleihen geringerer Risikoklasse -
sogenannten Junk Bonds -, weil sie verzweifelt nach vernünftiger
Rendite suchen.
*** Howard Dean sagt, dass ihm Greenspans"Bereitschaft, sich nach dem
politischen Wind zu richten" Sorge bereitet.
*** Amerika braucht ehrliche politische Bezeichnungen, so meine
Meinung. Die Wörter"Republikaner" und"Demokraten","liberal" und
"konservativ" haben fast keine wirkliche Bedeutung mehr. George W.
Bush ist der ausgabenfreudigste Präsident, den die USA je gesehen
haben. Dennoch nennen ihn die Medien"konservativ". Seine Agenda hat
mit dem traditionellen, moderaten Konservatismus nichts gemeinsam.
Seine Agenda ist vielmehr ein radikales Programm von"Kanonen und
Butter", das die Bundessschulden in den nächsten 10 Jahren um 1,9
Billionen Dollar erhöhen wird.
Die Neo-Konservativen sagen uns, dass alle diese Ausgaben die Nation
sicherer und freier machen werden. Wenn nur die zukünftigen
Generationen, die auf Jahrzehnte hinaus unter den Defiziten von Bush
leiden werden, das genauso sehen!
*** Heute halte ich kurz inne... um den gestrigen Geburtstag von
Mozart zu feiern... und um an das Ende der Blockade von Leningrad im
Jahr 1944 zu erinnern.
Hitler und Stalin hatten vereinbart, Polen zu nehmen und unter sich
aufzuteilen. Zwei Jahre später griff Hitler die Sowjetunion an.
Hitlers bemitleidenswerte Kriegsstrategie forderte Angriffe im Norden,
in der Mitte und im Süden der Ostfront - alles zugleich. Nach zwei
Monaten war Leningrad (das heute St. Petersburg heißt) umzingelt. Fast
3 Millionen Russen waren eingeschlossen, ohne Zugang zu Essen oder
Benzin.
Der Winter 1942 war besonders hart. Die Temperaturen fielen. Es war
hart für die Bevölkerung Leningrads. Es gab wenig Brennholz, wenig
Nahrungsmittel... und sogar das Wasser wurde knapp. Bis zum Ende der
Belagerung im Januar 1944 waren eine halbe Million Menschen gestorben.
Was für ein Unterschied 60 Jahre machen! Es ist so, als ob dieses
Ereignis auf einem anderen Planeten stattgefunden hätte... oder unter
einer anderen Spezies. Wer würde glauben, dass dies passiert ist,
während viele der Leser(innen) schon auf der Welt waren... unter
zivilisierten Europäern? Zum Glück, dass wir heute unsere Probleme in
Angriff nehmen, bevor es zu spät ist. Wir finden"funktionierende
Lösungen". Und alles wird immer besser.
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Mittwoch, 28. Januar 2004
Die sagenhafte Geschichte des Alan Greenspan, Teil 2
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
Weiter geht's mit Fed & Greenspan: Zu Zeiten der Fed-Gründung waren
die USA Teil einer internationalen Geldwirtschaft, die 1880
institutionalisiert worden war: Die reine Form des internationalen
Gold- Standards, bei der nationale Währungen frei gegen Gold
eingetauscht werden konnten. In ihren Statuten machte es sich die neue
Fed nun aber ausdrücklich zur Aufgabe, in Zukunft für eine gewisse
"Währungselastizität" zu sorgen. Der vollständige Text lautete wie
folgt:"Zur Aufgabe der Federal Reserve Banken zählt es, für
Beweglichkeit der Währung zu sorgen, Mittel zur Refinanzierung von
Commercial Papers zur Verfügung zu stellen, die Aufsicht über die
US-Banken zu verbessern, sowie weitere Aufgaben." Diese"weiteren
Aufgaben" waren wahrscheinlich die, welche die Gesetzgeber am meisten
interessierten. Ein bisschen Lockerheit bei der Geldpolitik vor den
Wahlen - das könnte sicherlich nicht schaden.
Die reine Form des Goldstandards schied parallel zu Architektur und
Funktionsweise im Ersten Weltkrieg dahin. Unter den Belastungen der
Kriegs-Finanzierung brach nicht nur Großbritannien, sondern damit auch
der Goldstandard zusammen. In ihrem Buch"Die Geschichte der
Geldpolitik in den USA" schreiben Milton Friedman und Anna Schwartz:
"Die Fed agierte erst, als die bis dahin gültigen Bedingungen
aufgehört hatten, zu bestehen. Der Erste Weltkrieg hatte bereits
begonnen, bevor das Federal Reserve System seine Arbeit aufnahm. Schon
bald warfen die Kriegsteilnehmer den Goldstandard über Bord, und eine
regelrechte Goldflut ergoss sich in Richtung USA. Die Alliierten
bezahlten damit ihre Einkäufe in den USA."
Friedman und Schwartz beschreiben dann das geldpolitische System, das
auch Alan Greenspan noch vorfand, als er 72 Jahre später seinen Job
bei der Fed begann."Die quasi automatische Disziplin des
Gold-Standards wurde durch ein Regelwerk ersetzt, das von den
Ermessensentscheiden einer kleinen Gruppe abhängig war."
Die Gründung der Fed markiert einen wesentlichen Bruch mit dem
vorausgegangenen Jahrhundert in dem Gold regelrecht omnipräsent
gewesen war. Die Männer des 19. Jahrhunderts hatten ihr Lehren und
Handeln an den Erfahrungen des 18. Jahrhunderts ausgerichtet. An John
Law's Missisippi-Schema und an diversen Spekulationsblasen: Der
Südsee-Blase, dem Zusammenbruch der Ost-Indien-Gesellschaft, diversen
Immobilien-Spekulationswellen in Großbritannien und den Turbulenzen
der Französischen Revolution. Sie misstrauten Papiergeld aufs Tiefste,
und bestanden deshalb auf der vollen Gold-Deckung der Währung. Mit
diesen Maximen wurde das 19. Jahrhundert zu einem Hort finanzieller
Stabilität. Gold war nach dem Ersten Weltkrieg übrigens nicht völlig
von der Bildfläche verschwunden. In den Jahren zwischen den beiden
Weltkriegen wurden Wechselkursmechanismen etabliert, bei denen die
Währungen immer noch an den Goldpreis gebunden waren. Diese Bindungen
waren jedoch locker und wurden von Zeit zu Zeit völlig abgestreift.
Die Regelungen der Zwischenkriegszeit behielten ihre Gültigkeit bis
zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Sie wurden in der Folge vom
sogenannten"Bretton-Woods-System" abgelöst. Unter diesem System war
es den Zentralbanken weiterhin gestattet, Währungen gegen Gold zu
tauschen. Einzelpersonen konnten sich Gold am"Goldfenster" ihrer
jeweiligen Zentralbank gegen heimische Währung besorgen.
Das System von"Bretton Woods" brach am 15. August 1971 zusammen. Zu
diesem Zeitpunkt hatte Richard Nixon bemerkt, dass die Schlangen vor
den Goldschaltern in den USA immer länger wurden. Erst Ausländer und
daraufhin auch die US-Amerikaner hatten das Vertrauen in den US$
verloren und kauften stattdessen Gold. Nach und nach wurde Amerika so
seiner Gold-Reserven entledigt. Der einfachste Weg, dieses Problem zu
lösen, schien damals, das Gold-Fenster in den Banken ganz einfach zu
schließen, und damit die Ära Bretton-Woods gleichzeitig auf einen
Schlag zu beenden. So geschah es dann auch - aber nicht so einfach,
wie man sich das gedacht hatte. Ich werde die"sagenhafte Geschichte
des Alan Greenspan" demnächst hier fortsetzen... und ich kann Ihnen
sagen, dass es spannender wird, wenn ich mich mit der Persönlichkeit
Greenspans auseinandersetzen werde!

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