- wieder mal was zum Ã-l(Ã-lsande) - Landwirt, 30.01.2004, 18:04
- Ich empfehle den Einsatz von Kernenergie - FOX-NEWS, 30.01.2004, 18:42
wieder mal was zum Ã-l(Ã-lsande)
-->Kanadische Teersande
von John Busby
(Dieser interessante Artikel ist in der Januar Ausgabe des ASPO Newsletters erschienen. Übersetzung aus dem Englischen von Jörg Schindler.)
Die Förderung und die Produktion von Ã-lsanden
Im kanadischen Bundesstaat Alberta gibt es riesige natürliche Vorkommen von Bitumen, eingelagert in Teersanden (oder auch Ã-lsanden), deren Menge auf 1.600 Gb (Giga Barrel oder Mrd. Barrel) geschätzt wird. Obwohl die Vorkommen riesig sind, ist die Förderrate sehr niedrig. Sehr niedrg ist auch der Netto-Energieertrag, begleitet aber von hohen Belastungen für die Umwelt. Die Vorkommen bestehen aus Sand, der von Bitumen „getränkt„ ist; sie können entweder Im „Tagebau„ abgebaut werden oder unterirdisch mit sogenannten „in-situ„ Verfahren.
Die Tagebau-Verfahren erfordern sehr große Erdbewegungen. Erst einmal muß die Deckschicht abgetragen werden bis man zu den Bitumen haltigen Sanden vorstößt. Die Ã-l haltigen Sande müssen dann mit Dampf oder heißem Wasser behandelt werden und anschließend muss in einer Zentrifuge das Bitumen vom Sand getrennt werden. Das Wasser, der Sand, feiner Lehm und nicht gelöstes Bitumen werden anschließend in Absetzbecken abgelagert. Die über den Teersanden liegenden Deckschichten und der grobkörnige Sand aus den Absetzbecken werden bis zu einer späteren Rekultivierung der ausgehobenen Grube auf einer Halde gelagert oder das Material wird benutzt, um Deiche für die Ablagerungsbecken zu bauen.
Die Vorkommen sind nicht homogen, sie weisen subtile Abweichungen auf, die für die Ausbeutbarkeit der Vorkommen einen großen Unterschied machen. Gegenwärtig beträgt die maximale Dicke der Überdeckungsschicht der Teersand-Vorkommen, die wirtschaftlich abgetragen werden kann, etwa 70 m. Und bisher hat man nur die allergünstigsten Vorkommen ausgebeutet.
In-situ Abbaumethoden werden angewandt, wenn die Überdeckungsschichten dicker als 50 Meter sind. Dazu müssen zwei Bohrlöcher gebohrt werden: zuerst muss die Deckschicht durchbohrt werden bis man zum Teersand-Vorkommen vorgedrungen ist; danach wird die Bohrung im Teersand-Vorkommen horizontal weitergeführt. Die eine der beiden Bohrungen wird dazu benützt, um im horizontalen Teil des Bohrlochs Dampf in den Ã-lsand einzupressen, um das Bitumen zu lösen und zu mobilisieren, so dass es von der zweiten Bohrung, die unterhalb der ersten liegt, nach oben gefördert werden kann. Es wird auch Erdgas eingepresst, um das Bitumen zu verflüssigen und so die Förderung durch die zweite Bohrung zu erleichtern. Dieses Verfahren ist bekannt unter dem Namen „Steam-Assisted Gravity Drainage (SAGD)„ (zu Deutsch: Dampf unterstützte Schwerkraft Drainage) und wird in vier neuen Standorten angewandt. Es werden noch weitere in-situ Verfahren entwickelt wie „Cyclical Steam Stimulation (CSS)„ (auf Deutsch etwa: Zyklische Dampf-Anregung), „Pressure Cyclic Steam Drive (PSCD)„ (auf Deutsch etwa: Zyklische Dampf-Druck-Austreibung) sowie das Verfahren „Pulse Technology and Vapour Recovery Extraction (VAPEX)„ (auf Deutsch etwa: Fördermethode mit pulsierender Technologie und mit Dampf-Rückgewinnung).
Das so gewonnene Bitumen muß anschließend verdünnt werden, damit es entweder zu Anlagen gepumpt werden kann, in denen es zu synthetischem Rohöl weiterverarbeitet wird oder an einen Ort, wo es direkt als Bitumen genutzt wird. Das Lösungsmittel wird am Ende des Transports wieder vom Bitumen abgetrennt und rezykliert und das Bitumen wird anschließend gekokt oder mit Wasserstoff versetzt, so dass Kohlenwasserstoff-Ketten mit hohem wasserstoff-Anteil entstehen. Danach wird der Schwefel entfernt und man erhält ein synthetisches sogenanntes „sweet crude„, also ein Rohöl mit geringem Schwefelgehalt, das in einer normalen Raffinerie weiterverarbeitet werden kann. (Anmerkung des Übersetzers: Zugeführter Wasserstoff entzieht dem Ã-l den Schwefel durch Bildung von Schwefel-Wasserstoff-Gas, das sich leicht vom Ã-l abtrennen lässt.)
Der Tagebau hinterläßt eine verwüstete Landschaft, die rekultiviert werden muss. Aus dem Umwelt-Bericht für das Jahr 2002 der Firma Syncrude, einem der großen Ã-lsand-Produzenten, geht hervor, dass jährlich nur 16% der neu erschlossenen Abbauflächen rekultiviert werden. Das bedeutet, dass jedes Jahr 1.000 Hektar zu der Hinterlassenschaft hinzu kommen, die nach Abschluss der Förderung wiederhergestellt werden muss. Diese Rekultivierung braucht viel Energie, die dann vielleicht nicht mehr verfügbar ist. Aus dem Bericht geht auch hervor, dass 26% des Energieinhalts des gewonnenen Rohöls für seine Förderung und Aufbereitung aufgewendet werden muss: in Form der Energieträger Erdgas, Koks, Diesel, Strom, Kerosin, Benzin und Propan. Wenn man außerdem noch den Energieaufwand für die Rekultivierung des Landes berücksichtigt, dann geht bei der Tagebaumethode rund ein Drittel der im gewonnenen Rohöl enthaltenen Energiemenge bei der Produktion verloren.
Bei dem in-situ Produktionsprozess der Dampf unterstützten Schwerkraft-Drainage gibt es ebenfalls Energieverluste. Die Gewinnung und die Aufbereitung des Bitumens zu Rohöl erfordert den Einsatz von Erdgas. Erdgas wird gebraucht zur Dampferzeugung, dann als „Förder-Gas„, um den Transport des Bitumens in den Bohrlöchern zu unterstützen und schließlich zur Erzeugung von Wasserstoff, um das Bitumen damit aufzubereiten. Dazu kommt der Erdgasbedarf für die Stromerzeugung. Insgesamt muss etwa ein Drittel des Energiegehalts des gewonnenen Rohöls als Erdgas eingesetzt werden.
Sowohl der Tagebau als auch die in-situ Methoden erfordern den Einsatz von erheblichen Mengen von Wasser (man braucht 3 Barrel Wasser, um 1 Barrel Bitumen zu produzieren). Dürreperioden haben die Unternehmen dazu gezwungen, einen Teil des heißen Prozess-Wassers wiederzuverwenden, doch dessen ungeachtet wird die Bereitstellung von Wasser wohl ein Problem bleiben.
Das Produktionsvolumen im Jahre 2002 betrug bescheidene 0.303 Gb an Bitumen, davon wurden 64% im Tagebau produziert und 46% in-situ. 53% des produzierten Bitumens sind zu synthetischem Rohöl weiterverarbeitet worden, der Rest wurde für den Straßenbau und andere Verwendungen genutzt. Das synthetische Rohöl wird über ein Netz von Pipelines zu Raffinerien in Kanada und USA transportiert, wo es dem normalen Rohöl beigemischt und dann weiterverarbeitet wird. Das Roh-Bitumen wird durch den Zusatz von Pentanen verdünnt, wenn Märkte außerhalb von Alberta beliefert werden sollen; in diesen Fällen wird das Lösungsmittel nicht zurücktransportiert.
Die Unternehmen weisen in ihren Produktionsstatistiken die produzierte Menge an Roh-Bitumen aus, in Wahrheit ist aber nur etwa die Hälfte dieser Menge synthetisches Rohöl, in Summe 0,16 Gb.
Die Ã-lsand Reserven
Exxon/Mobil hat in Deutschland unter dem Titel „Ã-ldorado 2003„ eine Broschüre veröffentlicht, die globale und nationale statistische Daten für Ã-l und Gas enthält. In dieser Broschüre hat das Unternehmen die weltweiten Ã-lreserven von 1.027 Gb im Jahr 2001 auf 1.206 Gb im Jahre 2002 angehoben, indem sie zum ersten Mal den angenommenen Beitrag der kanadischen Teersande zu den Ã-lreserven eingerechnet haben. Damit folgt das Unternehmen den Reservezahlen, wie sie in dem Bericht des Oil & Gas Journal für das Jahr 2002 ausgewiesen sind.
„Ã-ldorado 2003„ addiert 179 Gb zu den globalen Ã-lreserven; dies schließt 174 Gb in Kanada ein, die vom Alberta Energy and Utilities Board als der gewinnbare Anteil von den „im Boden„ befindlichen 1.600 Gb angesehen werden. Nachdem dadurch die kanadischen Ã-lreserven von 4,8 Gb im Jahre 2001 auf 178 Gb im Jahre 2002 hochgeschnellt sind verfügt Kanada plötzlich nach Saudi Arabien über die zweitgrößten Ã-lreserven der Welt!
Die Menge des produzierbaren synthetischen Rohöls aus diesen geschätzten Ã-lsand-Reserven von 174 Gb ist jedoch durch die Verfügbarkeit von Erdgas limitiert. Von der in dem produzierten synthetischen Rohöl enthaltenen Energiemenge sind 30% erforderlich für Förderung und Aufbereitung. Wenn diese Energiemenge allein durch Erdgas bereitgestellt werden soll (wie das gegenwärtig der Fall ist), dann würde 30% der Energiemenge des Rohöls als Erdgas bereitgestellt werden müssen; das entspricht etwa 8,35 Tm 3 (1 Tm3 = 1 tera m3 = 1.000 Milliarden Kubikmeter).
Kanadas Erdgas-Reserven sowie die Förderung und der Verbrauch von Erdgas sind untrennbar verbunden mit denen der USA. Dies soll durch die folgende Tabelle verdeutlicht werden:
2002
Reserve Förderung
Nord- Nord-
Amerika Amerika
Tm3 Tm3
USA 5,19 0,5477
Kanada 1,7 0,1835
Summe 6,89 0,7312
Die Tabelle zeigt, wie prekär die Verfügbarkeit von kanadischem Erdgas ist: die Exporte in die USA sind mit einem Anteil von 65% an der Förderung höher als der eigene Verbrauch. Die Nachfrage nach Erdgas in Nord Amerika wird in Zukunft parallel zum Wachstum der Wirtschaft steigen und damit wird die künftige Verfügbarkeit von Erdgas zu einer entscheidenden Frage.
Dies führt zu einer steigenden Abhängigkeit Nord Amerikas von Importen von Flüssig-Erdgas, die durch neue Projekte möglich gemacht werden sollen, wie das Joint-Venture von Shell mit den Russen in Sachalin (im Osten Russlands). Das Projekt von Shell umfasst den Bau einer Erdgas-Pipeline von den Gasfeldern zu einem eisfreien Hafen, den Bau einer Verflüssigungsanlage, damit das Erdgas dann in speziellen Tankschiffen zur amerikanischen Westküste transportiert werden kann, wo es entladen wird, um dann nach der Überführung in den gasförmigen Zustand in das Erdgas-Netz eingespeist zu werden.
Als Folge dieser aufwändigen zusätzlichen Bereitstellung von flüssig angeliefertem Erdgas wird der durchschnittliche Erdgaspreis in Nord Amerika steigen. Doch von noch größerer Bedeutung ist, dass in dem Maße, wie das Angebot von Rohöl abnehmen wird, Erdgas besser eingesetzt wäre für die Produktion von flüssigen Kohlenwasserstoffen (in sogenannten Gas-to-Liquids Prozessen).
Weltweit gibt es einen Trend, Erdgas als Quelle für die Produktion von Benzin, Diesel und Kerosin zu benutzen. Die heimische Gasförderung wird ergänzt werden durch den Import von Flüssig-Erdgas: es scheint in dieser Situation nicht optimal zu sein, einen Teil dieses Erdgases für die Förderung von Bitumen und die anschließende Weiterverarbeitung zu synthetischem Rohöl einzusetzen anstatt es direkt zu flüssigen Kraftstoffen zu verarbeiten.
Nimmt man an, dass 10 % der verbleibenden Erdgasreserven der USA und Kanadas für die Ã-lsand-Förderung und für die Herstellung von synthetischem Rohöl reserviert werden - also eine Menge von 0,69 Tm 3 - dann könnte damit nur eine Menge von 14,4 Gb an synthetischem Rohöl aus den Ã-lsand-Reserven gewonnen werden. Zum Vergleich: die USA, Kanada und Mexiko haben im Jahr 2002 eine Menge von 8,6 Gb an Rohöl verbraucht - das bedeutet, dass die durch die verfügbare Erdgasmenge limitierte Produktion von synthetischem Rohöl den Markt in Nord Amerika gerade einmal für eineinhalb Jahre versorgen könnte.
Ein Ausweg könnte sein, einen größeren Anteil des Bitumens für die Wärmeerzeugung zu verwenden. Ein weiteres in-situ Verfahren nutzt die Verbrennung des Bitumens in der Lagerstätte. Sauerstoff oder Luft wird in die Ã-lsand-Schicht injiziert, um einen Teil des Bitumens zu verbrennen und damit einen anderen Teil an die Oberfläche zu holen. Auch in diesem Prozess würde man heisses Wasser benötigen, um das Bitumen vom Sand zu trennen und man würde auch Wasserstoff (hergestellt aus Methan) brauchen, um das Bitumen zu synthetischem Rohöl zu veredeln. Ein derartiges Verfahren befindet sich in der Entwicklung.
Die Hochstufung der kanadischen Ã-lreserven durch das Oil & Gas Journal und durch Oeldorado 2003 auf den zweiten Rang der Ã-l fördernden Länder der Welt ist nicht gerechtfertigt. Doch selbst wenn man so etwas macht, dann müßten auch gleichzeitig die gesicherten weltweiten Erdgas-Reserven um 8,35 Tm 3 reduziert werden (von 155,78 Tm 3 auf 147,43 Tm 3 ), um den Bedarf an Erdgas für die Produktion von 174 Gb an synthetischem Rohöl zu berücksichtigen
Die Ausbeute kanadischer Ã-lsande wird teurer und ineffizienter
EK - 28.01.2004: Die Ã-lförderung der kanadischen Ã-lsande soll weiter ausgeweitet werden: Nach den Plänen der Unternehmen soll die Förderung bis zum Jahr 2010 um etwa 1 Mb/Tag erhöht werden. Siehe hierzu auch den Artikel in energiekrise.de vom 20. Januar 2003.
Doch das stößt zunehmend auf Probleme: Wie in dem vorangehenden Artikel ausgeführt wird, ist zur Förderung und Aufbereitung von Teersanden ein großer Energieeinsatz notwendig. Dieser Energieaufwand wird einen deutlichen Einfluß auf die künftige Erschließung haben. Nicht zuletzt deshalb stiegen im Jahr 2003 die von Syncrude im Jahresbericht ausgewiesenen durchschnittlichen Produktionskosten von 14,73 kanadischen Dollar je Barrel für das Jahr 2002 um über 50% auf 22,93 kanadische Dollar je Barrel für das Jahr 2003. Denn das für die Aufbereitung notwendige Erdgas wurde spürbar teurer.
Aber auch der spezifische Flächenverbrauch wird deutlich ungünstiger. Ralph Dyer von der Umweltbehörde in Alberta legte am 16 September 2002 in einem Vortrag dazu einige Zahlen auf den Tisch. Bis Ende 2001 wurde eine Gesamtförderkapazität von etwa 0.95 Millionen Barrel Tagesförderung auf einer Fläche von 43.000 ha erreicht. Die Ausbaupläne zielen auf eine Gesamtförderrate von 2 Millionen Barrel Tagesförderung bis zum Jahr 2010 auf einer Fläche von 177.000 ha.
Ein Barrel Ã-l enthält ca. 1.590 kWh Energie. Damit läßt sich leicht errechnen, dass im Jahr 2001 eine jährliche spezifische Energieausbeute von 1.280 kWh/m 2 erreicht wurde. Im Mittel wird diese bis zum Jahr 2010 auf etwa 655 kWh/m 2 zurückgehen. In den neu erschlossenen Gebieten wird der Ertrag nur noch 450 kWh/m 2 betragen. Aufgrund des hohen Energieeinsatzes zur Ã-lgewinnung und Rekultivierung des Landes können nur etwa 2/3 dieser Erträge als Netto-Energiegewinne gewertet werden: also jährlich ca. 1.100 kWh/m 2 für das Jahr 2001 und 300 kWh/m 2 für die bis 2010 neu erschlossenen Gebiete.
Zur Einordnung dieser Zahlen mag der folgende Vergleich der Förderung von Ã-lsanden mit einer Nutzung der Solarenergie auf diesen Flächen dienen: Die jährliche solare Einstrahlung in dieser Region liegt bei etwa 900 kWh/m 2. Selbst wenn eine solarthermische Anlage über das Jahr gemittelt nur etwa 30% Wirkungsgrad hätte - tatsächlich liegt dieser eher bei 50 - 60 % - so könnte man damit auf den selben Flächen eine vergleichbare Wärmemenge erzeugen als mit dem gewonnenen Ã-l in den bis 2010 neu erschlossenen Gebieten.
<ul> ~ Quelle</ul>

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