- The Daily Reckoning - No Place To Hide (Steve Sjuggerud) - Firmian, 31.01.2004, 00:45
- Dt. Fassung von Investor-Verlag - Firmian, 31.01.2004, 00:47
Dt. Fassung von Investor-Verlag
-->US-Aktien: KGV von 28
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Der Dow Jones stieg gestern um gut 40 Punkte, vorgestern hatte er 141
verloren. Sehen wir da einen Trendwechsel?
Ich weiß es nicht. Aber die Investoren müssen sich sicherlich
wundern...
Ja, die Aktien sind gestiegen."Wenn Sie mir eine Billion Dollar
geben, dann kann auch ich Euch eine gute Zeit geben", so Warren
Buffett.
Die Investoren hatten wirklich eine sehr gute Zeit, seit die Rally im
Oktober 2002 begann. Diese Party hat den S&P 500 auf ein Niveau
gehoben, auf dem er ein KGV von 28 hat.
Aber warum macht es Sinn, zu diesen Kursen noch zu kaufen?
"Weil die Unternehmensgewinne steigen werden", so die Antwort..."und
wenn die Gewinne steigen, dann steigen auch die Kurse."
Aber selbst wenn die Gewinne wirklich so stark wie erwartet steigen -
um 13,5 % im laufenden Jahr -, dann läge das Kurs-Gewinn-Verhältnis
der amerikanischen Aktien immer noch deutlich über dem langjährigen
Durchschnitt von 12 bis 16. Um wieder diese durchschnittliche
Bewertung zu erreichen, müssten die Unternehmensgewinne um 70 %
steigen - was natürlich nicht passieren wird. Und dann wäre auch erst
der langjährige Durchschnitt erreicht; billig wären die US-Aktien dann
immer noch nicht.
Die Kleinanleger mögen das anders sehen. Aber sie sollte nicht
vergessen, dass die Kurse von März 2000 bis Oktober 2002 gefallen
sind. In diesen 18 Monaten hätte ein"Kaufen und Liegenlassen" nichts
gebracht. Und wenn sie bemerken sollten, dass wieder ein Bärenmarkt
von 18 Monaten bevorstehen sollte - dann werden sie diesmal sicher
lieber verkaufen wollen.
Und wow! Wäre das nicht aufregend? Dann hätten wir vielleicht einen
oder zwei Tage Panikverkäufe. Früher oder später werden wir das sehen,
liebe(r) Leser(in).
Hier sind mehr News von unserem Mann in New York:
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Freitag, 30. Januar 2004
Wie lange ist ein"beträchtlicher Zeitraum"?
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Jochen Steffens hat ja bereits ausführlich darüber berichtet - die Fed
hat ein paar Worte aus ihrem Ausblick gestrichen: Sie will die Zinsen
zwar niedrig lassen, aber das"für einen beträchtlichen Zeitraum" hat
sie gestrichen. Damit könnte sie signalisieren, dass sie die
Leitzinsen früher als erwartet erhöhen will.
Nun, was ist überhaupt ein"beträchtlicher Zeitraum"? Sind das 15
Minuten oder 15 Jahre? Keiner kann das mit Sicherheit sagen. Aber
jeder Investor schien zu wissen, was das FEHLEN dieser Phrase
bedeutet.
Die Investoren reagierten umgehend: Der Dollar stieg, während Aktien
und Anleihen am Mittwoch fielen. Und der Goldpreis ist heute auf die
Marke von 400 Dollar gefallen. Die Logik der Kleinanleger: Wenn die
Fed die Zinsen möglicherweise bald erhöhen wird, dann ist das gut für
den Dollar, aber schlecht für Aktien und Anleihen.
Die fallenden Aktienkurse sind ja auch eigentlich gerechtfertigt, aber
beim Dollar sieht es anders aus. Trotz der aktuellen Dollar-Erholung
ist er immer noch mit den gleichen Problemen konfrontiert wie vorher.
Der Dollar kann derzeit keine makroökonomischen Trends genießen, die
zu seinem Vorteil laufen. Stattdessen muss er unter dem riesigen
US-Handelsbilanzdefizit und dem gewaltigen US-Haushaltsdefizit
leiden... das ist kein Umfeld, in dem eine Währung gedeihen kann.
Hinzu kommt die Abhängigkeit vom Ausland:
"Die USA gingen bereits vor langer Zeit eine unheilige Allianz mit den
asiatischen Gläubigern ein", schreibt James Grant, Herausgeber von
Grant's Interest Rate Observer."Sie (die Asiaten) würden produzieren;
wir (die Amerikaner) würden konsumieren. Sie würden sparen; wir würden
Geld ausgeben. Sie würden investieren - in den USA -, indem sie für
Hunderte Milliarden Dollar US-Staatsanleihen kaufen würden. Im
Endeffekt sind die USA und ihre Gläubiger das größte
Gläubiger/Schuldner-Finanzschema eingegangen, das die Welt jemals
gesehen hat."
Aber Gläubiger erwarten auch Zahlungen... irgendwann. Wenn diese
Zahlungen nicht kommen, dann stellen die Gläubiger ihre Finanzierung
ein. Wahrscheinlich wird es niemand wagen, die USA zu bedrohen, wenn
sie ihre Schulden nicht bis nächsten Dienstag bezahlen. Aber die USA
und ihre Währung könnten ein noch schlimmeres Schicksal erleiden, wenn
die ausländischen Zentralbanken beginnen würden, einen Teil ihrer
Finanzierung abzuziehen. Jeder signifikante Kapitalabzug aus den USA
wären sehr schlechte News für den Dollar. Aber irgendwie scheint das
niemanden zu kümmern. Sogar laut Alan Greenspan sei der Wechselkurs
kein Problem, weshalb auch das US-Handelsbilanzdefizit kein Problem
sei. Hm... wenn Greenspan das Handelsbilanzdefizit als"ereignislos"
bezeichnet, dann würde ich es eher als"ereignisvoll" bezeichnen.
Natürlich: Wenn man den Wechselkurs des Dollars ignoriert, dann ist
auch das Handelsbilanzdefizit kein Problem. Diese Ignoranz ist
vergleichbar damit, wenn man sagen würde, dass der Tod"ereignislos"
ist. Denn wenn man den Fakt, dass die Toten nicht länger leben,
ignoriert, dann ist er das tatsächlich.
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Freitag, 30. Januar 2004
Wachstumsmarkt Indien
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
*** Mehr zum beeindruckenden Wachstum in Fernost, von meinem Freund
Martin Spring:"Was sind die Faktoren, die bereits zu der
erstaunlichen wirtschaftlichen Entwicklung geführt haben, und die für
mehr sprechen?
* Die Liberalisierung des internationalen Handels und die Abwesenheit
von größeren Kriegen haben ein angenehmes globales Umfeld geschaffen,
was die Märkte der Welt für die asiatischen Exporte geöffnet hat.
* Die asiatischen Regierungen und Unternehmenslenker arbeiten eng
zusammen. Sie fokussieren sich auf die Vermarktung der Produktion und
auf die Schaffung von Reichtum, und weniger auf den Konsum, auf
staatliche Wohlfahrt und die Verteilung des Reichtums.
* Die Steuern sind niedrig geblieben, das Kapital günstig, und es wird
in die wirtschaftliche Entwicklung geleitet.
* Ein sorgfältig gemanagter Merkantilismus hat zu unterbewerteten
Währungen, Anreizen für den Export und zum Schutz von"jungen"
Industriezweigen geführt, aber da der Markt für Importgüter
gleichzeitig kontrolliert geöffnet wurde, entstand dadurch ein
kontinuierlicher Anreiz für Produktivitätsverbesserungen."
*** Ich setze meine ernsthaften Untersuchungen über Indien fort.
Gestern Abend saß ich im Zug, und da sah ich eine Frau, die so aussah,
als ob sie aus Indien kommen würde. Ich begann ein Gespräch.
Es zeigte sich, dass ihre Familie aus Indien war, aber sie war in
Hongkong geboren worden, und sie arbeitete als Finanzanalystin in
London.
"Das ist witzig, so einen Hintergrund zu haben", erklärte mir meine
aufgeweckte und freundliche Gesprächspartnerin."Denn obwohl ich in
England lebe und mit den besten Volkswirten, Brokern und Analysten
zusammenarbeite... habe ich immer noch diese Haltung und diese Ideen,
die mir mein familiärer Hintergrund gegeben hat."
"Ich bin sehr abergläubisch... als zum Beispiel meine Schwester
heiratete, da musste sie das erst mit unserem Familien-Priester in
Madras abklären. Sonst hätte es Unglück gebracht. Wir glauben an das
Glück. Wenn jemand ein 'böses Auge' auf einen wirft... dann muss man
zu einem Priester gehen, um sich davon zu lösen. Man muss gutes Karma
finden, das dem schlechten Karma entgegenwirken kann."
"Indien boomt. Ich kenne Leute, die Aktien der Hightech-Unternehmen
Indiens gekauft haben, und diese tun Indien viel Gutes..."
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Freitag, 30. Januar 2004
Die sagenhafte Geschichte des Alan Greenspan, Teil 4
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Ich setze meine weit ausgreifende Analyse von Alan Greenspan fort. Die
Geldpolitik wurde in Amerika im Jahr 1860 das erste Mal auf die Probe
gestellt. Bis zum Krieg zwischen den Nord- und den Südstaaten blieb es
jedem selbst überlassen, welche Banknoten er zu akzeptieren bereit war
und welche nicht. Britische Münzen zirkulierten in Amerika genauso
frei wie Münzen anderer Länder und konnten von jedem benutzt werden.
Zu diesem Zeitpunkt gab es keine ausdrücklich autorisierte
Zentralbank. Das einzige rechtlich anerkannte Hartgeld waren Gold- und
Silbermünzen. Die Währung der amerikanischen Wirtschaft bestand aus
Banknoten, die bei Bedarf in Hartgeld einlösbar waren. Die Zirkulation
von Papiergeld wurde so durch die Regeln des freien Wettbewerbs
gesteuert.
Dann kam das Jahr 1862. Die Regierung Lincoln zählte zusammen, was sie
das Töten von Südstaatlern wohl kosten würde. Und das war mehr, als
die Banker bereit waren, ihr auszuleihen. Unter dem Druck der
finanziellen Last, versuchte sich Lincoln auf die übliche Weise
Erleichterung zu verschaffen. Im Jahr 1862 wurde ein sogenannter
"Legal Tender Act" verabschiedet, der es der Regierung ab sofort
gestattete, Papiergeld auszugeben. Lincolns"Greenback" war durch
nichts anderes als die Regierungsversprechen gedeckt. Die neuen
Greenbacks wurden direkt von der Regierung ausgegeben, und sie wurden
überall als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptiert - mit Ausnahme für
die Zahlung von Zöllen und Zinsen auf die Schulden des Schatzamtes.
Senator Charles Sumner brachte deutliche Kritik an dieser
Vorgehensweise zum Ausdruck. Er fragte, ob es wirklich nötig sei,
"diesen Fleck auf der nationalen Vertrauenswürdigkeit erleiden zu
müssen. Nicht konvertierbares Papiergeld verleiht das Stigma
offensichtlicher Haftungsablehnung. Es ist schwer - sehr schwer -
erkennen zu müssen, dass ein so starkes, reiches und geliebtes Land
dazu gezwungen wird, eine Politik zu akzeptieren, der der Geruch
fragwürdiger Korrektheit anhaftet."
Mister Lincolns Greenback begleitet uns noch immer. Sowohl die Währung
als auch ihre Verwalter werden nur von wenigen Ã-konomen, ein paar
Verschwörungstheoretikern und griesgrämigen Kommentatoren voll
Verdacht beobachtet. Im Übrigen genießen die Zentralbanker einen so
guten Ruf, wie ihn normalerweise nur lebende Kriegshelden und tote
Rock-Stars haben. Aber: Dinge, die gesteuert werden müssen, werden
bald einmal in die falsche Richtung gesteuert... so wenigstens lautet
meine Hypothese.
Es ist für uns heute schwer vorstellbar, aber es gab Zeiten, da das
Geld der Nation noch keinen Zentral-Verwalter hatte.
Wirtschaftshistoriker - im festen Glauben an die Unaufhaltsamkeit des
Fortschritts - beschreiben die Zeit vor dem Sezessionskrieg 1862-65
als eine Phase sich ständiger wiederholender Krisen, Instabilitäten
und Bankenpleiten. Vor diesem Hintergrund erschien Lincolns neue
zentrale Geldautorität und sogar sein ungedecktes Papiergeld als eine
Verbesserung.
Damit war das Papiergeld eingeführt. Aber eine Zentralbank gab es
immer noch nicht...

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