- Endlich kritisiert mal jermand das B.liar-Fanclub-Urteil! - RK, 31.01.2004, 09:06
- Nur eine Entwicklung unter vielen. - eesti, 31.01.2004, 09:33
- Was britische Ärzte und Anwälte von dem Hütten- äh, Hutton-Käse halten... - RK, 31.01.2004, 10:11
- jW:"Schon immer war auf ihn Verlaß - Seine Lordschaft Brian Hutton" - RK, 31.01.2004, 12:33
jW:"Schon immer war auf ihn Verlaß - Seine Lordschaft Brian Hutton"
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31.01.2004
Feuilleton
Rainer Rupp
Schon immer war auf ihn Verlaß
Seine Lordschaft Brian Hutton
»Ganz bestimmt haben Sie nicht erwartet, daß eine Untersuchungskommission unter Leitung eines eminenten Lordrichters die Regierung verurteilt«, heißt es in der »Cover Story« der jüngsten Ausgabe des im britischen Bürgertum hoch angesehenen Spectator. »Lordrichter tun so was nicht.« Und einer mit der Vergangenheit des Lord Brian Hutton tut es erst recht nicht. Wer nämlich ist dieser Lordrichter, der sein reich mit Persilscheinen gefülltes Horn derart eifrig über der Blair-Regierung ausschüttete, daß sich selbst das staatstragende britische Bürgertum verwundert die Augen rieb?
Der 72jährige Baron Hutton of Bresagh, County of Down, North Ireland, ist Teil der reaktionären angloirischen Elite. Zur Schule ging er in der nur für Jungs reservierten, noblen Shewsbury Boarding School, um dann in Oxford sein Juraexamen zu machen. Seine Herkunft öffnete ihm die Tür in den exklusiven Club der britischen Judikative, in dem er sich schon bald einen Namen als resoluter Durchpeitscher britischer Regierungsinteressen machte. Die Bevölkerung der Six Counties von Ulster (Nordirland) dürfte sich an seinen Namen erinnern: Während des blutigen, 30 Jahre dauernden Kleinkrieges war Sir Hutton ein wichtiges Instrument der britischen Repressionspolitik, angefangen mit seiner Rolle als Junior Counsel beim britischen Generalstaatsanwalt für Nordirland im Jahre 1960 bis hin zu seiner Berufung an die Spitze dieses Apparats als Lord Chief Justice Nordirland.
In den Jahren dazwischen hatte Hutton sich als verläßlicher Richter bei den als »kangaroo courts« bekannten »diplock courts« hochgedient. Dieses waren berüchtigte Sondergerichte ohne Jury, die von der Regierung vorgefaßte Urteile verkündeten und deshalb immer wieder von Menschenrechtsorganisationen der Rechtsbeugung bezichtigt wurden. Mit der Verurteilung vieler - wie sich später herausstellte - unschuldiger Katholiken machte sich Hutton damals einen Namen. Nach dem sogenannten Bloody Sunday Massaker der britischen Armee an demonstrierenden Menschenrechtsaktivisten im Jahre 1972 trug er im Rahmen der »Widgery-Untersuchung« seinen Teil dazu bei, die Mordoperation zu vertuschen. (Diese Rechtsbeugung und somit auch die Rolle von Lord Hutton ist derzeit Gegenstand einer anderen Untersuchung, der »Saville-Inquiry« - ob da eine Hand die andere wäscht?)
Im Jahre 1978 verteidigte Hutton die britische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschrechte. Die Vorwürfe bezogen sich auf die in Nordirland weitverbreitete Praxis, Häftlinge zu mißhandeln und zu foltern.
Richtig bekannt aber wurde Hutton erst 1999 im Zuge der »Pinochet- Affäre«. Lordrichter Hoffman hatte den chilenischen Schlächter bei einem England-Besuch festnehmen lassen. Die juristische Attacke zu dessen Freilassung wurde von Hutton angeführt. Wegen der Beziehungen, die Hoffman mit Amnesty International pflegte, argumentierte Hutton, »das Vertrauen der Ã-ffentlichkeit in die Integrität unserer Rechtspflege wäre erschüttert, wenn die Entscheidung Lord Hoffmans nicht rückgängig gemacht würde«. Pinochet kam frei.
Als Tony Blair Ende Juli letzten Jahres verkündete, er werde sich einer von Lord Hutton geführten juristischen Untersuchung stellen, ließ der öffentliche Druck rasch nach. Blair konnte aufatmen. Er wußte, daß er sich in verläßliche Hände begeben hatte.

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