- So.-Lektüre: Templeton-Manager:"Von drei Entscheidungen ist eine immer falsch.." - kizkalesi, 08.02.2004, 12:00
So.-Lektüre: Templeton-Manager:"Von drei Entscheidungen ist eine immer falsch.."
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Murdo Murchison, Manager des legendären Templeton Growth Fund, über Disziplin, Emotionen, Freizeit
WELT am SONNTAG: Mr. Murchison, einer der Leitsätze, nach denen der Templeton Growth Fund anlegt, heißt Pessimismus kaufen und Optimismus verkaufen. Heißt das, dass Sie jetzt Aktien auf den Markt schmeißen?
Murdo Murchison: Nein. Sicher, es gibt heute weniger Pessimismus als noch vor einem Jahr. Die Zahl der guten Kaufgelegenheiten hat sich damit deutlich verringert. Und es gibt viele Wachstumsaktien, die inzwischen wieder astronomisch teuer sind. Aber wir sind überrascht, welche niedrigen Bewertungen sich immer noch in den unbeachteten, ungeliebten Sektoren finden.
WamS: Die Stimmen der Pessimisten, die eine schärfere Korrektur erwarten, interessieren Sie nicht?
Murchison: Ein Rückschlag ist natürlich möglich, und er wäre nach dem langen Anstieg der Märkte wohl auch vernünftig. Aber es kommt praktisch immer anders, als man denkt. Insgesamt wäre ich deutlich besorgter, wenn ich nichts fände, was ich kaufen kann - so wie auf dem Höhepunkt des Aktienhypes im März 2000. Davon sind wir aber weit entfernt.
WamS: Kann die Börse denn weiterlaufen, wenn die Fed in absehbarer Zeit die Leitzinsen erhöht? Nach der letzten Sitzung wird das ja von den Märkten befürchtet.
Murchison: Wenn ich versuche, die Sprache Alan Greenspans zu deuten, glaube ich nicht, dass das so schnell passieren wird. Aber auch hier gilt: Niemand kann das vorhersagen. Deshalb spielt das für unsere Anlagepolitik auch keine Rolle. Natürlich reagieren Indices und damit Märkte auf kurzfristige Einflussfaktoren. Aber wir investieren nicht in Märkte, sondern in unterbewertete Aktien.
WamS: Und wie finden Sie diese Aktien?
Murchison: Da ist nichts besonders Geheimnisvolles dabei, kein Zauber. Es ist harte Arbeit, viel Disziplin und eine klare Investment-Philosophie. Jedes unserer Engagements ist eine Langzeit-Anlage. Das Schlüsselargument für oder gegen ein Investment ist die Gewinnentwicklung der vergangenen fünf Jahre. Wenn eine Aktie auf Basis dieser Daten teuer ist, dann möchte ich sie auch nicht haben. Umgekehrt sollten wir Werte kaufen, die nach unseren Maßstäben günstig sind - sofern es nicht andere Gründe gibt, sie besser nicht zu besitzen.
WamS: Und wie hoch ist Ihre Trefferquote?
Murchison: Sir John Templeton hat mal gesagt, wenn wir mit zwei von drei Investments richtig liegen, werden wir langfristig immer Erfolg haben. Das heißt auch, eine von drei Entscheidungen ist falsch. Das ist eine Menge, aber es ist Tatsache, und wir stehen dazu.
WamS: Haben Sie dafür ein Beispiel parat?
Murchison: Oh ja. Nehmen wir etwa Nortel Networks. Wir haben hart dafür gearbeitet, das Potenzial in diesem Wert zu entdecken. Die Teilkäufe ab Oktober 2002 gehörten zu den besten Anlageentscheidungen meines Lebens. Unser Durchschnittskurs lag also bei 1,40 Dollar. Es ging aber weiter runter bis auf 60 Cent, und wir begannen zu zweifeln, ob der Laden nicht doch Pleite gehen würde. Dann ging es wieder nach oben, und wir waren froh, das eingesetzte Geld wieder zu sehen. Außer Spesen also nichts gewesen. Heute steht die Aktie bei sieben Dollar.
WamS: Da dürften sich viele Privatanleger wiedererkennen und sich damit trösten, dass auch ein Murdo Murchison nicht frei von Emotionen ist.
Murchison: Absolut nicht. Und das ist ja auch das Spannende an diesem Metier. Es geht darum, Unternehmen zu verstehen und zu bewerten, aber auch darum, mit seiner Angst und seinem Optimismus klarzukommen und bei allem immer wieder diszipliniert zu bleiben.
WamS: Und von welchen Werten versprechen Sie sich im Moment, dass sie zu den zwei Dritteln der erfolgreichen Investments zählen?
Murchison: Wir haben kürzlich Positionen in Sony aufgebaut. Die Aktie wurde heruntergeprügelt, es hagelt Kritik von allen Seiten, der Glanz ist weg. Ein - hoffentlich - gutes Beispiel für"Pessimismus kaufen". Das Unternehmen hat aus seinen Fehlern gelernt und arbeitet an seiner Restrukturierung.
WamS: Bei Volkswagen kaufen Sie auch Pessimismus. Eine ganze Menge sogar.
Murchison: Die Aktie schwächelt vor allem wegen der Enttäuschung über den Absatz des neuen Golf. Dafür wird das Unternehmen zurzeit abgestraft. Aber auch das ist wieder eine kurzfristige Reaktion. Was jeder übersieht, ist das enorme Potenzial, das sich gerade in China für den Konzern ergibt.
WamS: Gutes Stichwort. Wie stellt sich die dortige Situation für Langfrist-Anleger dar?
Murchison: China ist eine tolle Story. Man kann langfristig sehr bullish für den Markt sein, kurzfristig ist allerdings ein wenig Vorsicht gefragt. Abgesehen von China Mobile profitieren wir lieber indirekt. Da bietet sich für uns Hongkong an. Dort finden wir westlich geprägte Standards und Managements, die Situation ist insgesamt etwas besser berechenbar. So weit muss man aber gar nicht schauen. Nehmen wir den Energiebedarf in China, der ist enorm. Wo kommt die Energie her? Von BP, Shell, Chevron. Es ist schon paradox: Jeder will China kaufen, aber keiner will Energieaktien kaufen. Außer uns.
WamS: Muss man Börse sieben Tage die Woche leben, um als Fondsmanager erfolgreich zu sein?
Murchison: Nein. Freitagabend ist für mich Schluss. Ich habe eine Familie, zwei Kinder, und ich kann gut abschalten. Wer das nicht kann, ist irgendwann ausgebrannt. Und die Gefahr ist groß: Es gibt immer, immer noch was zu tun. Eine Firma zu analysieren, einen Marktbericht zu lesen und so weiter. Sir John Templeton hat seine großartige Karriere sicher auch nicht gemacht, indem er sich rund um die Uhr um den Markt gekümmert hat.
Das Gespräch führte Michael Höfling
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Murdo Murchison, 38, arbeitet als Executive Vice President und Portfoliomanager für Templeton. Er verwaltet unter anderem das Flaggschiff der Franklin-Templeton-Gruppe, den Templeton Growth Fund, der dieses Jahr sein fünfzigjähriges Bestehen feiert. In diesem Produkt wird ein Fondsvermögen von über 17 Milliarden Dollar verwaltet. Murchison stieß 1993 zu Templeton. Seine Karriere im Investmentbereich begann bei Schroders Investment. Außerdem war der gelernte Jurist als Anwalt bei einer schottischen Kanzlei tätig.
Die Fondsgesellschaft Franklin-Templeton entstand 1992 aus dem Zusammenschluss von Templeton, gegründet 1940 durch Sir John Templeton, und Franklin. Das Unternehmen verwaltet zurzeit weltweit ein Vermögen von mehr als 336 Milliarden US-Dollar.

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