Re: @Tempranillo: Lehrjahre und Herrenjahre

verfasst von Tassie Devil, 09.02.2004, 03:48

-->>...aber ich hätte Stoiber gewählt und meinen ganzen Rucksack politischer Abneigungen in die Ecke gepfeffert, wenn er bei seiner eurotz-kritischen Haltung geblieben wäre.

Nein, Tempranillo, ganz so, wie Du meinst, dass ich Dich in der causa Stoiber eingeschaetzt haette, habe ich Dich nicht eingeschaetzt: ein wahrer Pragmatiker muss Dogmen kennen und auch respektieren, jedoch ohne damit gleich seinen gesamten Pragmatismus ueber Bord zu werfen und zum pedantischen Dogmatikertum zu konvertieren.

Oder anders, man soll nie paepstlicher als der Papst sein.

Es gilt auch im Leben viel mehr Kompromisse zu schliessen, als dass das einem selbst oft lieb sein koennte, jedoch darf dabei das essentielle Ich, das ist das eigene Rueckgrat, weder beschaedigt noch voellig verloren gehen, weil solches der graduellen Selbstprostitution sehr nahe kommt.

>Wie wir wissen, ist alles ganz anders gekommen.

Richtig, und damit war der Kohl, nein Stoiber, fett.

>Dabei wäre für jeden von Anfang an absehbar gewesen, wie sich Stoiber verhalten wird. Gibt es im Zen-Buddhismus nicht einen Lehrsatz, der da lautet:"Das Ende liegt im Anfang, und der Anfang liegt im Ende"?

In der von Dir angesprochenen Ecke herrscht bei mir voellige Dunkelheit, ich kenne allerdings die Sache mit den Letzten und den Ersten, die futuerlich ihre Positionen tauschen.

>Sehen wir uns den Anfang der Stoiber´schen Karriere doch mal an, und fragen, ob wir nicht in diesem frühen Stadium schon entdecken können, was erst jetzt zu voller Blüte heranreift?

Vorsicht, Lehrjahre sind keine Herrenjahre, und das Haenschen ist nicht der Hans.

>Was sollen wir von jemandem erwarten, der vor lauter Unterwürfigkeit FJS die Füße wäscht, wie in einer Szene aus Helmut Dietls"Kir Royal" zu sehen war, und Nachfolger des mit einem weltweiten Haftbefehl gesuchten Holger Pfahls geworden ist?

Was willst Du mit der Nachfolge von Pfahls andeuten, was meinst Du damit?

>In dessen Amtszeit als Ministerpräsident beschlagnahmtes Beweismaterial verschwindet (Festplatte Max Strauß) und ein couragiert ermittelnder Staatsanwalt, ein Herr Maier, von seinem Posten weggemobbt, pardon, weggelobt wurde?

Das ist Herrenzeit, und z.B. hiermit kann man dann wohl definitiv sagen, dass Stoibers Entwicklung wie zuvor vermutet tatsaechlich linear weiterverlaufen ist, Haenschen entsprach also den Erwartungen, die in ihn gestellt wurden.

Waehrend der Lehrzeit jedoch kann und darf man nicht eine weitere Entwicklung als sicher prognostizieren, nicht selten entwickeln sich brave emsige Lehrlinge waehrend der anschliessenden Gesellenzeit zu querulierenden Querdenkern, die dem etabliertem Meistertum zurecht dessen dunklen Ecken ausspotet und spaetestens als designierte Meister dann ausmistet. Dies gab es zu frueheren Zeiten nicht nur sehr selten, Stoibers Lehr- und Gesellenjahre fallen durchaus noch in diese Zeit, wogegen heutzutage eingedenk der letzten ein bis maximal zwei Dekaden diese Art von Entwicklung immer staerker ruecklaeufig war.

>Wenn Stoiber das ist, was er zu sein vorgibt, ein alles in allem anständiger Mensch, dann duftet ein bayrischer Saustall nach Patschuli und Lavendel.

;-) Ja, so schauts echt aus, nein, ich meine es riecht tatsaechlich so.

>In Wahrheit war das blonde Fallbeil schon immer grenzenlos opportunistisch, und hat sein Fähnchen immer sehr geschickt in den politischen Wind gehalten. Zu seinen größten"Stärken" gehört ein außerordentlich biegsames Rückgrat.

Tja, wie immer, die Menge machts, die Menge schafft die Unausgewogenheit.

Totale Flexibilitaet laesst sich nur gaenzlich ohne oder nur mit einem Softgummi-Rueckgrat bewerkstelligen.

Das ist wie bei der Offenheit, wer nach allen Seiten offen ist, der kann nicht ganz dicht sein. ;-)

Dein blondes Fallbeil an dieser Stelle hat mir aber mal wieder ausnehmend gut gefallen, danke fuer den Lachanfall. ;-)

>Denke ich an den Edi, sehe ich jemanden vor mir, der es bis ganz nach oben geschafft hat: und zwar mit umfallen, knien, kriechen und sich ganz tief bücken.
>"Machen Sie mit mir, Mister President, alles, was sie möchten."

Du meinst also, ein weiteres urblondes Modell politischer Prostitution?

Ja, das koennte durchaus hinkommen.

>Tempranillo

Gruss
TD

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