- High Noon für globales Finanzsystem / Brünings Schatten über Schröder - RK, 09.02.2004, 21:31
- LaPfusch verwechselt das Ende eines Preisbandes mit dem Ende der Kursnotierungen (owT) - Ecki1, 10.02.2004, 11:28
- Deine Argumente könnten... - Clarius, 10.02.2004, 14:53
- Argumente... - Ecki1, 10.02.2004, 22:49
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- LaPfusch verwechselt das Ende eines Preisbandes mit dem Ende der Kursnotierungen (owT) - Ecki1, 10.02.2004, 11:28
High Noon für globales Finanzsystem / Brünings Schatten über Schröder
-->www.bueso.de
Systemkrise:"High Noon" für das globale Finanzsystem
(PIMCO-Investment Outlook; Financial Times, EIR)
Daß die Warnungen des amerikanischen Ã-konomen und demokratischen Präsidentschaftsbewerbers Lyndon LaRouche vor dem kurz bevorstehenden offenen Ausbruch der Systemkrise ein immer größeres Echo finden, zeigt sich jetzt selbst an den Warnungen von Managern großer US-Anlagefonds. In dem jüngsten Investment Outlook von PIMCO, dem größten Anlagefonds der Welt, wurde dieser Tage ausdrücklich vor den Folgen einer"finanzbasierten Wirtschaft" gewarnt: einem beipiellosen Finanzkollaps und realwirtschaftlichen Einbruch. Kein Zweifel: Selbst in diesen Kreisen wächst die Sorge über die völlig unhaltbare Lage an den Weltfinanzmärkten - und damit die Debatte darüber, mit welchen finanziellen und wirtschaftlichen Notmaßnahmen die Gefahr einer neuen Großen Depression abgewendet werden kann. Wie wir an dieser Stelle immer wieder berichtet haben, stellt das Weltfinanzsystem zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Tat eine aberwitzige Konstruktion dar, bei der sich monströse Finanzblasen mit einem Gesamtvolumen von mehreren hundert Billionen Dollar gegenseitig abstützen und ihre am Ende unvermeidliche Implosion nur noch durch hemmungslose Liquiditätsschaffung der Zentralbanken hinausgezögert wird.
Diese katastrophale Fehlentwicklung, die innerhalb des bestehenden Systems schon lange nicht mehr reparierbar ist, verdanken wir der schrittweisen Abkehr von den erfolgreichen Wirtschaftsprinzipien, die den Wiederaufbau der führenden Industrieländer in der Nachkriegszeit garantierten. In der Zwischenzeit wurde die Währungsordnung von Bretton Woods ersatzlos gestrichen. Die produktiven Sektoren in den USA und Westeuropa wurden radikal ausgedünnt oder ausgelagert, und die ehemals für die Investitionen des Mittelstands verantwortlichen Banken wurden auf den kurzfristigen, spekulativen Gewinn im weltweiten Spielkasino der Finanztitel und ihrer Derivate ausgerichtet. Inzwischen ist das Gesamtsystem so weit zerrüttet, daß schon die nächste größere Pleite oder eine bescheidene Zinserhöhung der Federal Reserve der Auslöser für einen umfassenden finanziellen Zusammenbruch sein könnten. Von allen Bewerbern im US-Präsidentschaftswahlkampf hat bislang allein Lyndon LaRouche diese Zusammenhänge offen ausgesprochen und zugleich ein Programm zur Überwindung dieser größten finanziell-wirtschaftlichen Gefährdung seit Generationen vorgelegt. Aber mit einem Mal häufen sich die Stellungnahmen aus dem Finanzestablishment, die, ohne LaRouche direkt beim Namen zu nennen, in recht offensichtlicher Weise auf seine Herausforderung reagieren. Ein Beispiel dafür war der Wutausbruch der stramm neokonservativen US-Kolumnistin Amity Shlaes in der Financial Times vom 2. Februar, in der sie gegen das Potential einer New-Deal-Politik seitens der künftigen US-Administration wetterte, wobei sie in ihrer Wut zwar auf den derzeitigen demokratischen"Frontrunner" John Kerry eindrosch, ohne jeden Zweifel aber LaRouche meinte, der mit seinem klaren wirtschafts- und finanzpolitischem Profil in der Tradition Franklin D. Roosevelts seine demokratischen Mitbewerber im Vorwahlkampf, allen voran John Kerry, derart unter Zugzwang setzte, daß sie auf LaRouche reagierten und sich auf Vizepräsident Cheney einschossen; Kerry übernahm inzwischen sogar auch Teile von LaRouches Wirtschaftsprogramm, was die jüngste Haßtirade der Financial Times gegen ihn erklärt.
Ein Beispiel anderer Art lieferte Bill Gross, der Chef der größten auf Anleihen spezialisierten Fondsgruppe der Welt namens PIMCO (Pacific Investment Management Company). PIMCO verwaltet derzeit rund 74 Mrd. Dollar Anlagegelder und zählt nach den asiatischen Zentralbanken zu den wichtigsten Käufern von US-Regierungsanleihen. In seinem neuesten Investment Outlook für Februar 2004, der von Tausenden von Anlegern in aller Welt sorgfältig gelesen wird, macht Gross Beobachtungen, die für einen Fondsmanager höchst ungewöhnlich sind. Unter ständiger Bezugnahme auf Helden und Antihelden bekannter amerikanischer Westernfilme beschreibt Gross die Degeneration der US-Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten. Synonym für diesen Prozeß sei der seit 1987 amtierende US-Notenbankchef Alan Greenspan, den Gross mit der Western-Komik-Figur Barney Fife vergleicht, dem immer alles mißlingt. Dabei ist"Greenspans Wirtschaft" völlig verschieden von der US-Wirtschaft früherer Zeiten. Wie Gross völlig zu recht schreibt ist"Greenspans Wirtschaft eine globalisierte Wirtschaft", wo heimische Arbeitsplätze durch"billige Arbeitskraft in Asien und Lateinamerika ersetzt" wurden.
Sarkastisch fügt Gross hinzu, daß es in"Greenspans Wirtschaft" grandiose"technische Wunder" zu bestaunen gibt, wie etwa"das Internet, Handys, Hochgeschwindigkeits-Datentransfers und diese Dinge. Wir mögen zwar nicht mehr in der Lage sein, zum Mond zu fliegen, aber hier auf Mutter Erde ist doch richtig was los." Andererseits hätten wir es auch mit einer Wirtschaft zu tun, in der man sich Zinserhöhungen wie in den 80er Jahren überhaupt nicht mehr leisten könne, denn heute"ist das Fundament viel schwächer aufgrund des hohen Niveaus der Verschuldung quer durch den privaten und nun auch den öffentlichen Sektor". Der"wichtigste Wandel in den letzten 20 Jahren", so Gross,"war der Wandel der US-Wirtschaft von einer auf Industrie, dann auf Dienstleistungen und inzwischen auf Finanzen basierenden Wirtschaft". Unternehmensgewinne und Arbeitsplätze seien in den USA heute"primär eine Funktion des Volumens von Schulden und finanzieller Hebelkraft sowie deren Kosten". Die US-Wirtschaft sei nunmehr eine"finanz-basierte Wirtschaft". Früher,"da produzierten wir Dinge und verkauften sie, weil wir es besser machten als unsere globalen Wettbewerber. Heute produzieren wir weniger von allem. Und das, was wir produzieren, verkaufen wir mit Nullzinsfinanzierungen." Beispielhaft für diesen Wandel sei General Electric (GE). Im Jahre 1980 kamen 92% des Gewinns von GE aus der industriellen Sparte. Im Jahre 2003 machte GE beinahe die Hälfte des Gewinns durch seine Finanzabteilungen mit Hilfe hochspekulativer Abenteuer aller Art.
Gross warnt sodann:"Aber Freunde - nehmt es mir nicht übel - ich muß euch schon im Voraus sagen, daß diese Geschichte oder dieser Film kein gutes Ende haben wird." Die"finanzbasierte Wirtschaft ist abhängig von mehr und mehr billigem Geld", und wenn das nicht mehr in ausreichendem Maße bereitgestellt werden kann, dann wird sie ihr ultimatives Schicksal erleben:"High Noon". (In dem berühmten Western High Noon müssen die scheinbar übermächtigen Bösewichter um"Zwölf Uhr mittags" allesamt ins Gras beißen.) Das Verhältnis von Wirtschaftsleistung zu Schulden, betont Gross, ist in den letzten 20 Jahren geradezu explodiert und hat nun"historische Ausmaße erreicht, die bislang nur während der Depression der 30er Jahre schon einmal für kurze Zeit erreicht wurden". An irgendeinem Punkt dieses Schuldenwachstums"wird irgend jemand sagen no mas (nichts geht mehr). Vielleicht wird es PIMCO sein oder eine PIMCO-ähnliche Institution. Vielleicht sind es auch die ausländischen Besitzer von Anleihen, die es leid sind, der währungs- und inflationsbedingten Erosion ihres Kapitals zuzusehen. Vielleicht werden es die Risikoanleger der mit Hochzinsanleihen oder,Emerging Markets' spekulierenden Fonds sein, die über die Gefahr einer künftigen LTCM-Krise zu Tode erschrecken. Schwer zu sagen. Aber ich kann euch sagen, es wird passieren - Hubschrauber oder kein Hubschrauber [ein Hinweis auf die wiederholte Zusicherung der Federal Reserve, einer allgemeinen Liquiditätskrise notfalls mit der Druckerpresse zu begegnen, so als würde man aus über den Städten kreisenden Hubschraubern Geld abwerfen]." Und wenn es passiert, so Gross abschließend, muß man sich auf einen realwirtschaftlichen Einbruch gefaßt machen, der alles übersteigt, was man zumindest in den letzten 20 Jahren erlebt hat.
"Brünings Schatten über Schröder"
(Neue Solidarität)
Noch bevor Bundeskanzler Schröder am 6. Februar angesichts der völlig desolaten Lage in seiner SPD die parteipolitischen Konsequenzen seiner neoliberalen"Reformpolitik" zog und den Parteivorsitz niederlegte, zog er am 28. Januar in der wöchentlichen Sitzung des Bundeskabinetts die Notbremse: Er ordnete an, die geplante"Reform" der Pflegeversicherung und weitere Projekte dieser Art im Gesundheitsbereich vorerst fallenzulassen. Ob dies auch der erste Schritt war zur Entlassung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die sich mit großen Teilen der Bevölkerung überworfen hat, wird sich bald zeigen. Ohnehin wird derzeit viel von einer anstehenden Kabinettsumbildung geredet."Aber war es wirkliche Einsicht, als Schröder nach der Kabinettssitzung gegenüber der Presse sagte, die 'Grenze der Belastbarkeit' sei erreicht, man könne der Bevölkerung derzeit keine weiteren Einschnitte zumuten?", fragt die Neue Solidarität in einem Kommentar von Rainer Apel diese Woche. Weiter heißt es dort:"Kommt jetzt der weithin erhoffte Kurswechsel? Festzustellen bleibt, daß keine der bisher auf den Weg gebrachten 'Reformen' zurückgenommen wird, daß der Kanzler gleich nach dem Griff zur Notbremse die Kritiker beschuldigte, sie verschlössen sich der angeblichen 'Notwendigkeit' der Maßnahmen, man bausche die Praxisgebühr zur existentiellen Frage der Nation auf.
Es fällt auch auf, daß Schröder seinen plötzlichen Maßnahmenstopp verkündigte, gerade als die Presse bundesweit über die neuesten, für die SPD verheerenden Umfragen berichtete. Die Sozialdemokraten würden, so die Umfrageergebnisse, höchstens noch 24% der Stimmen bei Wahlen erhalten, und die persönliche Popularität Schröders ist laut der Umfrage von FORSA/Stern sogar auf jämmerliche 14% gesunken. Die SPD ist als Partei somit wieder da, wo sie vor einem Jahr stand, als sie bei den Wahlen in Hessen und Niedersachsen 10 bzw. 14% der Stimmen verlor. Und die nächste Wahl steht am 29. Februar in Hamburg an. Die Hamburger Sozialdemokraten jedenfalls wissen, daß Schröders Notbremseaktion vom 28. Januar nicht ausreichen wird, um den Stimmenschwund der SPD aufzuhalten. Es reicht nicht einmal für eine Wahlkampfmobilisierung der eigenen Parteimitglieder - ähnlich ist die Lage in Nordrhein-Westfalen, wo die SPD ernsthafte Schwierigkeiten hat, überhaupt Kandidaten für die im September anstehenden Kommunalwahlen zu finden. Wer nicht gleich aus Wut, wie viele dieser Tage, nach manchmal Jahrzehnten der treuen Parteimitgliedschaft das Parteibuch zurückgibt, verharrt in passiv-grollender Mitgliedschaft, will sich für diese Regierungspolitik nicht von aufgebrachten Wählern an SPD-Informationsständen in Stücke reißen lassen.
Auch eine umfassende Kabinettsumbildung in Berlin bliebe ohne positiven Effekt auf das Ansehen der Sozialdemokratie, käme es nicht zu einem wirklichen Kurswechsel. Der vom Bundeskabinett am 4. Februar verabschiedete Hochtechnologie-Masterplan mit seinen 500 Millionen Euro an Risikokapital für kleine und mittlere Unternehmen ist erstens kein Kurswechsel und zweitens der dramatischen Wirtschaftslage völlig unangemessen: es werden eher einige hundert Milliarden Euro gebraucht. Als der Kanzler in Berlin sagte, mehr könne man den Leuten nicht zumuten, aber das bisher Zugemutete müsse jeder ertragen, erinnerte das an einen anderen Kanzler, dessen Lage auch immer unhaltbarer wurde: Reichskanzler Heinrich Brüning bei der Begründung seiner wirklich letzten Notverordnung, der keine weiteren einschneidenden Maßnahmen mehr folgen sollten. Dies war das letzte Projekt des immer unpopulärer gewordenen Brüning im Frühjahr 1932, kurz darauf wurde er gestürzt, und mit jeder darauffolgenden kurzlebigen Regierung schritt der Zerfall der Republik fort, bis es Ende Januar 1933 ganz aus war.
Dabei hätte Brüning dies Schicksal für sich und für die Nation verhindern können, hätte er rechtzeitig das im Herbst 1931 von Wilhelm Lautenbach, einem führenden Beamten der eigenen Reichsregierung, vorgeschlagene Ankurbelungsprogramm für Infrastruktur und Industrie aufgegriffen. Der Lautenbach-Plan wäre der große Wurf gewesen, mit dem sich die Lage schlagartig hätte verbessern lassen, die Republik wäre stabilisiert und der Angriff der Nationalsozialisten zurückgeschlagen worden. Es ist zwar richtig, daß die Lage der Bundesrepublik nicht genauso ist wie die Lage der Weimarer Republik, aber die derzeitige Lage ist ohne Zweifel die schlimmste, die Deutschland nach 1949 erlebt. Und diesmal gibt es nicht einmal einen Lautenbach in der Regierung, den Ton geben aber wie 1932 die Haushaltskürzer an. Heute lauern Leute vom Schlag Schwarzeneggers auf ihre Chance, die unpopulär gewordenen und ratlosen Demokraten als Seiteneinsteiger hinwegzufegen. Der Händedruck zwischen Schwarzenegger und dem stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden Jürgen Rüttgers, der Ende Januar in Kalifornien zu Besuch war, und die Tatsache, daß es von Seiten der SPD gegen diese kalifornischen Kontakte keine nennenswerten Proteste gab, verheißen nichts Gutes.
Die Sozialdemokraten, die in der letzten Zeit etwas halbwegs Vernünftiges von sich gegeben haben, lassen sich an einigen Fingern abzählen: Manfred Stolpe setzt sich für ein europäisches Transrapidprojekt Paris-Berlin-Warschau-Moskau ein, Oskar Lafontaine fordert internationale Währungsstabilisierung und Kontrollen des Kapitalverkehrs und eine Neufassung der Verträge von Maastricht und Amsterdam, außerdem will Lafontaine ein öffentliches Investitionsprogramm, wie es auch aus Gewerkschaftskreisen gefordert wird. Die Vorstellungen von Gewerkschaftern gehen immerhin schon in die Richtung von 20-40 Milliarden Euro an jährlichen öffentlichen Ausgaben. Aber all das ist kein großer Wurf und wird die Bevölkerung und die Wähler nicht wirklich mobilisieren und aus der - wirtschaftlichen und psychischen - Depression herausreißen. So holt die SPD die zunehmend wegbleibenden Wähler nicht zurück. So verringert sich die Rekordarbeitslosigkeit nicht merklich. So lassen sich die Neokonservativen und 'Regimewechsler' um Merkel, Rüttgers, Merz und Herzog nicht vom Kanzleramt fernhalten.
Vor ziemlich genau dreißig Jahren forderte die damals als neue Kraft in der deutschen Politik auftretende LaRouche-Bewegung: 'Die SPD braucht einen Kopf!' Jetzt, im Jahr 2004, braucht die SPD so ziemlich alles, vor allem ein mit Blick auf die Europawahlen im Juni gesamteuropäisch ausgerichtetes Programm für eine breite wirtschaftliche Mobilisierung. Was die SPD braucht, ist eine arbeitnehmerfreundliche Politik, in der das Interesse an Förderung von Produktion und am Ausbau hochqualifizierter Arbeitsplätze im Zentrum steht und die Interessen der Finanzwelt dem untergeordnet werden. Mit dem Vorschlag der BüSo zur Entwicklung der Eurasischen Landbrücke liegt die Grundlage für eine solche Politik vor, in die sich der Bau einer Transrapidstrecke Paris-Berlin-Warschau-Moskau, von der Stolpe sprach, gut einfügen würde. Was die SPD dringend braucht, sind Politiker, die auch so handeln, wie es die meisten Wähler von einer sozialdemokratischen Partei eigentlich erwarten. Was mindestens ebenso dringend ist, sind gewählte Vertreter der BüSo in den Parlamenten, die dort die Debatte um große Investitionsprojekte in Gang bringen. Das eben ist auch eine Lehre aus den jüngsten Entwicklungen: Wenn man die richtige Politik will, verläßt man sich lieber nicht auf die falschen Politiker."
USA: Geht"Cheneygate" jetzt in die entscheidende Runde?
(EIR, Baltimore Sun, Knight Ridder, Insight)
Im US-Präsidentschaftswahlkampf wird der politische Druck auf Vizepräsident Cheney wegen dessen Lügen im Vorfeld des Irakkrieges immer stärker, wenn auch die bisherigen Vorwahlen zugleich zeigen, daß die amerikanischen Wähler noch immer die Realität der Wirtschafts- und Finanzkrise ausblenden. Am 2. Februar glaubte die Bush-Administration vielleicht tatsächlich, sie könne den ständig wachsenden politischen Druck, unter dem sie und insbesondere Vizepräsident Cheney steht, dadurch konterkarieren, daß der Präsident eine"unabhängige Untersuchungskommission" zur Vorgeschichte des Irakkrieges einsetzt. Doch Bushs Manöver brachte keine Ruhe in die Debatte über den politischen Mißbrauch nachrichtendienstlichen Materials zur Rechtfertigung des Irakkrieges. Nicht nur die Demokraten, auch die meisten amerikanischen Medien wiesen darauf hin, daß die vom Präsidenten ausgewählte Kommission offensichtlich dazu herhalten soll, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten, um dann irgendwann im Jahre 2005 - lange nach den Präsidentschaftswahlen - einen schwammigen Abschlußbericht vorzulegen.
Symptomatisch war der Leitkommentar der Baltimore Sun vom 3. Februar. Darin hieß es, es sei keineswegs so gewesen, daß die Geheimdienste der Regierung ihre Einschätzungen über Iraks Massenvernichtungswaffen"aufgezwungen" hätten, es sei genau andersherum gelaufen:"Fest steht, daß Mr. Bush sich auf Mr. Cheney gestützt hat, der der CIA klarmachte, welche Art Nachrichtenmaterial er erwartet - nämlich solches, mit dem sich ein Krieg rechtfertigen ließ." Dann machte die Zeitung den sarkastischen Vorschlag:"Als Mr. Bush [1999] für das Präsidentenamt kandidierte, bat er Dick Cheney, für ihn einen Vizepräsidentschaftskandidaten auszusuchen. Schließlich fand Mr. Cheney auch einen: sich selbst. Vielleicht wäre es eine gute Idee, wenn Mr. Bush einfach Mr. Cheney zum Vorsitzenden der Kommission machte. Denn es geht ja darum, den zu finden, der für die Fehleinschätzungen über den Irak verantwortlich gemacht werden kann; dann könnte Cheney zu dem gleichen Schluß kommen [wie 1999]". In einem Kommentar der Zeitungskette Knight-Ridder hieß es:"Was bei den Geheimdiensten bezüglich des Iraks falsch gelaufen ist, wird niemals herausgefunden werden, wenn die von Präsident Bush vorgeschlagene Kommission nicht die geheimen nachrichtendienstlichen Aktivitäten des Vizepräsidenten Dick Cheney und der Pentagon-,Falken' untersucht".
Auch im Valerie-Plame-Skandal wird es eng für Cheney. Im Magazin Insight berichtete Richard Sale, Beamte der Bundespolizei hätten"greifbare Beweise für ein möglicherweise kriminelles Fehlverhalten zweier Mitarbeiter von Vizepräsident Cheney bei der gesetzeswidrigen Preisgabe der Identität eines Geheimdienstmitarbeiters im vergangenen Jahr." Nach Angabe dieser Quellen handele es sich dabei um John Hannah und Cheneys Stabschef Lewis"Scooter" Libby. Die Strategie des FBI sei es, Hannah"klarzumachen, daß ihm tatsächlich eine Gefängnisstrafe droht", damit er über die Beteiligung seiner Vorgesetzten auspackt. Ein langjähriger Kenner der amerikanischen Politik meinte gegenüber EIR, Cheney werde nicht mehr lange zu halten sein, er sei zum"Auslaufmodell" geworden. Die Frage sei nicht mehr, ob Cheney gehen müsse, sondern nur, wann und wie. Gegenwärtig betrachteten die republikanischen Wahlkampfstrategen einen Abgang Cheneys noch als Eingeständnis einer politischen Niederlage. Aber spätestens im Frühsommer werde man Cheneys Herzprobleme als Vorwand dafür nehmen, daß er als Bushs Vizepräsidentschaftskandidat ausscheidet.
Denn im Wahlkampf steht die Täuschung des amerikanischen Volkes und des Kongresses über die fiktiven Massenvernichtungswaffen des Irak mehr denn je im Zentrum. Vor allem der führende demokratische Bewerber John Kerry hat die"Täuschungen" im Vorfeld des Irakkrieges durch Cheney und die Bush-Administration insgesamt zum Wahlkampfthema gemacht, und nicht zuletzt deshalb die Vorwahlen in Missouri, Delaware, New Mexico, Arizona und North Dakota klar gewonnen. Kerry hat damit - wenigstens im Ansatz - das getan, was in den Monaten zuvor alleine Lyndon LaRouche getan hatte. Was die Irak-Frage angehe, sagte LaRouche in Missouri am 2. Februar, hätten Kerry und er"ähnliche Auffassungen" - trotz Kerrys opportunistischer"Hamlet-Tendenzen" und dessen Ignoranz bezüglich der systemischen Wirtschafts- und Finanzkrise und der Handlungsoptionen, sie zu bewältigen.
So positiv die Tatsache zu bewerten sei, daß Kerry in der Cheney-Frage seine Position übernommen habe, meinte LaRouche, so bleibe doch ein tiefergehendes Problem: Die amerikanischen Wähler verweigern sich nach wie vor der Realität der vor der Tür stehenden systemischen Wirtschafts- und Finanzkrise, die gefährlicher ist als die Weltwirtschaftskrise 1929-1933. Die Amerikaner sähen den Wahlkampf als ein"Sportereignis", bei dem es um das Abschneiden der Kandidaten gehe, aber nicht um ihre eigene Existenz. Über die Vorwahlen am 2. Februar schrieb LaRouche, die demokratischen Wähler marschierten wie die alten Römer ins Kollosseum, um dem Gemetzel der Gladiatoren zuzuschauen:"Joe Lieberman wurde als einer der ersten niedergestreckt. Howard Dean schleppte sich tödlich verwundet aus der Arena. [Ein Enthüllungsartikel in der Zeitschrift] Village Voice fällte Al Sharpton mit einem einzigen, wenngleich unschönen Schlag. Die Gladiatoren Clark und Edwards sehen ihrem nahen Ende entgegen... So sind große Reiche untergegangen, damals wie heute. Die Bürger sehen sich nur als Zuschauer, die wie in einem Spiel mit dem Daumen nach oben oder unten zeigen können. Sie glauben, ihnen selbst könne nichts geschehen. Sie übersehen, daß sie selbst bald an der Reihe sind. So war es im Athen des Perikles zur Zeit des Peloponnesischen Krieges - auch da gab es politische Champions. Aber die kleinen Athener, die diese Champions so bewunderten, brachten mit eigener Wahl den Untergang über sich." Erst wenn die Amerikaner mit ihrer Realitätsverweigerung aufhören, wenn ihnen die Realität der Krise keine andere Wahl mehr läßt, gibt es die Chance, die wirklichen Existenzfragen Amerikas in den Mittelpunkt der amerikanischen Politik zu stellen. Dafür steht der Präsidentschaftskandidat LaRouche bereit - und dann beginnt ein Wahlkampf, der diesen Namen auch verdient.
LaRouche:"Es geht um die Probleme der Menschen"
(Kanal 13, Missouri-TV)
In verschiedenen Rundfunk- und Fernsehinterviews legte LaRouche im Bundesstaat Missouri sein politisches Programm dar und antwortete auf Fragen von Anrufern. Wir veröffentlichen Auszüge.
Jefferson City, Kanal 13:
"Ich denke, sehr bald werden alle anderen demokratischen Rivalen außer Kerry und mir aus dem Rennen sein. Zur Zeit sieht es nicht nach einem spektakulären Sieg eines Kandidaten aus, denn die Leute erkennen allmählich, daß es bei der Wahl nicht um die Kandidaten geht, sondern um sie selbst. Das Thema ist der Krieg. Das Thema ist die Wirtschaft. Die Diskussion um diese Themen wird von Kerry und mir, eventuell auch ein paar anderen, aufgenommen, muß aber auf dem richtigen Niveau behandelt werden. Wir werden über die Leute und ihre Sorgen reden, nicht darüber, wer der schönste von uns ist."
Auf die Frage, ob er damit rechne, daß erst nach den Wahlen wichtiges Material über die Manipulationen im Zusammenhang mit den angeblichen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins ans Tageslicht kommen werde, entgegnete LaRouche:"Es wird schon früher herauskommen. Ich habe diesen Trubel begonnen und arbeite mit verschiedenen Leuten daran. Einige Leute haben das aufgegriffen, womit ich begonnen habe. Ich will erreichen, daß Cheney verurteilt wird, abdankt oder seines Amtes enthoben wird, weil er mit seinen Lügen gegen die Verfassung verstoßen hat, um uns in den illegalen Krieg [gegen den Irak] zu ziehen. Damit ist es mir verdammt ernst."
Ausschnitt aus einem Interview mit einem regionalen Fernsehsender in Missouri am 2.Februar:
"Der Präsidentschaftswahlkampf ist dabei, sich grundlegend zu ändern. Bisher betrachteten die Menschen die Kandidaten eher so, als ginge es um eine sportliche Massenveranstaltung. Die Wähler dachten nicht darüber nach, für wen sie sich entscheiden sollten, sondern darüber, wer ihr Lieblingsteam oder -spieler sei. Jetzt, wo es ernst wird, werden die meisten Kandidaten ausscheiden - Lieberman ist es schon, vielleicht sollte er den Republikanern beitreten, was die Lage klarer machen würde. Kerry liegt derzeit in Führung, was weitere Rivalen zum Aufgeben veranlassen wird. Ich selbst werde bis zum Schluß dabeisein.
Es gibt zwei zentrale Themen, die den Wahlausgang bestimmen werden: Erstens, die Kriegsfrage. Cheney hat die USA mit seinen Lügen in einen Krieg getrieben, der nicht hätte stattfinden dürfen. Dafür kann er seines Amtes enthoben werden. Schlimmer ist aber noch, daß er seine Kriegstreiberei auch auf weitere Nationen ausdehnen will. Das zweite zentrale Thema ist die Wirtschaftskrise. Die Welt ist auf dem Weg in eine tiefere Depression als 1929-33. Dem müssen wir begegnen. Mit dem, was die aus dem Irak zurückgekehrten Veteranen ihren Familien und anderen hier erzählen, was sie durchgemacht haben, und angesichts der Wirtschaftskrise, geht es nicht darum, einfach einen Kandidaten zu wählen, sondern sich für einen Kandidaten zu entscheiden, der ihren eigenen Interessen nachkommt. Anders ausgedrückt: Eigentlich sind es die Wähler selbst, die im Rampenlicht stehen, und nicht die verschiedenen Kandidaten.
Deshalb ist es bedeutsam, sich in dieser Zeit um die Probleme des amerikanischen Volkes zu kümmern und zu fragen, welche Kandidaten haben Lösungen für diese Probleme vorgelegt?
Der Wahlkampf ist dabei, sich grundlegend zu verändern. Bisher haben sich die Wähler eher wie Zirkuszuschauer verhalten. Jetzt müssen sie ihre Wahlentscheidung so treffen, als stünden sie selbst in der Manege. Denn es sind ihre Probleme, die gelöst werden müssen. Es geht nicht darum, welcher Kandidat die besten (Werbe-)Slogans hat."
Ein Radiohörer aus Jefferson City fragt:
Aus welchem Grund streben Sie die Präsidentschaft an?
LaRouche: Ich bin der qualifizierteste Kandidat. Kerry könnte sehr gut mit der Kriegsfrage umgehen, wenn es darum geht, daß wir uns aus dem Irak zurückziehen und zukünftige ähnliche Kriege verhindern. Da sind wir beide gleicher Meinung. Problematisch wird es bei den Wirtschaftsfragen, in denen Kerry in dieser Krise zu den Ideen des ehemaligen Finanzministers Robert Rubin tendierte. Aber Rubin ließ noch nicht durchblicken, daß er eine Systemänderung in Betracht ziehe. Ich bestehe aber auf einer Änderung, d.h. die Bundesregierung muß das gegenwärtige internationale Währungssystem und das amerikanische System einem Konkursverfahren unterwerfen, damit ein Wiederaufbauprogramm in die Wege geleitet werden kann.
Sie haben schon mehrmals kandidiert, ohne daß Sie viele unterstützt hätten. Warum stellen Sie sich zur Wahl?
LaRouche: Weil ich recht habe. Sehen Sie, die Leute haben die falsche Idee im Kopf: Sie denken bei der Präsidentschaft genauso, wie sie über Hollywoodfilme und ihre Darsteller denken. Das kann es nicht sein. Eine Wahl zum Präsidenten ist eine sehr ernste Angelegenheit. Sie erfordert Durchhaltevermögen. Ich hatte bei meinen Kandidaturen all die Jahre über recht und meine Gegner lagen falsch. Jetzt stehen wir in der Krise, vor der ich warnte: Ich hatte versucht, sie zu verhindern. Jetzt haben wir den Salat und nur noch eine Chance. Wenn wir nicht adäquat auf diese Krise reagieren, wird es demnächst vielleicht keine USA mehr geben. Die ökonomische Krise ist sehr viel schwerwiegender, sowohl hier als auch weltweit.
Manche denken, mit 81 Jahren seien Sie zu alt für diesen Job. Was antworten Sie denen?
LaRouche: Oh, vielleicht bin ich mit meinen 81 Jahren reifer als die anderen? [lacht] Ich bin in wirklich guter Verfassung - jedenfalls in besserer als der Präsident, besonders vom Nacken an aufwärts.
Was werden Sie tun, wenn Sie gewählt würden. Worin läge Ihre Priorität?
LaRouche: Bereits meine Nominierung auf dem Parteitag in Boston im Juli würde die Weltpolitik ändern; denn sie würde Dinge in Bewegung setzen, über die ich seit längerem mit ausländischen Regierungen diskutiert habe. Deshalb dürfte meine Präsidentschaft schon im Augenblick meiner Nominierung beginnen - nicht bezüglich der Macht dieses Amtes, sondern dank meines Einflusses auf die Politikgestaltung unserer Nation.

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