- Zurück in Königsberg - Fischer besuchte Kaliningrad+Moskau. Wachsende Spannungen - RK, 13.02.2004, 00:04
- jungewelt formuliert: - Dieter, 13.02.2004, 00:30
- Jürgen Elsässer, ein Spezi ganz besonderer Art - rocca, 13.02.2004, 00:32
- Der Autor war vermutlich nie vor Ort. - eesti, 13.02.2004, 10:30
- Was erlaubt der sich? - Clarius, 13.02.2004, 10:45
- Das sagte allerdings der Erler, nicht Fischer... (owT) - RK, 13.02.2004, 18:34
- Stimmt! Sorry Joshla, Erler ist gemeint (owT) - Clarius, 13.02.2004, 20:15
- Das sagte allerdings der Erler, nicht Fischer... (owT) - RK, 13.02.2004, 18:34
Zurück in Königsberg - Fischer besuchte Kaliningrad+Moskau. Wachsende Spannungen
-->13.02.2004
Titel
Jürgen Elsässer
Zurück in Königsberg
Außenminister Fischer besuchte Kaliningrad und Moskau. Wachsende Spannungen
Am gestrigen Donnerstag eröffnete Bundesaußenminister Joseph Fischer im russischen Kaliningrad ein deutsches Generalkonsulat. Daß ein drittrangiges diplomatisches Ereignis durch die Anwesenheit eines hohes Regierungsmitgliedes zur Staatsaffäre aufgewertet wird, ist nur vor dem Hintergrund der revanchistischen deutschen Ostpolitik verständlich: Kaliningrad war bis zum Untergang des Deutschen Reiches unter dem Namen Königsberg Hauptstadt Ostpreußens. Nach 1945 forderten die Unionsparteien jahrzehntelang die Rückgabe des in die Sowjetunion und Polen eingegliederten Gebietes, die sogenannten Vertriebenenverbände trommeln dafür noch heute. Um diese großdeutsche Propaganda zu unterbinden, hatte Moskau eine deutsche Vertretung in der Stadt immer untersagt, und selbst der erste nachsowjetische Präsident Boris Jelzin hatte an dieser Politik festgehalten.
Im letzten Herbst lenkte Präsident Wladimir Putin ein. Trotzdem geht das deutsch-russische Fingerhakeln weiter: Berlin nominierte als ersten Konsul mit Cornelius Sommer ausgerechnet einen ehemaligen Schlesier. Im Gegenzug wollten die Kaliningrader Gastgeber partout kein passendes Gebäude für Sommers Residenz finden - der 63jährige muß die nächsten Monate noch in einem kleinen Privathotel logieren. Warum Fischer die konsularische Vertretung trotzdem einweihen mußte, obwohl es noch gar nichts zu eröffnen gab, erklärt sich - scheinbar! - aus einem recht unpolitischen Anlaß: Vor 200 Jahren starb in Königsberg der deutsche Philosoph Immanuel Kant.
Kant sei »das Zentralgestirn der Aufklärung«, sagte Fischer. Der Philosoph sei auch für die Moderne noch von großer Bedeutung. Nicht umsonst sei Kant mit seinem Werk »Zum ewigen Frieden« in der aktuellen Auseinandersetzung immer wieder zitiert worden.
Der eigentliche Grund der kurzfristig angesetzten Fischer-Reise dürfte eher darin liegen, daß die Bundesregierung in Kaliningrad vollendete Tatsachen schaffen will, bevor es sich Putin angesichts der Veränderungen in der politischen Großwetterlage anders überlegt. In Kürze nämlich wird die Region Kaliningrad von Rußland aus noch schwerer zu erreichen sein als bisher. Am 1. Mai vollziehen die baltischen Staaten den Beitritt zur Europäischen Union und riegeln damit die russische Enklave nach Osten ab. Schon im vergangenen Jahr wurde der freie Transit der Kaliningrader durch Litauen abgeschafft, seither benötigen sie ein Visum für Reisen nach Petersburg oder Moskau.
Der Deutsche Bundestag hatte im Mai 2002 in einer einstimmigen Entschließung die »Einbindung der russischen Region Kaliningrad in die EU-Osterweiterung« gefordert. In der Debatte plädierte der CDU-Abgeordnete Andreas Schockenhoff dafür, Moskau müsse »die Kaliningrader Administration von seinem Tropf lassen«, die Region müsse sich »in den europäischen Wirtschaftsraum integrieren«.
Kurz darauf forderte die in Kaliningrad aktive Baltisch-Republikanische Partei (BRP) die Ausrufung eines unabhängigen Staates und lobte die NATO für ein Manöver vom Frühjahr 2002. Dieser Marineübung in der Ostsee mit 40 Kampfschiffen lag laut BRP folgendes Szenario zugrunde: »Garantie für freie Wahlen in einer jungen Republik, die durch Aggression aus dem Osten bedroht ist.«
Kurz vor der Reise Fischers, die am Nachmittag auch nach Moskau führte, meldete sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Gernot Erler mit scharfen Tönen zu Wort. Demnach vollziehe sich in Rußland derzeit eine »Systemveränderung«, die im Auswärtigen Amt »sehr negativ« beurteilt werde. Von einer parlamentarischen Demokratie sei nach den Duma-Wahlen im Dezember »nicht mehr zu reden«. In den USA habe es bereits einen Stimmungsumschwung gegeben, der »bald« auch die deutsch-russischen Beziehungen erreichen werde. Der größte Flächenstaat der Erde werde, drohte Erler, in einer »weltpolitischen Sackgasse« landen. Der bereits erwähnte SPD-Politiker Meckel und sein Fraktionskollege Gerd Weißkirchen hatten Moskau bereits vor kurzem durch eine Einladung des tschetschenischen Exilpolitikers und einstigen Feldkommandanten der Terroristen, Achmed Sakajew, nach Berlin brüskiert. Erlers Wortmeldung hat noch mehr Gewicht, da er offizieller Beauftragter der Bundesregierung für die zivilgesellschaftlichen Beziehungen mit Rußland ist.
Während Rußland sich harter Kritik ausgesetzt sieht, schweigen Berlin und Brüssel zu den undemokratischen Vorgängen in den baltischen Staaten. Die künftigen Neumitglieder der EU verweigern ihren russischen Minderheiten die staatsbürgerliche Gleichberechtigung. Am Montag demonstrierten in der lettischen Hauptstadt Riga mehrere tausend Teenager russischer Herkunft, weil an den Schulen des Landes künftig nahezu ausschließlich in lettischer Sprache unterrichtet werden soll.
<ul> ~ http://www.jungewelt.de/2004/02-13/001.php</ul>

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