- The Daily Reckoning - More Perfect Unions (Bill Bonner) - Firmian, 16.02.2004, 20:10
- Dt. Fassung vom Investor-Verlag - Firmian, 16.02.2004, 20:13
- Danke und Gruss (owT) - Tofir, 16.02.2004, 22:09
- Dt. Fassung vom Investor-Verlag - Firmian, 16.02.2004, 20:13
Dt. Fassung vom Investor-Verlag
-->Euphorie und eine Warnung aus den 1930ern
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris
Ich sehe gerade aus dem Fenster, hier scheint die Sonne. Ich werde mir
wahrscheinlich ein paar Tage Urlaub nehmen... die Märkte steigen seit
fast einem Jahr... was kann da falsch gehen?
Es ist kein spezifisches"Was", das mir Sorgen macht, sondern es sind
mehrere potenzielle"Was", die sich beispielsweise dazu verschworen
haben, den Dollarpreis weiter fallen zu lassen. Und das ist für mich
nichts Abstraktes, sondern etwas sehr Reales - denn da ich ein
Amerikaner bin, der in Paris lebt, steigen die Preise in meinen
liebsten Pariser Bistros auf Schwindel erregende Höhen.
Bill Bonner ist heute in London, wo er pflichtbewusst versucht, ein
paar Geschäftsprobleme zu lösen.
***"Ich habe gelesen, dass fast jeder Stimmungsindikator für die
US-Wirtschaft und ihren Aktienmarkt einen Optimismus anzeigt, der noch
weit über den Rekordwerten von Anfang 2000 liegt, als der Höhepunkt
der Spekulationsblase am Aktienmarkt erreicht war. Diese Euphorie ist
nebenbei gesagt ein einzigartiges Phänomen in den USA", so Dr. Kurt
Richebächer.
Wie ich schon gesagt habe, liebe(r) Leser(in), ich sehe überall
schönes Wetter. Überall im Bereich des Dollarstandards stehen die
Investoren Schlange, um Aktien zu kaufen... sie vertrauen weiterhin
unerschütterlich darauf, dass der amerikanische Wachstumsmotor läuft
und läuft... und mit ihm zusammen die Weltwirtschaft. Was könnte da
schon schief gehen?
"Es gab sicherlich eine wirtschaftliche Belebung", so Dr. Richebächer
weiter,"aber eine sehr schwache, verglichen mit der zyklischen Norm
der Nachkriegsjahre."
"Aber haben die großen kombinierten monetären und fiskalischen
Stimulierungen, die in den letzten drei Jahren in die Wirtschaft
injiziert wurden, genug Kraft, um zu einer soliden, nachhaltigen und
sich selbst tragenden Erholung zu führen?"
*** Die Oberen der US-Zentralbank, Alan Greenspan und Ben Bernanke,
verkünden weiterhin, dass sich die Lage am US-Arbeitsmarkt verbessern
wird. Es sei maximal eine Frage von Monaten. Währenddessen wurde
letzte Woche vermeldet, dass die Zahl der Erstanträge auf
Arbeitslosenhilfe um 6.000 auf 363.000 gestiegen war.
Aber fundamental gesehen hat sich nichts geändert."Die Kommentare von
Greenspan hallen immer noch nach", so ein Devisenhändler in London
letzten Freitag gegenüber Reuters."Aber die zugrunde liegende Idee
ist immer noch, dass die US-Zinsen unten bleiben werden, und dass die
fiskalische Position der USA besorgniserregend ist."
*** Der Dollar ist seinem Allzeit-Tief gegenüber dem Euro wieder
gefährlich nahe gekommen. Jetzt hat er sich kurz davor stabilisiert
und ruht sich ein wenig aus.
Das britische Pfund steht mit 1,89 Dollar je Pfund auf einem
11-Jahres-Hoch gegenüber dem Dollar. Wenn man als Amerikaner mit dem
Eurostar von Paris nach London fährt und dort ein Bier im Pub kaufen
will - wie ich es gelegentlich tue -, dann macht sich diese Abwertung
des Dollar schon bemerkbar.
Für Lord William Rees-Mogg, den ehemaligen Herausgeber der Times of
London, ist diese Dollar-Abwertung keine Überraschung."Das G7 Treffen
in Boca Raton war ein Scheitern", schreibt der Lord. Das Communiqué
dieses Treffens"tat nichts, außer scheinheilig zu bemerken, dass 'ein
Übermaß an Volatilität und unordentlichen Wechselkursbewegungen für
das Wirtschaftswachstum nicht gewünscht sind'." Als Antwort darauf
haben die Märkte dem G7-Treffen schon eine massive Abfuhr erteilt.
Einige Händler hatten gehofft, dass die G7 zumindest für ein paar Tage
den Druck vom Dollar nehmen würden. Aber was das Treffen wirklich
schaffte, war, die Zentralbanken der Welt komplett impotent aussehen
zu lassen. Aber da Autorität eine grundlegende Voraussetzung ihrer
Autorität ist, haben sie ihre machtvollste Waffe verloren.
"Man sollte das Wechselkurssystem der Welt als völlig außer Kontrolle
geraten bezeichnen."
"Eine Ansicht ist, dass der Dollar für jeden ein Problem ist - außer
für die USA selbst. Denn so lange die asiatischen Länder den USA
Milliarden Dollar leihen, ist es vorstellbar, dass die US-Regierung
sich weiterhin enorme Haushalts- und Handelsbilanzdefizite erlauben
wird, die durch Schuldenmachen finanziert werden. Es ist auch möglich,
dass die amerikanischen Konsumenten weiterhin auf Pump einkaufen
werden."
Aber Lord Rees-Mogg warnt:"Ab einem bestimmten Punkt wird die
US-Wirtschaft ins Gleichgewicht zurückgebracht werden müssen. Dieser
Punkt ist wahrscheinlich näher, als die meisten von uns denken.
Angesichts dieses bevorstehenden Ereignisses ist das Risiko einer
'unordentlichen Bewegung' beim Dollar - ein Einbruch - ungemütlich
hoch."
***"Unsere Analyse", schrieb der Volkswirt Josef Schumpeter,"führt
uns zu der Annahme, dass eine Erholung nur dann gesund ist, wenn sie
aus sich selbst kommt. Denn jede Erholung, die nur künstlichen
Stimulierungen zu verdanken ist, lässt einen Teil der Arbeit der
Depression unausgeführt und fügt deshalb zu einem unverdauten Rest von
Verhaltensgestörtheit neue Verhaltensgestörtheiten hinzu."
Schumpeter sprach natürlich über die 1930er... aber er hätte damit
genauso gut auch eine Rezession beschreiben können, die 70 Jahre
später stattfand. Niemand, außer vielleicht uns vom Investor's Daily,
hat den Begriff"Depression" benutzt. Und wenn wir dieses Wort einmal
benutzt haben, dann höchstens mit dem Adjektiv"sanft".
Aber wie zu Schumpeters Zeiten ist die Arbeit des Abbaus der
Spekulationsblasen der 1990er noch nicht zu Ende geführt... und eine
Regierung, die"etwas dagegen tut" - verschiebt den Tag der Abrechnung
nur in die Zukunft.
*** Ich hoffe, Sie haben den Freitag, den 13. gut überstanden. Und den
Valentinstag genossen. Heute liefern wir Ihnen eine leichtherzige
Reflexion: Wie man Liebe und Glück finde, das Geheimnis für eine gute
Ehe... mehr dazu im nächsten Artikel... den Bill Bonner bereits vor
seiner Fahrt nach London geschrieben hat.
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Montag, 16. Februar 2004
Das Geheimnis wahrer Liebe... und das Geheimnis, wie man bei einem
Bärenmarkt den Boden findet...
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Liebst Du ihn?"
"Nein."
"War es besser mit ihm?"
"Nein."
"Warum hast Du es also getan?"
"Wer weiß?"
aus"Don't Wake Mother" von Jean Anouilh
In diesem Dialog ging es nicht um Rosen. Sondern um Dornen: Um
Ehebruch, ein Grundbestandteil der französischen Literatur... und
vielleicht des französischen Lebens.
"Sie scheinen geschockt zu sein", sagte Sylvie letzte Woche."Betrügen
in Amerika die Frauen ihre Ehemänner nicht?" Ich las eine Novelle von
Maupassant. Ich las sie laut. Sylvie, eine junge Frau, die mir
Französisch beibringt, korrigiert meine Betonung.
In der Passage, die ich laut vorlas, trifft sich eine Frau mit einem
anderen Mann, als ihr Mann nicht in der Stadt ist. Sie mietet ein
Apartment, so dass sie ihre Affäre durchführen kann, ohne gestört zu
werden.
"Ich bin nicht so sehr geschockt über das, was sie tun", antwortete
ich,"als über die überlegte Art und Weise, wie sie es tun."
"Ich glaube, dass die Leute in den USA nicht so groß anders sind", so
ihre Antwort.
"Nein, aber die amerikanischen Frauen würden sich schlecht fühlen, sie
hätten mehr Schuldgefühle. Sie würden mit Psychologen reden müssen."
"Wir Franzosen", so antwortete Sylvie,"bevorzugen es, unser Leiden
für die Hölle aufzubewahren."
Wenn Sie den Investor's Daily schon länger lesen, dann wissen sie
auch, dass ich mit meinen Themen gelegentlich weit vom Bereich
"Wirtschaft" abschweife... aber neue Leser(innen) könnte das
überraschen. Schließlich ist das ein Finanz-Newsletter, oder?
Aber wären Sie überrascht, wenn ich Ihnen mitteilen würde, dass das
Geheimnis einer glücklichen Ehe und das Finden seiner großen Liebe und
das Ermitteln des Bodens bei fallenden Aktienkursen identisch sind?
Das Paradox bei allen drei Dingen ist, dass man sie nicht auf direktem
Weg erhalten kann. Es gibt keine Straßenschilder, auf denen steht:
"Große Liebe - hier!" oder:"Letzter Stopp vor dem Bärenmarkt" oder
"Glückliche Ehe - nächste Ausfahrt".
Vor kurzem haben zwei Bekannte von mir geheiratet, Jack und Mimi. Was
wird mit ihnen passieren? Ich fühle mich ihnen gegenüber so, wie ich
mich gegenüber meinen eigenen Kindern fühle: Wenn ich sie nur vor den
Fehlern schützen könnte, die ich selbst gemacht habe. Wenn ich sie nur
vor den Fehlern schützen könnte, die ich noch machen werde!
Das ist das Problem mit Alter und Weisheit - sie zeigen einem nur, wie
hilflos man eigentlich ist. Je weiser man wird, desto mehr lernt man,
dass man seinen Mund halten soll, bis einen das Grab irgendwann völlig
verstummen lässt.
Wie schade es ist, dass es keine Zentralbank des Herzens gibt - eine
Gruppe von weisen alten Graubärten, die die Währung der Liebe schützen
würde... und die die Ehe von Jack und Mimi mit gelegentlicher milder
Korrektur auf dem Pfad der immerwährenden Expansion halten würde. Wenn
man ihre Aktien nur immer weiter steigen lassen könnte!
Aber einige Dinge sind jenseits unseres Verständnisses. Und andere
sind einfach nicht unter unserer Kontrolle.
Bärenmärkte korrigieren nicht nur Aktienkurse, sondern auch
Einstellungen und Philosophien. Die Leute wenden sich ab von
Versprechungen, die"REICHTUM JETZT!" versprechen. Stattdessen wenden
sie sich anderen Dingen zu. Ihren Gärten. Sie beginnen, über
Geschichte nachzudenken, und sie lesen Fantasy-Romane. Sie beginnen,
über reale Werte nachzudenken.
Bei den Finanzen suchen sie nach Kosten, die sie senken können... und
sie kümmern sich weniger darum, wie sie reich werden - sondern mehr
darum, wie sie es vermeiden können, arm zu werden.
Was sollte ein kluger Investor tun? Er kann nicht wissen, ob der Markt
steigen oder fallen wird. Sollte er jede Möglichkeit nutzen, die des
Weges kommt - wie eine treulose Ehefrau, wenn ihr Ehemann auf
Dienstreise ist? Wird sich die Performance eines Investors verbessern,
wenn er jedem heißen Tipp folgt?
Das klingt nach Spaß. Aber es ist nicht wahrscheinlich, dass sich das
auszahlen wird.
Aber wie kann man nach Topps und Tiefs suchen, um zu wissen, ob man
einsteigen oder aussteigen soll?
Indem man nicht danach sucht.
Warren Buffett, der erfolgreichste Investor, der jemals lebte,
verschwendet mit der Suche nach Topps und Tiefs keine Zeit.
Stattdessen erklärt er, dass er nur"großartige Gesellschaften zu
einem fairen Preis" kaufen will. Aber wenn die Preise steigen und
fallen, dann sind sie nicht immer"fair". So fand Buffett zum Beispiel
in den späten 1960ern heraus, dass die Preise zu hoch gestiegen waren.
Er erklärte seinen Kunden damals, dass er keine kaufenswerten Aktien
finden würde - und er gab ihnen ihr Geld zurück. Per Zufall war genau
da das Topp erreicht. Und danach fielen die Kurse, und sie erholten
sich erst 12 Jahre später. Dann fand Buffett wieder viele gute
Gesellschaften zu Preisen, die mehr als günstig waren. Ohne danach zu
suchen, hatte Buffett den Tiefpunkt gefunden.
Ist das auch der Weg, wie man Liebe und Glück findet - kommen sie
gewissermaßen als Nebenprodukt davon, wenn man sich einfach an die
grundlegenden Dinge, die Regeln, die wichtigen Prinzipien hält? Ich
weiß es nicht, liebe(r) Leser(in), aber ich bin naiv und sentimental
genug, um zu hoffen, dass es so ist.

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