- Die Kopplung von Wissensch. und Innovation durch Unternehmertum erzeugt Wachstum - Sorrento, 20.02.2004, 13:22
- Re:..erzeugt Wachstum -- Wohin ist denn die Blockade-Bürokratie verschwunden??? (owT) - JoBar, 20.02.2004, 13:52
Die Kopplung von Wissensch. und Innovation durch Unternehmertum erzeugt Wachstum
-->Die Kopplung von Wissenschaft und Innovation durch Unternehmertum erzeugt Wachstum
Jochen Röpke & Elizaveta Kozlova 20.02.2004
Anmerkungen zu einer"Innovationsoffensive"
Die deutsche Wirtschaft kommt nicht auf die Beine. Sogar der neue Golf lahmt. Alle hoffen auf einen Aufschwung, der von außen kommen soll. Manna vom Himmel, Exportnachfrage. Die anderen müssen wachsen, damit wir wachsen können. Die Innovationsinitiative des Kanzlers kommt daher nicht zu spät.
Wir können den Trend, dass einfachste Tätigkeiten ins Ausland verlagert werden, nicht aufhalten. Gegen die niedrigen Löhne in China oder der Ukraine für einfachste Arbeiten können wir nicht konkurrieren - da haben wir keine Chance. Aber wir können etwas tun. Wir müssen mehr hochqualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland aufbauen. Wenn man die einfachen Tätigkeiten in anderen Ländern erledigen lässt und die komplizierten hier, dann können wir davon profitieren.
Gerhard Schröder, Interview in Bild, 21. Dez. 2003
Viele werden das anders sehen. Sie verlangen einen Niedriglohnsektor auch in Deutschland. Und was uns der Sachverständigenrat (SVR) empfiehlt, läuft geradewegs darauf hinaus, mit Indern und Chinesen auch über Löhne zu konkurrieren.
Die Idee mit den Hochqualifizierten hatte schon Helmut Schmidt. Sie funktioniert nicht. Wie viele Hochqualifizierte haben Deutschland seither den Rücken gekehrt, und Versuche sie zurückzuholen, scheitern. Wir subventionieren die USA, Singapur, China, bald auch Botswana und Paraguay, über den Brain Drain unserer Hochqualifizierten. Jährlich circa 100,000 (Akademiker, Techniker, Handwerker). Wir bilden Forscher aus und setzen sie dann vor die Tür. Die USA saugen wie ein Staubsauger unsere Talente ab. Drei von vier Nobelpreisträgern deutscher Herkunft forschen und lehren in den Vereinigten Staaten.
Und dann die Green Card. Gestern noch Wunderwaffe von Bitkom und Kanzleramt, heute entsorgt die IT-Industrie"hoch qualifizierte Arbeitsplätze" über Arbeitsamt und Rentenkasse, und was SAP und Siemens und viele andere in Indien an Arbeitsplätzen schaffen, gehört keineswegs in die Kategorie"einfachste Arbeiten".
Der Chef von Siemens und Innovationsberater des Kanzlers, Heinrich von Pierer, hat als frühe Antwort auf Schröders Offensive ein"Zehn-Punkte-Programm für Innovation und Wachstum in Deutschland" vorlegt.1 Gleichzeitig muss er sich von seinen Mitarbeitern, die"Rigorosität, (mit der) Personalabbauziele verfolgt werden", vorhalten lassen - bei insgesamt guter Gewinnsituation. Dabei greift Siemens an Forschungsgeldern von Bund, Land und EU ab, was möglich ist und beschäftigt Hochqualifizierte offensichtlich im Überfluss. Warum läuft hier so wenig, dass man seine technische Intelligenz via Frühpensionierung entsorgen muss?
Was der Siemenschef vorschlägt, Gerhard Schröder anspricht, Helmut Schmidt als Vision verkündete, der Sachverständigenrat neuerdings auch in mathematischer Sprache dem deutschen Volk präsentiert, bezeichnen wir als Input-Logik.
Quellen des Wachstums
Wir können drei Ansätze unterscheiden um Wachstum zu erzeugen:
1. Die (vorherrschende) Inputlogik, nach der mehr eingesetzte Ressourcen mehr Wissen, höhere Qualifikation, mehr Wachstum inklusive Arbeitsplätze erzeugen; in diese Logik eingebaut ist das uralte Missverständnis, Information und Wissen werde von einem Sender (System Wissenschaft) zu einem Empfänger (System Wirtschaft) transportiert.
2. Inputlogik kombiniert mit Innovation: eine Verbesserung der Ausstattung mit Produktionsfaktoren inklusive Infrastruktur fördert Innovationsverhalten und dieses Wachstum.
3. Innovationslogik: Entwicklung ist eine Funktion der Neukombination der in einem System verfügbaren Produktionsfaktoren, inklusive Wissen.
Wenn wir fragen, woher Dynamik, Wertschöpfung, Arbeitsplätze und eine moderne Infrastruktur kommen, bleibt nach kritischer Durchsicht aller Theorien und historischen Erfahrungen eigentlich nur eine Antwort übrig: Dadurch, dass Menschen bereit waren, neue Dinge zu wagen, neue Ideen durch innovatives Unternehmertum zu verwirklichen. Innovative Neugründungen von Unternehmen können wir als die Wachstumserzeuger betrachten. Diese These lässt sich sowohl empirisch belegen wie aus theoretischen Überlegungen ableiten.
Inputlogik: Wir pumpen mehr Ressourcen in die Maschine Wirtschaft, dann muss auch mehr raus kommen; und ein Aufschwung wird gerade zu unvermeidbar, wenn die Ressourcen auch noch optimal kombiniert werden. Was kommt raus? In der Trivialmaschine Wirtschaft tatsächlich mehr Output. Die Wirtschaft funktioniert aber nicht auf triviale Weise. Folglich kommen auch andere Dinge raus. Auch Nullwachstum. Auf keinen Fall erzeugen wir auf diesem Wege Entwicklung, ein qualitatives Phänomen.
Wissenschaft und das System Innovation funktionieren nicht auf der Grundlage von Input und Output. Sie verfügen nicht über Mechanismen, die dies erlauben könnten. Sie sind daher auch nicht instruierbar. Wer solches versucht, zerstört sie. Und genau dies ist es, was wir beobachten können. Wissenschaft leidet, Innovation leidet. Der inputlogische Ausweg, beide Systeme durch Input zu stimulieren, kann nur in Misserfolg enden. Eine gewisse Tragik besteht darin, dass Personen, die sich als"Vertreter" oder"Sprecher" dieser Systeme verstehen (man würde sie besser als"Funktionäre" bezeichnen), genau dieses fordern, mehr Ressourcen usf. - zu Recht vielleicht - aber im Namen der"Innovation"?
Die klassische Kritik an dieser Logik formuliert der Entwicklungstheoretiker Joseph Schumpeter:"Es können noch so viele Postkutschen produziert werden, und es werden daraus keine Eisenbahnen entstehen." Mithin wird aus einer Dampfmaschine keine Glühbirne, aus dieser kein Automobil und aus diesem kein Computer.
Gerhard Schröder spricht aber zu Recht nicht nur von höherer Qualifikation,"qualifizierte Arbeitsplätze" braucht das Land. Die Standardantwort der Verbände und Wirtschaftsforscher kennen wir: Löhne runter plus Flexibilität. In Russland gibt es so etwas schon lange. Deswegen wandern die qualifizierten Russen aus. Ein Drittel der Software von Microsoft wird von Ruski Babushkis programmiert. Warum bleiben sie nicht in der Heimat? Weil sie sonst verhungern (kein Sozialstaat) oder weil niemand ihre Leistung nachfragt. Wo kommt die Nachfrage her? Warum verfolgt Siemens so rigoros seine"Personalabbauziele", sprich, macht die"hochqualifizierten Arbeitsplätze" weg, die Gerhard Schröder so gerne neu schaffen will. Auf Siemens & Co. warten hieße warten auf Godot. Von daher kommt zu wenig was Schröder und der Volkswirtschaft weiter hilft. Außer Siemens driftet auf ein chinesisch-indisches Lohn- und Sozialniveau.
Siemens & Co. sind innovationsschwach in einem bestimmten Typ von Neuerung, bei Basisinnovationen, nicht oder nicht mehr bei erhaltenden Neuerungen (wird unten erläutert). Deswegen setzen sie hochqualifizierte Mitarbeiter auf die Straße und schaffen Arbeitsplätze in Osteuropa, Indien und China, Länder im aufholenden Industrialisierungsprozess mit zunehmend stärker werdenden Wettbewerbsvorteilen bei erhaltenden Neuerungen. Mit solchen Ländern lässt sich auf Dauer nur mit radikalen, aus der Forschung kommenden Innovationen konkurrieren. Deutschland ist auf diesem Feld innovationsschwach, deswegen haben wir Brain Drain, leere Staatskassen und seit einer Dekade keine Steigerung der Realeinkommen. Auch eine Invasion von Input und Manna vom Himmel, optimale Allokation und freie Arbeitsmärkte ändern daran wenig. Siemens & Co sehen das wie die Vertreter unserer Republik aus guten Gründen anders. Überzeugen diese Gründe?
Betrachten wir die Vorschläge von Heinrich von Pierer, alles schön und gut, aber keiner wird uns das bringen, was der Kanzler anstrebt: Hochqualifizierte Arbeitsplätze durch Innovation. Reine Inputlogik. Mehr Geld, mehr Ressourcen, mehr Freiheit für Siemens, mit Forschungseinrichtungen zu kooperieren (das heißt bei eigener F&E zu sparen).
Siemens steht für viele Unternehmen, fast alle, die Güter herstellen, die sich abnehmenden Wachstumsraten in ihren Märkten gegenüber sehen und die hochgradig anfällig sind für Fernostimporte oder Produktionsverlagerung. Im Klartext: was Herr von Pierer, der SVR, die Wirtschaftsverbände vorschlagen, macht uns auf lange Sicht zu einem Satelliten aufstrebender Industrieländer. In 10 Jahren kaufen wir unseren Golf aus China - wenn VW es zulässt. Die ersten Polos wurden gerade von China nach Australien exportiert.
Werfen wir einen Blick auf die folgende Abbildung. Wir erkennen die bisherigen Basis- oder Kondratieffinnovationen. Die Wachstumsraten dieser sich wellenförmig entfaltenden Neuerungsschübe sind unsere groben Schätzungen. (Wenn sich die Wellen verkürzen sollten, wie in der Abbildung unterstellt, ist das Zeitfenster, in dem wir etwas tun können, nur noch wenige Jahre offen.) Auf die fünfte Welle ist Deutschland (die EU) erst aufgesprungen, als die Wachstumsraten bereits abnahmen und die Pioniergewinne und die Arbeitsplatzdynamik von anderen (U$A) eingefahren waren.
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Wir sehen des weiteren eine zunehmende Wissensintensivierung der Wellendynamik. Hier setzen Inputlogiker an. Wissensökonomie. Wissen als zentrale Ressource. Lasst uns mehr Wissen schaffen, mehr Menschen qualifizieren, damit sie hochklassiges Wissen hervorbringen, Forschung und Entwicklung fördern, mit mehr oder weniger Verwertungsdruck.
Gegenwärtige Wachstumsrate pro Jahr (in %)
Basisinnovation Eisenbahn Stahl Automobil Elektro Elektronik Computer Bio Nano
reife Industrieländer 0 -5 0 2 2-4 >5 30 70
China 10 20 30 40 20 25-65 25 50
Frage: Wie kommt das viele Wissen in die Wertschöpfungsketten und erzeugt Nachfrage nach qualifiziertem Humankapital? Schafft sich Wissen seine eigenen Arbeitsplätze? Wie wird Wissen und Qualifikation auch ökonomisch lebendig? Zirkuliert das Wissen nur im System der Wissenschaft, wer hat dann etwas davon, außer die Wissenschaft? Wissen bleibt ökonomisch tot, wenn keine intensive strukturelle Kopplung zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zustande kommt. Wer leistet diese Kopplung? Der Funktionär? Der Beamte? Ein Innovationsrat? Berater von Berger & Co? Ohne wirksame Kopplung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist jede Offensive auf Sand gebaut.
Wie und durch wen kommt diese Kopplung aber zustande? Die Universitäten"sichern unsere intellektuelle und wirtschaftliche Zukunft", versichert uns DFG-Präsident Ernst-Ludwig Winnacker. Wie? Ein doppeltes"Wie". Wie - mit welchem Weg - sichern wir unsere Zukunft? Wie können Forschungsinstitutionen und Universitäten so etwas leisten? Wenn er die traditionelle (Humboldtsche) Universität gemeint haben sollte - ein Auslaufmodell in der unternehmerischen Wissensgesellschaft.
Wissenschaftliches Unternehmertun
In der Antwort auf die Wie-Fragen liegt der Schlüssel für eine Innovationsoffensive. Es gibt viele Schlüssel. Welcher öffnet die Tür für"unsere intellektuelle und wirtschaftliche Zukunft"?
Unsere Antwort beschreibt die Zeile wissenschaftliches Unternehmertum (siehe Abbildung). Unternehmer aus dem System Wissenschaft, tragen das Wissen und ihre Qualifikation in die Wirtschaft. Je radikaler die Neuerung, desto stärker ist ihre Durchsetzung auf A(-kademisches) Unternehmertum angewiesen. A-Unternehmer sind - viel mehr als früher - die Pioniere der neuen langen Wellen. In ihnen verbindet sich die Funktion des Erfindens, der Schaffung neuen, in der Wissenschaft erzeugten Wissens mit der Funktion des Durchführens neuer Kombinationen. Einen Haufen Geld in die Hand nehmen, Forschung machen, Eliteuniversitäten aufbauen, Wachstum entsteht daraus nicht. Wie erzeugen wir mit Forschung Wachstum?
Die alten Kondratieff-Wellen sind bei uns - nicht in China oder Indien - keine Wachstumsbringer. Es sind aber die Industrien dieser alten Wellen, in denen das Herz der deutschen Volkswirtschaft schlägt und die politisch das Sagen haben ("Autokanzler"). Bitkom als Ideengeber. Deutschland ist stark dort, wo nicht mehr viel passiert, oder immer weniger, in den Wellen, die ihre Wertschöpfungsenergie einbüßen. Wenn wir die Automobilindustrie als Zukunftsindustrie neu erfinden - wie auf dem Innovationsgipfel des Kanzlers, armes Deutschland. Wachstumsrate plus/minus Null (in China 2003: 87 Prozent)
Siemens & Co. sind stark bei erhaltender Neuerung, Deutschland schwimmt hier gut mit. Das Siemensmanagement ist hochklassig. Viele hochqualifizierte Mitarbeiter. Wie kommt es, dass dennoch per Saldo Arbeitsplätze verloren gehen und die asiatische Konkurrenz (Samsung und andere) auf der Überholspur an uns vorbeiziehen? Wie kommt es, dass sämtliche der jüngeren Basisinnovationen am Standort Deutschland vorbei gerauscht sind? Und das Vorbeirauschen geht weiter. Keine Innovationsinitiative wird daran etwas ändern, wenn sie nicht radikal neue Wege geht, die Quellen erschließt, aus denen allein Entwicklung und nachhaltige Steigerung von Wohlstand, privat und öffentlich resultiert: innovatives Unternehmertum, insbesondere in der Form neuer Unternehmen, insbesondere solchen, die in die Durchsetzung von Basisinnovationen investieren.
Wenn wir daher fragen, wer kreiert die neuen Wellen von Dynamik, Wohlstand und die neuen Arbeitsplätze, müssen wir aus dem herrschenden inputlogischen, marktallokativen und kontrollerdominierten Innovationsparadigma herausspringen. Wir erfinden Schumpeter und Kondratieff neu und fassen ihre Einsichten in zwei Aussagen zusammen, eine Doppelhypothese zur Entwicklungsdynamik von Volkswirtschaft und Region:
(1) Wir können nur mit neuen Industrien Wachstum erzeugen.
In der Regel heißt das auch:
(2) Wir können nur mit neuen Unternehmen Wachstum erzeugen.
Die neuen Industrien sind die Träger neuer Wellen. Basisinnovationen tragen aber auch dazu bei, die alten Produktzyklen länger am Leben zu erhalten (Elektronik und Computer - 4. und 5. Zyklus - im Auto; Nanomaterialien der 6. Welle im Flachbildschirm). Die jüngeren Basisinnovationen sind heute nicht nur wissensintensiv, vielmehr wissenschaftsintensiv. Und ihre Wissenschaftsintensität nimmt zu (siehe Abbildung).
Die Erzeugung neuer Industrien durch neue Unternehmen müsste somit auf die Förderung wissenschaftlich fundierten Unternehmertums ausgerichtet sein. Das reicht aber nicht. Sie müsste auch darauf zielen, die im System der Wissenschaft schlummernden unternehmerischen Potentiale zu entfalten helfen, ohne diejenigen Forscher, die auch einen unternehmerischen Weg gehen wollen, aus der Wissenschaft (den Universitäten, Forschungsstätten) zu vertreiben. In den USA geht das, in Israel, ganz langsam auch in Frankreich und Japan. Hierzulande: no way. Unternehmerische Schwarzarbeit im Wissenschaftssystem.
Die verborgenen Reichtümer der Universitäten
Hier liegt das Feld, auf dem Gerhard Schröder oder wer immer ihm eines Tages nachfolgt, ackern müsste. Eine radikale Neuorientierung der Kopplung von Wissenschaft und Wirtschaft. Wissenschaftsfundiertes Unternehmertum ist die Grundlage der neuen Wellen. Was wären Bio- und Nanotechnologie ohne Wissenschaft: nicht existent. Was wären Bio- und Nanotechnologie ohne akademisches Unternehmertum: fast nicht existent. Warum sind Bio- und Nano- und andere Träger der neuen (sechsten) Welle in Deutschland marginalisiert?
Auch die für Forschung (und Innovation) zuständige Ministerin erkennt2:"... in der Nanotechnologie sind wir weltweit an der zweiten Stelle der Forschung - exzellente Ergebnisse. Aber leider sind diese Forschungsergebnisse nicht immer konsequent, zügig und schnell in Produkte, in Prozessinnovationen oder in neue Organisationsstrukturen umgesetzt worden." Hierzu kann man sagen: Man spreche mit denen, die versuchen, was die Ministerin einfordert. Hindernisse über Hindernisse, auch errichtet von denen, die sich beklagen, dass es bei der Durchsetzung hapert.
Im Programm des Ministeriums Schwerpunkte der Innovationspolitik herrscht die Ressourcenökonomie: Mehr Input (Ausbildung, Forschung, Ganztagsschulen, Hochschulen) bringt mehr Innovation. Innovationssysteme operieren aber nicht auf der Grundlage von Input und Output. Sie arbeiten auf der Grundlage von unternehmerischer Energie.
Nanu Nano: Schon wieder abgehängt?
Der erste Nobelpreisträger der Medizin überhaupt, Emil von Behring, ging diesen Weg. Er gründete die Behringwerke um seine Wissenschaft ins Volk zu tragen. Aristoteles, Leibniz, Kant, unserer größten Denker - entrepreneure. Und welcher Hochschulbeamte hat eigentlich die Bayer AG gegründet?
Die Verbindung von Forscher- und Unternehmergeist liegt nicht nur in der Persönlichkeit dieser Menschen begründet, es ist auch ein funktionaler Imperativ. Die Ã-konomie der Innovation in der Wissensgesellschaft kann nur auf diese Weise produktiv arbeiten. Wissen + Unternehmertum = unternehmerische Wissensgesellschaft, ein Typus von System, der vor unseren Augen evolviert, der hierzulande aber nicht entstehen darf. Die Politik will es nicht, die in Ideen und Wissen verliebte Wissenschaft sieht es nicht, und die Wirtschaft (die bestehenden, auf erhaltende Innovationen ausgerichteten Unternehmen) können es nicht. Wir laufen in die Falle disruptiver Innovation, gleichzeitig ausgehebelt von Technologieführern und Nachzüglern aus Asien, die gleichzeitig mehrere Basisinnovationen nachholen.
Hier liegt des Pudels Kern - in Deutschland, eine unheilsame Allianz von Regulation, Bürokratie und idealistischer Konstruktion reiner Wissenschaft. Hedonisten regulieren Nicht-Hedonisten. Die Produktion von Elfenbein lässt seine Produzenten sterben. Auch im System Wissenschaft. Sie blockiert die Nutzung von Wissen und Kompetenz, die in Deutschlands Forschungsstätten immer noch reichhaltig vorhanden sind, aber nicht den Weg in die Neukombination finden. Noch so viel Forschungsförderung, Spitzenfakultäten usf. können die Lücke zwischen Wissen und Tun nicht überbrücken. Die Welt wird uns danken für all die schöne Forschung. Der Chinese im deutschen Labor kehrt irgendwann heim und setzt um, was seinen deutschen Kollegen verwehrt ist. Wissen für die Welt, die Stagnation bleibt hier.
Wer überwindet die Lücke? Der Markt? Die Wissenschaft? Staat und Regierung? Siemens & Co? Berger & Co? Wir sehen nur eine Antwort: Unternehmertum. Wie überbrückt der Unternehmer die Lücke? Durch seine Energie, gespeist aus Können, Wollen und Dürfen.
Wenn Gerhard Schröder, oder wer auch immer, die deutsche Wissenschaft fördern und die deutsche Wirtschaft energetisieren will, müsste er - unverzichtbar für die Schaffung neuer Werte -, denen, die forschen, auch die Freiheit geben, aus den Forschungsstätten heraus, ihr Wissen in Innovationen durchzusetzen. Wissenschaft und Wirtschaft koppeln sich durch akademisches Unternehmertum, unternehmerische Hochleistungsforscher. Der Reformer müsste weitermachen, wo Stein und Hardenberg, die dem Bauernlegen ein Ende bereiteten, aufhörten.
Das Wesentliche und eigentlich sogar Einzige, was zu tun wäre: die radikale Befreiung der Universitäten und Forschungseinrichtungen von staatlicher Bevormundung. Befreiung des Selbstentfaltungspotentials von Besserwissen, Regulation und Hedonismus Mao Tsetung:"Lasst tausend Blumen blühen." Freiheit für unternehmerisches Experimentieren und eine nachträgliche Legalisierung der erfolgreichen Experimente. Voraus laufendes Recht in der unternehmerischen Wissensgesellschaft entmündigt Innovation.
Der Kanzler müsste den vielen Liliputanern in die Zügel fallen, die das Innovationssystem fest verschnürt am Boden halten. Ein gefesselter Riese, seine Glieder vermag er kaum noch zu benutzen, der Kreislauf der Innovation in seinen Adern wird schwächer und schwächer. Befreien wir, wie bei Gulliver, die Innovatoren aus Wissenschaft und Wirtschaft von den vielen kleinen Fesseln.
Gewerbefreiheit für den forschenden Unternehmer. Freiräume schaffen, nicht nur für Forschung, inklusive der Grundlagen, auch für diejenigen, welche die unternehmerische Energie mitbringen, in Wertschöpfung umzusetzen, was sie erforscht haben. Diese Lösung ist billig. Sie kostet fast nichts, außer Mut, Vision und Energie.
Was sich nicht ändert, passiert nicht. Was nicht passiert, spielt keine Rolle. Und was keine Rolle spielt ist, ein ernsthaftes Problem, weil es keinen zusätzlichen Wert schafft. Man wird viele heilige Kühe schlachten müssen, um eine wirksame Innovationsinitiative auf den Weg zu bringen.
<ul> ~ Telepolis</ul>

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