- Genforschung: es gibt kein Halten - zani, 21.02.2004, 10:07
Genforschung: es gibt kein Halten
-->Guten Morgen
Während hierzugegen Kommissionen 'ethisches' Erwägen betreiben, über Probleme, die die Technik schon wieder weitergetrieben und verlassen hat, treiben weltweit Laboratorien ungehemmt ihre Projekte vorwärts.
Den Geist, den man rief, und die Flasche, woraus und wohin viele ihn zurückwünschen, hält keiner auf.
ftd.de, Sa, 21.2.2004, 8:00
Genforschung ohne Grenzen
Von Christiane Kühl, Peking
In der Genforschung holen asiatische Wissenschaftler auf. In ihren Ländern gibt es kaum ethische Bedenken gegen das therapeutische Klonen.
Laborantinnen schießen an steril verglasten Arbeitstischen mit der Pipette Zellkulturen in kleine Röhrchen. Unscheinbarer Alltag im modernen Stammzellenzentrum der Pekinger Universität."Wir erforschen unter anderem den Mechanismus der Ausdifferenzierung von Stammzellen in bestimmte Gewebezellen", sagt Institutschef Li Lingsong. Außerdem will er mit Hilfe neuronaler Stammzellen Diabetes oder degenerative Krankheiten wie Parkinson heilen - und natürlich eigene embryonale Stammzelllinien züchten.
Li ist nicht allein. Inzwischen wird in China und anderen Ländern Asiens ein großer Teil der weltweiten Stammzellenforschung betrieben. In der vergangenen Woche berichtete das US-Wissenschaftsmagazin"Science" über den Erfolg eines koreanischen Teams beim Klonen menschlicher Embryos zur Stammzellengewinnung. Anders als viele westliche Länder tolerieren Asiens Regierungen nicht nur diese Forschung, sondern fördern sie sogar. Gesetze sind entweder liberal oder fehlen ganz.
Günstige Bedingungen, um die Forschung unbehindert voranzutreiben. So verfügte Südkorea als erstes Land weltweit über embryonale Stammzelllinien und konnte diese kommerziell anbieten."Neben Südkorea haben vor allem China und Singapur große Fortschritte erzielt", sagt Peter Dröge, der an der School for Biological Sciences der Nanyang Technical University in Singapur nach sicheren Verfahren zur Gentherapie mit manipulierten Stammzellen forscht.
China setzt zum überholen an
Chinesische Mediziner transplantieren zur Heilung von Herzproblemen adulte Stammzellen aus dem Rückenmark. Mehrere Nabelschnurbanken halten Material für adulte Stammzellen bereit. Es gibt ein Dutzend Spitzenlabors, deren Ausstattung mit der westlicher Einrichtungen mithalten kann. Und China setzt zum Überholen an:"Gerade in der Stammzellenforschung sehen Chinas Forscher wegen der Restriktionen im Westen die Chance, einen Vorsprung herauszuholen - und die nutzen sie", sagt ein westlicher Experte.
Die Fortpflanzungsmedizinerin Lu Guangxiu im südchinesischen Changsha hat nach eigenen Angaben bereits vor gut zwei Jahren ähnlich wie die Koreaner durch Klonen von Embryos Stammzelllinien gewonnen. Lu gelte in Fachkreisen als integer, sagt Ole Döring von der Forschergruppe"Kulturübergreifende Bioethik" in Bochum. Doch ihre Erkenntnisse, obwohl beim britischen Fachmagazin"Nature" eingereicht, wurden im Westen noch nicht publiziert. Es gebe eine Diskrepanz zwischen"der tatsächlichen wissenschaftlichen Forschung in China und deren Anerkennung in internationalen Fachmagazinen", so Döring.
Das Misstrauen westlicher Kollegen sitzt tief - auf Grund der Sprachbarriere und einzelner Experimente, die in Forscherkreisen für Aufsehen sorgen. 2002 hatten amerikanische und chinesische Mediziner im südchinesischen Kanton einer Frau die mit Sperma ihres Mannes befruchtete Eizelle entkernt. Der Kern wurde in das Ei einer Spenderin verpflanzt und die daraus entstehenden Embryos der Frau wieder eingesetzt. Die Föten starben im Mutterleib. Sie hätten drei Eltern gehabt, sagen Kritiker.
Großbritannien als Vorbild
Die chinesische Regierung verbot Ende der 90er Jahre in einem Erlass das Klonen von Menschen, weiter reichende Vorschriften gibt es bislang nicht. Inzwischen sehe Peking aber klare Regeln und ethische Grundsätze als strategischen Vorteil auf dem internationalen Markt, so Ole Döring. Auch die Forscher wollen Regeln - aber möglichst liberale."Wir neigen dem Modell Großbritanniens zu", sagt Li Lingsong. Die Briten erlauben therapeutisches Klonen, bei dem Stammzellen gewonnen werden.
In der Klondebatte der Vereinten Nationen im Oktober stand China wie Singapur auf der Seite der Gegner eines totalen Klonverbots. Verschiedene Länder hätten unterschiedliche ethische Traditionen und Ansichten zur Entstehung des Lebens, lautete das Argument der Chinesen:"Einheitlichkeit zu erzwingen ist weder nötig noch möglich."
Singapur erlaubt in einem neuen Gesetz, das dieses Jahr in Kraft treten soll, die Verwendung von bis zu 14 Tage alten Embryos zur Stammzellenproduktion und das therapeutische Klonen zu Forschungszwecken. Das therapeutische Klonen werde aber strikten Regeln unterworfen, versichert Tan Chorh Chuan, Direktor für medizinische Dienste im Gesundheitsministerium. Die Züchtung von Klonmenschen wird verboten und mit Haft bestraft.
Singapurs Regierung treibt die Entwicklung des Stadtstaats zum Biotech- und Biomedizin-Mekka voran. Über vier Jahre steckt sie 4 Mrd. Singapur-Dollar (1,86 Mrd. Euro) in Institute, Forschung und Steuernachlässe für Startups. Im Oktober wurde der 500 Mio. Singapur-Dollar teure Forschungskomplex"Biopolis" eröffnet. Embryonale Stammzellen gehören zu den Schwerpunkten der Forschung. Ein großer Teil der Förderung fließe künftig in dieses Feld, erklärt Hwai-Loong Kong, Direktor der staatlichen Wissenschaftsagentur Biomedical Research Council.
Singapur lockt ausländische Forscher
Mit nur vier Millionen Einwohnern bringt der Stadtstaat aber bisher nicht genug eigene Forscher hervor. Stipendienprogramme sollen helfen, zudem lockt Singapur ausländische Experten wie Peter Dröge mit hochmodernen Anlagen und seinem liberalen Umfeld. Nicht jeder wolle in einer unbekannten Kultur arbeiten, sagt der deutsche Wissenschaftler - es sei daher nicht einfach, gute Leute zu bekommen.
Immerhin forschen bereits Ariff Bongso, der 2002 als Erster menschliche Stammzellen ohne die Verwendung tierischer Zellen züchtete, und Alan Colman, Schöpfer des Klonschafes Dolly, in Singapur. Colman ist Chefforscher des Startups EC-Cell International, das embryonale Stammzellen in insulinproduzierende Zellen für Diabetiker umwandeln will.
"Das Tempo hier ist beeindruckend", sagt Forscher Dröge. Doch ob die Biomed-Kampagne Erfolg hat, wird nach seiner Ansicht auch davon abhängen,"ob es Singapur gelingt, ausländische Forscher rund 5 Jahre zu halten - so lange, wie ein Forschungsprojekt etwa dauert".
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