- Bücher: Von 'einer der übelsten Schurkenregierung auf der Erde' - zani, 27.02.2004, 13:48
- auch wenn Mankiw vermutlich seine Seele an die Neos verkauft hat - kingsolomon, 27.02.2004, 14:01
- kann ich nur zustimmen - EM-financial, 27.02.2004, 15:24
- auch wenn Mankiw vermutlich seine Seele an die Neos verkauft hat - kingsolomon, 27.02.2004, 14:01
Bücher: Von 'einer der übelsten Schurkenregierung auf der Erde'
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(von www.feldpolitik.de)
RP
Ã-KONOMIE / Joseph E. Stiglitz und Paul Krugman klagen über Mauscheleien in der amerikanischen Politik
Mr. President vor dem Kadi
Amerikas Koryphäen der Wirtschaftswissenschaften lassen keinen Zweifel: Bill Clinton und George W. Bush haben ihrem Land ökonomisch geschadet.
RICHTERSTUHL: Ist die amerikanische Wirtschaftspolitik mittlerweile ein Fall für die Justiz? Foto: TIB
Autor: STEFAN DEGES
Gregory Mankiw ist einer dieser brillanten Wissenschaftler mit der seltenen Gabe, wirtschaftliche Zusammenhänge auf den Punkt zu bringen. „Langfristig ist es von Vorteil, wenn Jobs aus den USA in Billigländer abwandern“, teilte der erste wirtschaftliche Berater von George W. Bush vor wenigen Tagen einer verblüfften Journalistenschar im Weißen Haus mit.
Das Echo dürfte Mankiw nicht überrascht haben, zumindest wenn er Paul Krugmans neues Buch „Der große Ausverkauf“ gelesen hat. Darin behauptet der Ã-konom der Princeton University nämlich, dass Bush besser nicht mit wirtschaftlicher Logik belastet werden sollte. Mankiw musste sich auf Geheiß des Präsidenten tags darauf erneut an die Presse wenden, um seine Aussage zu revidieren.
Es ist Wahlkampf in Amerika, und Bush fürchtet hinter jedem verlorenen Job eine verlorene Wählerstimme. Um drei Millionen sank die Zahl der Stellen in den USA, seit der Texaner das Kommando in Washington übernommen hat. Dass die angeblich liberale Bush-Philosophie, die im Kern auf Steuersenkungen für Reiche gründet, nicht funktioniert, will der Präsident natürlich nicht eingestehen. Nicht wirtschaftliche Vernunft präge die Politik des Weißen Hauses, sondern Mauscheleien, Vetternwirtschaft und Inkompetenz. „Wir haben es im demokratischen Amerika mit einer der übelsten,Schurkenregierungen‘ dieser Erde zu tun“, meint Krugman.
Das klingt vertraut, spätestens seit Dokumentarfilmer Michael Moore die USA unter Bush mit einer Bananenrepublik gleichzusetzen sucht. Doch Krugmans Buch schießt nicht nur polemisch gegen die US-Regierenden. „Der große Ausverkauf“ ist die Klageschrift eines (im amerikanischen Sinne) Sozialdemokraten in einem Indizienprozess gegen George W. Bush und dessen Adlatus Dick Cheney. Der Kläger wähnt sich mitten in einer Revolution. „Ich spreche natürlich von den radikalen Rechten in unserem Land - einer Bewegung, die inzwischen fast alles in ihren Fängen hat: das Weiße Haus, den Kongress, einen Großteil der Justiz und einen Großteil der Medien.“
Am Anfang des Buches steht die brisante These, das Weiße Haus decke illlegale Praktiken, indem es Regeln erlasse, die die Unternehmen jeglicher Kontrolle entziehen. Krugman beginnt die Beweisführung, indem er das Energieprogramm dokumentiert, das Ex-Energiemanager und Vizepräsident Cheney aufgestellt hatte, nachdem ihm die betroffenen Stromkonzerne den Inhalt diktiert hatten. Ein weiteres Indiz für Mauscheleien um den ersten Mann im Staate: Das Verfahren wegen Insiderhandels gegen George Bush wurde eingestellt, obwohl die Aufsichtsbehörde ein Vergehen attestiert hatte.
Suche nach dem Mittelweg
Als Zeugen führt Krugman sich selbst an: Eine Sammlung von Kommentaren, die er während der vergangenen drei Jahre in der „New York Times“ veröffentlicht hat, macht das Gros des Buches aus. In diesen Artikeln schält Krugman die Wirtschaftspolitik Bushs wie eine Zwiebel, indem er jede fiskal- und industriepolitische Entscheidung Bushs infrage stellt. Beispiel Steuerpolitik: Der Präsident hatte in einem Fernsehinterview angekündigt, 1,3 Milliarden Dollar Steuereinnahmen wieder an die Bürger zurückzuzahlen. Das entspräche einem Viertel des amerikanischen Haushaltsüberschusses von 4,6 Milliarden Dollar. Hoppla, dachte Krugman, 1,3 mal vier sind also 4,6?
Krugmans Denken ist seit je bestimmt vom Zweifel an den freien Märkten. Als er seine wissenschaftliche Laufbahn beginnt, bricht gerade der allgemeine Glaube an die keynesianische Wirtschaftssteuerung zusammen. Erstmals nach dem Krieg ebbt das Wachstum ab, Arbeitslosigkeit und Inflation steigen drastisch an. Doch auch das Alternativprogramm der Marktliberalen löst die Probleme nicht. Ihre Rezepte erhöhen vielmehr die soziale Ungleichheit in den USA. Krugman sucht dagegen seit drei Jahrzehnten nach einem Mittelweg zwischen Marktwirtschaft und staatlicher Kontrolle. Es darf also nicht überraschen, dass der Ã-konom, den viele als Anwärter auf den Nobelpreis sehen, das mittlerweile katastrophale Haushaltsdefizit der USA bereits prognostizierte, als sie gerade erst begannen, Steuersenkungen mit der Entfesselung der Märkte zu begründen. Ebenso warnte Krugman bereits 1999 davor, dass die Aktienblase bald platzen würde.
Joseph E. Stiglitz hat sich noch vor Krugman als der Vertreter des Mittelweges zwischen Markt und Staat einen Namen gemacht. Den Nobelpreis erhielt Stiglitz vor drei Jahren, weil er in vielen theoretischen Arbeiten nachwies, dass Märkte schon darum nicht effizient sein können, weil nicht jeder über die gleichen Informationen verfüge. Bereits 2001 hat er diese Erkenntnisse in dem Buch „Schatten der Globalisierung“ zusammengefasst, das sich schnell zur Bibel der Globalisierungsgegner entwickelte. Damals machte er Stanley Fisher, den stellvertretenden Direktor des Internationalen Währungsfonds, für die falsche, undifferenziert auf Liberalisierung setzende Politik des Fonds verantwortlich.
In seinem neuen Buch „Die Roaring Nineties“ kritisiert der ehemalige Chefvolkswirt der Weltbank die Wirtschaftspolitik des Bush-Vorgängers Bill Clinton. Wie Krugman prangert auch Stiglitz die Glorifizierung des Notenbankpräsidenten Alan Greenspan an. Und auch am amerikanischen Bilanzierungsrecht nimmt er Anstoß, weil es falsche Anreize setze und Interessenkonflikte fördere.
Mangelnde Prinzipientreue
Hauptsächlich aber moniert Stiglitz, dass sich die Vereinigten Staaten im Ausland für Rezepte eingesetzt hätten, die sich grundlegend von dem unterschieden, was im Inland praktiziert wurde. So riet man anderen Ländern, die Rentenversicherung zu privatisieren, während die USA das staatliche System ausbauten. Bei drohenden Firmenpleiten verlangte Washington vom Ausland, dass amerikanische Investoren schnell ausgezahlt werden sollten. In den USA dagegen schützt das Insolvenzrecht angeschlagene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger.
„Die schlimmsten all der Fehler, die wir in den Roaring Nineties machten, gehen auf das Konto unserer mangelnden Prinzipientreue“, sagt Stiglitz heute. Doch was als Selbstkritik eines Starökonomen daherkommt, der acht Jahre lang Bill Clintons beraten hatte, ist in Wahrheit eine nachträgliche Schuldzuweiseung an die Adresse Robert Rubins. Der Finanzminister habe schon in der Ära Clinton zu sehr die Interessen von Wall Street im Auge gehabt. Eines gilt für Stiglitz und Krugman gleichermaßen: Ihre wirtschaftswissenschaftliche Brillanz lässt sich leider nicht auf die Betrachtung (partei-)politischer Vorgänge übertragen.
- Paul Krugman: Der große Ausverkauf. Wie die Bush-Regierung Amerika ruiniert. Campus Verlag, Frankfurt 2004. 272 Seiten, 21,90 EUR.
- Joseph E. Stiglitz: Die Roaring Nineties. Der entzauberte Boom. Siedler Verlag, Berlin 2004. 348 Seiten, 24 EUR.
<ul> ~ Schurkenregierung</ul>

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