- The Daily Reckoning - Do Deficits Matter? (Dan Denning) - Firmian, 28.02.2004, 11:23
- Dt. Fassung - Firmian, 28.02.2004, 11:31
Dt. Fassung
-->Flugbekanntschaften
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
"Entschuldigen Sie... ich konnte nicht anders, ich habe Ihr Gespräch
mitgehört... glauben Sie wirklich, dass sich die Lage am Arbeitsmarkt
verbessern wird? Ich meine... wirklich?"
"Der geringere der beiden Pariser Korrespondenten des Investor's Daily
befand sich beim gestrigen Flug von Paris nach Boston in einem
zufälligen Gespräch..."
So beginnt eine Email, die mir mein Kollege Addison Wiggin geschrieben
hat. Während er im Flugzeug saß, fand er heraus, dass er per Zufall
neben einem Volkswirtschaftslehre-Professor aus Harvard platziert
worden war... der sagte, dass er ein Freund des Fed-Gouverneurs Ben
Bernanke sei... und ein Nachbar des ehemaligen Chef-Volkswirts des
IWF, Ken Rogoff... und dass sein Büro direkt gegenüber dem Büro des
Wirtschaftsberaters des Präsidenten, Greg Mankiw, sei.
Wir werden wahrscheinlich nächsten Montag mehr über diese zufällige
Bekanntschaft von Addison hören. Und da ich selbst jetzt bald
losfliege, da ich Nicaragua wieder verlasse, gebe ich direkt weiter an
Eric Fry... unseren Mann in New York, dieser derzeit recht kalten
Stadt.
Eric?
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Freitag, 27. Februar 2004
Vorwarnung
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Vater Greenspan hat am Mittwoch in den Hallen des US-Kongresses eine
inspirierende Moralpredigt gehalten. Er forderte eine makellose
Wirtschaft, er pries deren zahlreiche Stärken, während er ihre
entschuldbaren Sünden wie die anhaltend unbefriedigende Lage am
Arbeitsmarkt ignorierte...
Er warnte allerdings vor dem Bösen in Form von großen
Haushaltsdefiziten."Wie Sie alle wissen", so Greenspan,"hat sich
beim Staatshaushalt nach einer kurzen Periode der Überschüsse gegen
Ende des Jahrtausends wieder ein Defizit eingestellt... Eine Zeitlang
war die fiskalische Stimulierung, die die größeren Defizite brachten,
hilfreich, um die schwache Wirtschaft anzukurbeln", so der
Fed-Vorsitzende. Aber die Defizite müssten wieder sinken
"Heute haben Pläne, die die zukünftigen Defizite verringern würden,
nur schwache Unterstützung", bemerkte er,"und viele Analysten machen
sich zunehmend Sorgen darüber, dass sich (...) die politische
Hinwendung zu den roten Zahlen wieder einmal zementieren wird."
Amen!
Aber Greenspan verweilte nicht lange bei den negativen Punkten. Er kam
in den US-Kongress, um eine Botschaft des Siegs und der Hoffnung zu
vermitteln. Er verkündete:"Die US-Wirtschaft scheint den Wechsel von
einer Periode des unterdurchschnittlichen Wachstums hin zu einer
Periode mit kräftigerem Wachstum geschafft zu haben. Das reale
Bruttoinlandsprodukt wuchs in der zweiten Jahreshälfte des letzten
Jahres stark, angefeuert durch den bedeutenden Ausgabenzuwachs der
privaten Haushalte, die starken Investitionen der Unternehmen und dem
starken Rebound bei den Exporten... insgesamt hat die Wirtschaft
zuletzt beeindruckende Zuwächse beim Output und bei den realen
Einkommen produziert, obwohl die Erfolge bei der Schaffung von
Arbeitsplätzen begrenzt waren. Die jüngsten Indikatoren zeigen, dass
die Wirtschaft im Jahr 2004 einen starken Start hatte, und die
Aussichten dafür, dass die Expansion in der Periode vor uns nachhaltig
sein wird, sind gut."
Diese frohe Botschaft von Greenspan ließ auch den Dollar weiter
steigen, der bereits wegen Gerüchten über eine mögliche Zinssenkung
der Europäischen Zentralbank schon auf dem Vormarsch war. Ich wäre
nicht überrascht, wenn die derzeitige Dollar-Erholung noch ein
bisschen weiterlaufen würde... aber diese göttliche Inspiration des
Dollars ist bestenfalls temporär.
Die Erholung des Dollars geht übrigens Hand in Hand mit einer
Abschwächung beim Goldpreis. Der Goldpreis notiert derzeit signifikant
unter 395 Dollar.
In einer Welt ohne Makel, in der makroökonomische Ungleichgewichte
nicht zählen, da ist Gold irrelevant. Wenn es keine Dämonen, böse
Geister oder bevorstehende finanzielle Desaster gibt, warum sollte man
sich dann mit einem Relikt wie Gold abgeben... besonders dann, wenn
die Relikte bei der Fed darauf bestehen, dass die Inflation nicht
existiert?
Ungeachtet der Unfähigkeit Greenspans, inflationären Druck in der
Wirtschaft zu bemerken, habe ich sehr wohl etwas entdeckt, das zu
Druck auf die Inflationsrate führen könnte. Der Erdölpreis (für
Lieferung im April) ist auf rund 35,70 Dollar gestiegen - den höchsten
Stand seit fast einem Jahr.
Und ein bisschen Inflation scheint es auch bei den Halbleiter-Aktien
zu geben. Ein amerikanischer Halbleiteraktien-Fonds (Reuterskürzel:
SMH) hat sich in den letzten 12 Monaten verdoppelt, am Mittwoch ging
es weitere 1,5 % aufwärts. Aber potenzielle Käufer dieses Fonds
sollten wissen, dass sich darin eine Menge heiße Luft befindet. Das
durchschnittliche KGV der 10 größten Positionen liegt bei heftigen
82,4. Und der Options-Profi Jay Shartsis hat Folgendes beobachtet:
"Die Unternehmensinsider bei diesen 10 Firmen haben in den letzten 6
Monaten insgesamt 239 Mal Aktien ihres eigenen Unternehmens verkauft,
und nur 3 Mal gekauft... aber das scheint die Analysten der Wall
Street nicht zu kümmern, denn 51,2 % der Empfehlungen für diesen Fonds
lauten"Kaufen", und nur 6 % empfehlen den Verkauf (ich nehme an, dass
der Rest ein"Halten" empfiehlt).
Die Wall Street liebt solche Aktien. Betrachten Sie dies als
Vorwarnung.
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Freitag, 27. Februar 2004
Ungewöhnlich: Greenspan mit vernünftigen Forderungen
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
*** Was ist los mit"Vater Greenspan", wie unser New Yorker
Korrespondent ihn genannt hat? Er hat wirklich gefordert, dass die
amerikanischen Haushaltsdefizite zurückgefahren werden sollten. Ich
bin überrascht, so vernünftige Forderungen von ihm zu hören.
Natürlich gibt es in den USA keine Wählerschaft für einen
ausgeglichenen Haushalt. Aber zumindest sieht es so aus, als ob es
etwas Licht an der Spitze dieses Staates gibt.
Ach... was denke ich denn da... das wäre doch zuviel gehofft!
*** Da ich heute etwas in Eile bin, da ich von Nicaragua zurück nach
Paris reise, direkt zum nächsten Beitrag:
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Freitag, 27. Februar 2004
Ayn Rand, Bill Bonner und das Gold
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Gestern hatte ich darüber geschrieben, wie Alan Greenspan in den
1970ern zu einem verschworenen Zirkel um Ayn Rand geraten war. Als er
dann zur Fed wechselte, wurde Ayn Rand von einem Journalisten gefragt:
"Ist Alan Greenspan zum Feind übergelaufen?"
"Alan ist mein Schüler", war ihre Antwort,"Er ist mein Mann in
Washington." Würde es"ihrem Mann" auch gelingen, Washington auf die
Linie ihrer libertären wirtschaftlichen Vorstellungen einzuschwören?
Das wollte irgendjemand wissen. Die rationalste Frau der Welt gestand,
dass das wohl einige Zeit in Anspruch nehmen würde.
Greenspan hatte sich während seiner Vorstellungen und Anhörungen nicht
selbst verleugnet. Er hatte den Prüfern seine Überzeugungen offen
dargelegt. Als Libertärer war er der Auffassung, dass der Staat die
Wahrnehmung seiner Aufgaben auf das Wesentliche beschränken solle. Als
konservativer Ã-konom glaubte er zudem, dass die Staatsverschuldung zum
damaligen Zeitpunkt für den überwiegenden Anteil (80 bis 90 %) der
Inflation verantwortlich zu machen war. Auch in punkto Gold vertrat
Greenspan seine eigene Meinung:
Greenspan schrieb damals, dass Vertreter verschiedenster ökonomischer
Couleur durch ihre gemeinsame, fast hysterische Ablehnung des
Gold-Standards zusammengehalten wurden. In seiner Schrift"Die
Objektivierung verschiedenster Überzeugungen", die im Rahmen einer
Publikations-Reihe von Ayn Rand herausgegeben wurde, äußerte sich der
später berühmteste Zentral-Banker der Welt so:"Viele nehmen an, dass
Gold und ökonomische Freiheit unteilbar sind. Sie meinen, dass der
Gold-Standard dabei im Rahmen des"Laissez-Faire" zu einem
wesentlichen Instrument genau dieser ökonomischen Freiheit wird, oder
sich Beides sogar gegenseitig bedingt."
"Gold und ökonomische Freiheit" war auch in den 1960ern immer noch
Greenspans Lieblingsthema: Geld ist der gemeinsame Nenner aller
Tauschgeschäfte. Rohstoffe dienen dabei als allseits anerkannte
Vermittler in einer Tauschgesellschaft. Sie können deshalb als
Wertmaßstab und als Wertaufbewahrungsmittel - also zum Sparen -
benutzt werden. Die Existenz eines solchen Rohstoffs ist eine
Voraussetzung für die Entstehung einer arbeitsteiligen Gesellschaft.
Hätte die Menschheit keinen Rohstoff, der als objektiver, allseits
akzeptierter Wertmaßstab fungieren könnte und deshalb generell als
Zahlungsmittel akzeptiert wird, dann müsste die Menschheit auf
primitiven Tauschhandel oder auf rudimentäre Formen der
Subsistenzwirtschaft zurückgreifen. Die unschätzbaren Vorteile der
Spezialisierung würden ganz einfach entfallen. Hätten Menschen kein
Wertaufbewahrungsmittel und könnten deshalb nicht sparen, dann gäbe es
keine langfristigen Pläne und keinen reibungslosen Tausch.
Nach einer ausführlichen Diskussion über die Grundzüge der
Geldwirtschaft zog Greenspan für die Objektivisten schließlich die
Schlussfolgerungen, die sie hören wollten: Ohne gültigen Gold-Standard
gäbe es keine Möglichkeit, Ersparnisse vor der Zerstörung durch die
Inflation zu schützen. Es gäbe überhaupt keinen sicheren Weg, Werte zu
wahren. Gäbe es ihn, dann würden Regierungen ihn für ungesetzlich
erklären, so wie das im Fall des Goldes geschehen ist. Wenn sich
beispielsweise alle Menschen dafür entscheiden würden, ihre
Bankeinlagen gegen Silber oder Kupfer oder ein anderes Gut
einzutauschen und daraufhin beschließen würden, Schecks nicht mehr als
gültiges Zahlungsmittel zu akzeptieren, dann würden Bankeinlagen ihre
Kaufkraft komplett einbüßen. Gleichzeitig würden die für das
Bankensystem geschaffenen Geldschöpfungsmöglichkeiten in Form von
Krediten völlig wertlos werden. Die Finanzpolitik eines
Wohlfahrtsstaates verlangt so von Vermögensbesitzern, dass sie sich
dem System schutzlos ausliefern.
Die Tiraden der Anhänger des Wohlfahrtsstaates gegen das Gold
enthüllen genau diese schäbige Wahrheit. Verschuldung ist nur ein
verhüllter Ausdruck der Konfiszierung von Vermögenswerten. Gold stellt
sich dieser heimtückischen Vorgehensweise in den Weg. Gold steht
stellvertretend für eine Bewahrung der Eigentumsrechte. Wenn man das
verstanden hat, ist es ganz einfach, die Ablehnung des Gold-Standards
zu verstehen.

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