- T. Lessing Preis: L. wĂŒrde im Grabe den Verstand beinahe verlieren - zani, 01.03.2004, 10:16
T. Lessing Preis: L. wĂŒrde im Grabe den Verstand beinahe verlieren
-->Guten Tag
Wenn Symphatisanten von chronisch raubmörderischen Regierungshandlungen einander auffeiern, bleibt die Wirklichkeit aussen vor.
Dankesrede von Ilka Schröder bei Verleihung des Theodor Lessing Preises
Ilka Schröder
Rede zur Verleihung des Theodor-Lessing-Preises fĂŒr aufklĂ€rerisches Handeln
am 25.09.2003 in Hannover
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Haben Sie herzlichen Dank fĂŒr Ihre Einladung und die Verleihung dieses Preises an mich. Sie haben mir fĂŒr mein Engagement gegen die EU-Politik im Nahen Osten und die indirekte Finanzierung antisemitischer Terror-Attacken einen Preis fĂŒr aufklĂ€rerisches Handeln verliehen. Lassen sie mich ein paar Worte ĂŒber die Grenzen der AufklĂ€rung sprechen.
Schnittlauch, meine Damen und Herren, hat mit Antisemitismus und Antizionismus eigentlich gar nichts zu tun. AuĂer wenn das reizvolle KĂŒchenkraut aus Israel kommt und in die EU eingefĂŒhrt werden soll. Dann kann dieses LauchgewĂ€chs Auslöser heftigster antizionistischer Hassattacken sein, und zum Beweis dafĂŒr werden, dass Israel absichtlich und aus Prinzip gegen das Völkerrecht, gegen abgeschlossene VertrĂ€ge und gegen Treu und Glauben verstöĂt â jedenfalls, wenn das EuropĂ€ische Parlament, wie vor zwei Wochen, ĂŒber das Assoziierungsabkommen mit Israel diskutiert.
Die Sache ist eigentlich recht einfach: Waren aus Israel unterliegen bei der Einfuhr in die EU, wie Waren aus vielen anderen LĂ€ndern auch, geringeren Zöllen. Das wurde in den 70er Jahren vereinbart, als die EuropĂ€ische Gemeinschaft noch ein treuer VerbĂŒndeter von USA und Israel war. Heute will man Israel destabilisieren und schwĂ€chen, um diesem Staat einen Frieden aufzuzwingen, der ihn wehrlos macht. Ein Mittel dazu können auch Zölle auf Schnittlauch sein â und auf anderes Obst und GemĂŒse. Zwischen Israel und der EU gibt es bekanntlich Meinungsverschiedenheiten darĂŒber, was die Grenzen von Israel sind, und was die Hauptstadt von Israel ist. Die EU betrachtet Gaza, Westbank und Ost-Jerusalem als PalĂ€stina, Israel hĂ€lt den Status fĂŒr völkerrechtlich ungeklĂ€rt, bis es einen endgĂŒltigen Friedensvertrag gibt. Die EU möchte Israel nun ihre Sicht aufzwingen, in dem sie Produkte aus den sog. âbesetzten Gebieten" und aus Ost-Jerusalem mit höheren Zöllen belegen will.
Allerdings nicht alle Produkte. Die EU will nur jene Produkte aus diesen Gebieten, die von Juden produziert werden, mit höheren Zöllen belegen, denn mit den PalÀstinensischen Autonomiegebieten hat die EU ja auch ein Zollabkommen.
WĂ€ren Sie vor drei Wochen in StraĂburg gewesen, Sie hĂ€tten angesichts der Debatten ĂŒber Israel nicht geglaubt, dass die EuropĂ€ische Union einer der gröĂte Finanziers des Kriegs gegen Israel ist. Es wĂ€re Ihnen unwahrscheinlich vorgekommen, dass europĂ€ische LĂ€nder SchulbĂŒcher mit antisemitischen Texten finanziert haben, und Sie hĂ€tten es fĂŒr ein GerĂŒcht gehalten, dass im EuropĂ€ischen Parlament eine Fotoausstellung ĂŒber den angeblichen âApartheidstaat" Israel stattgefunden hat - wĂ€hrend man ĂŒbrigens eine Ausstellung ĂŒber den tĂŒrkischen Völkermord an den Armeniern 1917 verboten hat, weil man befĂŒrchtete, sie sei zu kontrovers.
Der Gestus, mit dem Israel angeklagt wird, und zwar nicht nur der illegalen Einfuhr von Schnittlauch wegen, ist der des getĂ€uschten GutmĂŒtigen, der jetzt endgĂŒltig der Geduldsfaden gerissen ist. Man hat sich wirklich bemĂŒht, Israel seine Existenz zu verzeihen. Aber dieser Staat will einfach nicht aus Dankbarkeit fĂŒr dieses groĂzĂŒgige Entgegenkommen alle Waffen strecken und sich dem europĂ€ischen ProtegĂ© Arafat auf Gnade und Ungnade ergeben. Darum verlangt man im EuropĂ€ischen Parlament, welches glĂŒcklicherweise wenig zu sagen hat, die Aufhebung des Assoziierungsabkommens. Die Kommission ist da gelassener, sie treibt Handel mit Israel und finanziert den palĂ€stinensischen Krieg.
Nun gehört Heuchelei zur Politik dazu, insbesondere in der EuropĂ€ischen Union. Jeder weiĂ, dass wenn die Kommission eine Empfehlung fĂŒr âleichter zugĂ€ngliche, gerechtere und besser funktionierende Asylsysteme" vorlegt, es darum geht, die Opfer europĂ€ischen und amerikanischen Wirtschaftswachstums schneller in die Folterkeller der geschĂ€tzten Handelspartner zurĂŒckzutransportieren.
Und doch geht es um mehr, als nur um Heuchelei, wenn man sich das wachsende europĂ€ische Selbstbewusstsein gegen Israel und die USA ankuckt. Denn es sind nicht nur ein paar Vorder- und HinterbĂ€nkler im sowieso recht unwichtigen EuropĂ€ischen Parlament die gegen Israel hetzen; und Antizionismus ist auch nicht nur das Steckenpferd von AuĂenkommissar Christopher Patten. Das Wachsen des Antiamerikanismus und Antizionismus in Europa, die Zunahme antisemitischer Ăbergriffe in Europa zeigen, das wir es mit einem bedrohlichen BĂŒndnis von offizieller Politik und Massenstimmung zu tun haben. Dass in diesem BĂŒndnis linke Gesellschaftskritik zur Planke im europĂ€ischen Ticket verkommt, dass die Linke in den letzten zwei Jahren zum Backstage-Chor der EU-GroĂmachtpolitik wurde, das alles ist tragisch.
In einer Zeit, in der wieder einmal weltweit âdie Juden" an allem Schuld sein sollen, was der globalisierte Kapitalismus so anrichtet, ist das BĂŒndnis zwischen europĂ€ischem Antizionismus und arabischem Antisemitismus, das Israel zu destabilisieren und in letzter Konsequenz zu zerstören sucht, sehr bedrohlich. Dieses BĂŒndnis ist umso effektiver, als dass es die Emanzipation der EU von den USA begleitet.
Die EuropĂ€ische Union ist seit dem Oslo-Prozess einer der wichtigsten Geldgeber der PalĂ€stinensischen Autonomiebehörde. Als die ersten VorwĂŒrfe laut wurden, diese Mittel könnten benutzt worden sein, um der PA âSchwarze Kassen" zur Finanzierung ihres Kriegs gegen Israel zu schaffen, habe ich eine Initiative gestartet, einen Untersuchungsausschuss im EuropĂ€ischen Parlament einzurichten.
Dass die Hilfen der EuropĂ€ischen Union fĂŒr die PA nicht ordentlich ausgegeben wurden, ist im Parlament und in der Kommission ein offenes Geheimnis. Trotzdem gab es viel Widerstand dagegen, einen Untersuchungsausschuss einzurichten.
Das ist auch kein Wunder, wenn man sich die europÀische Politik in diesem Bereich ansieht.
Denn die EU ist bei diesem Krieg â und es ist ein Krieg gegen Israel, den die PA da fĂŒhrt â alles andere als ein neutraler Beobachter. Seit Beginn der 90er Jahre versucht die EU â basierend auf den hervorragenden Beziehungen, welche die BRD zu den meisten arabischen LĂ€ndern hatte und hat â in dieser Region eine Rolle zu spielen. Man kann sagen, das nach dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien 1999 der Friedensprozess im Nahen Osten das nĂ€chste Testfeld europĂ€ischer militĂ€rischer GroĂmachtambitionen ist. Das haben damals auch hellsichtige israelische Politiker schon wĂ€hrend des Bombardements von Belgrad prognostiziert. Die EU hat sich seit 1992 zur Schutzmacht der PalĂ€stinenser aufgeworfen. Dabei agiert die EU nicht nur als einheitlicher Staatenbund, auch verschiedene MitgliedslĂ€nder tun sich hervor â auf der Ebene diplomatischer Unfreundlichkeiten gegen Israel wie durch die direkte UnterstĂŒtzung palĂ€stinensischer Einrichtungen.
Nach auĂen hin erklĂ€ren die Einrichtungen der EuropĂ€ischen Union immer, dass sie â ganz ausgewogen â beide Seiten ermahnen wĂŒrden, doch wieder Frieden miteinander zu halten. Doch wer die Resolutionen liest, wer die Politik der EU verfolgt, der weiĂ, dass dem nicht so ist. Man muss nur einmal im Foyer des EP die Ausstellungen ĂŒber Israel und PalĂ€stina sehen, in denen Israel des Soziozids beschuldigt wird, und als Apartheid-Staat gebrandmarkt wirkt, um zu wissen, auf welcher Seite die EU steht. WĂ€hrend die israelische Seite immer wieder mit konkreten Forderungen konfrontiert und jeder Schritt Israels ausfĂŒhrlich kommentiert und kritisiert ist, wird von der PA immer nur abstrakt gefordert, alles mögliche gegen die Attentate zu tun. Man ist wirklich gegen Selbstmordattentate. Auch wenn sie von den Stellen, die man mit Geld versorgt, in Auftrag gegeben werden. VerstĂ€ndnis hat man aber selber sehr viel, und darum kann man Zweifel daran haben, dass die EU-Offiziellen bei Treffen mit ihren SchĂŒtzlingen von Hamas, Fatah und anderen Mörderbanden allzu lange auf dem Thema Selbstmordattentate insistierten.
Die propagandistische UnterstĂŒtzung wird durch die finanzielle ergĂ€nzt.
WÀhrend der letzten zwei Jahre (2000-2001) belief sich die tatsÀchlich gezahlte Gesamtsumme der EU-Hilfen in den PalÀstinensischen Gebieten auf mindestens 330 Millionen Euro.
An einem besonders frappanten Beispiel möchte ich Ihnen zeige, worin die EU-Politik besteht. Mit dem MEDA-Programms unterstĂŒtzt die EU die Mittelmeer-Anrainer-Staaten. Dieses Programm wurde plötzlich wichtig, als kurze Zeit nach dem Ausbruch der Al-Aqsa-Intifada Israel beschloss, bestimmte Steuern und Abgaben, die Israel bis dahin fĂŒr die PA eingezogen hatte, nicht weiter an die PA zu ĂŒbermitteln, sondern einzufrieren. Die israelische Regierung begrĂŒndete diesen Vertragsbruch damit, dass die PA mit ihren Geldern terroristische AktivitĂ€ten gegen Israel unterstĂŒtze. In dieser Situation beschlossen die EuropĂ€er nicht, wie man vermuten möchte, der Sache auf den Grund zu gehen, und zu ĂŒberprĂŒfen, ob solche VorwĂŒrfe an den EmpfĂ€nger von so viel europĂ€ischem Geld begrĂŒndet seien. Die VorwĂŒrfe wurden vielmehr pauschal als âisraelische Propaganda" abgetan. Ende des Jahres 2000 wurde der Beschluss gefĂ€llt, der PA kurzfristig 90 Millionen ĂąâÂŹ zusĂ€tzlich zur VerfĂŒgung zu stellen, allerdings unter Auflagen, unter anderem einer ordentlichen Kontrolle. Wiewohl die PA erklĂ€rte, diese Forderungen einhalten zu wollen, geschah eher das Gegenteil. Das hielt die EU-AuĂenminister im Juni 2001 aber nicht davon ab, der PA fortlaufend 10 Millionen Euro pro Monat per direkter Budgetzuzahlung zur VerfĂŒgung gestellt. Diese Direktzahlungen belaufen sich auf mehr als 10% des gesamten Budgets der PA.
Also, um es noch mal zu verdeutlichen: Israel sagt, es gibt kein Geld mehr, weil es befĂŒrchtet, dass dies fĂŒr antisemitische Terrorakte verwendet werden könnte â und die EU hat nichts Eiligeres zu tun, als genau in diese FinanzlĂŒcke zu springen und das Geld zur VerfĂŒgung zu stellen. Und zwar als direkte BudgetunterstĂŒtzung, d.h. als nicht-zweckgebundene, allgemeine UnterstĂŒtzung.
Die Reaktion der Kommission auf das Material, das die Israelis vorlegten, war â vorsichtig ausgedrĂŒckt â nicht sonderlich ĂŒberzeugend. Letztlich wiederholte der zustĂ€ndige Kommissar dauernd, es gĂ€be keine Anhaltspunkte fĂŒr die VorwĂŒrfe. Wenn er doch mal zu einem der vielen ânicht-existenten" Anhaltspunkte Stellung nahm, dann wich er allen konkreten VorwĂŒrfen aus, machte absurde Vergleiche, widerlegte VorwĂŒrfe, die niemand gemacht hatte, erlĂ€uterte technische Details, die mit der Angelegenheit nichts zu tun hatten â und dies mit der einschlĂ€fernden Beharrlichkeit einer tibetanischen GebetsmĂŒhle.
Wundert es Sie jetzt noch, dass das EuropĂ€ische Parlament nicht ernsthaft vorhat, zu ĂŒberprĂŒfen, ob die Gelder europĂ€ischer Steuerzahler benutzt worden sein könnten, um antisemitische MordanschlĂ€ge zu finanzieren? Man hat wirklich Wichtigeres zu tun. Ich sage nur: Schnittlauch.
Aber warum sollte die PalĂ€stinensische Autonomiebehörde ĂŒberhaupt Geldmittel fĂŒr antisemitische Terrorakte verwenden? Ein Blick auf die gesamtpolitische Situation kann das beantworten. Es ist mittlerweile durch eine FĂŒlle von Fakten erwiesen, dass die sogenannte Al-Aqsa-Intifada ein von der PA geplanter Krieg war, beruhend auf dem Beschluss, sich von dem Besuch Ariel Sharons auf dem Tempelberg provoziert fĂŒhlen zu wollen. Das Ziel des Kriegs war es, von Israel die GrĂŒndung eine palĂ€stinensischen Staates zu den Konditionen der PA zu erzwingen. Die PA hat fĂŒr ihren Krieg gegen Israel von der palĂ€stinensischen Gesellschaft keinen Widerstand, sondern vielmehr begeisterte Zustimmung erhalten hat. Das ist eine Folge davon, dass seit Mitte der 90er Jahre in den PAG und in allen anderen arabischen LĂ€ndern eine wahre Flut von antisemitischer Literatur erschienen ist, die reiĂenden Absatz fand. Darunter zum Beispiel die âProtokolle der Weisen von Zion", Fords Buch ĂŒber âdie internationalen Juden" oder Adolf Hitlers âMein Kampf". Partiell handelt es sich aber auch um höchst moderne Holocaust-Leugnungs-Literatur aus Europa und den USA, teilweise eigene Arbeiten von syrischen, saudi-arabischen, libanesischen oder palĂ€stinensischen Autoren. Unter diesen Autoren befinden sich hohe FunktionĂ€re der jeweiligen Regimes; antisemitische Hetzartikel finden sich in regierungsnahen Zeitungen; antisemitische Statements werden von offiziellen StudentenverbĂ€nden und angesehenen Professoren auf nationalen, pan-arabischen und internationalen Konferenzen formuliert. Die ganze Verbreitung dieser Literatur wĂ€re ohne die wohlwollende UnterstĂŒtzung oder mindestens stillschweigende Duldung des jeweiligen Staatsapparates, als auch der PA gar nicht möglich. Auch die neuen SchulbĂŒcher, von der PA produziert und von verschiedenen europĂ€ischen LĂ€ndern finanziert, sind nicht frei von antisemitischen Klischees.
Die geistige Mobilmachung gegen Israel hatte also schon lange vor dem September 2000 begonnen.
Wir wissen natĂŒrlich wenig ĂŒber die VorgĂ€nge in der palĂ€stinensischen Gesellschaft. Nicht nur wegen sprachlicher Barrieren, sondern auch, weil Oppositionelle und so genannte Kollaborateure durch Terror und EinschĂŒchterung zum Schweigen gebracht werden. Es scheint jedoch so, als ob der Antisemitismus Wurzeln im Nahen Osten geschlagen hat, dass ein eigenstĂ€ndiger arabischer Antisemitismus entstanden ist. Wir sollten uns darum nicht in der falschen Sicherheit wiegen, die antisemitische Welle in der arabischen Welt, sei nur eine kurzfristige BlĂŒte der Kriegspropaganda, die mit einer Entspannung der Situation wieder verschwinden wĂŒrde.
Es ist klar, dass bei der Verfolgung der Kriegsziele antisemitische Terrorakte eine groĂe Rolle spielen. Sie machen das Leben in Israel schwer ertrĂ€glich, sie fĂŒhren zu einem Ansteigen der Auswanderung und zu einem Sinken der Einwanderung. Im ĂŒbrigen können die Israelis tun und lassen, was sie wollen â fĂŒr ihre Gegner ist es immer nur Ausdruck des"zionistischen Imperialismus".
Das Ziel dieses Kriegs gegen Israel ist die Destabilisierung der israelischen Gesellschaft, die SchwĂ€chung Israels als militĂ€rischer und politischer Faktor und letztendlich die Zerstörung Israels. Die AnschlĂ€ge auf Israelis werden nicht nur von oppositionellen KrĂ€ften in den PAG verĂŒbt, sondern von Brigaden, die der Fatah nahe stehen. Sie werden logistisch und militĂ€risch von Polizei- und Geheimdienstapparaten der PA unterstĂŒtzt, es werden von Israel als âTerroristen" gesuchte Leute auf die Gehaltsliste der PA gesetzt. Nun gibt es, um es einmal polemisch zuzuspitzen, einen Wettbewerb in Sachen Mord und Totschlag: Zwischen den Brigaden, die der PA nahe stehen auf der einer und jenen Einheiten, die von Syrien, dem Iran und bis vor Kurzem dem Irak bezahlt wurden auf der anderen Seite. Diese Konkurrenz findet natĂŒrlich auch auf finanziellem Gebiet statt. Wer zahlt, bestimmt die Melodie. Die PA hat noch ein paar zusĂ€tzliche Nachteile, die sie ausgleichen muss, will sie nicht die Kontrolle verlieren: Ihre Doppelstrategie, AnschlĂ€ge zu verĂŒben und mit Israel ĂŒber ein Ende des Terrors zu verhandeln, könnte in den Augen der antisemitisch verhetzten Bevölkerung wie Verrat an der palĂ€stinensischen Sache wirken. AuĂerdem muss die PA auch von ihrer Verantwortlichkeit fĂŒr die LebensumstĂ€nde in den PAG ablenken.
Sie werden mir die AusfĂŒhrlichkeit verzeihen, aber ich denke, dass ohne diesen Kontext nur schwer zu verstehen wĂ€re, warum der â so gut wie bewiesene â Vorwurf von âSchwarzen Kassen" der PA fast automatisch zur der Vermutung fĂŒhrt, dass aus diesem Schattenhaushalt AnschlĂ€ge gegen israelische BĂŒrger und Einrichtungen finanziert wurden.
Bleibt die Frage offen, warum die EuropĂ€ische Union, warum das EuropĂ€ische Parlament dies scheinbar nicht wahrhaben will. Ich denke, dass dies an einer weitgehenden InteressenidentitĂ€t zwischen EU und PA in Bezug auf den Konflikt liegt. Diese wesentliche Ăbereinstimmung ist die sogenannte"Internationalisierung des Konflikts". Die PA wĂŒnscht diese Internationalisierung, weil sie sich von den EuropĂ€ern eine engagierte Parteinahme fĂŒr ihre Interessen verspricht. Nicht zu unrecht, wie man vermuten darf.
Die EU als Staatenbund will die Internationalisierung des Konflikts, um den Bedarf nach ihrer Vermittlerrolle deutlich zu machen. Je lĂ€nger und hĂ€rter der Konflikt ausgetragen wird, umso deutlicher zeigt sich nach europĂ€ischer Lesart, dass die USA nicht in der Lage sind, den Friedensprozess zu moderieren. Daraus schlussfolgert die EU, dass beide Seiten einfach, des guten Onkels aus Europa mit seinen demokratischen und ökologischen Werten, seinem Sozialstaat und seiner Zivilgesellschaft bedĂŒrfen, um diesen Konflikt zu lösen. Wie gut fĂŒr beide Seite, dass es Europa gibt, und wie schlecht fĂŒr die Welt, dass die eine Seite, nĂ€mlich Israel, sich einfach eine Wild-West-Politik Ă la USA leistet. Der Bewusstseinszustand des durchschnittlichen Parlamentsmitglieds unterscheidet sich von dem durchschnittlichen Teilnehmer einer deutschen Friedensdemonstration nicht, und ich halte diese Mischung aus NaivitĂ€t, Moralismus, Antiamerikanismus und Antizionismus fĂŒr eine ernsthafte Gefahr.
Die EU leistet sich den Zynismus, den Konflikt, den sie angeblich so gerne gelöst sehen möchte, am Kochen zu halten, in dem sie die eine Seite finanziert. Denn nur so lange der Krieg dauert, gibt es auch Bedarf fĂŒr eine Lösung. Deswegen darf die PA natĂŒrlich nicht vorher klein beigeben â also muss sie so gestĂ€rkt werden, dass sie weiter machen kann. Das ist der ziemlich unmenschliche Zweck der humanitĂ€ren Hilfe der EU. Die PalĂ€stinenser spielen hier die unschöne Rolle des Kanonenfutters fĂŒr Europe's hidden war against the US. Nur nebenbei sei bemerkt, dass das vermutlich niemand von denen"anti-arabisch" findet, die sonst dieses Wort so gerne in den Mund nehmen.
Nun werden die BefĂŒrworter dieser Beihilfen einwenden, dass es der EU nur darum gehe, die Leiden des palĂ€stinensischen Volkes zu mildern. Doch das scheint mir selbst bei der humanitĂ€ren Hilfe fragwĂŒrdig. Nicht nur, weil PA-Beamte Lebensmittelhilfen verkauft haben, also die europĂ€ischen KonservenbĂŒchsen ihre eigentlichen EmpfĂ€nger gar nicht erreicht haben. Ich möchte an dieser Stelle von den eher kleinbĂŒrgerlichen Formen der Korruption und Erpressung schweigen, die sich die hohen und kleinen FunktionĂ€re der PA leisten. Vorsichtig formuliert: Angesichts der Höhe der Hilfen fĂŒr die PAG, ist es merkwĂŒrdig, dass UnterernĂ€hrung und Mangelversorgung dort so weit verbreitet sind.
Auch die Rolle der UNO ist in diesem Zusammenhang Ă€uĂerst fragwĂŒrdig. Es ist nicht nur das UN-FlĂŒchtlingshilfswerk fĂŒr PalĂ€stinenser, das in trauter Zusammenarbeit mit den arabischen Staaten alles tut, um das FlĂŒchtlingsproblem offen zu halten, und damit der PA ein Mittel in die Hand gibt, mit der Forderung nach einem âRĂŒckkehrrecht" jeden ernsthaften Friedensprozess zu verhindern. Schaut man sich die UN-Resolution an, die permanente einseitige Verurteilung Israels, den Ausschluss Israels von wichtigen UN-Gremien, die Ignoranz gegenĂŒber den Handlungen und Taten der arabischen Staaten und der PA, der Parteinahme von UN-Institutionen fĂŒr die PLO wie etwa mit dem weltweiten âPalĂ€stina Tag" â dann kann man sagen, der Ton mag gemĂ€Ăigter geworden sein, seit jener 1975er Resolution, die âZionismus" mit âRassismus" gleich setzt, der Geist ist derselbe geblieben.
Sie haben nunmehr viel von mir ĂŒber AuĂenpolitik gehört. Sie haben gehört, was die Interessen an der Destabilisierung Israels sind, aber was hat das mit Antisemitismus zu tun?
Meine Damen und Herren, das offene Auftreten als Antisemit ist in Europa verpönt. Wenn man seine Vorstellung zum Ausdruck bringen will, die Juden seien eine Macht, die durch das Geld die Welt beherrschte, so tut man das in der Regel vorsichtig: Als Kritik an der israelischen Politik, als Hinweise auf eine mĂ€chtige jĂŒdische Lobby in den USA, ĂŒber Verschwörungen rund um den 11. September, als Klage ĂŒber den angelsĂ€chsischen Raubtierkapitalismus. Per se ist nichts davon antisemitisch, aber all diese Vorstellungen sind anschlussfĂ€hig zum Antisemitismus, und genau darum reichen sie oft aus, um die entsprechenden Vorstellungen ĂŒber angebliche jĂŒdische WeltherrschaftsplĂ€ne aufzurufen.
Es ist aber noch in einem anderen Sinn bedeutend. Antisemitismus ist eine Form der âkonformistischen Rebellion". Das heiĂt einer Opposition im Namen der herrschenden Werte und Vorstellungen gegen den momentanen Zustand der Gesellschaft â fĂŒr den die Juden verantwortlich gemacht werden. Antisemitismus ist genau darum empfĂ€nglich fĂŒr scheinbare oder wirkliche Billigung von âoben", weil sie ihn darin bestĂ€tigt, Verteidiger der Gesellschaft gegen eine böse Minderheit zu sein. Machen wir uns nichts vor: Der Antisemitismus war auch vor dem 11. September in Europa nicht verschwunden, sondern ist seit 1989 kontinuierlich gestiegen. Die politischen Ereignisse seitdem haben nicht den Antisemitismus wachsen lassen, sondern den Mut seiner Bekenner, ihn offen zu Ă€uĂern. Die Verbindung von Antisemitismus und Anti-Amerikanismus hat eine lĂ€ngere Geschichte, aber erst jetzt durch die Wendung der EuropĂ€ischen Union gegen die USA erhielt sie die öffentliche Legitimation. Das heiĂt wiederum nicht, dass sie mit einer offiziellen Verurteilung, selbst wenn sie ernst gemeint wĂ€re, wieder verschwinden wĂŒrde; sie wĂŒrde dann vielmehr die AnhĂ€nger ein weiteres Mal von der Macht der Juden bestĂ€tigen. Man wird die verhĂ€rteten Antisemiten nicht bekehren können, aber man kann ihnen entgegentreten; man kann die offizielle Billigung durch UNO und EU bekĂ€mpfen. Nichts stĂ€rkt eine so unmenschliche Ideologie wie den Antisemitismus mehr, als wenn er sich die Reputation von angesehenen Institutionen zu nutze machen kann, und sich das MĂ€ntelchen moralischer Empörung ĂŒber Menschenrechtsverletzungen umhĂ€ngen kann.
Es ist in diesem Zusammenhang kein Zufall, dass von palĂ€stinensischer und europĂ€ischer Seite der Krieg im Nahen Osten zur Relativierung der Shoah benutzt wird. Die Shoah als Ausdruck der Vernichtungsdrohung, die der Antisemitismus weltweit immer enthĂ€lt, ist die zentrale Legitimation Israels. Will man der Verteidigung Israels gegen seine arabischen und palĂ€stinensischen Nachbarn die LegitimitĂ€t streitig machen, ein Verteidigungskampf gegen ein antisemitisches-nationales Projekt zu sein, dann muss man Israel als den eigentlichen Aggressor darstellen, und versuchen die Leiden der PalĂ€stinenser und die Shoah zu parallelisieren. Das funktioniert bei nĂŒchterner Analyse der Fakten nicht, und genau darin liegt m.E. das Geheimnis der Resistenz gegenĂŒber den Fakten. Man kann sich den Mund fusselig reden, Fakten um Fakten anhĂ€ufen, Argument um Argument anbringen - gegen den Beschluss, die PalĂ€stinenser als Opfer zu sehen, wird man nicht ankommen. Das sind die Grenzen der AufklĂ€rung, auch aber nicht nur im EuropĂ€ischen Parlament.
Der deutsche AuĂenminister Joseph Fischer vermeidet hier die geschichtslose Gleichsetzung, die er beim Kosovo-Krieg gemacht hat, und er wird nicht mĂŒde zu betonen, dass Deutschland eine besondere Verpflichtung gegenĂŒber Israel hat, und dass die Shoah singulĂ€r sei. Daraus entsteht hĂ€ufig die EinschĂ€tzung, zumindest der deutsche AuĂenminister sei doch in dieser Frage recht vernĂŒnftig. Ich kann nur entschieden vor diesem MissverstĂ€ndnis der deutschen AuĂenpolitik warnen. Denn diese Argumentation der besonderen Verantwortung Deutschlands ist nichts weiter als die Vorbereitung fĂŒr deutsche Blauhelme in Ost-Jerusalem, denn dies wĂ€re, wie ein deutsches Magazin richtig feststellt, âdas letzte Tabu deutscher AuĂen- und MilitĂ€rpolitik nach Adolf Hitler"
Das wĂ€re ein so offensichtliche VergangenheitsbewĂ€ltigung, vor deren ideologischen und politischen Folgen ich nicht stark genug warnen kann. Schon heute wird es immer mehr Mode, die Erinnerung an die Shoah gegen Israel zu benutzen, gegen den Kampf gegen Antisemitismus und Antizionismus, z.B. wenn man von den âOpfern der Opfer" schwĂ€tzt. Oder wenn der eigene Antizionismus als Kampf gegen den anti-arabischen Rassismus drapiert wird. Die gröĂte Gefahr geht aber heute davon aus, dass das was als Globalisierungskritik, Anti-Amerikanismus und Antizionismus in den Köpfen von Millionen von Menschen spukt, zu einem von der europĂ€ischen Politik unterstĂŒtzten und benutzten Common Sense wird.
Im Kampf gegen diesen gefĂ€hrlichen Mix aus Ressentiment und nationale Interessen stöĂt man schmerzhaft auf die Grenzen der AufklĂ€rung. Schon Theodor Lessing hat dieses PhĂ€nomen beobachtet. Als ihn die völkischen StudentenverbĂ€nde in trauter Einigkeit mit der bĂŒrgerlichen Ă-ffentlichkeit wegen seines PortrĂ€ts des Kandidaten Hindenburg bei der ReichsprĂ€sidentenwahl 1925 anfeindeten, schrieb er sinngemĂ€Ă: Er könne sagen, schreiben oder tun, was er wolle, es werde immer als Beleg fĂŒr seine NiedertrĂ€chtigkeit und finsteren Absichten ausgelegt. Solche abgeschottete Wahrnehmung, die keine Tatsache und kein Argument zur Kenntnis nehmen mag, sofern sie das eigene Weltbild in Frage zu stellen drohen, ist mit AufklĂ€rung nur schwer beizukommen. Aber, und das ist ja unser Problem, mit nichts anderem lĂ€sst sich der Antisemitismus wirksam bekĂ€mpfen als mit der AufklĂ€rung, die sich ihrer eigenen Ohnmacht bewusst wird. Karl Marx soll mal gesagt haben: âEs gibt nichts VerfĂŒhrerischeres als die Vernunft". Lassen Sie uns alles dafĂŒr tun, dass der Mann recht behĂ€lt.
Vielen Dank
<ul> ~ Lessing Preis</ul>

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