- Eurostat: Klassifiz. von Pensionssyst. im Kap.deckungsverfahren..... - zani, 03.03.2004, 14:33
Eurostat: Klassifiz. von Pensionssyst. im Kap.deckungsverfahren.....
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30/2004 - 2. März 2004
Neue Eurostat-Entscheidung über Defizit und Schuldenstand
Klassifizierung von Pensionssystemen im Kapitaldeckungsverfahren im Falle staatlicher Trägerschaft oder staatlicher Garantie
Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaften, hat eine Entscheidung zur Klassifizierung bestimmter Pensionssysteme im Kapitalumlageverfahren getroffen, bei denen der Staat entweder als Verwalter der Beitrags- und Leistungsströme oder als Garant für das Risiko eines Ausfalls der Pensionszahlungen auftritt. Die von Arbeitgebern für ihre eigenen Arbeitnehmer eingerichteten Pensionssysteme (einschließlich der speziellen, vom Staat organisierten Sicherungssysteme für Beamte) sind aus dieser Entscheidung ausgenommen.
In der Entscheidung wird genau festgelegt, in welchen Fällen ein Pensionssystem nicht als Sozialversicherungssystem behandelt werden sollte, mit der Konsequenz, dass die in das System einfließenden Beitragsströme und die aus dem System ausgezahlten Pensionsleistungen nicht als Einnahmen oder Ausgaben des Staates verbucht werden und infolgedessen keine Auswirkungen auf das Defizit oder den Überschuss des Staates haben (EDPB9). Grundlage der Entscheidung sind Arbeiten, die 2003 gemeinsam mit Sachverständigen aus europäischen Ländern und verschiedenen internationalen Einrichtungen durchgeführt wurden.
Die Entscheidung steht im Einklang mit dem Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 95) und mit der Stellungnahme des Ausschusses für die Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken (AWFZ), wie in der Anlage beschrieben.
Von den Pensionssystemen, die vom Staat verwaltet werden können, kann ein im Kapitaldeckungsverfahren finanziertes System mit im Voraus festgelegten Beiträgen nicht als Sozialversicherungssystem eingestuft werden.
In den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ESVG 95) wird eine Unterscheidung zwischen zwei Arten von Pensionssystemen getroffen, die Regelungen zum Schutz gegen das „Altersrisiko“ mit Hilfe von Sozialschutzmaßnahmen beinhalten. Diese Systeme können „im Umlageverfahrenl“ oder „im Kapitaldeckungsverfahren“ finanziert werden.
Bei einem „System im Umlageverfahren“ (oft auch als „Pay-as-you-go-System“ bezeichnet) ist eine Einheit für die bedingungslose Auszahlung der Pensionen „verantwortlich“ und trägt folglich das finanzielle Risiko der Leistungserbringung. Es kann zu einer gewissen Rücklagenbildung kommen, es besteht jedoch nicht die Absicht, das investierte Kapital in größerem Umfang zur Finanzierung der künftigen Pensionszahlungen zu verwenden. Das ESVG 95 enthält klare Regeln darüber, unter welchen Bedingungen solche Systeme in Fällen, in denen eine staatliche Einheit für die Verwaltung eines Sicherungssystems ohne spezielle Deckungsmittel verantwortlich ist, als „Sozialversicherungssysteme“ zu klassifizieren sind.
Bei einem System Kapitaldeckungsverfahren findet eine Akkumulation überwiegend finanzieller Vermögenswerte aus Beiträgen statt mit dem Ziel, die Auszahlung der künftigen Leistungen gänzlich oder zum größten Teil aus diesen Vermögenswerten zu finanzieren.
Eine erste Kategorie von Systemen im Kapitaldeckungsverfahren sind diejenigen „Systeme mit im Voraus festgelegten Leistungen“, bei denen die vorstehend genannte Akkumulation von Vermögenswerten hinzukommt, und bei welchen eine Einheit ein finanzielles Risiko übernimmt, indem sie sich zur Auszahlung von Leistungen in einer zugesagten Höhe verpflichtet, unabhängig vom Wert des aufgelaufenen Vermögens. Solche im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte leistungsdefinierte Systeme können von einer staatlichen Einheit verwaltet werden, was allerdings derzeit nicht sehr häufig der Fall ist. Das ESVG 95 enthält klare Regeln darüber, unter welchen Bedingungen solche Systeme in Fällen, in denen eine staatliche Einheit für die Trägerschaft eines leistungsdefinierten Sicherungssystems übernimmt und folglich das mit diesem System verbundene finanzielle Risiko trägt, als „Sozialversicherungssysteme“ zu klassifizieren sind.
Eine zweite Art von Pensionssystemen im Kapitaldeckungsverfahren wird in der Regel als „im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte Systeme mit im Voraus festgelegten Beiträgen“ bezeichnet. Bei diesen beitragsdefinierten Systemen hängen die individuellen Pensionszahlungen von den akkumulierten Vermögenswerten ab. Die Höhe der künftigen Pensionen ist ungewiss, da die einzelnen Haushalte das gesamte finanzielle Risiko tragen, das den aus den Rücklagen getätigten Investitionen anhaftet. Dieser Punkt bedurfte einer Klärung im ESVG 95.
Eurostat hat beschlossen, dass ein im Kapitaldeckungsverfahren finanziertes System mit im Voraus festgelegten Beiträgen, für dessen Verwaltung eine staatliche Einheit verantwortlich ist, das aber nicht mit einer für die Mehrheit der Mitglieder geltenden staatlichen Garantie gegen das Risiko eines Zahlungsausfalls abgesichert ist, in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nicht als Sozialversicherungssystem behandelt werden kann. Die das System verwaltende Einheit ist als öffentliche finanzielle Kapitalgesellschaft zu klassifizieren. Die Beitrags- und Leistungsströme des Systems werden nicht als Einnahmen oder Ausgaben des Staates verbucht und haben daher keine Auswirkungen auf das Defizit oder den Überschuss des Staates haben.
Nach dieser Entscheidung sollten alle Pensionsfonds, bei denen die Mitglieder das finanzielle Risiko tragen, in gleicher Weise behandelt werden, ungeachtet dessen, ob die das System verwaltende Einheit öffentlich oder privat ist oder ob es sich um ein Pflicht- oder freiwilliges System handelt. Wenn der Verwalter eine staatliche Einheit ist, ist klar, dass diese Einheit nicht zur Ausführung einer staatlichen Politik tätig wird, sondern ähnlich wie ein Kreditinstitut Mittel für private Haushalte verwaltet, die einen Rechtsanspruch auf die Reserven des Systems geltend machen können. Die Mittel können nicht für andere Zwecke als die Sicherstellung der Pensionszahlungen verwendet werden. Aus diesem Grund können die im Rahmen dieser Art von System fließenden Ströme mit anderen Ausgaben und Einnahmen des Staates abgetrennt werden.
Wenn eine staatliche Einheit gleichzeitig zwei Arten von Systemen verwaltet, ein System im Umlageverfahren und eines im Kapitaldeckungsverfahren, müssen in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen zwei unterschiedliche institutionelle Einheiten ausgewiesen werden.
Dieser Teil der Entscheidung betrifft „gemischte oder hybride Systeme“, also Fälle, in denen eine staatliche Einheit gleichzeitig an den Strömen von zweierlei Systemen beteiligt ist. Einerseits empfängt sie Beiträge und erbringt Leistungen nach einem „Umlageverfahren“, andererseits erhält sie Mittel von privaten Haushalten und/oder Arbeitgebern, die auf dem Markt investiert werden, sodass die entsprechenden Leistungen weitgehend von den investierten Vermögenswerten bestimmt werden. Die jeweiligen Systeme können unterschiedliche Personengruppen betreffen (beispielsweise ist das im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte System neuen Mitgliedern vorbehalten oder an bestimmte Altersbedingungen gebunden), oder beide Systeme können sämtliche Mitglieder betreffen. Die entsprechenden Ströme, die zwei unterschiedlichen Regelungen unterliegen (insbesondere, was die Finanzierung der Pensionsleistungen betrifft), sind eindeutig identifizierbar.
Eurostat hat beschlossen, dass in solchen Fällen zwischen zwei institutionellen Einheiten unterschieden werden muss, von denen jede einem identifizierbaren System zuzuordnen ist. Die entsprechenden Ströme des jeweiligen Systems sollten gemäß der sektoralen Zuordnung der für das System verantwortlichen Einheit verbucht werden. Wenn eine Einheit als nicht zum Sektor Zentralstaat gehörig klassifiziert wird, wie es der Fall wäre, wenn die Einheit für die Verwaltung eines Kapitaldeckungsverfahren finanziertes System mit im Voraus festgelegten Beiträgen verantwortlich ist, sind die an das System gezahlten Beiträge und die aus dem System gezahlten Leistungen nicht Teil der Einnahmen oder Ausgaben des Staates und haben daher keine Auswirkungen auf das Defizit oder den Überschuss des Staates.
Das Bestehen einer staatlichen Garantie zugunsten eines nicht als Sozialversicherungssystem klassifizierten Systems ist als solches kein Kriterium für die Neuklassifizierung des Leistungssystems als Sozialversicherungssystem.
Um die Unsicherheit hinsichtlich der Pensionen für die Mitglieder eines nicht als Sozialversicherungssystem klassifizierten Systems zu verringern, kann der Staat sich verpflichten, im Falle eines Ausfalls der Pensionszahlungen als letztverantwortlicher Zahler einzutreten inklusive einer genügenden Höhe von aufgelaufenen Reserven. Dadurch kommt es zum Ausgleich des gesamten oder eines sehr großen Teils des finanziellen Risikos, das von allen an dem System Beteiligten oder nur von der für das System „verantwortlichen" institutionellen Einheit getragen wird. Eine solche Garantie gewährleistet, dass die Leistungen eine bestimmte Höhe erreichen.
Der hier untersuchte Fall ist der einer Garantie, die einer Mehrheit der Mitglieder zugute kommt und nicht nur denjenigen, die vielleicht benachteiligt sind, insbesondere im Hinblick auf ein durch sozialrechtliche Bestimmungen garantiertes Mindesteinkommen. Die Garantie sollte eine ausdrückliche Garantie sein und nicht nur eine „allgemeine Verpflichtung“, wie der Staat sie aufgrund seiner führenden Rolle im Sozialschutzsystem des Landes eingeht und die beinhaltet, dass er seinen Bürgern einen Mindestlebensstandard zusichert, und zwar sowohl mittels eines „angemessenen und nachhaltigen“ Sozialschutzsystems als auch durch Maßnahmen der Sozialhilfe.
Eine solche Garantie kann für Systeme jeglicher Art gewährt werden: für Systeme im Umlageverfahren, für „im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte Systeme mit im Voraus festgelegten Leistungen“ (bei denen im Falle einer Insolvenz der Einheit, die sich zur Gewährleistung der Zahlungen verpflichtet hat, die finanziellen Mittel des Staates sicherstellen, dass die zugesagten Leistungen ausgezahlt werden) und für „im Kapitaldeckungsverfahren finanzierte Systeme mit im Voraus festgelegten Beiträgen“ (bei denen die staatlichen Mittel eine „ungenügende Leistung“ an den Märkten kompensieren, durch die sehr viele oder alle Mitglieder des Systems betroffen wären).
Eurostat hat beschlossen, dass das Bestehen einer Garantie unter den vorstehend ausgeführten Bedingungen kein hinreichendes Kriterium für die Klassifizierung des Systems als Sozialversicherungssystem darstellt. Die staatliche Garantie muss als Eventualverbindlichkeit betrachtet werden und ist in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen nicht als Verbindlichkeit des Staates im Sinne des allgemeinen Prinzips des ESVG 95 zu verbuchen. Das vom Staat getragene Risiko ist insofern lediglich ein potenzielles Risiko, als es vom Eintreten bestimmter, spezifischer Ereignisse abhängt.
Unter bestimmten Bedingungen könnte ein System, das mit einer Garantie des Staates ausgestattet ist, jedoch als Sozialversicherungssystem neu klassifiziert werden.
Ein offenkundiges Kriterium hierfür ist die wiederholte Inanspruchnahme der Garantie während mehrerer Fiskaljahre, die deutlich belegt, dass die staatliche Unterstützung des Systems keine außergewöhnliche und vorübergehende Unterstützung darstellt, sondern vielmehr durch einen offenkundigen Mangel an Nachhaltigkeit begründet ist. Der Staat kann hier im Allgemeinen die vollständige Kontrolle über das System übernehmen und die Höhe der Beiträge und Leistungen anpassen.
Eine solche Neuklassifizierung könnte sogar bereits vor der tatsächlichen Inanspruchnahme der Garantie vorgenommen werden, wenn es nämlich eindeutige Anzeichen (basierend auf der Stellungnahme unabhängiger Experten) dafür gibt, dass die Garantie für Pensionen in den kommenden Jahren in Anspruch genommen und die Auszahlung der Leistungen weitgehend aus staatlichen Mitteln finanziert werden wird.
In beiden vorstehend genannten Fällen könnte ein Pensionssystem allerdings nur dann als Sozialversicherungssystem neu klassifiziert werden, wenn feststeht, dass der Staat die Auszahlung von mehr als 50 % des versicherungsmathematischen Wertes der Pensionen aus ihren Eigenmitteln übernehmen wird (im Falle von Systemen im Umlageverfahren oder von leistungsdefinierten Systemen im Kapitaldeckungsverfahren) bzw. wenn der vom Staat ausgezahlte Teil der Leistungen höher ist als der aus den akkumulierten Vermögenswerten des Fonds finanzierte Teil (im Falle von beitragsdefinierten Systemen im Kapitaldeckungsverfahren).
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