- Dershowitz - Zandow, 04.03.2004, 12:50
- Re: Dershowitz - Zandow - nereus, 04.03.2004, 14:36
- Re: Dershowitz - Zandow - Euklid, 04.03.2004, 14:54
- Re: Dershowitz - Zandow - Euklid - nereus, 04.03.2004, 15:29
- Re: Dershowitz - Zandow - Zandow, 04.03.2004, 15:41
- Re: Dershowitz - Zandow - Euklid, 04.03.2004, 14:54
- Re: Dershowitz - Zandow - nereus, 04.03.2004, 14:36
Re: Dershowitz - Zandow
-->Hallo nereus,
das alles ist ein extrem schwieriges Thema für mich. Daß sich der christliche Glaube innerhalb weniger Jahrzehnte in ganz Europa durchgestzt hat, bzw. gewaltsam durchgesetzt wurde, muß einen Grund gehabt haben. Da Religion immer ein Mittel zur Ausübung von Macht über andere Menschen ist, muß der Herrscher einen riesigen Vorteil vom neuen Glauben gehabt haben. dottore hat hierzu breits wichtige Hinweise gegeben (neues Inkassosystem, Zehnter usw.). Die neuen Könige, die ganze Völker, also viele Sippen und Stämme unter sich vereinten, konnten aus der alten heidnischen Religion keine Legitimation beziehen. Schnell hätten sich die alten Götter gegen sie selbst wenden können, wenn Sippem oder Stämme zum Aufstand gerufen hätten.
>Du schreibst von der Umwandlung der Verantwortung der Sippenhaft zur Einzelhaftung.
>Wie meinst Du das konkret?
Bei der Blutfehde trifft es die ganze Sippe. Rache ist angesagt, nicht nur gegen den Mörder (oder sonstigen Täter), sondern gegen all seine Angehörigen. Dieses Gemetzel kann nicht im Interesse der Herrscher sein. Der heidnische Glaube, der Streitigkeiten nicht zwischen Individuen, sondern zwischen Sippen regelt, wird durch ein Individualrecht ersetzt. Jeder einzelne (!) war Gott jetzt (Abgaben-)verpflichtet.
Kann leider i.M. noch nicht viel dazu sagen, alldieweil ich erst ganz am Anfang solcherlei Betrachtungen stehe.
>Bewegt man sich in die Zeiten des Ham(m)urabi (ca. 1700 Jahre vor Christus)..
Muß mich da noch einarbeiten, habe leider keinen blassen Schimmer davon.
>... zurück gelangt man bereits zu sehr spezifischen Gesetzestexten. Inwieweit diese wirklich angewandt wurden, lasse ich dahin gestellt. Angeblich wurden bis heute keine konkreten Urteile gefunden die eine Anwendung der Gesetzestexte bestätigen.
>Ein kurzer Auszug dieser Texte spricht jedoch für ein sehr individuelles Recht bei dem sehr wohl der Einzelne haftbar gemacht werden konnte.
>einige Beispiele:
>- Einbruch, Raub und Plünderung
>- Kultivierung von Ackerland durch Pachtbauern
>- Vernachlässigung von Bewässerungsanlagen
>- Widerrechtliches Überwechseln von Vieh auf Getreidefelder
>- Unerlaubtes Stutzen von Bäumen
>- Aufteilung von Gewinn und Verlust zwischen Partnern
>- Übergabe von Dienstpersonal in Schuldhaft
>- Verleumdung einer Hohenpriesterin oder einer verheirateten Frau
>- Ehebruch
>- Scheidung
>- Vererbung des der Ehefrau von ihrem Mann geschenkten Besitzes
>- Haftung der Ehegatten für Schulden
>- Bestrafung der Ehefrau wegen Gattenmords - Pfählung
>- Inzest
>- Adoption
>- Unterschiebung eines fremden Kindes durch die Amme
>- Tätlicher Angriff auf eine Frau, der zu einer Fehlgeburt führt
>- Tarife für das Mieten von Tieren, Wagen, Arbeitern, Handwerkern und Schiffen
>- Auslösung von im Ausland gekauften Sklaven bei ihrer Rückkehr nach Babylonien
>- Haftung für Schaden, der durch einen mit den Hörnern stoßenden Ochsen angerichtet wird
>Das ist nur ein kleiner Extrakt und das unerlaubte Stutzen von Bäumen oder der tätliche Angriff auf eine schwangere Frau erinnert viel eher an eine ziemlich hoch entwickelte Gesetzgebung.
Insgesamt muß man wohl unterschieden zwischen dem Verhältnis der Sippen zu ihrem Herrscher und dem Verhältnis der Sippen untereinander. An oberster Stelle steht immer das Verhältnis zum Herrscher. Alles andere ist dem untergeordnet!
>Es geht meistens um Schulden, Besitz oder Geld.
Yoo. Letzten Endes geht's wohl immer darum.
>Dottore dürfte seine wahre Freude daran haben. [img][/img]
Hat er bestimmt.
>Weiterhin erschließt sich mir nicht ganz die Vermengung von dem Glauben an viele Götter und Sippenhaft bzw. dem Glauben an einen Gott und einer daraus folgenden Individualhaftung.
>Auch in der Antike waren alle möglichen Gottheiten präsent, doch auch hier herrschte weitestgehend Individualrecht.
Ja, mir ist die Sache auch noch nicht so 100%ig klar. Bin noch am Hirnen dazu.
>Meinst Du das vielleicht das Kriegsrecht?
>Die Beispiele mit der Flächenbormbardierung deutscher Städte in WK II sind genauso wie die Judendeportationen keinesfalls mit dem Begriff RECHT in Verbindung zu bringen.
>Mir fällt da nur der Begriff Unrecht ein.
Natürlich war das unrecht. Nur sind Macht und Recht ein Zwillingspaar. Wer die Macht hat, der setzt das Recht. Recht ist, was der Herrscher/Mächtige als Recht setzt.
>Inwieweit die Beschreibungen in der Genesis tatsächlich stattgefunden haben, steht nun wieder auf einem ganz anderen Blatt.
Da müßten wir mal einen Experten fragen. Kenne mich damit leider zuwenig aus.
>Ich hatte vor langer Zeit mich diesbezüglich mal aus dem Fenster gehängt und die Götter als mögliche Außerirdische bzw. hochentwickelte Kultur bezeichnet welche auf wenig zivilisierte Menschen stieß.
>Allerdings steht man bei derartigen Betrachtungen immer mit einem Bein in der Klapsmühle, obwohl eine ganze Menge für derartige Überlegungen spricht.
Der Geist ist frei!
>Schlußendlich kann ich somit Deinen Gründen für die Entstehung des Monotheismus leider (noch) nicht folgen.
Tja, ich hoffe selbst auf weitere Erkenntnisse.
Danke für die Denkanstöße und Herzliche Grüße,<font color=#008000>Zandow</font>

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