- Daily Reckoning - Dangerous Reactions (John Mauldin) - Firmian, 04.03.2004, 20:50
- Dt. Fassung - Firmian, 04.03.2004, 20:56
Dt. Fassung
-->Früher... und heute
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Heute Morgen habe ich nur zwei Gedanken - und beide sehr
bescheiden... und beide haben etwas mit Gold zu tun.
Ich gebe zu, dass es mehr auf dieser Erde gibt, als in meiner
Philosophie enthalten ist... aber dennoch teile ich Ihnen meine
Philosophie mit, weil die alles ist, was ich habe.
Meiner bescheidenen Meinung nach geht die Flut der amerikanischen
konsumgeführten globalen Dominanz zurück. Aber keine Sorge, liebe(r)
Leser(in). Zwar wird danach eine härtere, steinigere, schwierigere
Welt folgen... aber das wird eine bessere Welt sein.
Denn das Problem mit konsumgeführtem Reichtum ist, dass er ein
Schwindel ist. Man kann nicht durch Geldausgeben reich werden; man
muss wenig Geld ausgeben, wenn man reich werden will... und
stattdessen muss man sich auf Sparen, Trainieren, Investieren, Lernen
konzentrieren... und all die anderen Dinge, die die meisten Leute
nicht gerne tun.
Und wenn"reich werden" leicht wäre, dann wäre jeder reich. Und das
ist offensichtlich nicht der Fall.
Die überwältigende Mehrheit der Weltbevölkerung ist arm. Die Chinesen,
die Inder, die Leute in Nicaragua und in vielen anderen Ländern würden
für 5 Dollar den ganzen Tag arbeiten und dann noch"Danke" sagen. Wenn
sie Maschinen hätten, das Kapital, das Wissen, das Training und das
Glück, das die Amerikaner hatten, dann gäbe es keinen Grund dafür,
dass ihre Arbeit für den Rest der Welt weniger wert wäre als die
Arbeit eines Amerikaners. Und raten Sie mal, was - all diese Dinge
bekommen sie.
Währenddessen glauben die Amerikaner, dass der Schlüssel zu Wachstum
und Reichtum in Konsumausgaben liegt. Deshalb senkt die Fed die
Zinsen, und die Bush-Administration senkt die Steuern, um den
Konsumenten mehr Geld zu geben - das sie ausgeben können.
Früher einmal produzierten die USA Güter, die sie dann nach Übersee
verkauften. General Motors war der größte Arbeitgeber... und die
amerikanische Handelsbilanz war positiv. Als Eisenhower Präsident war,
da besaßen die USA von allen Staaten der Welt das meiste Gold. Die
Ausländer schuldeten den USA deutlich mehr, als die USA dem Ausland
schuldeten. Dieser glückliche Zustand hielt bis zur Regierungszeit von
Ronald Reagan und Alan Greenspan an... als die USA ein
Netto-Schuldner gegenüber dem Rest wurden. Und Wal-Mart - ein
Einzelhändler, kein Produzent - wurde der größte Arbeitgeber der
Nation.
In der post-industriellen Volkswirtschaft Amerikas sind es die
Konsumausgaben, die zählen; sie machen 70 % der Wirtschaftsleistung
aus. Volkswirte, Politiker und Fernseh-Teleprompter-Ableser bejubeln
die jüngsten BIP-Zahlen... aber die Zahlen selbst sind voller Fehler
und Tricksereien. Je schneller sie steigen, desto schneller ruinieren
sich die Amerikaner mit mehr Schulden und mehr Ausgaben.
Natürlich kann man die Volkswirte, die Presse und die Kleinanleger
sowie das Wahlvolk fast für immer hinters Licht führen. Aber
langfristig sorgt der Markt dafür, dass selbst Lügen aus Granit zu
Staub zermahlen werden. Die Erosion begann mit dem Bärenmarkt an den
Börsen von 2000-2002... und dem Bärenmarkt des Dollars von
2001-2004... und dem Bullenmarkt beim Gold von 1999-2004.
Wenn ich Recht habe, dann haben diese Trends gerade erst begonnen.
Aber - und hier, liebe(r) Leser(in), würde ich die Erwartungshaltung
gerne etwas reduzieren - diese Mega-Flutwellen führen nicht dazu, dass
man leicht ein Vermögen verdienen kann. Es gibt immer wieder
Gegenbewegungen... Brandungsrückströmungen... die uns zweifeln
lassen, und die uns dazu führen, dass wir unsere Positionen aufgeben.
Gold ist von 253 Dollar Ende der 1990er auf knapp 400 Dollar heute
gestiegen. Es wäre nicht überraschend, wenn wir vor dem nächsten Schub
eine Korrektur sehen würden, die bis auf 350 Dollar oder sogar noch
tiefer führen würde. Der Dollar hat gegenüber dem Euro 40 % verloren.
Auch hier könnte eine größere Korrektur bevorstehen.
Ich sage das, weil zuletzt sowohl der Goldpreis als auch der Euro
gefallen sind. Das waren größere Bewegungen, die größere Korrekturen
signalisieren könnten.
Sollte man versuchen, diese Korrekturen auszureizen? Sollte man seine
Positionen verkaufen und warten, bis sich die Lage beruhigt hat? Ich
weiß es nicht. Ich bin weder ein Trader noch ein Hellseher. Aber ich
denke, dass der große grundlegende Trend hin zu einem fallenden Dollar
und zu steigenden Goldpreisen weitergehen wird. Und ich für meinen
Teil habe letzte Woche mehr Gold gekauft. Ich habe gedanklich ein
kleines goldenes Boot bestiegen... und ich werde da drauf bleiben und
abwarten, wo es mich hinführen wird.
Jetzt zu meinem Kollegen Addison mit mehr News:
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Donnerstag, 4. März 2004
Warten auf die US-Arbeitsmarktzahlen
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin in Paris, wieder bei der
Arbeit nach einer Reise nach Mexiko...
Eine Frage: Was soll man als Marktbeobachter tun? Gerade dann, wenn
man sich freut, dass man ein paar große Trends gefunden hat -
steigender Goldpreis; fallender Dollarpreis; die Kleinanleger geben
sich am Aktienmarkt Illusionen hin -, und man dann für eine Woche zu
einer Investmentkonferenz nach Mexiko fährt, dann bricht die Hölle
aus...
So steigt zum Beispiel - gegen alle Wahrscheinlichkeiten - der Dollar.
Die Fundamentals sind heute nicht anders als am 18. Februar - und
damals viel der Dollar gegenüber dem Euro auf ein historisches Tief
bei 1,2928. Und die letzten Tage stieg der Dollar.
Wenn man nach Gründen dafür sucht, dann denke ich, dass ich die
Devisenhändler flüstern höre:"Mittlerweile setzt jeder auf einen
fallenden Dollar... vielleicht ist es deshalb Zeit, auf einen
steigenden Dollar zu setzen..." Und weiter:"Die EZB wird am
Donnerstag ihre Leitzinsen senken... den Euro sollte man verkaufen."
Außerdem:"Als gestern US-Anleihen verkauft wurden, da zeigten sich
keine japanischen Investoren. Sie könnten das Interesse an
Dollarkäufen verlieren... den Yen sollte man verkaufen."
Und so gewinnt der Dollar an Boden. Und plötzlich, nachdem ich in
bisschen vom Elixier des Erfolgs genossen habe... fühle ich mich ein
bisschen angeduselt. Der Goldpreis ist gefallen, der Dollar gestiegen.
Was wird heute passieren? Und Morgen? Ich bin mir nicht sicher...
Aber auch der Aktienmarkt scheint keine Ahnung zu haben, man sieht
derzeit keine klare Richtung. Nur eine gesunde Dosis von eindeutigen
Nachrichten könnte zu einer klaren Richtung führen.
Und diese Woche stehen noch wichtige wirtschaftliche Nachrichten an.
Besonders wichtig: Die neuesten Zahlen zum US-Arbeitsmarkt.
Derzeit wird erwartet, dass im Februar 128.000 neue Jobs (ohne
Agrarsektor) geschaffen worden sind (nach 112.000 Stellen Plus im
Januar). Diese Zahl wäre natürlich eine Verbesserung, aber das wäre
noch nicht einmal genug, um mit der"offiziellen" Einwanderung
mithalten zu können. Deshalb wird die"offizielle" Arbeitslosenquote
sogar steigen, auf voraussichtlich 5,7 %. Diese Zahl wird die
Ã-konomen, die das Mantra von Greenspan und Bernanke -"Es wird neue
Jobs geben, es wird neue Jobs geben" - nachbeten, sicherlich kurz
innehalten lassen.
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Donnerstag, 4. März 2004
Nancy Wake, eine Heldin des Zweiten Weltkriegs
von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in London
*** Eine der bemerkenswertesten Marktprognosen, die ich gelesen habe,
beinhaltet einen Vergleich zwischen dem Zweiten Weltkrieg und dem
Krieg gegen den Terror. Der Zweite Weltkrieg war in den USA eine gute
Zeit, um Aktien zu kaufen, schreibt ein unbedarfter Prognosensteller,
und der Krieg gegen den Terror wird seiner Meinung nach auch eine gute
Gelegenheit sein, um Aktien zu kaufen.
Ich weiß nicht. Bis jetzt hat sich diese Prognose noch nicht als
falsch erweisen können. Aber von dem, was ich gelesen habe, ist die
einzige Gemeinsamkeit zwischen den beiden verglichenen Zeiträumen das
kleine Wort"Krieg".
Dieser Gedanke ging mir durch den Kopf, als ich heute Morgen die
britische Zeitung"Daily Telegraph" las. Normalerweise lese ich zuerst
die Nachrufe. Aber diesmal fand ich einen Artikel, der auch fast schon
ein Nachruf ist. Die Australierin Nancy Wake, eine Kriegsheldin aus
dem Zweiten Weltkrieg, die jetzt 91 Jahre alt ist, hat die
australische Ehrenmedaille erhalten.
Diesen Orden kann sie ihrer ganz persönlichen Ordenssammlung
hinzufügen. Denn sie hat schon den King George Orden, den Orden"trois
Croix de Guerre", die"Médaille de la Résistance", die amerikanische
"Medal of Freedom" und die Insignien eines Ehrenritters der
französischen Fremdenlegion. Als sie 28 Jahre alt war, da"sprang sie
per Fallschirm im besetzten Frankreich ab, sie wurde von einem
deutschen Flugzeug mit einem Maschinengewehr beschossen, als sie in
einem Auto floh, sie fuhr mit dem Fahrrad über 430 Kilometer in 3
Tagen, an zahlreichen feindlichen Checkpoints vorbei, und sie tötete
einen deutschen Wachsoldaten mit ihren bloßen Händen, als sie eine
Fabrik sabotierte."
Ihr französischer Ehemann"starb später unter der Folter, weil er sich
weigerte, den Deutschen den Aufenthaltsort seiner Frau mitzuteilen".
*** Unter dem Artikel über Nancy Wake steht ein kleiner Bericht über
den Krieg gegen den Terror, von der Front in Afghanistan. Es scheint
so, als ob der Geist des Kapitalismus an den Hindukusch zurückgekehrt
sei:"Es wird erwartet, dass Heroin die britischen Straßen überfluten
wird, nachdem die Produktion in Afghanistan explodiert ist, so die
Vereinten Nationen."
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Donnerstag, 4. März 2004
Flugbekanntschaften
von unserem Korrespondenten Addison Wiggin
Letzte Woche, auf meinem Flug von Paris nach Boston - die erste
Zwischenstation auf meinem Weg nach Mexiko -, hatte ich das Glück,
neben einem Harvard-Professor der Volkswirtschaftslehre zu sitzen,
dessen Büro sich direkt gegenüber dem Büro des obersten
Wirtschaftsberaters des US-Präsidenten befindet. Er sagte mir, dass er
einst von Ben Bernanke eingestellt worden war, um in Princeton zu
lehren.
Der Professor war ein kleiner Mann, der wie ein Franzose aussah, und
er begann unmittelbar nach dem Start mit der Frau zu seiner Linken zu
reden. Es stellte sich heraus, dass sie zum Vorstand von Genzyme,
einer Biotech-Firma, gehörte. Er sagte ihr auf eine Frage hin:"Ich
würde mir darüber keine Sorgen machen... die Erholung ist auf dem
Weg, und sehr bald wird sich das Bild am (amerikanischen) Arbeitsmarkt
dramatisch verbessern."
Ich konnte nicht anders, ich sagte - obwohl ich mich zurückhalten
wollte:"Ich habe gehört, was Sie gerade gesagt haben... glauben Sie
wirklich, dass die Jobs wieder erscheinen werden? Ernsthaft? Selbst
angesichts der Tatsache, dass die privaten und öffentlichen Schulden
durch die Decke gehen?"
Was dann folgte, war nicht schön. (Und man muss bedenken, dass ich das
Angebot der Air France, kostenlos Wein auszuschenken, ausgiebig in
Anspruch nehme.)
"Die Devisenmärkte mögen das US-Haushaltsdefizit nicht, deshalb fällt
der Dollar. Richtig?" begann ich meine Argumentation."Das stimmt", so
die Antwort.
"Und ein fallender Dollar lässt die Gewinne der ausländischen
Investoren einbrechen, oder?"
"Wieder richtig..."
"Und die ausländischen Investitionen sind notwendig, um das
US-Handelsbilanzdefizit zu finanzieren. Also wenn der Dollar weiter
fällt... dann werden die Zinsen steigen müssen, damit die Ausländer
weiter an Kapitalanlagen in den USA interessiert bleiben?"
"Ja..."
"Und wenn die Zinsen steigen, dann wird das doch den Zuwachs an
Arbeitsplätzen behindern?"
"In der Tat..."
"Und wenn sich die wachsende Geldmenge als Inflation im
Konsumentenpreisindex bemerkbar machen würde, dann würde das ebenfalls
dazu führen, dass die Fed die Zinsen erhöhen würde?", sagte ich, und
mir gingen glorreiche Visionen von Sokrates durch den Kopf.
"Ja, sicherlich. Aber die Inflation ist noch niedrig. Und die Fed muss
das Wachstum der Arbeitsplätze stimulieren. Die Fed haben eine
Theorie: Die wird die Hubschrauber-Theorie genannt..."
"Sie meinen die Idee von Bernanke, Geld aus Hubschraubern abzuwerfen?"
"Ja, die meine ich... kennen Sie Bernanke? Denn ich kenne ihn..."
"Nein."
"Der ist sehr smart. Die Japaner hätten die Hubschrauber-Theorie
nutzen können... wir brauchen sie nicht... wir brauchen nur die
Jobs..." Ich konnte sehen, dass er ungeduldig wurde... seiner
Meinung nach verstand ich es einfach nicht. Aber ich blieb hartnäckig:
"Gibt es nicht neue Jobs, aber in Indien, zu niedrigeren Löhnen? Und
müssen mögliche neue Jobs in den USA nicht zu diesen Löhnen
konkurrenzfähig sein? Was die 'Erholung ohne neue Jobs' in eine
'Erholung ohne Löhne' verwandeln würde?" Die Genzyme-Dame bewegte sich
in ihrem Sitz ein bisschen hin und her.
"Und außerdem", versuchte ich noch einmal,"muss die Regierung doch
irgendwann die Steuern erhöhen - oder besser noch, die Ausgaben senken
-, um mit dem Defizit klar zu kommen. Egal, um welche Partei es sich
handelt. Oder? Und das könnte dann doch effektiv das Ende der
Stimulierungen für die Wirtschaft sein? Und ohne Stimulierungen, wo
werden da die Jobs herkommen?"
"Mister Wiggin, meine Arbeit handelt sich hauptsächlich um
theoretische Dinge..."
"Nun, also dann theoretisch gefragt, woher werden die neuen Jobs
kommen?"
"Mister Wiggin, ich überlasse die Umsetzung anderen Leuten. Und jetzt,
wenn Sie verzeihen, muss ich mich auf eine Lesung vorbereiten..."
Ich versuchte, einen Film zu sehen, aber mein Monitor war kaputt. Als
ich das Flugzeug verließ... nach mehreren Stunden Ruhe und höflichen
Stößen auf der Armlehne... da kritzelte ich schnell meine
Email-Adresse auf einen Zettel und gab diesen dem Professor.
Merkwürdigerweise hat er sich noch nicht gemeldet.

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