- Voltaire, Aufklärung, Internet - Toni, 16.11.2000, 22:21
- Re: Voltaire, Aufklärung, Internet: Hallo Toni! Du hast hier gefehlt! - Josef, 16.11.2000, 23:23
Re: Voltaire, Aufklärung, Internet: Hallo Toni! Du hast hier gefehlt!
>Appetitanreger aus einem Artikel in der"Weltwoche" von heute:
>"Aufklärung entspringt nicht der technischen Perfektheit des Datennetzes, sondern der unerklärlichen Hirnwindung eines ausserordentlichen Subjekts, eines betriebsskeptischen Individuums, eines leidenschaftlich rechtsempfindlichen Zeitgenossen."
>"Aufklärung hängt nicht von der Übertragungstechnik ab, sondern einzig und allein davon, wie Informationen zustande kommen und ob wir diejenigen, die sie verbreiten, für glaubwürdig halten oder nicht."
>"Wie entwickelt sich Kritikkompetenz durchs Internet? Ambivalent. Einerseits wächst sie; denn das gesamte Wissen der Welt, das offizielle und das abweichende, ist ihr zugänglich. Anderseits schrumpft sie; denn das Wissen im Netz ist so unermesslich, dass wir dagegen Kopfwinzlinge sind. So lächerlich gering erscheint unser individuelles Verarbeitungshirn, dass wir es als kritische Instanz am besten gleich vergessen. Und fortan weniger als Aufklärer und Lotsen tätig werden, lieber als Aufpicker und Sammler über die Datenmeere surfen. Eine höchst verständige Reaktion: Gegen Überflutungen, wirkliche wie virtuelle, hilft nur Schwimmen, besser noch Surfen. Surfen ist die Kunst, an der Oberfläche zu bleiben. Nichts dagegen. Bloss: Was gibt es an der Oberfläche aufzuklären?"
>"Unentwegt beschäftigt, uns gegen neue Informationen zu stemmen, kommen wir kaum dazu, uns auf die wesentlichen Fragen zu konzentrieren. Aufklärung beginnt mit Fragen, nicht mit Informationen."
>"... sind Aufklärer «Kulturpessimisten», «Nörgler», «Fortschrittsbremser» - die Allerletzten, und dies nur, weil sie es sich nicht ausreden lassen, dass zivilisatorische Entwicklungen nicht als Naturereignisse zu bestaunen sind, sondern unter normativen Kriterien (Freiheit, Gerechtigkeit et cetera) zu bewerten."
>"Ohne diesen erfahrungsgesättigten Common Sense hilft der ganze Datenzauber nichts. Aufklärung lebt vom Zweifel an den Fakten, dieser Zweifel entspringt nie den Fakten. Die Netzwerke mögen hunderttausend Daten liefern, das spezifisch Aufklärerische, unser originäres Urteil, wächst nur ausserhalb der Netze heran."
>"Der Text wollte nichts Neues sagen, sondern etwas Uraltes in Erinnerung rufen: dass nämlich Aufklärung aus subjektiven Impulsen kommt, nicht aus objektiven Informationen. Und dass sie nur gelingt, wenn wir aus dem Vollen leben - mit Kritik, Moral und Common Sense - und das Internet als das nutzen, was es ist: eine opulente Sekundärmaschine."
>Hat etwas Baldurisches, der Artikel, und lohnt sich zum Lesen und DrĂĽbernachdenken.
>Voltaire, Aufklärung und Internet
>Liebe GrĂĽsse
>Toni
<center>
<HR>
</center>

gesamter Thread: