- Zur Bankendiskussion von gestern diese Meldung / FTD v. 08.03. - Tobias, 08.03.2004, 19:38
Zur Bankendiskussion von gestern diese Meldung / FTD v. 08.03.
-->GeschÀfte machen mit der Not
Von Isabell HĂŒlsen, Hamburg
Viele Kreditinstitute wollen ihre faulen Immobiliendarlehen verkaufen, um ein schlechteres Rating zu vermeiden. In Deutschland kommt der Markt fĂŒr Opportunity-Fonds erst in Schwung.
Monatelang verhandelten beide Seiten, dann war der Deal perfekt. Die Hypo Real Estate war auf einen Schlag faule Kredite von 490 Mio. Euro los. Der amerikanische Investor Lone Star kaufte die Sorgenkinder fĂŒr einen Bruchteil des Wertes, mitsamt der als Sicherheit dienenden Immobilien. FĂŒr den US-Fonds ein alltĂ€gliches GeschĂ€ft, fĂŒr die deutsche Bankenwelt eine kleine Sensation. Der gröĂte deutsche Non-Performing-Loans-Deal, fachmĂ€nnisch abgekĂŒrzt NPL, war unter Dach und Fach. Der Startschuss fĂŒr ein auf dem deutschen Markt bis dahin unĂŒbliches ImmobiliengeschĂ€ft.
Ein Markt mit groĂem Potenzial, da sind sich alle Experten einig. Die schwache Konjunktur hat die Zahl der sĂ€umigen Schuldner bei den Banken in die Höhe getrieben. Zugleich verfĂ€llt der Wert der Kreditsicherheiten seit Jahren bestĂ€ndig: Vor allem die Marktpreise fĂŒr Gewerbeimmobilien und BĂŒrogebĂ€ude in den neuen BundeslĂ€ndern, die in den 90er Jahren auf Pump gebaut wurden, liegen darnieder.
Volumen ist fraglich
Das genaue Volumen fauler Immobilienkredite deutscher Banken aber ist schon deshalb schwer abzuschĂ€tzen, weil jedes Institut eigene Kriterien hat. Gilt bei der einen Bank ein Darlehen als notleidend, das 90 Tage lang nicht bedient wurde, zĂ€hlt der Kredit bei anderen erst als faul, wenn er gekĂŒndigt ist. Zudem trĂ€gt kaum eine Bank ihre Zahlen mit Freude in die Ă-ffentlichkeit. SchlieĂlich ist jeder notleidende Kredit ein EingestĂ€ndnis, dass die Bank das Ausfallrisiko unterschĂ€tzt hat. So schwanken die SchĂ€tzungen derzeit zwischen 20 Mrd. Euro und 300 Mrd. Euro.
Doch eines ist gewiss: Der Druck auf die deutschen Banken wÀchst, ihre faulen Engagements aus der Bilanz zu schaffen und Eigenkapital freizuschlagen, das bisher zur Unterlegung unrentabler Kredite herhalten musste. Handlungsdruck kommt dabei vor allem von den Rating-Agenturen, die die faulen Kredite mit schlechten Noten in der BonitÀtsbewertung abstrafen."Die Banken sind jetzt gezwungen zu rechnen, wie stark die notleidenden Engagements auf die Kosten ihrer Kapitalbeschaffung durchschlagen", sagt Karl Hamberger von Ernst & Young.
Verkauf als kleineres Ăbel
Zwar treibt die Aussicht auf einen Verkauf der Kredite zu PreisabschlĂ€gen von 40 Prozent oder mehr manchem Bankvorstand noch immer AngstschweiĂ auf die Stirn. Denn viele Institute haben jahrelang nicht mehr abgeschrieben als unbedingt nötig. Ein Verkauf zum Discountpreis schmĂ€lert dann womöglich nicht bloĂ den Gewinn, sondern bringt echte Verluste. Doch verglichen mit einem schlechteren Rating ist die VerĂ€uĂerung der Kredite an einen Investor bisweilen das kleinere Ăbel. SpĂ€testens 2005 wĂ€chst der Rating-Druck auch auf die öffentlichen Banken. Dann nĂ€mlich entfĂ€llt die staatliche GewĂ€hrtrĂ€gerhaftung, die ihnen bisher bessere Konditionen bei der Kapitalbeschaffung sicherte.
VerschĂ€rft wird der Zwang zum effektiveren Umgang mit dem Eigenkapital durch Basel II. Das Regelwerk sieht vor, dass die Banken ausfallgefĂ€hrdete Kredite mit besonders viel Eigenkapital unterfĂŒttern mĂŒssen. Jedes Risikodarlehen senkt dann den Spielraum fĂŒr die Vergabe neuer und potenziell rentabler Kredite.
Zudem ĂŒbersteigt die Masse notleidender Kredite inzwischen die personellen KapazitĂ€ten mancher Bank: Gut 500 Mitarbeiter beschĂ€ftigte die alte Hypo-Bank in ihrer Work-out-Abteilung, jener Truppe, die sich verzweifelt bemĂŒht, Geld hereinzuholen, wo kaum mehr etwas zu holen ist."In den Work-out-Abteilungen werden Ressourcen gebunden, die besser im KerngeschĂ€ft aufgehoben wĂ€ren", sagt Hamberger. Eine Einsicht, die mit steigendem Kostendruck auch in den Banken AnhĂ€nger findet. Zumal hier selten Immobilienexperten arbeiten, die sich etwa auf die effiziente Verwertung chronisch unattraktiver Ost-Liegenschaften spezialisiert haben.
Dienstleister arbeiten fĂŒr Fonds
Genau hierin aber sehen die Investoren ihre Chance. Vor allem amerikanische und britische Opportunity-Fonds tummeln sich derzeit auf dem deutschen Markt, um die von den Banken angebotenen Kreditportfolios in Augenschein zu nehmen. Ihr KalkĂŒl: Kredite und damit vor allem die Sicherheiten billig einzukaufen, um Letztere in drei bis fĂŒnf Jahren mit Gewinn weiterzuverĂ€uĂern. Das tĂ€gliche GeschĂ€ft - mit den Schuldnern verhandeln, Immobilien besichtigen und verkaufen - erledigen allerdings auch die Fonds meist nicht alleine, sondern mit Hilfe spezieller Dienstleister. Dass sich auf diese Weise Geld verdienen lĂ€sst, haben sie lĂ€ngst in den USA, Asien und Italien erprobt.
"Nun werden wir sehen, ob das GeschĂ€ft auch in Deutschland funktioniert", sagt Ralph Winter vom US-Fonds Cerberus, der im letzten Jahr ein BĂŒro in Frankfurt eröffnet hat. Vor ĂŒberzogenen Erwartungen warnt Winter aber schon jetzt:"Ich denke, man wird hier ein bisschen mehr Geduld aufbringen mĂŒssen." Denn mit PreisabschlĂ€gen von 70 bis 80 Prozent auf die Kredite - wie etwa wĂ€hrend der japanischen Bankenkrise gesehen - sei in Deutschland nicht zu rechnen. Auch spricht derzeit wenig fĂŒr eine rasche Belebung des deutschen Immobilienmarktes.
GeschÀft kommt langsam in Schwung
Doch noch lĂ€uft das GeschĂ€ft hier zu Lande ohnehin schleppend an."Alle Beteiligten prĂŒfen sich im Moment sehr grĂŒndlich", sagt Elfi Garthe von der Immobilienberatung Jones Lang LaSalle. FĂŒr unnötige Verzögerung aber sorgt die zum Teil schlampige Aufbereitung der Kreditinformationen durch die Banken."Wenn ein Darlehen zehn Jahre lang keine Probleme bereitet hat, hat sich in der Bank auch niemand mehr darum gekĂŒmmert", sagt Christof Scholl, beim Frankfurter Analysehaus Dr. LĂŒbke zustĂ€ndig fĂŒr Research und Beratung. UnvollstĂ€ndige Kreditunterlagen, fehlende GrundbucheintrĂ€ge und veraltete Wertgutachten der Immobilien erschweren den potenziellen Investoren das Leben. Und verderben den Preis. Denn je undurchsichtiger die Daten fĂŒr das Portfolio, desto gröĂer die RisikoabschlĂ€ge der KĂ€ufer."Ein schlecht aufbereiteter Datenraum kann den Preis um bis zu zehn Prozent mindern", sagt Scholl.
Mit den Daten haben Investoren ohnehin ihre liebe MĂŒhe: Zwar ist der sonst strikte deutsche Datenschutz beim Verkauf gekĂŒndigter Kredite gelockert - schlieĂlich hat der Schuldner den Vertrag gebrochen, wenn er nicht zahlt -, doch die Grauzonen sind noch immer groĂ. Um sich auf die sichere Seite zu schlagen, schalten die KĂ€ufer daher"DatentreuhĂ€nder" ein: Sie filtern persönliche Angaben der Bankkunden heraus - ein Aufwand, der Zeit und Geld kostet.
Durcheinander bringt Verzögerung
Zwischen 500 und 5000 Kredite umfassen die NPL-Pakete in der Regel. Bei der Zusammenstellung lieĂ sich manche Bank bisher weniger vom Interesse potenzieller Erwerber leiten als vom Wunsch, möglichst viele Sorgenkinder auf einmal aus dem Haus zu schaffen. Die Folge: Das HĂ€uslebauerdarlehen in der Eifel und der Unternehmenskredit fĂŒr den sĂ€chsischen Gewerbepark sind bisweilen bunt gemischt. Das erschwert nicht nur die RisikoabschĂ€tzung fĂŒr den KĂ€ufer: Er darf auch bei der Vermarktung der Immobilien nicht damit rechnen, seine Rendite durch"Synergieeffekte" aufzupolieren.
Mehr als eine gute Hand voll GeschĂ€fte werden denn in diesem Jahr wohl auch nicht zustande kommen."Die Zahl wĂ€chst, aber eine Ăberschwemmung mit Deals wird es nicht geben", sagt Raffaele Lino von der Immobilienberatung DTZ Investment Advisers. Manche Verzögerung hat allerdings durchaus gute GrĂŒnde. So wollen einige Banken erst einmal abwarten, wie die Erwerber die Kredite tatsĂ€chlich abwickeln. SchlieĂlich steht auch das Image der Bank auf dem Spiel:"Wer seine Kunden einem Raider ĂŒberlĂ€sst, riskiert den Ruf", sagt Wolfgang Richter, Leiter der Abteilung Banking und Finance bei Ernst & Young Law. Spricht sich das herum, sind auch potenzielle Neukunden weg."Investoren, die sich bei den ersten Deals als seriös erweisen, haben klare Startvorteile", so Richter. Geringer ist die Gefahr bei einem Joint Venture mit dem Investor: Je nach Anteil der Bank am Unternehmen schafft sie zwar ihre faulen Kredite aus der Bilanz, behĂ€lt aber Einfluss auf die Kundenbeziehungen."Der Verkauf ist nicht das letzte Wort. Je weiter sich der Markt entwickelt, desto komplexer werden die Formen", sagt Hamberger.
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M.E. ein sehr guter Text und eine klare Darlegung, dass die Passivseite die entscheidende ist: Die Banken bibbern um ihre Ratings und die damit verbundenen Möglichkeiten der Refinanzierung, sprich: Verschuldung und Weiterverschuldung.
GruĂ
Tobias

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