- Die eigentliche Dramatik unserer Entwicklung - Euklid, 09.03.2004, 18:14
- Re: Die eigentliche Dramatik unserer Entwicklung - Sigip, 09.03.2004, 19:44
- Danke für dieses großartige Posting - Euklid, 09.03.2004, 20:14
- Re: Die eigentliche Dramatik unserer Entwicklung - Nachtigel, 10.03.2004, 00:32
- Re: JAAAAA - Die 68-ger Sozenmukimischpoke hat gigantische Probleme - Tassie Devil, 10.03.2004, 11:54
- Dann musst Du irgendwas falsch machen, zu mir hat das noch nie einer gesagt:-)) - Gundel, 10.03.2004, 13:58
- Re: Wunsch-Eltern und Wunschkinder - Gundel, 10.03.2004, 17:07
- Re: Wunsch-Eltern und Wunschkinder - Sigip, 10.03.2004, 22:42
- Kinderlosigkeit als gesellschaftliches Problem - Gundel, 11.03.2004, 03:41
- Re: Wunsch-Eltern und Wunschkinder - Sigip, 10.03.2004, 22:42
- Re: Die eigentliche Dramatik unserer Entwicklung - Sigip, 09.03.2004, 19:44
Re: Die eigentliche Dramatik unserer Entwicklung
-->>Von den Jahrgängen 62 bis 66 sind bereits 42% der Akademikerinnen kinderlos!
>Das heißt es entsteht im sozialen Gefüge unserer Gesellschaft ein klaffendes Loch:Es wird morgen am sozialen Mittelbau fehlen.
>An gut ausgebildeten,ja auch gut erzogenen Menschen mit entsprechendem intellektuellem Potenzial.
>Hier spielen natürlich Faktoren wie Erbmaterial,Erziehung,soziales Umfeld eine entscheidende Rolle,die in der Wissenschaft niemand ernsthaft bezweifelt.
>Dazu EX-Bundespräsident (Oberrucker) Herzog im Vorwort eines Wissenschaftsbandes des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW):Perspektive 2050)
>Wir müssen uns auch der Zuwanderungs und Familienpolitik,ja vielleicht sogar der <font color=#FF0000>Bevölkerungspolitik</font> annehmen.
>Warum so zahm Herr Oberrucker wenn es richtig ist was sie sagen??
>Das kann ich voll bejahen.
>Stehen sie etwa Todesängste aus weil sie vielleicht Beifall aus der falschen Ecke erhalten wie es so schön im political correctness heißt.
>Gäbe es Beifall wird eh jeder sofort als Nazi disqualifiziert der dies bekundet.
>Davon hat doch der Normalo keine Angst mehr weil er eh als Stammtischredner oder Nazi abqualifiziert wird.
>Manche protestierten doch schon bevor die Hohmann - Rede überhaupt veröffentlicht war.
>Es ist an der Zeit diesen Unsinn endlich mal abzuschaffen.
>
><font color=#FF0000>Der Wirtschaft geht der Innovations aber auch der Wettbewerbsdruck am Arbeitsmarkt verloren</font>
>Das mag anhand der Arbeitslosenzahlen überraschend klingen,ist aber rational:Denn während gut dotierte Arbeitsplatzbesitzer sich zunehmend in ihren Positionen einmauern,pochen die Arbeitslosen darauf,nach bekanntem Muster mit Arbeit (vor Ort) versorgt zu werden.Das gilt im Westen wie im Osten.
>Jüngere Menschen sind jedoch leichter in der Lage,den Wohnort zu wechseln,ein neues Selbstverständniss am Arbeitsmarkt zu etablieren und durch ihren Drang nach oben auch die etablierten Berufsjahrgänge unter Druck zu setzen.
>Das geht ohne eine nachwachsende Generation aber mehr und mehr verloren.
>Das Zeitfenster,indem die Politik handeln kann,wird immer enger.Untersuchungen in Ã-sterreich zeigen daß Reformen vornehmlich vom gebildeten und besser verdienenden Bevölkerungsteil erwartet und mit getragen werden.
>Wer selbst Teil des Sozialsystems ist,von ihm abhängt,ist zu entsprechenden Reformen nicht bereit.
>Gruß EUKLID
ReEuklid
Deutschland
Her mit den Kindern!
Plädoyer für eine moderne Bevölkerungspolitik, die den Namen verdient
Von Susanne Mayer
Ein Grauschleier liegt über Deutschland. Eine Mattigkeit der Stimmung, ein Gefühl von Endzeit, und das, wo der gewaltigste Umbau der Republik ansteht, die Neuerfindung des Sozialstaates. Bange Frage: Für wen? Im Gerangel um die letzten Sicherheiten ist eine mentale Schwäche spürbar, als wären wir im Zeitraffertempo schon zu jenen Greisen geworden, deren Nahen uns die Demografen prophezeien, in einer Gesellschaft ohne Perspektive jenseits der letzten Lebensphase. Ein Land, in dem, binnen der Lebenszeit unserer Kinder, sich die Bevölkerung halbieren wird und Jugend eine Randerscheinung ist. Zukunft? Eine schrumpfende Veranstaltung.
Ein wenig Zerknirschung ist da. Wie konnten wir übersehen, über Jahrzehnte, dass jede Generation von Kindern so viel kleiner ausfiel als die vorherige, um ein Drittel, um ein Drittel, um ein Drittel? Dass sich die Straßen von Kindern entleerten, wir in Unternehmen arbeiten, in denen ganze Belegschaften ohne Kinder sind? Eine Kindvergessenheit hat uns die Sinne benebelt. Das wurde nirgends so deutlich wie in der Reformdebatte. Die Krise der Krankenkassen und der Renten, das Debakel der Pflegeversicherung, die Unfinanzierbarkeit von Millionen, die nicht in Arbeit sind - alles haben wir diskutiert und uns dabei im Kosmos der Erwachsenen um uns selbst gedreht. Unser Arbeitslosengeld, unsere künstliche Hüfte, unsere Renten! Aber wo blieben jene, an die wir unsere Ansprüche zu richten gedenken, die Zwangsverpflichteten, unsere Kinder?
Kinder waren kein Thema, selbst als klar wurde, dass die neuen Sozialhilfegesetze eine halbe Million von ihnen in die Armut treiben würden, ausgerechnet, wo der typische Sozialhilfeempfänger heute schon acht Jahre jung ist, das Kind einer Alleinerziehenden. Kinder wurden übersehen von jenen, die eine Steuerreform ausklügelten, die Familienhaushalte in nicht wenigen Fällen um Hunderte von Euro im Jahr erleichtert - und dieses Geld umleitet in die Taschen von Alleinstehenden, ohne dass je das böse Wort von der Transferleistung fiele, das bei der Familienförderung oft bemüht wird. Kinder kamen nur vor als"demografischer Faktor", in der Rentenanpassung. Als ließe sich irgendetwas anpassen, wenn in wenigen Jahrzehnten 16 Millionen weniger Menschen erwerbstätig sind - keine Arbeitslose, sondern Leute, die es nicht gibt - und gleichzeitig 10 Millionen mehr Ältere zu versorgen sind."Glückliches, bügermeisterlich gehäbiges schneckenhaft träges Vaterland!", möchte man mit Heinrich Heine ausrufen, voller Spott, oder: in Verzweiflung.
Die Kindvergessenheit ist Ursache und Symptom einer Schwäche, der Zukunft ins Auge zu sehen und sie zu gestalten. Wir reden von Überalterung statt von Kinderlosigkeit. Mancher Statistiker träumt, eine Steigerung der Produktivität von 84 Prozent gleiche den Kindermangel aus. Eine Ministerin sinniert, ob zusätzliche 2,50 Euro pro Monat für die Pflegekassen nicht ein Ausgleich seien für die Erziehung eines Kindes. Jeder Unsinn scheint erlaubt, um ja nicht zuzugeben, dass es ohne Kinder nicht geht, um abzuwenden, dass wir unser Leben und unsere Politik radikal ändern müssen.
Die Vorstellung, man könne sich ohne Kinder einrichten, möchte man komisch finden, wäre sie nicht so absurd. Ohne Kinder! Da verrät sich die Selbstüberschätzung einer Gesellschaft, die nicht reif genug ist, sich als Glied eines Generationenzusammenhangs zu begreifen. Man ist versucht, es Abwehr zu nennen - wenn unsere Elite, deren Eingangsqualifikation zunehmend die Kinderlosigkeit ist, wenn die Merkels, von Beusts und Schröders, die Sagers, die Westerwelles alles für wichtig halten, nur die Kinderlosigkeit nicht. Es ist nur folgerichtig, dass eine Gesellschaft, die versucht, sich ohne Kinder zu denken, nicht über den eigenen Schatten und den kommenden Tag hinaus organisieren kann - und sich das schon gar nicht mehr zutraut."Eine Gesellschaft, in der immer weniger Kinder geboren werden, zeigt einen eigentümlichen Mangel an Zuversicht", so sagt es der Berliner Bischof Wolfgang Huber."Der Mut zu Kindern und der Mut zur Zukunft sind miteinander verknüpft. Die Tatsache, dass Deutschland in dieser Hinsicht unter 190 Ländern weltweit auf Rang 185 steht, schreit irgendwie zum Himmel." Es schreit aber niemand. Wo Kindsvergessenheit herrscht, ist schon Grabesruhe. Ach, würde jemand die Fanfare heben oder nur, wie Ludolf Wienbarg einst schrieb,"statt frömmelnd die Augen zu verdrehen, im Protestieren sich üben…"
Wienbarg war, wie Heine, ein Vertreter des Jungen Deutschland. Das Junge Deutschland steht für Aufbruch. Der Begriff führt uns in eine Epoche, da Europas alte Ordnung erschüttert wurde vom Aufbegehren der jungen Kräfte, 1830, Revolution in Paris, zum Takt von Aux Armes, Citoyens! Es ging um die Moderne. Um Zukunft! Es war ein gieriges Verlangen nach dem Sieg der Vernunft. Das Junge Deutschland wollte die überkommenen Politik- und Lebensmodelle abräumen: Gäbe es ein besseres Vorbild für ein neues Projekt Junges Deutschland?
Ein Projekt Junges Deutschland bedeutet: Bevölkerungspolitik. Bevölkerungspolitik heißt, den Menschen offen zu sagen, dass wir mehr Kinder brauchen - und zu diesem Zweck alle Kräfte bündeln müssen. Keineswegs geht es nur um Betreuungsplätze. Ein solches Projekt verlangt vernetztes Denken, es erfordert, lieb gewonnene Gewohnheiten zu überprüfen - vom Glauben, dass es Mittagsruhe geben muss, auch für Schulkinder, die gerade fünf Stunden stillsitzen mussten, bis zur Ansicht, dass wir erst Eltern werden, wenn unser Arbeitsplatz gesichert ist. Vom Vorurteil, dass es den Kindern nicht schadet, wenn Väter nur an Wochenenden vorkommen, bis zur Einstellung, dass fitte Senioren eine jahrzehntelange Urlaubsphase genießen können, ohne Verpflichtungen für die Gesellschaft, die sie unterhält. Es muss das Thema Jugend dorthin rücken, wo es hingehört: in das Zentrum aller Reformen.
Mehr Kinder, das macht allerdings nur Sinn, wenn wir ihnen alle Chancen bieten. Nicht wegen unserer Rente - sondern für sie, die Kinder. Noch einmal Heinrich Heine:"Das Leben ist weder Zweck noch Mittel, das Leben ist ein Recht. Das Leben will dieses Recht geltend machen gegen den erstarrenden Tod, gegen die Vergangenheit, und dieses Geltendmachen ist die Revolution." Das mag ungewohnt schwungvoll klingen in Zeiten des politischen Talkshow-Gelabers. Aber mit einem"Dies ist ein erster Schritt" muss Schluss sein, wenn wir der Jugend auf gleicher Augenhöhe begegnen wollen, wie es Bürgern desselben Landes geziemt.
Rund 15 Millionen Kinder unter 18 gibt es in unserem Land, davon 1,7 Millionen, deren Familien aus dem Ausland kommen. Nahezu jedes fünfte Kind bleibt mit seinen Eltern allein, nur 13 Prozent haben noch drei Geschwister und mehr. Im Osten der Republik gibt es Kinder, die nicht mal mehr im Nachbardorf einen Freund finden, zum Kicken. Wir wollen jetzt nicht die Pisa-Ergebnisse runterbeten, aber die Schulen dieses Landes funktionieren so, dass jedes dritte Kind privater Nachhilfe bedarf. Allein eine Viertelmillion Unterrichtsstunden fällt, kühl geplant, aus, weil dieses Land nicht genügend Lehrer einstellt, um die eigenen Unterrichtstafeln zu erfüllen, und das, obwohl wir unsere Schulen nur halbtags betreiben.
Die Konsequenzen treffen jene Kinder am härtesten, die in den ärmsten Familien leben, in den engsten Wohnungen, in verkehrsumtosten Stadtvierteln, die Kinder ausländischer Familien, von denen in manchen Regionen 20 Prozent ohne Schulabschluss ins Leben geschickt werden. Zu ihrem Schaden und zu unserem, die wir auf diese Bildungsreserve nicht verzichten können. Die Kinder der bessergestellten Deutschen werden häufig ins Ausland geschickt, in die besseren Schulen - sollen sie am besten gleich da studieren, wo man junge Menschen willkommen heißt, statt sie in glanzlosen Massenuniversitäten mit dem Gejammer zu empfangen, ihre Ausbildung sei uns zu teuer.
Für Bevölkerungspolitik gibt es gute und schlechte Beispiele. Das schlechte ist bis hierhin sicherlich schon vielen eingefallen."Wie bei den Nazis!", dröhnt es gern."Wie in Frankreich!", hört man leider seltener, oder:"Wie in Schweden!", oder:"Wie in Finnland!" Dabei sind diese Länder gute Beispiele dafür, wie man das Thema Jugend nicht unter"Familienpolitik" oder"Emanzipation der Frau" verschüttet, mit Debatten, die sich oft auf das Finanzielle konzentrieren, im Stile von"Was wir für die Familien tun", oder auf die Berufstätigkeit der Mütter, die mehr Kinderbetreuung brauchen, flexibel, warum nicht über Nacht, am liebsten auch in den Ferien.
Aus einem halben Jahrhundert deutscher Familienpolitik sind Eltern und ihre Kinder mit einem Image als Almosenempfänger hervorgegangen, es ist in die Köpfe gesickert wie Gift. So viel Transfer! Die einfache Wahrheit, dass schon das Kindergeld von den Familien selbst aufgebracht wird, über indirekte Steuern, hinterlässt in den grauen Zellen so wenig Abdruck wie der Gedanke, dass es in den kinderreichen Nachbarländern deshalb weniger eines Familienlastenausgleiches bedarf - weil die Lasten auf alle verteilt sind. Kinder gelten bei uns vor allem als Problem, der Betreuung, der Erziehung, des Geldes. Wie sehr sie aber, bei aller Belastung, auch eine Bereicherung des Lebens sind, ist eine Frage, die Amerikaner in der Tat fröhlich anders entscheiden als wir. Vergessen wird nur zu leicht, dass sich eine solche Mentalität entwickeln muss, und zwar nach der Vorgabe der Politik, deren Aufgabe es ist, Werte vorzugeben, die das gesellschaftlich Sinnvolle stärken, und diese durch Gesetze zu verankern - Gerechtigkeit zum Beispiel, Solidarität. Welchen Vorsprung haben da Länder, die sich dieser Aufgabe früh gestellt haben - und in denen heute Entscheidungen für Kinder deshalb so viel leichter getroffen werden können, weil Elternschaft dort selbstverständlich ist.
Frankreich hat, so war vor einer Woche an dieser Stelle zu lesen, schon vor einem halben Jahrhundert in der Jugend die entscheidende Kraft der Zukunft erkannt und ihr Wohlergehen zur Staatsraison erklärt. Als Ministerpräsident Raffarin vor einem Jahr die Reform der Sozialsysteme einläutete, war die offizielle Begründung, die Belastung für die Jugend müsse gemildert werden. Obwohl die Geburtenrate in Frankreich mit 1,89 europaweit an der Spitze liegt und weit über der unsrigen, die mit 1,32 das Schlusslicht bildet, hat die Regierung einen 10-Punkte-Katalog zur Anhebung der Kinderzahl durchgesetzt - zum Beispiel ein Begrüßungsgeld von 800 Euro pro Kind und die Zusicherung, keine Familie müsse sich wegen der Kinder ruinieren. Die Allgemeinheit stellt Familien ab dem dritten Kind steuerfrei. Eine wunderbare Lektion in Solidarität! In Schweden werden Eltern im einjährigen Babyjahr 80 Prozent des Lohnes überwiesen - handfestes Zeugnis für einen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass Erziehung der Gesellschaft so viel wert ist wie die Erwerbsarbeit. So entwickelt sich, was die Soziologin Ute Gerhardt"eine Ethik der Fürsorglichkeit" nennt. Hierzulande weigern sich Politiker seit zehn Jahren, auch nur ihrer verfassungsgemäßen Verpflichtung nachzukommen und ein Urteil des höchsten Gerichtes umzusetzen, nach dem bei der Rente die Erziehung in gleicher Weise gewichtet werden muss wie die Erwerbsarbeit. Das signalisiert:"Wir setzen lieber auf das familienunbehinderte Marktsubjekt" - eine Bevölkerungsbremsung. Ein anderes Beispiel ist das Festhalten an Steuergesetzen, die Mütter durch einen drastisch ansteigenden Tarif vom Beruf fern halten.
Solche Ideen kamen gelegen, als Gemeindeväter sich für die kostspielige Straßentrasse entschieden oder für die überdimensionierte Kläranlage, ohne auch nur über Ganztagsschulen nachzudenken. Man baute gern auf der Basis von Darlehen, deren Rückzahlung von jener Generation erwartet wird, für deren Ausbildung nun das Geld fehlt, weil man die Schulden bedienen muss. Anders die finnischen Politiker, die ihrer Bevölkerung vor 30 Jahren schon klar machten, dass Bildung der Jugend teures Vorrecht sei und man auf kein einziges dieser Kinder verzichten könne. Eliteförderung setzt in den Nachbarländern eben nicht bei der Uni an, sondern bei der Krippe, durch elitäre Anforderung an pädagogische Leistung. Es gibt Krippenplätze für fast 50 Prozent der jungen Schweden, Ganztagsschulen überall, wen wundert's, so kommt das Drittkind in Mode. Und alle Kinder zusammen haben mütterliche Vorbilder wie das der schwedischen Außenministerin Anna Lindh, die, als sie noch lebte, abendlich mit ihrem Rucksack zum Bahnhof eilte, um den Zug zu erwischen, der sie zu ihren Kindern brachte - und beides zeigte erstens, wie wichtig ihr die Kinder waren, und zweitens, dass sich ein Familienleben mit den schönsten Berufen vereinbaren lässt. Mentale Bevölkerungsentwicklung!
Die Kinderfeindlichkeit, die sich die Deutschen so freimütig attestieren, erzeugt sich fortwährend selbst. Weil das Leben mit Kindern als immer unzeitgemäßer empfunden wird in einer Welt, in der immer weniger Menschen erfahren, wie schön es mit Kindern sein kann, können wir einem Lifestyle frönen, der sich mehr und mehr am Konsum orientiert - mithilfe jener 75 Milliarden Euro, die wir nach Berechnung des Ã-konomen Meinhard Miegel jedes Jahr übrig haben, weil jede Kindgeneration so viel kleiner ausfällt als die vorige.
"Mehr Kinder" - das würde allerdings bedeuten, für mehr Kinder mehr Geld auszugeben. Kein leichtes Projekt in Zeiten der wirtschaftlichen Stagnation. Es würde, so die Ã-konomen, zwei Generationen dauern, bis sich das als Erhöhung des Bruttosozialprodukts wieder auszahlt. Eine Einschränkung unseres Lebensstils wird also verlangt, von drastischem Ausmaß, man könnte auch sagen: für die Erneuerung des Generationenvertrages. Und wir müssen es schaffen ohne Verstärkung von Frauen wie Anna Lindh, die als Mütter an entscheidender Stelle säßen.
Es gibt Signale der Vernunft. Der Bundeskanzler soll erwägen, Prestigeobjekte wie die A22 umzuwidmen, für Krippenplätze. Bildungsexperten haben eine Greenpeace-Attacke für den nachhaltigen Ausbau von Schulen verlangt - gefördert von einer Stiftung, in die alle einzahlen könnten, die ihr Geld gerade nicht für Kinder brauchen. In Baden-Württemberg gab es einen Wettbewerb für die Gestaltung von förderlicher Umwelt, man sieht in den prämierten Kommunen tobende Kinder auf der früheren Durchgangsstraße, Skaterbahnen direkt im Park, Atelierhäuser statt Autohalden inmitten von Siedlungen. Vor allem aber sieht man viele Kinder. Na also!
(c) DIE ZEIT 04.03.2004 Nr.11

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