- Pressefreiheit und das Medienoligopol - Sorrento, 10.03.2004, 09:48
- Re: Pressefreiheit und das Medienoligopol/ wer ist bitte"wir veröffentlichen".? - kizkalesi, 10.03.2004, 10:16
- die"Junge Welt" schrieb das, siehe Quellen-Link owT - Sorrento, 10.03.2004, 10:26
- Re: Pressefreiheit und das Medienoligopol/ wer ist bitte"wir veröffentlichen".? - wihoka, 10.03.2004, 10:26
- Bloß nicht lesen und schon gar nicht drüber nachdenken - kommt nämlich... - chiquito, 10.03.2004, 11:24
- Re: Zur Pressefreiheit gibt es auch ein aktuelles Beispiel: Der Kanzler und Bild - JLL, 10.03.2004, 10:40
- Re: Zur Pressefreiheit gibt es auch ein aktuelles Beispiel: Der Kanzler und Bild - kizkalesi, 11.03.2004, 08:35
- Re: Pressefreiheit und das Medienoligopol/ wer ist bitte"wir veröffentlichen".? - kizkalesi, 10.03.2004, 10:16
Pressefreiheit und das Medienoligopol
-->Pressefreiheit
Mißbrauch publizistischer Macht. Die Demokratie in Deutschland und die Eigentumsverhältnisse in den Medien. Eine Analyse (Teil 1)
* Eckart Spoos Analyse zur Medienmacht in der Bundesrepublik, die wir in zwei Teilen veröffentlichen, ist ein Auszug aus dem dieser Tage erscheinenden Jahrbuch des Komitees für Grundrechte und Demokratie in Köln »Medien, Bürgerrechte und Politik«.
Nehmen wir mal an, ich wäre Verleger einer regionalen Monopolzeitung; sagen wir im Westerwald. Und konstruieren wir den Fall: Mein Sohn hätte Drogenprobleme, die Polizei hätte ihn bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz erwischt, die Staatsanwaltschaft hätte ihn angeklagt, ein Amtsrichter hätte das Verfahren eröffnet - und das alles hier bei mir im Westerwald. Würde ich es dann zulassen, daß einer meiner Redakteure in meinem Blatt diese rein private Angelegenheit öffentlich macht? Dürfte ich es dulden, daß mein Blatt dazu mißbraucht wird, den Jungen, der später einmal das Unternehmen leiten soll, und damit die ganze Familie in Verruf zu bringen, also dem Unternehmen zu schaden? Niemals könnte ich das verantworten. Schlimm genug, daß der Junge in Gefahr ist, verurteilt zu werden. Würde nicht besser einer meiner Redakteure mal kritisch darstellen, was in diesem Amtsgericht vorgeht, was das für Juristen sind, die es wagen, so rücksichtslos gegen uns vorzugehen? Wofür bin ich denn Verleger, wenn ich mein Blatt nicht mehr für meine Interessen nutzen dürfte? Das Eigentum und sein freier Gebrauch stehen doch bei uns, bitte schön, immer noch unter Grundrechtsschutz.
Beenden wir diesen fiktiven Monolog über einen nicht ganz fiktiven Fall und wenden wir uns statt dessen zum Beispiel Alfred Neven DuMont zu, dem Verleger des Kölner Stadtanzeigers. Als die IG Metall begann, die 35-Stunden-Woche zu fordern, mahnte er die Redaktion schriftlich zur Zurückhaltung - später könne ja auch die eigene Branche von solchen Forderungen betroffen sein.
Die Meinungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern über eine Arbeitszeitregelung - im Presse- ebenso wie im Metallunternehmen - konnten, ja mußten auseinandergehen. Gerade deswegen erhob der Arbeitgeber Neven DuMont den Anspruch, über die Tendenz von Veröffentlichungen über dieses Thema zu entscheiden.
Dieser Verleger gebietet inzwischen über das Pressemonopol in Köln und Umgebung, nachdem er zum Kölner Stadtanzeiger und regionalen Boulevardblatt express auch die konkurrierende Kölnische Zeitung erworben hat. Nach der »Wende« konnte er sich überdies die Mitteldeutsche Zeitung in Halle aneignen. Die Tochter- und Beteiligungsgesellschaften (auch im Rundfunk) aufzulisten würde zu weit führen.
Seit langem spielt Neven eine wichtige Rolle im Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), zeitweilig war er dessen Präsident. Er war auch tonangebend beteiligt, als in den 1970er Jahren Tarifverhandlungen zwischen den Journalistenorganisationen und dem BDZV über eine von den Redakteuren geforderte »Kompetenzabgrenzung« geführt wurden (»innere Pressefreiheit« war damals die Parole). Die Verleger, denen ein Vertrag darüber von vornherein zuwider war, ließen sich eine Zeitlang auf Verhandlungen ein und erklärten sich bereit, den Redakteuren eine »Detailkompetenz« einzuräumen, sofern klargestellt sei, daß die »Grundsatzkompetenz« bei ihnen, den Eigentümern des Pressebetriebs, liege. Die Verhandlungen scheiterten, als die Verleger zusätzlich eine »Richtlinienkompetenz« beanspruchten. Wenn zum Beispiel, so erläuterten sie, im Verbreitungsgebiet des Blattes eine Landratswahl anstehe, müsse der Verleger das Recht haben, darüber zu entscheiden, wie im Blatt über die einzelnen Kandidaten geschrieben werde, denn hier könnten seine unmittelbaren Interessen berührt sein. Das heißt: Die Verleger wollten von ihrer publizistischen Macht nichts abgeben. Und dabei ist es geblieben; ihre Macht ist derweil permanent gewachsen.
Unisono dasselbe Lied
Die Demokratie in Deutschland - und in anderen Ländern desgleichen - ist den Eigentumsverhältnissen in den Medien unterworfen. Aber wer merkt es?
Der größte Pressekonzern in Deutschland ist der Axel-Springer-Verlag. Ihm gehören Bild und Welt, Bild am Sonntag, Welt am Sonntag, BZ, Berliner Morgenpost, Hamburger Abendblatt und vieles mehr. Die bei Springer beschäftigten Journalisten sind allesamt auf das marktwirtschaftliche System verpflichtet, den Kapitalismus. Es ist ihre Aufgabe, den vielen Millionen Lesern von Springer-Zeitungen und -Zeitschriften immerzu die Botschaft einzuträufeln, der Kapitalismus sei gut für sie, besser als alles sonst Erdenkliche, einfach das Bestmögliche.
Zum Springer-Konzern gehören auch die Lübecker Nachrichten, die Monopolzeitung in Lübeck und Umgebung. Wie alle Springer-Zeitungen preist dieses Blatt tagtäglich die Konkurrenz, den freien Markt, auf dem sich alles zum Besten fügt. Wer bemerkt diesen grotesken Widerspruch, diese Verlogenheit: daß ein Monopolblatt den freien Markt preist?
In den meisten Regionen Deutschlands erscheint nur noch je eine Zeitung. Im Bundesland Rheinland-Pfalz beispielsweise gibt es vier Tageszeitungen, je eine in den vier (früheren Regierungs-) Bezirken Mainz, Koblenz, Ludwigshafen und Trier; die Verbreitungsgebiete sind genau gegeneinander abgegrenzt.
In Ostdeutschland erschienen bis 1989 neben den SED-Bezirkszeitungen noch Zeitungen der anderen Parteien, die aber, auch wenn sie sich in Einzelheiten unterschieden, alle den Sozialismus und die damaligen Machtverhältnisse priesen. Die SED-Bezirkszeitungen wurden dann sämtlich von westdeutschen Pressekonzernen übernommen; die anderen Blätter wurden eingestellt. Die in Monopolzeitungen umgewandelten früheren SED-Blätter preisen jetzt alle den Kapitalismus und die heutigen Machtverhältnisse.
Monopolisierung
Obwohl die regionale Monopolisierung der Presse auch in Westdeutschland weitgehend - bis auf wenige Regionen wie Berlin, München, Frankfurt/Main, Düsseldorf - abgeschlossen ist (teilweise mit dem Ergebnis, daß zwar noch zwei Zeitungen nebeneinander erscheinen, die aber demselben Verlag gehören, so in Hannover und Nürnberg), geht die Pressekonzentration weiter. Die großen Konzerne erbeuten nach und nach die Monopolblätter, wie es Springer in Lübeck getan hat. Der Holtzbrinck-Konzern zum Beispiel (Die Zeit, Handelsblatt, Der Tagesspiegel u. a.) hat sich den Südkurier, die Lausitzer Rundschau und die Saarbrücker Zeitung (die einzige Zeitung im Saarland) zugelegt, und jedes Holtzbrinck-Blatt stimmt mit jedem Springer-Blatt im Lobpreis des Kapitalismus überein, der angeblich die Grundlage aller Freiheit ist. Und die Blätter des Bertelsmann-Konzerns (Gruner+Jahr), des Essener WAZ-Konzerns und der anderen großen Verlage singen unisono dasselbe Lied.
Wo einmal ein Monopol besteht, da kann Konkurrenz nicht wiedererstehen. Kleine Versuche hat es gelegentlich hier und da gegeben. In Osnabrück und Umgebung, wo schon seit Jahrzehnten die Neue Osnabrücker Zeitung allein erscheint, trat einmal eine Neue Freie Presse mit der Parole »Brecht das Meinungsmonopol der NOZ« an. Der Versuch war schnell gescheitert. Selbst der reiche Heinrich-Bauer-Verlag schaffte es nicht, in dem kleinen Verbreitungsgebiet der Husumer Nachrichten ein Konkurrenzblatt zu etablieren. Aber nach der »Wende« bedachte ihn die Treuhandanstalt mit der Volksstimme, der früheren SED-Zeitung im Bezirk Magdeburg und Umgebung. So konnte dieser mächtige Zeitschriftenkonzern endlich doch ins Zeitungsgeschäft hineinwachsen.
All diese Monopolzeitungen agitieren für das Privateigentum an der Presse, für die Privatwirtschaft überhaupt und für die Privatisierung alles dessen, was noch gemeinwirtschaftlich ist: Nahverkehr, Wasserversorgung, Kliniken, zuletzt wahrscheinlich auch noch Schulen und Gefängnisse, jedenfalls soweit sich daraus Geld schlagen läßt.
Albrecht Müller, einst Berater und Redenschreiber Willy Brandts, konstatierte Anfang 2003 in der Frankfurter Rundschau: »Einer sagt: Mit dem Umlageverfahren ist die Altersversorgung nicht mehr zu finanzieren - und alle einflußreichen Multiplikatoren sagen es nach. Einer sagt: Wir leben in einem Gewerkschaftsstaat - und Hunderte sagen es nach. Einer sagt: Keynes ist out - und von Abertausenden schallt es zurück. Einer sagt: Wir brauchen endlich einen Niedriglohnsektor - und Legionen wiederholen es. Usw., usw. Dadurch, daß viele das Gleiche wiederholen, wird die Lüge zur Wahrheit, diagnostizierte George Orwell.«
Sie agitieren gegen das Tarifvertragsrecht, gegen das Streikrecht, gegen das Koalitionsrecht. Sie agitieren für die Lockerung, möglichst Abschaffung des Kündigungsschutzes, für die Verlängerung der Arbeitszeit bis hin zur Aufhebung aller Arbeitszeitregelungen, für die Senkung der Lohnkosten, also der Löhne und aller Sozialabgaben, zu denen die Unternehmer je verpflichtet worden sind, und mit der Hingabe eines Kirchenchores verbreiten sie die frohe Botschaft, der Sozialabbau werde den wirtschaftlichen Aufschwung bringen, der dann auch Arbeitsplätze schaffen werde.
Das alles ist so inhuman wie irrsinnig - aber gerade deswegen ist dieser gewaltige publizistische, nein propagandistische Aufwand erforderlich, damit das Volk nicht auf andere, realistischere Gedanken kommt.
So werden Politiker gemacht
Die Medien haben in Deutschland viel Freiheit. Sie dürfen über alle möglichen Absonderlichkeiten berichten, auch über frei erfundene, und manchmal zeigen sie sich zu starkem Engagement imstande, so Springers BZ zeitweilig für den armen »Euro-Fritz«, den die Berührung von Geldscheinen angeblich impotent gemacht hatte; die Zeitung führte ihm Frauen zu, die ihn sexuell stimulieren sollten.
Aus der Macht der Medien, einzelne Menschen bekannt zu machen, hat sich ein glänzendes Geschäft entwickelt: das Show-Geschäft. Ohne die Medien kann niemand bekannt werden. Wegen welcher Eigenart oder Fähigkeit sie einen Menschen bekannt machen, ist nicht entscheidend; hier zählt nur der Effekt, eben die Bekanntheit - die sich vielfältig nutzen läßt. Wenn einer Schlager singt, interessiert an ihm nicht nur die Stimme, und am Fußballspieler interessieren nicht nur die Beine, sondern er darf auch Schlager singen, und besonders wichtig sind seine Liebschaften. Je öfter einer erwähnt und möglichst auch im Bild gezeigt wird, desto höher steigt sein Marktwert. Schließlich darf er sogar für Gummibärchen oder Telekom-Aktien werben, wodurch seine Bekanntheit und sein Einkommen Spitzenwerte erreichen. Ghostwriter drängen sich ihm auf, die ihn auch zum Buchautor machen; unabhängig vom Inhalt des Buches ist von vornherein eine hohe Auflage garantiert. Die Berichterstattung über Pressebälle, auf denen die kleinen Stars um die großen kreisen, indiziert den Marktwert jedes einzelnen. Es versteht sich von selbst, daß nur derjenige Marktwert bekommen darf, der sich als Werbeträger für das marktwirtschaftliche System eignet. Daß er - eigentlich ein Nobody - ihn bekommt, gilt als Beweis für die Güte dieses Systems.
So werden auch Politiker gemacht. Ein Beispiel aus den USA: Der mittelmäßige Hollywood-Schauspieler Ronald Reagan hatte erfolgreich im Fernsehen für Seifenartikel geworben; außerdem hatte er unter McCarthy Kollegen als Kommunisten denunziert. Kalifornische Multimillionäre befanden: Wer Borax-Produkte an den Mann und vor allem auch an die Frau bringe, der könne, wenngleich eigentlich Mitglied der Demokratischen Partei, auch die Politik der Republikanischen Partei verkörpern und Gouverneur von Kalifornien werden. Sie finanzierten seinen Wahlkampf, und er wurde Gouverneur. Ähnlich inzwischen Arnold Schwarzenegger.
Auch wer in Deutschland Kanzler werden will, kann nie genug Fernsehauftritte bekommen. Für den zeitweiligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder war es besonders nützlich, als er in der Fernsehfilmserie »Der große Bellheim« den Ministerpräsidenten spielen durfte.
Nachdem sich Gerhard Schröder 1996 in Hamburg auf einer Bundesversammlung des CDU-Wirtschaftsrates vorgestellt hatte und dort für geeignet befunden worden war, die Nachfolge des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl anzutreten, taten alle deutschen Medienkonzerne, was sie konnten, um die SPD zu bewegen, Schröder als Kanzlerkandidaten aufzustellen. Die letzte Hürde, die er nehmen mußte, war die niedersächsische Landtagswahl im Frühjahr 1996. Nie unterstützten die Medien dermaßen entschlossen und geschlossen einen SPD-Kandidaten wie in jenem Landtagswahlkampf, und erfolgreich suggerierten sie, daß sich dort entscheide, welcher Sozialdemokrat bei der Bundestagswahl gegen Kohl antrete. Unter dem Druck der Medien knickte die SPD ein - die sich vorher deutlich gegen Schröder entschieden hatte.
Sobald Schröder zum Kanzler gewählt war, übten die Medienkonzerne doppelten Druck aus: Erstens prügelten sie auf die SPD ein, sich Schröders Politik zu eigen zu machen, auch und gerade wenn diese Politik den Beschlüssen der Partei und dem Programm, mit dem sie sich zur Wahl gestellt hatte, widersprach. Zweitens ließ vor allem der Springer-Konzern - an den sich Schröder eng anlehnte und von dem er sich einen stellvertretenden Chefredakteur der Bild -Zeitung, der ihm schon als Biograph gedient hatte, als Regierungssprecher holte - den Kanzler bald spüren, daß grundsätzlich die CDU zum Regieren ausersehen ist und daß es Mittel und Wege gibt, regierende Sozialdemokraten abzulösen: In Hamburg schrieben damals Bild und Hamburger Abendblatt einen ebenso dummen wie reaktionären Amtsrichter zum politischen Hoffnungsträger hoch und verschafften ihm rund 20 Prozent der Stimmen. Mit diesem Koalitionspartner konnte dann die CDU die Landesregierung übernehmen, was ihr aus eigener Kraft nicht möglich gewesen wäre.
Es geht noch viel direkter und brutaler, wie wir aus Italien wissen. Da kauft sich der reichste Unternehmer des Landes Zeitungen und Rundfunkanstalten, kandidiert selbst für das Amt des Ministerpräsidenten, das er in einer Koalition mit Separatisten und Neofaschisten auch erhält, und nutzt fortan zusätzlich auch die staatlichen Sender für eine Propaganda, die seinen persönlichen Interessen dient, z. B. dem, vor Strafverfolgung geschützt zu werden.
Im Mai 2003 verbot Berlusconi den Journalisten in den von ihm abhängigen Medien, einen Wahlerfolg der Linken bei Regionalwahlen als Erfolg darzustellen. Im Juni verbot er ihnen, über ein von der Linken in Gang gebrachtes Referendum zur Sicherung und Stärkung des Kündigungsschutzes zu berichten. Die Totschweigetaktik war erfolgreich: Das Referendum - erschwert auch durch Differenzen innerhalb der Linken - scheiterte an zu schwacher Beteiligung.
Kritische Wissenschaft?
Eine freie Presse ist laut Bundesverfassungsgericht »schlechthin konstituierend« für die Demokratie. Wie frei die Presse ist (frei wovon? frei wozu?) und welchen Gebrauch sie von ihrer Freiheit macht, müßte permanent untersucht werden: von Medienwissenschaftlern, von Bürgerrechtsorganisationen, von Gewerkschaften.
Die Gewerkschaften wehren sich kaum noch gegen die unablässige Diffamierung in den Konzernmedien; es ist sehr lange her, seit die IG Metall einmal Professor Erich Küchenhoff beauftragte, die antigewerkschaftliche Hetze der Bild -Zeitung zu analysieren.
Um so erfreulicher, daß sich eine Bürgerrechtsorganisation, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, im neuen Jahrbuch mit dem Thema »Medien, Bürgerrechte und Politik« befaßt. Das erinnert mich an das Komitee für Abrüstung und Demokratie, das 1967 das heute noch nützliche Buch »Imperium Springer« herausgebracht hatte, dessen Befunde die 68er Forderung »Enteignet Springer!« nahelegten.
Die Medienwissenschaft dient weitgehend den Medienkonzernen und der werbungtreibenden Wirtschaft, die möglichst genau wissen wollen, mit welchen Methoden sie noch intensiver auf die Ã-ffentlichkeit und aufs Unterbewußtsein der Konsumenten einwirken können, um ihre Interessen durchzusetzen. Solche Studien bleiben uns meist verborgen. Aber gelegentlich kommen auch Studien mit demokratischer Tendenz zustande wie die von Norbert Jonscher über »Inhalte und Defizite des lokalen Teils in der deutschen Tagespresse« als Dissertation an der Universität Göttingen. Da können wir dann erfahren, daß alle vier untersuchten Monopolzeitungen im östlichen Niedersachsen die Aufgabe, umfassende und vielfältige Informationen und Meinungen zu vermitteln, durch die den Lesern eine eigene Meinungsbildung zu kommunalpolitischen Themen ermöglicht würde, »nicht oder nur mangelhaft erfüllen«, indem sie unliebsame Themen (z. B. Umweltverschmutzung durch ortsansässige Unternehmen) bewußt vernachlässigen und auf Kritik und Kontrolle von Politikern und Behörden weitgehend verzichten. Über bestimmte gesellschaftliche Bereiche wie Kirche und Wirtschaft werde fast nie negativ berichtet. In den Lokalteilen, so Jonscher, tauchten immer die gleichen Handlungsträger auf (Parteien, Vereine, Bürgermeister), andere kämen äußerst selten zu Wort. Meist werde über Veranstaltungen berichtet, Hintergrundinformation fehle gewöhnlich. Konsequenz: »Nicht nur die Partizipationsmöglichkeiten der Bürger werden erschwert, auch ihr allgemeines Demokratiebewußtsein wird durch diese Nichtbeteiligung an unmittelbar interessierenden, überschaubaren kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen geschwächt.«
* Morgen: Enttabuisierung des Militärischen
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