- Warum verließ Horst Köhler so hastig die Führung des IWF? - RK, 14.03.2004, 22:26
- Also geht es los - politico, 14.03.2004, 23:22
- Dann wenn.... - Tofir, 14.03.2004, 23:57
- Mit anderen Worten: die Systemkrise ist schon längst am Ablaufen (owT) - Shakur, 15.03.2004, 01:04
- Und trotzdem sehen es die Leute nicht... - Gundel, 15.03.2004, 10:46
- Dann wenn.... - Tofir, 14.03.2004, 23:57
- Also geht es los - politico, 14.03.2004, 23:22
Warum verließ Horst Köhler so hastig die Führung des IWF?
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Systemkrise:
Warum verließ Horst Köhler so hastig die Führung des IWF?
(EIR, Financial Times)
Wie in letzter Zeit (immer häufiger) an dieser Stelle berichtet, sind die Auflösungserscheinungen des Weltfinanzsystems nicht mehr zu übersehen. Urplötzlich legen Schlüsselfiguren führender Finanzinstitutionen ihr Amt nieder und suchen das Weite. IWF-Chef Horst Köhler verließ seinen Posten in Washington praktisch fluchtartig. Ebenso plötzlich trat Tim Frost, der Europachef für Kreditderivate bei dem führenden Investmenthaus der Wall Street, J.P.Morgan zurück. Sogar über einen Nachfolger des Chefs der Federal Reserve Greenspan wird bereits diskutiert. Verlassen also die sprichwörtlichen Ratten das sinkende Schiff? Denn inzwischen besteht kein Zweifel mehr: Der Internationale Währungsfonds (IWF) schlittert in die größte Krise seit seiner Entstehung vor 60 Jahren. Mit einem Mal entweichen große Mengen heißer Luft aus den diversen Finanzblasen, wobei sich zahlreiche Fonds und Banken nicht nur die Finger verbrennen. Wie wird die Finanzoligarchie auf diese Herausforderung reagieren?
Es ist nun gut vier Jahre her, da mußte ein Nachfolger für den scheidenden IWF-Vorsitzenden Michel Camdessus gefunden werden, der nach allzu vielen Mexiko-, Asien- und Brasilienkrisen und genauso vielen Bankenrettungspaketen verschlissen war. In dem diplomatischen Geschachere um die Spitzenposten bei NATO, UNO, EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und dergleichen Einrichtungen war nun der deutsche Kanzler Schröder an der Reihe, einen Kandidaten für den IWF-Vorsitz vorzuschlagen. Schröders erster Vorschlag, Finanzstaatssekretär Koch-Weser, scheiterte am Widerstand Washingtons. Aber den zweiten Kandidaten, den ehemaligen Sparkassenpräsidenten und Chef der Osteuropabank Horst Köhler, konnte dann niemand mehr ablehnen. Bundeskanzler Schröder war jedenfalls mächtig stolz. Denn seit dem Krieg hatte bislang kein Deutscher eine derartige Spitzenposition in internationalen Finanzinstitutionen innegehabt.
Um so merkwürdiger war dann, was in den ersten Märztagen des Jahres 2004 geschah. Mitten in der schwersten Auseinandersetzung des IWF mit einem wichtigen Schuldnerland, nur wenige Tage vor Ablauf der Zahlungsfrist für Argentinien, flüchtete Horst Köhler Hals über Kopf aus Washington und ward dort nicht mehr gesehen. Mit sofortiger Wirkung legte er sein Amt nieder, das dann erst einmal an seine Stellvertreterin Anne Krüger überging. Gutinformierte Kreise weisen in diesem Zusammenhang auf zwei Motive hin. Erstens gilt Köhler, auch wenn er sich als Bundespräsidentenkandidat auf eine neoliberale Agenda für Deutschland festgelegt hat, in Washington als viel zu weich für die anstehenden Kämpfe mit den Schuldnernationen. Zum anderen dürfte Köhler kaum entgangen sein, daß die weltweite finanzielle Lage, und nicht zuletzt die des IWF selbst, völlig unhaltbar geworden ist.
Hier ist zunächst Argentinien zu nennen. Zwar hat Argentinien am 9. März in letzter Minute die fällige Zahlung in Höhe von 3,1 Mrd. Dollar an den IWF getätigt. Aber diese erfolgte nur nach eindeutigen Zusagen des IWF, in Kürze einen gleich hohen Betrag an Argentinien im Rahmen des laufenden Kreditabkommens auszuzahlen. Zuvor hatte der IWF eine derartige Zusage stets davon abhängig gemacht, daß Argentinien nicht nur alle üblichen Konditionalitäten - etwa einen Überschuß im Staatshaushalt - erfüllt, sondern obendrein weitere Zugeständnisse gegenüber den Käufern von Argentinienanleihen macht. Doch der argentinische Präsident Kirchner blieb bei seinem Standpunkt: Die Investoren haben jahrelang horrende Zinsen kassiert, gerade weil das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit Argentiniens als hoch eingestuft wurde. Sie gingen also ein spekulatives Geschäft ein - und haben verloren. Argentinien bietet den Anleihekäufern nun (zusätzlich zu den in den letzten Jahren bereits gezahlten Zinsen) die Rückzahlung von 25% des Nominalwertes an. Mehr käme angesichts des dramatisch zusammengebrochenen Lebensstandards in Argentinien einem Völkermord gleich. Gerade in Deutschland gibt es, ebenso wie in Italien, besonders viele Besitzer von Argentinienbonds. Sie werden den Verlust verschmerzen können. Immerhin können sie sich mit folgender Überlegung trösten: Hätten sie das gleiche Geld im Sommer 2000 in Aktien der Deutschen Telekom gesteckt oder gar in Aktien am Neuen Markt, dann müßten sie sich heute mit 5-15% der anfänglichen Anlagesumme begnügen.
Zurück zum IWF. Die Auseinandersetzung mit Argentinien ist mit der Zahlung vom 9. März keineswegs beendet, sie geht lediglich in die nächste Runde. Europäische und amerikanische Regierungen und Zentralbanken fahren große Geschütze auf, um die argentinische Regierung zum Vorteil der privaten Investoren weich zu klopfen. Italiens Ministerpräsident Berlusconi schaltete sich ein, Bundesbank-Vizepräsident Jürgen Stark sprach in Buenos Aires vor, und die US-Regierung spart nicht mit Drohungen. Sie alle fürchten das gleiche Schreckgespenst: Was passiert, wenn andere große Schuldner, beispielsweise Brasilien oder die Türkei, dem argentinischen Vorbild folgen? Dies würde nicht nur wegen der dreistelligen Milliardenforderungen unmittelbar eine finanzielle Systemkrise auslösen. Es wäre zugleich das Ende des IWF in seiner jetzigen Rolle, d.h. eines einst von Regierungen geschaffenen Instruments, das inzwischen weltweit zur Durchsetzung privater Finanzinteressen und neoliberaler Wirtschaftsideologien eingesetzt wird.
All dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem die Finanzmärkte verrückt spielen und das Platzen billionenschwerer Blasen bereits eingesetzt hat oder unmittelbar bevorsteht. Die Symptome sind zahlreich: Es gibt extreme Ausschläge an den Devisenmärkten, die den Dollar gegenüber dem Euro, wie am 5. März, binnen einer Stunde um 2 Cent nach unten drücken und an anderen Tagen - dank der Bank von Japan - ebenso schnell nach oben schießen lassen. Japans Devisenmarktinterventionen stellen täglich neue historische Rekorde auf. Mitunter muß die Bank von Japan hierfür an einem einzigen Tag das Yen-Äquivalent von 20 Mrd. Dollar drucken. Zudem erlebten die weltweiten Aktienmärkte in der zweiten Märzwoche ihren schwersten Einbruch seit Oktober 2003. Ein Händler an der Wall Street brachte die Lage folgendermaßen auf den Punkt:"Die Märkte gingen hoch in der Erwartung guter Nachrichten, aber es ist nie eine eingetroffen. Es gibt keine neuen Arbeitsplätze, die Defizite werden immer größer, der Ã-lpreis schießt hoch und die Schuldenblasen wachsen mit jedem Tag. All diese Dinge umgeben uns schon seit geraumer Zeit, aber wir haben sie ignoriert. Die ganze Idee vom Aufschwung ist jetzt in Frage gestellt."
Am 10. März wartete dann die Londoner Financial Times mit einer alarmierenden Schlagzeile auf. Der US-Hypothekenriese Fannie Mae habe in den letzten vier Jahren 24 Mrd. Dollar an Verlusten mit Finanzderivaten angehäuft, ohne diese in der Bilanz auszuweisen. Dann wurde bekannt, daß Tim Frost, der Europachef für Kreditderivate bei J.P. Morgan, sein Amt plötzlich niedergelegt hat und sich in Zukunft anderen Dingen als den Finanzmärkten widmen möchte. Schon am 8. März war der neue Quartalsbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) erschienen. Überall, so macht der Bericht der BIZ klar, lauern systemische Gefahren. Denn in den letzten Monaten haben die Banken und Fonds einen"robusten Appetit auf Risiken" entwickelt, wie man das in Basel vornehm formuliert. Im Kern geht es um folgendes: Weil die Zinsen weltweit in den Keller gefallen sind, haben die Banken und übrigen Marktteilnehmer, um ihre Einkünfte aufrechtzuerhalten, riesige Summen in hochriskante und deswegen höher verzinste Anlagen gesteckt. An den Aktienmärkten haben die Bewertungen dadurch mitunter, im Verhältnis zur Leistung der Unternehmen,"historische" Höhen erreicht. Bei Ramschanleihen von Unternehmen und bei Anleihen schlecht eingestufter Entwicklungsländer habe es den größten Kaufrausch seit August 1998 gegeben - ein deutlicher Hinweis der BIZ auf die damals wenig später erfolgende LTCM-Katastrophe.
Die Devisenmärkte werden von"außergewöhnlicher Volatilität" beherrscht. Und das Handelsvolumen an den Derivatbörsen ist im letzten Jahr dramatisch um 26% auf jetzt 874 Billionen Dollar angestiegen. Hier werden also an jedem Handelstag neue Finanzwetten abgeschlossen in einem Volumen, das doppelt so groß ist wie die gesamte in gut 50 Jahren angesammelte Staatsverschuldung Deutschlands. Besonders stark angestiegen, um 64% auf 278 Billionen Dollar, ist laut BIZ der Derivateumsatz in Europa. Bei diesen Zahlen ist das noch deutlich größere Handelsvolumen bei OTC-Derivaten - das sind direkte Finanzwetten zwischen jeweils zwei Banken - noch gar nicht eingerechnet. Diesem Horrorüberblick fügt der BIZ-Bericht sodann noch vier Aufsätze zu"speziellen Themen" bei. Jeweils geht es um Immobilien- und Hypothekenblasen, insbesondere in den USA, sowie um die Verschuldung der privaten Haushalte.
Auch Alan Greenspan, der die liquididätssüchtigen Finanzblasen bislang so großzügig mit"Stoff" versorgt, bekommt offenbar kalte Füße. Es mehren sich die Gerüchte, daß Greenspan schon in den kommenden Monaten aus dem Amt scheiden wird. Die Auswahl der Personen, welche die Köhlers und Greenspans dieser Welt ersetzen sollen, dürfte einen Hinweis darauf geben, welche Pläne die Finanzoligarchie angesichts des zusammenbrechenden Finanzsystems verfolgt. Aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge Alan Greenspans als Vorsitzender der Federal Reserve ist jedenfalls Harvardprofessor Martin Feldstein. Er hatte bereits beim letzten Zentralbanktreffen in Jackson Hole, Wyoming, einen prominenten Auftritt und ist seit Jahren mit der Republikanischen Partei und insbesondere mit der Bush-Familie auf's engste verquickt. Im Wahlkampf des Jahres 2000 wollte Feldstein den späteren Präsidenten George W. Bush auf eine ganz besondere Forderung festlegen: die vollständige Privatisierung der Sozialversicherungen. Das ging Bush damals noch zu weit.
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"Horst Köhlers Problem: Das Finanzsystem ist am Ende - Jetzt stehen wir vor der Wahl: Hjalmar Schacht oder New Deal?"
(Helga Zepp-LaRouche, Neue Solidarität)
Unter diesem Titel verfaßte die Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, Helga Zepp-LaRouche, am 11. März den folgenden Kommentar:
In ihrem jüngsten Vierteljahresbericht läßt die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) auf eine für diese konservative Institution völlig ungewöhnliche Weise die Maske fallen und räumt ein, daß es mindestens ein halbes Dutzend Auslöser für den systemischen Zusammenbruch des globalen Finanzsystems gibt. Die BIZ bestätigt damit nur, was die Vorstände der Banken und die Spitzen der Politik - bislang noch hinter verschlossenen Türen - in helle Panik versetzt: daß alle Blasen der Kasinowirtschaft, auch Globalisierung genannt, dabei sind gleichzeitig zu platzen; der Anleihemarkt, der Aktienmarkt, die Derivatspekulation, die Immobilienblase, die Kreditkartenblase und die Schuldenblase. Oder wie es ein führender Bankier dieser Tage im persönlichen Gespräch ausdrückte:"Jetzt kommt das dicke Ende!" (The big one is coming now!)
Wer sich vielleicht gewundert hat, warum Horst Köhler so fluchtartig seinen verhältnismäßig einflußreichen Posten als Direktor des Weltwährungsfonds verlassen hat, um das vergleichsweise viel weniger wichtige, da nur repräsentative Amt des Bundespräsidenten anzustreben, der muß diesen Hintergrund in Betracht ziehen: Das System ist hoffnungslos am Ende, der große Krach steht unmittelbar bevor. Horst Köhler mag subjektiv durchaus froh sein, sich mit einem plötzlichen Sprung vom sinkenden Schiff gerettet zu haben, den Schleudersitz hat jedoch nicht er betätigt. Für die internationalen Finanzinteressen, die den IWF kontrollieren, war selbst der neoliberale, monetaristische Köhler noch zu weich; für die brutale Sparpolitik à la Hjalmar Schacht, die jetzt auf Kosten der Bevölkerung in der ganzen Welt durchgesetzt werden soll, wird eine ganz knallharte Durchpeitschfigur gebraucht.
Zwar sorgt es in Deutschland verständlicherweise für Empörung, unter welchen Umständen die Kandidatur Köhlers, den bislang nur Fachleute kannten, durchgesetzt wurde, aber im Grunde ist diese Frage unwichtig. Wesentlich bedeutsamer ist das, was der BIZ-Bericht impliziert - für die ganze Welt, vor allem aber für die Präsidentschaftswahl in den USA. Denn dieser Prozeß der sogenannten Vorwahlen in der Demokratischen Partei bis zum Nominierungsparteitag Ende Juli in Boston, sowie anschließend der Wahlkampf bis in den November, wird unter tumultartigen Bedingungen stattfinden und ist alles andere als entschieden.
Da die Bush-Administration eine ganze Reihe politischer Fehlschläge zu verzeichnen hat, vom Debakel des Irakkriegs bis zur katastrophalen Wirtschaftslage in den USA selbst, und eine Wiederwahl deshalb sehr fraglich erscheint, ist ein bedeutender Teil des Establishments entschlossen sicherzustellen, daß der demokratische Präsidentschaftskandidat fest unter der Kontrolle der synarchistischen Finanzinteressen steht. Die Politik Felix Rohatyns und des Bankhauses Lazard Frères ist beispielhaft für den Versuch, die Demokratische Partei unter diese Kontrolle zu bringen. Bisher hat sich der derzeitige"Frontrunner" John Kerry auf keine bestimmte Wirtschafts- und Finanzpolitik festgelegt. Aber ein Manko ist sicherlich, daß er zwar in vieler Hinsicht gute Arbeit als Senator geleistet hat, aber bekanntermaßen sehr wenig von Wirtschaft versteht.
Die entscheidende Schlacht, die auf der Bühne der Weltpolitik gegenwärtig geschlagen wird, ist die Frage, ob der Ausweg aus der Systemkrise mit einer Politik in der Tradition des New Deals Franklin D. Roosevelts beantwortet wird, die heute nur von dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Lyndon LaRouche vertreten wird (der sehr wohl weiterhin im Rennen ist); oder ob sich die internationalen synarchistischen Bankinteressen durchsetzen und weltweit eine faschistische Wirtschaftspolitik in der Tradition Hjalmar Schachts verwirklichen. Und dann gnade uns Gott!
Und das ist die einzig entscheidende Frage, die wir nicht nur Horst Köhler und Gesine Schwan, sondern auch allen anderen Politikern in den nächsten Wochen stellen werden.
Lyndon LaRouche hat mit seinen Prognosen recht gehabt: Das globale System der freien Marktwirtschaft, des Freihandels, der Globalisierung ist am Ende. Es ist genauso bankrott, wie es die DDR 1989 und die Sowjetunion 1991 waren. LaRouche war der einzige, der diese Entwicklung im Prinzip seit über 30 Jahren prognostiziert hat. Denn er erkannte von Anfang an, wohin der Paradigmenwandel seit Ende der 60er Jahre, die Abkehr von einer Gesellschaft von Produzenten hin zu einer Gesellschaft von Konsumenten, führen würde: in die Zusammenbruchskrise, die wir jetzt erleben.
Wir werden Horst Köhler, Gesine Schwan und die Vertreter der Parteien und Institutionen zwingen, Farbe zu bekennen. Hjalmar Schacht, d.h. eine faschistische Wirtschaftspolitik auf Kosten des Lebensstandards der Bevölkerung, oder eine Reorganisation des Weltfinanz- und Wirtschaftssystems in der Tradition Roosevelts auf der Grundlage von Lyndon LaRouches Ideen - das sind die Alternativen.
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