- Gedanken zum Wochenausklang - Dr. Quandt, 17.11.2000, 19:40
- Re: Gedanken zum Wochenausklang - Rumpelstilzchen, 17.11.2000, 20:26
- Re: Gedanken zum Wochenausklang - nereus, 17.11.2000, 22:56
- Re: Zahnspangen.. erwachsene Sprinter *lach* - Georg, 18.11.2000, 00:57
- Re: Zahnspangen.. erwachsene Sprinter *lach* - nereus, 18.11.2000, 10:03
- Re: Zahnspangen.. erwachsene Sprinter *lach* - Georg, 18.11.2000, 00:57
- Eine Anmerkung von mir: - Taktiker, 17.11.2000, 23:51
- Re: Gedanken zum Wochenausklang - nereus, 17.11.2000, 22:56
- Re: Ich denke nicht so kompliziert - Freddi, 17.11.2000, 22:42
- Re: Ich denke nicht so kompliziert ------- toller Vergleich:-)))) oT mfg - Baldur der Ketzer, 17.11.2000, 22:49
- Re: Gedanken zum Wochenausklang - Rumpelstilzchen, 17.11.2000, 20:26
Gedanken zum Wochenausklang
Sehr geehrte Damen und Herren
Einige Gedanken, während ich auf Antworten warte:
Das Geheimnis der Börse liegt für mich in ihrer zum übrigen Weltgeschehen unterschiedlichen Geschwindigkeit. Die Börse summiert alle Tatsachen, Meinungen, Gerüchte, die es überhaupt zum Zeitpunkt X gibt. Insofern hat sie immer recht, weil es keinen gibt, der mehr wissen könnte als sie.
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Zum anderen ist die Börse ein Antizipationsmechanismus. Sie ist also immer ihrer Zeit voraus. Ihr Wissen führt zu Entscheidungen der Martteilnehmer, die Zukunft zu deuten. Die Börse ist dabei ein Widerspruch in sich. Wenn nämlich alle alles wissen, wie kann es da noch Käufer und Verkäufer geben, warum irrt sich also grundsätzlich jeder zweite Marktteilnehmer? Denn der Käufer irrt sich, wenn die Aktie anderntags fällt, der Verkäufer, wenn sie steigt.
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Es liegt an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten, mit denen reagiert, gedacht, gehandelt, gelitten wird. Die Experten nennen das Arbitrage. Es ist das Nutzen von Differenzen. Früher war es die Arbitrage zwischen Orten. Im ersten gedruckten Werk zum Thema Wirtschaft (Chiarini, 1481), liegt die Arbitrage zwischen Siena und Florenz bei 5 Prozent. Und das für eine Strecke von 70 km. Dann gibt es die Arbitrage zwischen Zeiten. Terminkurse weichen von den Kassanotizen ab, was aber nicht diskutiert werden muß, weil die Differenz inzwischen logisch ausgefuchst ist ("Backwardation" usw.).
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Heute geht es um die Arbitrage zwischen der Intelligenz der Marktteilnehmern, Klartext: Ihrer Computer. Sie arbeiten zwar allesamt gleichschnell, aber die programmierten Bewertungen der unterschiedlichen Daten divergieren noch. Wie geht es weiter?
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Otto Liebmann schreibt 1904:"Gesetzt den Fall, es verliefe jedes Geschehen mit genau derselben Geschwindigkeit, so würde gar kein Zeitmaß vorhanden sein. Der Strom des Geschehens wäre dann uferlos."
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Die Geschwindigkeiten der Computer und ihrer Software gleichen sich immer mehr an. Irgendwann wird rund um die Uhr in allem zur Kasse und per Termin gehandelt.
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Die Börse ist auch die Erinnerung an andere Zeiten. Schon im alten Rom gab es Börsen. Gehandelt wurden Anteile an großen Steuerpacht-Compagnien. Cicero weist in seiner Rede über den Oberbefehl des Pompeius auf"partes" hin, die"in illo tempore carrissimae" waren. In jener Zeit vor der Katastrophe, die der große Mithridates den Römern bereitete.
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In der Offenbarung schreibt der Apostel Johannes (12, 12):"Wehe denen, die auf Erden wohnen und auf dem Meer! Denn der Teufel kommt zu Euch herab und hat einen großen Zorn. Denn er weiß, daß er wenig Zeit hat."
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Der Religionshistoriker Benz schreibt, dass allen Heilserwartungen eins gleich sei: Sie würden beinhalten, dass alle in der noch verfügbaren Zeit alles erleben würden, was es überhaupt zu erleben gibt. Und dass die Zeit bis hin zum ersehnten Moment dabei immer schneller abläuft. Erfüllt sich die Heilserwartung nicht, zerstreuen sich die Adepten schnell.
So erscheint mir das große Bild der Börsen, das ich zu sehen vermeine.
Mit freundlichem Gruß
Qu.
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