- Die kleine Korruption zwischendurch: Bahn beschäftigt Ex-Politiker als Lobbyiste - JoBar, 17.03.2004, 12:33
Die kleine Korruption zwischendurch: Bahn beschäftigt Ex-Politiker als Lobbyiste
-->Bahn beschäftigt Ex-Politiker als Lobbyisten
16. Mär 21:57
Sechs frühere Mandatsträger, darunter Ex-Verkehrsminister Klimmt, sind einem Bericht zufolge mittlerweile als Berater für die Bahn tätig. Sie sollen dem Unternehmen bei der Beschaffung von Fördergeldern helfen.
Die Deutsche Bahn AG beschäftigt einem Zeitungsbericht zufolge sechs ehemalige Politiker, die mit Hilfe ihrer «alten Kontakte» bei der Beschaffung von Fördermitteln helfen sollen. Wie die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) am Dienstagabend vorab berichtete, verpflichtete die Bahn vier frühere SPD-Politiker und zwei Politiker der Union als Berater.
Aus internen Papieren der Bahn gehe hervor, dass die sechs früheren Mandatsträger gebeten wurden, die Regionalchefs der Bahn in deren Gebieten «bei der Akquise von Fördermitteln zu unterstützen». Die Bahn wolle «die alten Kontakte» der Politiker gezielt für neue Geschäfte nutzen, etwa beim beständig wachsendenWettbewerb um Nahverkehrs-Aufträge der Länder.
Ex-Verkehrsminister Klimmt gehört zur Runde
Zu den sechs Politikern, die die Bahn unter Vertrag genommen hat, zählen laut dem Bericht der frühere Oberbürgermeister von Baden-Baden, Ulrich Wendt (CDU), und der Ex-Finanzminister von Bayern, Georg von Waldenfels (CSU). Von der SPD seien der frühere Bremer Bürgermeister Klaus Wedemeier, der ehemalige Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses Helmut Wieczorek und der frühere Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (alle SPD) bei der Bahn als Berater tätig. Der sechste Politiker ist der jetzt unter Korruptionsverdacht stehende frühere Verkehrsminister Brandenburgs, Hartmut Meyer (SPD).
Federführend für die Arbeit der Lobbyisten ist der Zeitung zufolge der Marketingchef der Bahn, Klaus Daubertshäuser - ein ehemaliger Bundestagsabgeordneter der SPD. Er habe die Lobbyisten beispielsweise Ende 2003 gezielt eingesetzt, als die Ministerpräsidenten Roland Koch und Peer Steinbrück bei dem von ihnen vorgeschlagenen Subventionsabbau die Mittel für die Schiene besonders stark kürzen wollten.
«Ganz normales Lobbying»
In der Bahn-Führung wird der «SZ» zufolge darauf verwiesen, dass es sich beim Einsatz der Ex-Politiker um «ganz normales Lobbying» handele, auf das jedes Großunternehmen und jede Interessensgruppe angewiesen sei. Die Tätigkeit von Hartmut Meyer rief indes die Staatsanwaltschaft Neuruppin in Brandenburg auf den Plan. Sie ermittelt gegen Meyer und gegen Bahnchef Hartmut Mehdorn wegen Korruptionsverdachts.
Meyer hatte als brandenburgischer Verkehrsminister im Dezember 2002 einen zehnjährigen Verkehrsvertrag ohne Ausschreibung mit der Bahn geschlossen und wenige Zeit später einen Beratervertrag angenommen. Die Bahn selber ist davon überzeugt, dass sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft als «gegenstandslos» erweisen werden.
Korruptionsexperte verlangt Karenzzeit
Der Korruptionsexperte Wolfgang Schaupensteiner kritisierte die Praxis bei Verträgen zwischen ehemaligen Mandatsträgern und Unternehmen. Prinzipiell sei dagegen nichts einzuwenden, sagte er dem «Tagesspiegel». Jedoch vertrage der Rechtsstaat nicht «den Anschein der Käuflichkeit». Schaupensteiner, der Oberstaatsanwalt in Frankfurt am Main ist, schlug vor, es müsse strafrechtlich geregelt werden, dass Mandatsträger oder Angestellte im öffentlichen Dienst eine Karenzzeit von fünf Jahren einhalten, bis sie für eine Firma tätig werden, mit der sie vorher dienstlich zu tun hatten. (nz)
Quelle http://www.netzeitung.de/wirtschaft/277852.html

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