- Wer mir gestern das mit Panorama, Madrid und Aznar nicht glaubte: Bitteschön... - RK, 19.03.2004, 18:24
- Re: Wer mir gestern das mit Panorama, Madrid und Aznar nicht glaubte: Bitteschön... - monopoly, 19.03.2004, 18:32
- Details zu:"Spaniens Neokonservative planten Putsch kurz vor den Wahlen" - RK, 19.03.2004, 19:41
- Noch ein Hüter der Demokratie... - bernor, 19.03.2004, 22:43
Wer mir gestern das mit Panorama, Madrid und Aznar nicht glaubte: Bitteschön...
-->Und bitte, drescht doch ausnahmsweise mal nicht auf mich als Boten einer unangenehmen, weil nicht in das arg bequemliche Mehrheitsdenken passenden hochbrisanten Meldung ein. Ich habe das schließlich nicht erfunden oder böswillig in die Welt gesetzt und bin auch nicht beweispflichtig.
Das ist vielmehr die ARD (bzw. der NDR) und die Panorama-Redaktion.
Klar?
I hope so! Really!
Gruß
RK
http://www.ndrtv.de/panorama/data/operation_machterhalt.rtf
PANORAMA Nr. 638 vom 18.03.2004
Operation Machterhalt - Protokoll der Lügen von Madrid
Anmoderation
Anja Reschke:
Willkommen zu Panorama
Das muss man sich erstmal vorstellen - in Europa - im 21. Jahrhundert - geht es in einem demokratischen Land plötzlich zu wie in einer Diktatur: Da wird vertuscht - zensiert - die Presse unter Druck gesetzt - das Volk belogen. Und all das auch noch in einem Moment, in dem ein Land besonders schwach ist, weil es angegriffen wurde. Die spanische Regierung hatte am Tag des Anschlags in Madrid nichts anderes im Sinn als den eigenen Machterhalt. Der scheidende Präsident Aznar hat deutlich gemacht, dass sein Volk sich auf ihn nicht verlassen kann. Zusammen mit unserer Spanien-Korrespondentin Ute Brucker haben wir den Tag des Anschlags protokolliert. Über trauernde, verzweifelte Menschen und machtbesessene, skrupellose Politiker:
11. März am frühen Morgen: Noch ist Frieden in Madrid.
Doch Regierungschef Aznar hatte eine schlechte Nacht: nach neuesten, nicht veröffentlichten Umfragen liegt er nun hinter seinem Herausforderer, dem Sozialisten Zapatero.
Es sind noch 3 Tage bis zur Wahl
7:39 Uhr
Die Katastrophe: mit einer Bombenserie werden in den Regionalzügen 200 Menschen ermordet, weit über tausend verwundet. Entsetzen, Wut und Trauer. Weltweit.
10.30h
Ein Parkplatz in Madrid.
Erster Ermittlungserfolg der Polizei: Sie findet diesen Lieferwagen. Darin: weitere Bombenzünder und Tonkassetten mit Korangesängen. Doch der Fund wird erst Mal geheimgehalten.
11.30 Uhr
Am Tatort: geschockte Helfer. Für die Opfer können sie oft nichts mehr tun.
Die Regierung ist derweil mit anderem beschäftigt. Sie lanciert ihre Version des Massenmordes: Die baskische ETA war es.
Zeitgleich das Dementi aus dem Baskenland:
O-Ton
Arnaldo Otegi:
(Partei Herri Batasuna)
„Wir möchten absolut klarstellen, dass wir nicht eine Sekunde glauben, dass die ETA hinter dem steckt, was heute in Madrid passiert ist.
Das entsprach weder den Zielen noch dem typischen Vorgehen der ETA“
12 Uhr
Während die Rettungsmannschaften weiter die Toten bergen, arbeitet die Regierung weiter an der Operation Machterhalt.
Zeitgleich im Amtssitz von Regierungschef Aznar.
Alle gegenläufigen Indizien stören hier wenig, für Aznar zählt nur eines: Die ETA war es. Jahrelang hatte er die Gefahr des baskischen Terrorismus beschworen, jetzt soll es ihm für den Wahlkampf nützen.
13 Uhr
Am Ort des Attentats: Wer hier überlebt hat, hatte großes Glück. Erste Hilfe für hunderte Verletzte.
Spanischer Regierungssitz zur gleichen Zeit.
Ministerpräsident Aznar arbeitet fieberhaft daran, noch einen Vorteil aus diesem Attentat zu schlagen. Erster Schritt: Aznar ruft persönlich mehrere Chefredakteure von großen Zeitungen an.
O-Ton
Javier Valenzuela:
(Zeitung ‚El Pais’)
„Jose Maria Aznar hat bei unserem Herausgeber angerufen: Es gibt überhaupt keinen Zweifel, es ist völlig klar, glauben Sie mir: es war die ETA.“
13.15 Uhr
Am Tatort: Trauer, Verzweiflung. Die Wut auf die Attentäter wird erst später kommen. Das sollen Aznars Erz-Feinde von der ETA sein.
Kurz darauf: Pressekonferenz
O-Ton
Angel Acebes:
(Innenminister Spanien)
„Wir haben keinen Zweifel, wer hinter dem Attentat steckt: die Terroristenbande ETA.“
14:40 Uhr
Überfüllte Krankenhäuser in der gesamten Region. Verletzte müssen notdürftig in Turnhallen versorgt werden.
Zur gleichen Zeit tritt Aznar vor die Kameras. Er mimt den trauernden Staatsmann. Bis er zur ETA kommt.
O-Ton
Jose Maria Aznar:
(Ministerpräsident Spanien)
„Wir werden sie zerstören, niemand soll daran zweifeln: Wir werden die Terrorbande besiegen.“
16 Uhr
Ermittlungen am Tatort. Inzwischen hat die Polizei die Sprengstoffreste analysiert:"Goma 2 Eco", absolut nicht typisch für die ETA.
Doch der Innenminister behauptet zur gleichen Zeit öffentlich das Gegenteil:
O-Ton
Angel Acebes:
(Innenminister Spanien)
„Das ist Dynamit, wie ihn normalerweise die ETA verwendet.“
17 Uhr
Trauer auf den Straßen von Madrid. ETA statt Islamisten - denn sonst könnte sich die Wut gegen Aznar richten, der Spanien in den Irak-Krieg führte.
Zeitgleich im Regierungssitz:
Für den Ministerpräsidenten läuft alles gerade blendend. Und er geht auf Nummer sicher: Am Nachmittag rufen seine Leute auch noch die ausländischen Korrespondenten in Madrid an, um sie auf ETA-Linie einzuschwören.
Einer bestätigt,...
O-Ton
Thilo Schäfer:
(Financial Times Deutschland)
„...dass mehrere unserer Mitglieder am Donnerstag Anrufe bekamen aus dem Präsidentschaftsamt, wo ihnen gesagt wurde, dass sie allein der ETA die Tat zuzuschreiben hätten und doch bitte nicht auf andere Stimmen achten sollten, die eher Gegenteiliges behaupten.“
Hier braucht Aznar nicht extra anzurufen: Beim spanischen Staatsfernsehen hat er seit langem Gefolgsleute installiert, die seine ETA-Version brav übernehmen.
18 Uhr
Der Tatort: viele Stunden nach dem Anschlag. Noch immer suchen die Helfer nach Opfern.
Auf den Straßen von Madrid braut sich inzwischen die Wut zusammen - gegen die ETA. Zur gleichen Zeit gelingt Aznar dann sein größter Coup:
19 Uhr
Der UN-Sicherheitsrat in New York. Aznar schafft es, die Diplomaten zu einer offiziellen Verurteilung der Anschläge zu bewegen - und nicht nur das: einstimmig wird die ETA angeprangert.
Auf den Straßen von Madrid: am Abend Demonstrationen gegen die ETA. Die Rechnung von Aznar scheint aufgegangen zu sein.
Der Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz:"Wir sind auf der Seite der Opfer."
Drei Tage später verliert Aznar die Wahl.
Bericht: Ute Brucker, Edith Heitkämper, Bianca Leitner, Ilka Steinhausen, Volker Steinhoff
Schnitt: Petra Dosenbach

gesamter Thread: