- Türsteher der Hölle. Mein Leserbrief an Broders Artikel im SPIEGEL - Theo Stuss, 26.03.2004, 16:52
- Re: Hamas: Selbstmordanschläge dienen der Reinigung v. Sünden - monopoly, 26.03.2004, 18:06
- Broder ist doch wenigstens Originell - Spartakus, 26.03.2004, 18:20
- Re: Er sagt aber gerade nie, was er will,... - Theo Stuss, 26.03.2004, 18:41
- Ein reiner Polemiker, Hetzer, wie immer man das nennen will (kein Text) - Spartakus, 26.03.2004, 19:04
- Re: Eigentlich weder noch, letztlich nur peinlich. Ein dummer Spruch mag ja - LenzHannover, 28.03.2004, 15:26
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- Re: Er sagt aber gerade nie, was er will,... - Theo Stuss, 26.03.2004, 18:41
Re: Hamas: Selbstmordanschläge dienen der Reinigung v. Sünden
-->und jede Menge über Israel aus der Süddeutschen
Nahost-Konflikt
Was machen wir Juden eigentlich falsch?
Über das Wegsehen beim Leid des Anderen.
Von Richard Chaim Schneider
In diesen Tagen und Wochen, in denen Antizionismus und Antisemitismus in der arabischen und europäischen Welt eine Hoch-Zeit erleben wie noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg, könnte man als Jude versucht sein, sich die naheliegende Frage zu stellen: „Was machen wir eigentlich falsch?“ Doch wer solches fragt, spießt sich selbst auf, weil er sich der längst widerlegten Kausalitätsunterstellung des Antisemitismus’ unterwirft, wonach das Verhalten der Juden irgendeinen Einfluss auf das Denken von Antisemiten habe.
Der Hass der islamischen Welt auf Israel hat sich inzwischen in einen Hass auf Juden allgemein verwandelt. So verbinden sich derzeit die abendländische und die muslimische Judenfeindschaft, und selbst der letzte Optimist wird zugeben, dass Europa hier ein massives Problem hat. Es ist im Augenblick nicht leicht, in München oder Berlin, in Istanbul oder Paris, in Athen, Rom oder London Jude zu sein; und Juden leben in Europa nicht mehr sicher.
Absurde Frage
So absurd die Frage ist, was wir Juden eigentlich falsch machen, so absurd ist allerdings auch der reflexartige Widerstand, den wir leisten, wenn es um eine kritische Überprüfung eigener politischen Positionen geht. Da könnten wir uns beinahe mit all den Europäern die Hand reichen, die ebenso schnell jegliche Verantwortung für den wachsenden Antisemitismus von sich weisen, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, ob sie nicht doch dazu beitragen, die Situation weiter zu verschlimmern.
Stellen wir Juden uns also mal die Frage, was wir eigentlich „falsch“ machen. Wohlgemerkt, es kann nie darum gehen, in den Augen der „Gojim“ alles „richtig“ machen. Selbst wenn wir alle Engel wären, würde man uns genau dafür hassen - weil die anderen merken würden, dass sie keine sind!
Die Überprüfung unserer eigenen Positionen, unseres eigenen Verhaltens kann und darf also nichts anderes sein als eine kritische Bestandsaufnahme des kollektiven jüdischen Ist-Zustandes.
So mancher jüdische Leser wird spätestens jetzt den Autor dieser Zeilen verwünschen, da er es wagt, in der Ã-ffentlichkeit als „Nestbeschmutzer“ aufzutreten. Weil wir Juden stets die Opfer sind, können wir grundsätzlich nichts falsch machen, so ein internalisiertes Axiom, an dem kaum einer zu rühren wagt. Da wir seit Jahrtausenden grundlos verfolgt werden, sind wir „ewige Opfer“.
In Zeiten der politischen Korrektheit kommt dies dem Status der moralischen Unangreifbarkeit gleich. Diese merkwürdige, pseudoliberale Idee, „Opfer“ seien stets unschuldig, lässt sich zum Beispiel daran erkennen, dass viele europäische Intellektuelle linker Spielart palästinensische Selbstmordanschläge mitten in Tel Aviv irgendwie zumindest zu „verstehen“ versuchen, wenn nicht gar billigen. Denn Palästinenser sind ihrerseits die „ewigen Opfer“ Israels und in dieser vermeintlich politisch korrekten Logik eben nahezu „unschuldig“.
Auf dem Weg zum Abgrund
Nun ist es ja nicht so, dass wir Juden die moralische Perfektion als Opfer nicht ebenfalls in Anspruch nehmen konnten. Zumindest als Holocaust-Opfer war und ist dies immer noch der Fall. Ja, Juden, die in den Gaskammern ermordet wurden, waren vollkommen unschuldig, aber waren sie als Individuen auch alle ethisch vollkommene Menschen? Für den Tod der sechs Millionen ist diese Frage völlig unerheblich.
Sie wurden schließlich nicht wegen irgendeines moralischen Versagens vergast. In der Nachkriegszeit, vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten mit der intensivierten Erinnerungskultur des ausgehenden 20. Jahrhunderts, entwickelte sich ergo eine illusionistische Vorstellung vom Lagerleben. Juden hätten wehrlos ihr Leid, ihr „Kreuz“ getragen und seien schließlich ohne moralische Anfechtungen oder gar heroisch in den Tod gegangen.
Doch war es nicht vielmehr auch so, dass manche Juden sich untereinander im nackten Kampf ums tägliche Überleben bekriegten? Es gab sie, die Lagersolidarität, es gab sie, die Hilfe, Unterstützung und Wärme unter den Häftlingen, aber es gab eben auch das andere, das Brutale, das Animalische, Atavistische, das zuweilen im Kampf um das eine Stück Brot, das man unbedingt selber essen wollte, zutage treten konnte. Davon berichteten diejenigen, die „Dort“ waren, selbst!
Wer wollte den Betreffenden hieraus selbstgerecht einen Vorwurf machen! Die Überlebenden mussten übermenschliche Kräfte aufbieten, um Unmenschliches von unvorstellbarem Ausmaß zu überleben. Aber die „Duschen von Auschwitz“ waren eben, wenn man dieses makabre Bild gebrauchen darf, keine moralische Reinigung, wie sich viele Nichtjuden dies heute so gern wünschen, wenn sie ärgerlich nach Israel blicken.
Schon während der ersten Intifada Ende der achtziger Jahre wurde Kritik laut, ob Juden denn nichts aus Auschwitz gelernt hätten. Zynischer hätte sich der Antisemitismus damals nicht offenbaren können. Doch die Frage, die uns hier beschäftigt ist, inwiefern sind wir Juden selbst dieser Idee der moralischen Unfehlbarkeit aufgesessen?
Israel ist im Schatten des Holocaust entstanden. Im Schatten des Holocaust stand und steht ein nach wie vor tief traumatisiertes Volk, das bis heute den Verlust eines Drittels seiner Mitglieder nicht verkraftet hat und obendrein in der permanenten Angst lebt, ähnliches könnte jederzeit wieder geschehen und deshalb müsse, nein: dürfe alles getan werden, um genau das zu verhindern.
Kein Gut und Böse
Diese psychische Konditionierung wurde in Israel vor allem von rechten Parteien ausgenutzt, um ihre territoriale Expansionspolitik zu rechtfertigen. Doch nichts, was in Israel und den besetzten Gebieten geschieht, ist auch nur annähernd mit dem Holocaust vergleichbar. Trotzdem wäre es falsch, im Nahost-Konflikt den Parteien ein eindeutiges „Gut“ oder „Böse“ zuzuteilen.
Immerhin hatte die israelische politische Rechte, um nur bei ihr zu bleiben, leider oft genug Recht mit ihrem pessimistischen Bild von Arafat oder der Hamas, und immer wieder zeigte sich, dass die brutale Faust der israelischen Armee eher und „besser“ verstanden wurde als der ausgestreckte Arm mit dem Ã-lzweig. Dennoch, kein Weg führt an der Tatsache vorbei, dass Israel eine Okkupationsmacht ist.
Gleichwohl geht es hier um eine Frage, die jenseits von Gewalt, Schuld, Völkerrecht oder Menschenrechten gestellt werden muss: Wieso ist ein Volk, das selbst so viel gelitten hat, so unempfindlich gegenüber dem Leid anderer geworden?
Die oben beschriebene psychologische Prämisse, die jedes Mittel heiligt, wenn es nur dem eigenen Überleben dient, ist dabei nur ein Aspekt des Problems: Müsste man nicht zumindest die eigenen Mittel ständig daraufhin überprüfen, wann der point of no return gekommen ist, also der Augenblick, wo diese Mittel sich nicht mehr gegen den Feind, sondern gegen einen selbst richten? Kurz: Ist es nicht inzwischen die brutale Gewalt des jüdischen Staates, die diesen an den Rand des Abgrunds bringt? Und warum erkennt die israelische Gesellschaft nicht den fatalen Weg in den Abgrund, den Ariel Scharon konsequent verfolgt?
Die normale Fratze des Krieges?
Warum wollen viele Israelis, in zweiter Linie auch viele Diaspora-Juden, das Leid der Palästinenser nicht wahrnehmen? Kann es sein, dass im Nahen Osten auch eine Art „Konkurrenzkampf“ ausgefochten wird, wer das moralisch-historisch „größere“ Opfer darstellt? Kann es sein, dass die Anerkennung des palästinensischen Leides nicht nur eine realistische Unmöglichkeit ist in einem Kampf auf Leben und Tod, sondern auch eine Identitätskrise des Judentums auslösen könnte mit unabsehbaren Folgen?
Ist es nicht so, dass vor allem die politische Rechte in Israel mit der permanenten Beteuerung der Einzigartigkeit der jüdischen Opferrolle ein „ewiges moralische Recht“ für Israel verbuchen will?
Diese Haltung ist weniger deshalb absurd, weil die große Mehrheit der heute lebenden Juden die Shoah nicht mehr erlebt hat, sie ist es natürlich vor allem deshalb, weil sie auf unzulässige und unredliche Weise die Opfer der Shoah vereinnahmt. Ja, schlimmer noch: Diese Form der „Auserwähltheit“ droht uns Juden überall auf der Welt menschlich abstumpfen zu lassen gegenüber dem Leid anderer.
Aber was geschähe, wenn wir das Leid der Palästinenser mit dem Leid der Juden während der Shoah vergleichen würden? Das wäre den Menschen in Nablus und Gaza, in Ramallah und Tulkarm nicht zu wünschen, stünden sie doch, wenn es um die schieren Dimensionen der historischen Katastrophen geht, stets „schlechter“ da. Und wäre solch ein Vergleich heute von irgendwelcher Relevanz? Das Leid der Palästinenser ist real, und jeder, der sich in den besetzten Gebieten umsieht, weiß vor Entsetzen nicht ein noch aus.
Und jedem Juden, der immer noch glaubt, die israelische Armee habe hier eine moralisch saubere Weste, sei dringend empfohlen, sich eine Weile in Judäa und Samaria, wie die Siedler die Westbank nach biblischem Vorbild nennen, aufzuhalten und die Augen aufzuhalten.
Noch einmal - und es muss leider immer wieder betont werden, um Missverständnisse auszuschließen -, die israelische Armee verhält sich angesichts der aktuellen Situation immer noch besser und anständiger als viele andere Armeen der Welt. Und die palästinensische Führung hat es bislang noch jedesmal geschafft, eine Chance auf vertrauensbildende Maßnahmen zu verpassen, ganz zu schweigen von fundamentalistischen Organisationen wie Dschihad und Hamas, die in ihrer Charta nicht nur die Zerstörung Israels fordern, sondern zum Kampf gegen alle Juden aufrufen.
Doch rechtfertigt das die erniedrigende Behandlung der palästinensischen Bevölkerung? Rechtfertigt dies, das palästinensische Volk in einen mittlerweile umzäunten, riesigen Käfig zu stecken? Wäre es doch wenigstens ein Zaun, der in etwa den Grenzen von 1967 folgen würde!
Ein Stück Realität
Die Palästinenser protestieren gegen die „Schikanen“ an den Checkpoints - und meinen die teilweise langwierigen Überprüfungen und Untersuchungen, ehe jemand ins Kernland Israel eingelassen wird. Dass dem so sein muss - das haben sich die Palästinenser selbst zuzuschreiben. Da verdienen sie keinerlei Gehör, geschweige denn Mitleid. Dass sie dadurch Zeit verlieren und stundenlang mit ihren Autos in Warteschlangen stehen müssen - das ist nun einmal ein Stück nahöstlicher Realität, für das die Palästinenser mindestens ebenso viel Verantwortung übernehmen müssen wie die Israelis.
Aber warum können Mitglieder der israelischen Armee ihren Hass an palästinensischen Zivilisten austoben, ohne mit ernsten Konsequenzen rechnen zu müssen? Welcher Sadismus ist da mit im Spiel? Ist das die normale Fratze des Krieges? Weshalb ist ein demokratischer Staat wie Israel nicht in der Lage, solcher Auswüchse Herr zu werden? Die Armee dringt in palästinensische Städte ein, um Terroristen zu fassen? Soweit, so gut. Das ist nachvollziehbar.
Aber warum muss es sein, dass dabei normale Geschäfte in Schutt und Asche gelegt werden, aus Supermarktkassen das Geld geklaut und auf Bürotische uriniert wird?
Woher kommt dieser Verlust an Zivilisiertheit? Woher der Verlust der Empathie gegenüber dem Individuum? Der große hebräische Dichter Yehuda Amichai brachte seine politische Haltung einmal auf den Punkt: Dem Palästinenser alles, den Palästinensern nichts. Ein klares politisches Statement, getragen aus der Erfahrung der Nahostkriege, aber wenigstens noch mit der Fähigkeit formuliert, den Blick auf das menschliche Gegenüber zu bewahren.
Hat Auschwitz wirklich blind gemacht für das Leid des Anderen, wie Emmanuel Lévinas das menschliche Gegenüber nennt? Wie psychisch deformiert sind Israelis, wenn sie am Strand von Tel Aviv nicht wissen wollen, aber oftmals auch tatsächlich nicht wissen, was rund dreißig Autominuten entfernt in den besetzten Gebieten vor sich geht? Wie blind sind jüdische Funktionäre in der Diaspora, wenn sie eine geradezu hündische Treue gegenüber jeglicher israelischer Politik bewahren, ohne auch nur einen Moment des Zweifels? Eine psychoanalytische Erklärung genügt hier nicht.
Allerdings - welche Veranlassung hätte das jüdische Volk nach der Erfahrung von Auschwitz noch haben sollen, sich an irgendeine Form von „Ethik“ zu halten? Keine. Absolut keine.
Es ist diese Erfahrung, die das Handeln Israels seit jeher bestimmt. Das Schwarze Loch der abendländischen Geschichte bestimmt das Denken Israels: Kein Preis ist zu hoch für das eigene Überleben. Kein Preis - und das heißt im Zweifelsfalle auch das eigene Gewissen, die eigene Verantwortung, der ethische Auftrag vom Berg Sinai, auch wenn dieser trotz allem nicht verstummen mag.
Das muss Europa begreifen
Ist die Blindheit für das Leiden anderer also die Bruchstelle des Zionismus, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts angetreten ist, die optimale, endgültige Lösung der „Judenfrage“ anzubieten, und der heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, zur causa assoluta eines neuen Antisemitismus’ zu werden droht?
Die Krise des Nahen Ostens ist nicht nur die Fortsetzung der Krise des christlichen Abendlandes, nicht nur der immer öfter beschworene „Kampf der Kulturen“, es ist eine Krise des Judentums, das nach 1945 keine Zeit hatte, sich mit den Folgen der Shoah auseinanderzusetzen.
Alle Antworten, die das Judentum im Laufe seiner Geschichte auf verschiedene Herausforderungen gegeben hat, Orthodoxie, Reformation, Assimilation, sie alle scheitern kläglich angesichts der aktuellen Probleme. Und auch der Zionismus in seiner ursprünglichen Form wird der Widrigkeiten nicht mehr Herr, die sich ihm entgegenstemmen.
Der Spagat, den Israel heute versucht, droht das Land zu zerreißen: es ist der Versuch, ein jüdisches Erbe zu konservieren unter den Bedingungen eines modernen, demokratischen Rechtstaates. Der Verlust der Demokratie wäre auf alle Fälle das Ende Israels, so viel steht heute schon fest. Wie kann also das jüdische Erbe im 21. Jahrhundert bewahrt bleiben, ohne dass dies mit den Realitäten unserer Welt kollidiert und den kollektiven Selbstmord heraufbeschwört?
Um diese Krise zu bewältigen, müsste jegliche Nostalgie über den Haufen geworfen werden. Die Religion müsste mit aller Macht aus der Politik in Israel verbannt werden, eine weitere Theologisierung des politischen Diskurses müsste gestoppt werden, auch wenn sich diese in nationalistischer Verbrämung gelegentlich säkular gibt. Die strikte Trennung von Staat und Synagoge ist ein Muss auch für das ethische Überleben des jüdischen Staates.
Verbote nötig
Israel müsste sich endlich durchringen zu einer Verfassung, die mit den grundlegenden Werten der Demokratie, nicht denen des Judentums allein, in Einklang steht. Religiöse Parteien wie die Schas müssten ebenso verboten werden wie die nationalreligiöse Mafdal. Letztere ist die Befürworterin der Siedlungspolitik, die die Sicherheit des Staates auf Dauer unterminiert und somit den staatlichen Interessen zuwider läuft, erstere strebt im Falle einer Mehrheit eine Theokratie an - führende Vertreter scheuen sich nicht, dies in aller Ã-ffentlichkeit zuzugeben.
Auf der Basis einer Verfassung hätte der Staat ein Instrument in der Hand, solche Parteien als verfassungswidrig einzustufen und zu verbieten.
Und, last but not least: Aufgeschlossene Rabbiner und Gelehrte müssten daran gehen, den jüdischen Glauben wieder zu ent-materialisieren. 2000 Jahre lang überlebte das Judentum als Glaube, in dem die Sehnsucht nach dem Land Israel und dem Tempeldienst der Priester in metaphorische Gebete, Gesänge und Erinnerungen verpackt war.
Mit der Eroberung der heiligen Stätten 1967 im 6-Tage-Krieg wurde dieses metaphorisch-metaphysische Element des Judentums entscheidend geschwächt. Tatsächlich gibt es heute Gruppen in Jerusalem, die bereits die rituellen Kleider der Priesterschaft herstellen, die rote Kühe („rojter Hejfer“) ausfindig machen, die für den Tempeldienst notwendig sind, und vieles andere mehr.
Abgesehen davon, dass die Vorstellung, wir Juden würden in nächster Zukunft wieder mit Tieropfern in Jerusalem beginnen, absurd und schrecklich ist - diese Verstofflichung des Glaubens droht all das, was die Stärke des Judentums ausmacht, zu zerstören: Die Mitmenschlichkeit, die Wärme, die Abstraktionsfähigkeit, die Einsicht, die Reflexion, die Geduld.
Israel muss darum den Glauben radikal in seine Schranken verweisen, will es seinen demokratischen und seinen menschlichen Charakter bewahren. Und es muss sich wieder öffnen für das Leid des Anderen. Allerdings darf Israel auch erwarten, dass dieser „Andere“ es in Ruhe lässt. Doch wird dieser „Andere“ das auch tun?
Europa muss begreifen
Wenn man bedenkt, dass Hamas mit einer kruden Theologie inzwischen Frauen, die „gesündigt“ haben, sprich: außerehelichen Sex hatten, die Möglichkeit gibt, ihre „Sünden“ reinzuwaschen, in dem sie sich in die Luft jagen, wenn man bedenkt, wie sie Kinder für Attentate instrumentalisieren, wird einem klar, mit welchem Gegner sich Israel konfrontiert sieht. Und niemand kann, niemand darf erwarten, dass Israel die „andere Wange“ hinhält. Das ist seit Auschwitz nie mehr möglich.
Das muss Europa begreifen, das muss auch die arabische Welt begreifen. Die jüdische Diaspora sollte dagegen begreifen, dass die blinde Unterstützung religiöser Gruppen und Parteien in Israel den Untergang des gesamten jüdischen Volkes heraufbeschwört. Nicht mehr, nicht weniger.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/254/29225/

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