- Einschätzungen zum dt. Wohnimmobilienmarkt: Immer mehr Städten droht Kollaps - manolo, 29.03.2004, 14:03
- Re: Einschätzungen zum dt. Wohnimmobilienmarkt: Immer mehr Städten droht Kollaps - Easy, 29.03.2004, 17:07
- Zuwanderung um die Hypothekenkredite der Banken zu retten? *würch* (o.Text) - LenzHannover, 30.03.2004, 01:58
- Großsiedlungen haben immerhin den Vorteil von Aufzügen, was für Alte und - LenzHannover, 30.03.2004, 02:06
- Re: Einschätzungen zum dt. Wohnimmobilienmarkt: Immer mehr Städten droht Kollaps - Easy, 29.03.2004, 17:07
Einschätzungen zum dt. Wohnimmobilienmarkt: Immer mehr Städten droht Kollaps
--><font size="5">Immer mehr Städte stehen vor dem Kollaps </font>
Stadtumbau-Programm greift nicht -
Leerstände nehmen auch im Westen stark zu -
Wohnungsmärkte kippen -
Pleiten nehmen zu
von Dankwart Guratzsch
Dortmund - Was die Auguren seit Monaten prophezeien, das wird immer mehr zum Albtraum der Städtebauer: der Wohnungsleerstand erreicht den Westen. Auf einer Expertenkonferenz in Dortmund hat jetzt der Bundesverband für Wohneigentum und Stadtentwicklung (vhw) den erschreckenden Ergebnisbericht einer von ihm eingesetzten interdisziplinären Arbeitsgruppe"Stadtumbau Ost/West" vorgelegt.
Danach erreichen die Leerstände auch in Westdeutschland verschiedentlich schon Spitzenwerte um 13 Prozent. Spätestens ab 2015, so der Bericht,"ist in Westdeutschland mit strukturellen Leerständen in einer Dimension zu rechnen, die denen ostdeutscher Regionen nahe kommt".
Die Arbeitsgruppe hat sieben ausgewählte Städte aufgesucht und die Situation verglichen. Während sie in den ostdeutschen Städten Luckenwalde, Görlitz und Halle gründliche Analysen und Konzepte vorfand, traf sie in den westdeutschen Städten Duisburg, Herten, Oer-Erkenschwick und Neunkirchen (Saar) vielfach auf Ahnungslosigkeit und mangelndes Problembewusstsein. Auf die Frage nach dem Leerstand 2001 wussten die drei größeren Städte keine Antwort. Aus Duisburg verlautete:"unter zehn Prozent". Eine Leerstandsprognose konnte keine der vier Städte vorlegen.
Mit dieser Vogel-Strauß-Einstellung könnten die westdeutschen Städte mittelfristig in dieselbe Spirale des Niedergangs geraten, die inzwischen viele ostdeutsche Städte in eine unentrinnbare Notlage gebracht hat. Prof. Gerd Schmidt-Eichstädt, Direktor des Instituts für Stadt- und Regionalplanung, TU Berlin:"Im Osten stehen Wohnungen für 2,6 Millionen Menschen leer, das ist ein Sechstel der Bevölkerung, und niemand hat das Geld dafür, die Lage zu wenden."
Nach dem Bericht der Expertengruppe hatte sich die Leerstandsquote der vom GdW vertretenen Unternehmen schon per 31.12.2002 auf 16,2 Prozent erhöht,"immer mehr Unternehmen haben bereits heute sogar einen Leerstand von über 30 Prozent".
Damit schnappt die Falle zu: Die Investitionsfähigkeit geht rapide zurück, Modernisierungsmaßnahmen scheinen kaum noch möglich. In der Folge schwinden die Möglichkeiten, Mietern aus Abrissobjekten Ersatzwohnungen anzubieten,"die Gefahr der Insolvenz von Wohnungsunternehmen und des Zusammenbrechens ganzer Wohnungsmärkte nimmt zu". Für viele Unternehmen ergibt sich schon jetzt eine hoffnungslose Perspektive:"Die Eigenkapitalrentabilität der ostdeutschen Wohnungsunternehmen lag Ende 2001 bei insgesamt minus sieben Prozent, das Kapital wird mittelfristig aufgezehrt."
Die tiefere und nicht mehr abwendbare Ursache für das Kippen der Wohnungsmärkte in Ost und West sehen Fachleute wie Rita Tölle, Referatsleiterin im Städtebauministerium NRW, in der Bevölkerungsimplosion. Bis 2015 werde die Einwohnerzahl in Dortmund um 9,1 Prozent, in Hagen um 9,3 Prozent und in Essen um 11,5 Prozent schrumpfen. Im Westen werde der Leerstand vielfach noch als Qualitätsproblem gesehen, das man durch Beseitigung von"Schlechtwohnungen" an Ausfallstraßen bewältigen könne. Doch dahinter erhebe sich drohend das schon bald kaum noch beherrschbare Quantitätsproblem.
Um"aus der Schrumpfung den Weg in die Zukunft zu finden", hält Schmidt-Eichstädt radikales Umdenken für unabdingbar:"Die Immobilienmärkte müssen realistisch eingeschätzt werden. Dafür gilt im Osten heute schon die Formel: Verkehrswert gleich Marktwert. Die Bodenwerte tendieren gegen Null." Außerdem müssten die Wohnwünsche der Betroffenen erforscht und ernst genommen werden. So sei im Osten"manches gefördert worden, was schon wieder beseitigt werden muss
Beispiele für fatale Fehleinschätzungen lieferte Frank Segebade, Referatsleiter im brandenburgischen Stadtentwicklungsministerium:
"Es gab regelrechte Rattenrennen. Zuerst wurde in aller Eile der schlechteste Bestand saniert, in den horrende Fördergelder gepumpt werden mussten, und dann auch noch der zweitschlechteste. Am Ende hat man den drittschlechtesten abgerissen, für dessen Instandsetzung man die wenigsten Mittel benötigt hätte."
Segebade war es auch, der den westdeutschen Nachahmern ostdeutscher Rezepte ins Stammbuch schrieb, die Städte müssten konsequent von den Rändern zurückgebaut werden. Nur das sei bezahlbar."Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn sanierte Bestände am Waldrand übrig bleiben." Am schlechtesten stünden heute solche Unternehmen da, die ihre Plattenbauten weitgehend instand gesetzt haben:"Denen bleibt gar keine Luft mehr, wenn der Mieterschwund beginnt."
Dass im harten Konkurrenzkampf um den Mieter die Großsiedlungen zum Klotz am Bein werden können, unterstrich auch Rita Tölle:"Die sind einfach teurer als der drei- bis viergeschossige Bestand. Wir müssen im Westen frühzeitig wohnungswirtschaftlich denken und fragen, was kann der Standort langfristig bringen." Dasselbe forderte in Dortmund Anita Steinhart, Projektleiterin Stadt- und wohnungswirtschaftliche Forschung, isw Halle-Leipzig, die auf die noch kaum berücksichtigten Auswirkungen des Stadtumbaus auf die Infrastruktur verwies. So habe eine Untersuchung in vier Städten Sachsen-Anhalts ergeben, dass für die Anpassung der Trink- und Abwassersysteme sowie Fernheizungen 20 Euro/qm rückgebauter Wohnfläche veranschlagt werden müssten, die sich um weitere 19 Euro/qm für vorzeitige Stilllegung noch nicht voll abgeschriebener Anlagen nahezu verdoppeln. Nach Meinung der Expertin kann die"Betriebsfähigkeit" ganzer Städte bedroht sein, wenn die Anpassung der Infrastruktur verschleppt und die Kostenlawine unterschätzt wird.
Was sind die Lehren für den Stadtumbau? Er sollte auf keinen Fall"punktuell", sondern möglichst flächenmäßig erfolgen. Sonst klettern die Kosten für die Unterhaltung der Systeme für die verbleibenden Mieter ins Astronomische - was neue Vertreibungseffekte und Leerstände auslöst und laut Steinhart zuletzt die Wirtschaftlichkeit der Gesamtkommune unterhöhlt
Dazu folgende Berichte
<font size="4">"Nur die A-Gruppe bleibt: Alte, Ausländer, Asoziale" </font>
Duisburg/Hagen - Leerstand West ist (noch) nicht gleich Leerstand Ost. Das ist die Erkenntnis der interdisziplinären Arbeitsgruppe des vhw, die nach der Bereisung von sieben Städten in Ost- und Westdeutschland einen Ergebnisbericht"Stadtumbau Ost/West" vorgelegt hat - die bisher gründlichste Bestandsaufnahme der Folgen des Bevölkerungsschwundes auf Wohnungsmarkt und Städtebau. Während im Osten auf den Leerstand unmittelbar die Verödung folgt, geht dem Ende der städtischen Zivilisation im Westen Gettobildung, Verarmung und Überalterung der Quartiere voraus.
Duisburgs Einwohnerzahl ist von 650 000 (1975) auf 500 000 geschrumpft, bilanziert das Papier. Und sie wird weiter fallen - bis 2016 auf 460 000. Schon jetzt verzeichnet die Gebag Leerstände von bis zu acht Prozent. Gleichzeitig kommt es zur"negativen Selektion":"In den Kernbereichen verbleiben nur noch die A-Gruppen: Ausländer, Alte, Asoziale."
In einigen Städten hat dieser Trend schon jetzt zu kaum noch beherrschbaren Verhältnissen geführt. So zählt der Stadtteil Duisburg-Hochfeld 18 000 Einwohner mit 100 Nationalitäten, davon 35 Prozent Nicht-Deutsche beziehungsweise Bewohner mit Migrationshintergrund. In der inzwischen zugemauerten 20-geschossigen Wohnhochhausanlage Homberg-Hochheide mit 320 Wohneinheiten aus den 70-er Jahren wurden zuletzt Bewohner mit 25 bis 30 verschiedenen Nationalitäten gezählt.
Das Beispiel steht offenbar symbolisch für einen das ganze Ruhrgebiet erfassenden Trend. Der frühere Stadtbaurat von Hagen, Johannes Dieckmann, sieht ab dem Jahr 2010 in den Großstädten des Ruhrgebiets bei den unter 40-jährigen das Mehrheitsverhältnis zwischen den Deutschen und der Bevölkerung mit Migrationshintergrund kippen.
Auf dem vhw-Forum"Stadtumbau Ost/West" schilderte er die Folgeerscheinungen als eine Kettenreaktion mit Zerstörungswirkung für das Integrationsmodell"Europäische Stadt". Gettobildung, kollektiver Abstieg ganzer Stadtteile und selektive Wanderung beschleunigen sich. Die Mehrheit nachwachsender Generationen wächst in Armutsvierteln auf. Die gesellschaftliche Auseinandersetzung spitzt sich zum Kampf zwischen Integrierten und Überflüssigen zu.
Dieckmanns Appell: Die Brückenfunktion der Quartiere für die Integration in den Arbeitsmarkt muss gestärkt werden. Ein Modell könne die Weiterentwicklung der Stadtteilschule zur"Erziehungs- und Familienschule" sein. Die"Routinepolitik" mit Mitteln des Wohnungsbaus sei am Ende. dg
dazu auch
<font size="4">Wo die Wohnungsmärkte zuerst zusammen brechen </font>
Berlin - Eigentlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis etliche Wohnungsmärkte in Ostdeutschland zusammen brechen. Wen es aller Voraussicht nach als erstes treffen wird, macht eine Untersuchung der Sächsischen Aufbaubank (SAB;"Monitoring Wohnungswirtschaft 2003") deutlich. Demnach haben jene Städte und Regionen die schlechtesten Karten, in denen es sowohl mit dem Stadtumbau, als auch mit der Wirtschaftsentwicklung hakt.
Die SAB-Statistiker liefern (für den Freistaat Sachsen) die Indizien zur Beantwortung der Frage nach dem"Wer?". Entscheidende Kriterien sind: Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts und die Zahl der Erwerbstätigen für den wirtschaftlichen Rahmen sowie das Verhältnis von Bauabgängen zu Baufertigstellungen als Spiegelbild der Wohnungsmarktbereinigungen im Zuge des Stadtumbaus. Sowohl im"Wachstums-Quadranten" der Wirtschaftsstatik, als auch ganz oben in der Tabelle der"Leerstands-Abräumer" stehen Chemnitz, Zwickau und der Landkreis Riesa-Großenhain. Setzen sich diese Trends fort, dürfte dort am ehesten zutreffen, was bei der SAB so formuliert wird:"Impulse für die Entwicklung der Wohnungsnachfrage in einer Stadt oder Region werden demnach mittel- und langfristig von der wirtschaftlichen Dynamik bestimmt."
Die Verminderung der Wohnungsleerstände durch Rückbau und die Aufwertung von Wohngebieten im Rahmen des Stadtumbauprozesses ist deshalb sicherlich eine notwendige Voraussetzung, aber kein Wundermittel dafür, dass Abwanderungsbewegungen gestoppt werden.
Auch aus"umgebauten" Städten und Gemeinden werden Menschen mobiler Altersgruppen abwandern, wenn sich dort keine wirtschaftlichen Perspektiven und Einkommenschancen bieten. Dafür liefert die SAB-Untersuchung gleich zwei Beispiele: Hoyerswerda ist mit 34 Bauabgängen je 1000 Wohnungen absoluter Spitzenreiter in Sachsen (Durchschnitt: fünf je 1000), steckt aber wirtschaftlich in einem ganz tiefen Loch. Ähnliches gilt für Görlitz und den niederschlesischen Oberlausitzkreis. Dort zeigen ökonomische Parameter ebenso"schrumpfen" an wie demografische und die Migrationsströme.
Was fast zwangsläufig zu der bislang noch unausgesprochenen Frage führt: Wie lange wird überhaupt noch öffentliches Geld in solche"hoffnungslosen Regionen" fließen können? IM
gefunden in der Die Welt

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