- Steuerfahndung trotz Steueramnestie (FAZ) - Popeye, 30.03.2004, 09:29
- Re: Rechtschaffenheit des Staates - soll das ein Witz sein? - Baldur der Ketzer, 30.03.2004, 11:33
- mal wieder Gelegenheit, aus der deutschen Geistesgeschichte zu zitieren - kingsolomon, 30.03.2004, 17:52
- Re: mal wieder Gelegenheit, aus der deutschen Geistesgeschichte zu zitieren - Popeye, 30.03.2004, 18:38
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Steuerfahndung trotz Steueramnestie (FAZ)
-->Steuerfahndung trotz Steueramnestie
Finanzamt beruft sich auf"strafbefreiende Erklärung" / Bislang kehrt kaum Fluchtkapital zurück
jja. FRANKFURT, 29. März. Wer von der aktuellen Amnestie für Steuerflüchtlinge Gebrauch macht, kann sich damit erhebliche Schwierigkeiten einhandeln. So teilte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Bochum jetzt einem Mann aus Nordrhein-Westfalen mit, gegen ihn sei ein Strafverfahren eingeleitet worden. Weiter heißt es in dem Schreiben, das dieser Zeitung vorliegt:"Grund der Einleitung ist Ihre,strafbefreiende Erklärung'."
Der Fall ist allerdings komplizierter, als diese Formulierung nahelegt: Das Finanzamt war nämlich bereits einige Monate vor der Befreiungserklärung auf diesen Bürger aufmerksam geworden. Sein Steuerberater Hans Schuster aus Köln sagte am Montag dieser Zeitung:"Im Zuge der üblichen Rasterfahndung wurde festgestellt, daß mein Mandant vor zehn Jahren 200 000 bis 300 000 DM nach Luxemburg überwiesen hat." Daß er dafür Zinsen kassiert habe, habe er nun nach Inkrafttreten des Amnestiegesetzes nachgemeldet."Dadurch fühlt sich offenbar ein Beamter um die Früchte seiner Arbeit betrogen", kommentierte Schuster den jetzigen Brief des Finanzamts -"da wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen."
Das"Strafbefreiungserklärungsgesetz" (StraBEG) sieht zwar ausdrücklich vor, daß die Amnestie nicht mehr in Betracht kommt,"wenn die Tat bereits entdeckt war und der Erklärende dies wußte oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen mußte". Dennoch kritisiert Steuerberater Schuster:"Das Vertrauen in die Rechtschaffenheit des Staates geht durch ein solches Vorgehen verloren." Von zahlreichen eigenen Mandanten wie auch aus seinem Kollegenkreis wisse er, daß viele Steuerhinterzieher sich erst einmal mit einer Selbsterklärung zurückhielten, um die ersten Erfahrungen mit dem neuen Gesetz abzuwarten. Wenn sich jetzt der Eindruck breitmache, die Behörden nutzten die freiwilligen Erklärungen doch zur Fahndung, könne man nur raten:"Versteckt euer Geld weiter und lebt mit der Ungewißheit."
Das Heikle daran: Als das Gesetz im vergangenen Dezember verabschiedet wurde, hatte die Bundesregierung erklärt, niemand brauche wegen der Abgabe einer Erklärung Nachforschungen zu befürchten. So sollte Fluchtkapital aus dem Ausland zurückgeholt und wenigstens zum Niedrigtarif doch noch in Deutschland versteuert werden. Paragraph 13 des StraBEG ordnet deshalb ausdrücklich eine Verwendungsbeschränkung an. Demnach dürfen die Daten, die ein Steuerhinterzieher selbst angibt, nicht zur Einleitung eines neuen Strafverfahrens benutzt werden. Ausgenommen davon sind nur besonders schwere Straftaten wie etwa der Rauschgifthandel.
Bislang haben sich allerdings die Ankündigungen von Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD), über die"Brücke zur Steuerehrlichkeit" 5 Milliarden Euro einzunehmen, nicht einmal ansatzweise erfüllt - obwohl die Rückflüsse für den Fiskus bereits im Bundeshaushalt veranschlagt wurden."Für Zahlen ist es noch zu früh", hieß es zwar am Montag im Bundesfinanzministerium auf Anfrage. Bislang seien aber allenfalls 100 Millionen Euro zurückgekommen, sagte Dieter Ondracek, Vorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, dieser Zeitung. Lange gab es auch Auslegungsschwierigkeiten mit dem Gesetz, bis das Ministerium ein Merkblatt mit großzügigen Erklärungen herausbrachte. Noch immer ist allerdings offen, wie Kapitaleinkünfte in Zukunft besteuert werden: Bundeskassenwart Eichel hat kürzlich einen Rückzieher bei dem Vorschlag einer pauschalen Abgeltungssteuer zum Discount-Tarif gemacht.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30.03.2004, Nr. 76 / Seite 23

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