- Keine Inflation so unwahrscheinlich wie Glatteis im Sommer - kizkalesi, 23.04.2004, 10:14
Keine Inflation so unwahrscheinlich wie Glatteis im Sommer
--><font size="4">Doc Greenspan sprach mal wieder in Rätseln </font>
Alan Greenspan hätte es mal wieder nicht lassen können, schreibt Peter Herkenhoff in der Die Welt.
Zwei Mal hätte sich der Notenbankpräsident in dieser Woche vor Kongressabgeordneten zur Lage der Wirtschaft ausgelassen - und zwei Mal hätten die Finanzmärkte auf das Gesagte völlig unterschiedlich reagiert. Von Altersweisheit hätte man keine Spurentdecken können.
Greenspan, der Anfang März seinen 78. Geburtstag gefeiert habe, gefiele es, wenn ihn niemand so richtig verstünde - Greenspeak eben. Zuerst habe er erzählt, dass die Gefahr einer Deflation - das Sinken der Preise auf breiter Front - gebannt sei. Eigentlich ein klares Signal, dass die Zinsen schon bald wieder steigen würden. Doch nur einen Tag später hätte der Mann zurückgerudert, der seinen Doktor im hohen Alter von 51 Jahren gemacht hat. Irgendwann würden die Zinsen sicher wieder steigen, habe Mr. Greenspeak orakelte, doch der Zeitpunkt sei nach wie vor völlig unklar. Inflationsdruck sei jedenfalls nicht erkennbar. Ja, was denn nun, Alan? Sei das Glas halb voll oder halb leer, fragt der Korrespondent?
Gut beraten sei, wer die hektischen Reaktionen der Finanzmärkte einfach außer Acht liesse und in ein Lehrbuch der Ã-konomie schaue. Denn dass die Preise nicht stiegen, wenn eine reife Volkswirtschaft wie die amerikanische Ã-konomie zwischen drei und vier Prozent wachse, sei demnach mindestens so wahrscheinlich wie Glatteis im Hochsommer, so Herkenhoff.
Trotz des Präsidentschaftswahlkampfs würde die Fed die Zinsen schon bald anheben. Punkt!
Doch warum täte sich Greenspan so schwer, das so zu sagen? Man müsse ihm wie allen Notenbankern zu Gute halten, dass sie eine undankbare Aufgabe häten. Die Währungshüter versuchten eben zu erahnen, wie sich Zinsentscheidungen von heute auf die Wirtschaft von morgen auswirken würden. Ein steigendes Preisniveau überkäme eine Volkswirtschaft schließlich nicht über Nacht, sondern würde sich wie ein Krebsgeschwür in den Organismus fressen. Je früher die Krankheit erkannt würde, desto besser liesse sie sich behandeln. Erst dann zu reagieren, wenn die Symptome aufträten, wäre ein Fehler. Gleichzeitig redeten den schwer geprüften Währungshütern jeder Hans und Franz ungebeten dazwischen. Politiker, Gewerkschafter, und Analysten glaubten stets besser zu wissen, wie die Märkte gerade ticken würden
An Argumenten für eine sofortige Zinserhöhung um 0,5 Punkte auf dann 1,5 Prozent würde es Greenspan jedenfalls nicht fehlen: Die amerikanische Wirtschaft wachse kräftig, der Arbeitsmarkt habe die Talsohle durchschritten, die Preise für wichtige Rohstoffe haussierten und ein Unternehmen nach dem anderen melde Rekordgewinne. Im Übrigen müssten sich die Märkte vor steigenden Zinsen nicht wirklich fürchten.
Das wichtigste Argument für eine höhere Zinsdosis habe Greenspan selbst genannt. Trotz des harten Wettbewerbs und des Outsourcing-Trends könnten die Unternehmen am Markt wieder die Muskeln spielen lassen und höhere Preise durchsetzen. Mit der Folge, dass die Gewinne der Unternehmen auch dann weiter steigen würden, wenn die Notenbank die Fed Funds von ihrem 50-Jahrestief wieder schrittweise auf ein normales Zinsniveau anhebe. Es wäre deshalb durchaus denkbar, dass Aktien moderat steigende Zinsen zumindest kurzfristig ignorieren würden.
Am ehesten müssten die Anleihemärkte einen Zinsschritt fürchten. Ihnen drohe allerdings im schlimmsten Fall eine Wiederholung der Geschichte. Vor zehn Jahren hätte Doc Greenspan die damalige Bonds-Blase zum Platzen gebracht, nachdem er die Zinsen innerhalb eines Jahres von drei auf sechs Prozent angehoben habe. Damals wären viele Hedgefonds pleite gegangen, und erstmals hätte eine Kommune Konkurs anmelden müssen.
Inzwischen hätten Geldprofis erneut Anleihen und Anleihenderivate im Wert von 800 Mrd. Dollar auf Pump gekauft gekauft - immerhin doppelt so viel wie vor drei Jahren. Sie könnten auf hohen Verlusten sitzen bleiben, sollte Greenspan die Zinsspritze wieder einmal zu spät und dann auch noch hoch dosiert aufziehen, orakelt PeterHerkenhoff

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