- zdf 19.30 ua: Ein Weg zum Gewinn findet sich immer -Zinsverbot im Mittelalter - monopoly, 25.04.2004, 18:28
zdf 19.30 ua: Ein Weg zum Gewinn findet sich immer -Zinsverbot im Mittelalter
-->http://www.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,2117778,00.html
Europa im Mittelalter
Ein Weg zum Gewinn findet sich immer
Wie Christentum und Islam mit Zinsverboten umgehen
Die Verzinsung risikofreier Darlehen ist im Islam und der Kirche des Mittelalters verboten. Mit Tricks weiß man aber diese Einschränkungen zu umgehen. Was dabei"anständig" bedeutet, entscheidet das Verhältnis von Risiko und Gewinnaussichten. In der Frühzeit des Islam vollziehen sich Finanzgeschäfte vorwiegend in einer Art Partnerschaft zwischen Geldgebern und Schuldnern: Gewinne und Verluste werden geteilt.
25.04.2004
Europa im Mittelalter
nächste Sendung:
25.04.04 19:30 Uhr
Geld & Börse
Venedig - Drehscheibe des Welthandels
Francesco di Datini - Pionier des Handels und der Bankgeschäfte
Ein Mönch als Universalgenie
Jakob Fugger, Handelsherr und Bankier
Nur die Italiener verleihen im 14. Jahrhundert Geld, die Verzinsung risikofreier Darlehen ist von der Kirche verboten. Aber es gibt Händler, die Geld brauchen - und Bankiers, die Geld verleihen wollen. Deswegen finden sich Mittel und Wege, das Verbot zu umgehen.
Zum Beispiel, indem ein Geldhändler einen Betrag als Vorschuss auf die Währung einer bestimmten Stadt zur Verfügung stellt. Dieser Betrag wird über einen Wechsel garantiert, der in der Währung einer anderen Stadt ausgestellt ist. Man redet nicht mehr von einem Darlehen, sondern einer Devisentransaktion - vergleichbar mit vordatierten Scheck in einer ausländischen Währung. Auch hierbei wird natürlich Geld verdient, aber es sind eben keine Kreditzinsen.
Banken haben mehr Macht als Könige
Die Zahlungsfrist für diese Wechsel beträgt im 15. Jahrhundert zwischen Florenz und London drei Monate, zwischen London und Brügge einen Monat. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass es heutzutage bis zu vier Wochen dauern kann, bis ein Scheck zwischen Deutschland und der Schweiz eingelöst ist.
Zuhörer einer Predigt gegen Zinswucher
Weil die Geschäfte in Wechseln abgewickelt werden, können die Banken die scheinbar umlaufende Geldmenge eigenhändig um ein Vielfaches vergrößern - und haben damit mehr Macht über das Geld als die Könige, die nur die Münzstätten kontrollieren.
Venedig steigt legal zur Handelsmacht auf
Das geht nicht lange gut: Denn die Banken schöpfen Geld aus einem rein buchhalterischen Akt, und sie verlangen auch noch Zinsen dafür. Das System bricht in dem Moment zusammen, in dem mehr Wechsel ausgestellt sind, als die Banken Münzen in Reserve halten - weil kein Gegenwert gegeben ist.
Wie gesagt: Hier geht es nur um die Verzinsung risikofreier Darlehen. Zinsnahme zu anständigen Bedingungen war dagegen im Christentum nicht verboten. Was dabei"anständig" bedeutet, entscheidet das Verhältnis von Risiko und Gewinnaussichten. Venedig jedenfalls steigt mit seinen trickreichen Geldgeschäften zur Handelsmacht in Europa auf, ohne gegen die von der Kirche erlassenen Wucherverbote zu verstoßen.
Erlaubte Darlehen
Nicht als Wucher angesehen wurden zwei Arten von Darlehen:
Societas, bei denen Verleiher einen gewissen Teil des Unternehmensrisikos auf sich nahmen.
Census - das heißt, die Verpflichtung, gegen Gewähren eines Darlehens eine Abgabe zu zahlen. Hier war der Käufer des Census in der Rolle des Geldverleihers. So konnte zum Beispiel ein adliger Landeigentümer Geld auf sein Land aufnehmen.
"Verkauf erlaubt, Zinsen verboten"
Auch der Islam hat Probleme mit den Zinsen. Zwar spielt der Handel in der islamischen Tradition eine wichtige Rolle - schließlich war der Prophet Mohammed selbst Kaufmann. Doch es wird im Koran darauf hingewiesen, dass"Verkauf erlaubt, die Zinsen aber verboten" seien. Wie das Verbot genau zu verstehen ist, ist allerdings Auslegungssache: Unter Riba - wörtlich etwa"Zugewinn" - kann man Wucherzinsen verstehen, oder auch jede Art von Zinsgewinn.
Bankwesen im Mittelalter
Venedig - Drehscheibe des Welthandels
Ein Mönch als Universalgenie
Francesco di Datini - Pionier des Handels und der Bankgeschäfte
Vorab festgelegte Zinssätze bei Kreditgeschäften werden abgelehnt, weil auf diese Weise ein Kreditgeber seine Schuldner ausbeuten könnte. In der Frühzeit des Islam vollziehen sich Finanzgeschäfte vorwiegend in einer Art Partnerschaft zwischen Geldgebern und Schuldnern: Man teilt Gewinne und Verluste - ähnlich wie bei heutigen Geschäften mit Risikokapital. Dort sind Finanziers auf Gedeih und Verderb an die Firma gebunden, in die sie investieren.
Kein Risiko, kein Erlös
Im Mittelalter bringen Händler auf der arabischen Halbinsel das Geld für die Ausstattung der Karawanen auf - und sind natürlich am Erlös einer erfolgreichen Handelsreise beteiligt. Aber sie tragen auch das Risiko, ihren Einsatz ganz oder teilweise zu verlieren, wenn die Waren verloren gehen, gestohlen werden oder mit Verlust verkauft.
Auch die ersten islamischen Banken treten mit dem Ziel an, partnerschaftliche Finanzierungsgeschäfte abzuwickeln. Für die Erträge aus Scheckkonten, Sparkonten oder Investmentfonds gilt das Prinzip der Teilung von Gewinn und Verlust: Die Erträge aus Investitionseinlagen richten sich nach dem Erfolg der Beteiligungen. Sparguthaben werden entsprechend den Gewinnen der Bank verzinst. Doch die Erträge der Gewinn- und Verlustteilung sind enttäuschend, viele Banken geben diesen Geschäftszweig wieder auf.
Zins in der islamischen Neuzeit
Nach neuerer Auffassung gilt nicht mehr das Prinzip, dass alle Formen, die es in der Frühzeit des Islam nicht gab, als unislamisch gelten müssen. Neue islamische Institute verwischen den Unterschied zwischen dem Geldgeschäft und anderen Bereichen der Finanzierung, verstecken ihre Zinseinkünfte und erproben neue Formen von Finanzoperationen. Sie behandeln Zinserträge als unerheblich und erklären"Gebühren" zu ihrer Haupteinnahmequelle. So unterlaufen sie die Kontroverse um den Zins.

gesamter Thread: