- Daily Reckoning/ Deutsch - Sorrento, 30.04.2004, 18:43
Daily Reckoning/ Deutsch
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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 30. April 2004
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* Der Kontraindikator
* US-Konjunkturdaten
* Deutsche Bank legt gute Zahlen vor
* Volkswagen, schlechter erwartet und alles Schlechte schon drin.
* Ein bisschen ist tödlich...
* China: Wirtschaftswachstum von knapp 8 %
* Bahnbrechende Erfindung einer britischen Bank!
* Schmerzvolle Lösungen
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Freitag, 30. April 2004
Der Kontraindikator
von Jochen Steffens
Etwas überrascht war ich heute, als ein Kollege anrief, seines
Zeichens überzeugter Bulle, und das Gespräch mit den Worten
einstimmte:"Ich will Dir nur mitteilen, wir sind bearish!"
Um einmal Bill Bonner zu bemühen:"Oh la la!"
Ich antwortete angemessen:"Ich ruf Dich gleich zurück, ich muss
schnell ein paar Long-Positionen aufbauen, wenn selbst Du schon
bearish wirst." Der alte Gag des Kontraindikators, ein beliebtes Spiel
zwischen Bullen und Bären und in diesem Fall scherzhaft gemeint. So
legte ich nicht auf, sondern wir besprachen die Situation (Aber ein
wenig zu denken gab mir das schon.)
Natürlich haben fast alle Markteilnehmer die eine oder andere Meinung,
die sie"vornehmlich" vertreten, ebenso wie es eher pessimistische
oder eher optimistische Menschen gibt. Das ist nicht sonderlich
schlimm. Schlimm ist, wenn jemand seine vornehmliche Meinung in den
Absolutheitsstatus erhebt und sich selbst mit dieser Meinung viel zu
ernst nimmt. Flexibilität ist vielleicht die wichtigste
Charaktereigenschaft eines Traders. Flexibilität und die Fähigkeit
seine Meinung auch mal schnell zu wechseln.
Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der sich auf der Short Seite besser
fühlt. Trotzdem sind die meisten Trades in letzter Zeit von mir Long
gewesen. Ein Aufwärtstrend ist so lange intakt, bis sich ein neuer
Abwärtstrend entwickelt hat. Und das braucht hin und wieder Zeit.
Um den Bogen nun zu einem Kreis zu machen: Und genau darüber habe ich
mich mit meinem Trader-Kollegen unterhalten. Wir waren uns einig, die
Märkte stehen kurz davor, einen neuen Abwärtstrend auszubilden. Wir
waren uns jedoch nicht einig, wie weit dieser die Märkte nach unten
treiben könnte, zum Glück. Denn ich müsste mir einen neuen
Diskussionspartner suchen, wenn wir immer gleicher Meinung wären. (Ich
kann immer nur wieder den Rat geben, diskutieren Sie ihre Meinung über
ein Aktie mit jemandem, der genau eine andere Meinung dazu hat. Nur so
können Sie Ihre Argument wirklich überprüfen.)
Noch haben die Märkte die Möglichkeit, wieder zu drehen und damit
weiter seitwärts zu laufen. Und während ich das schreibe, sehe ich,
dass sich der Dax wieder aufwärtsbewegt. Damit ist er an der unteren
Linie (bei 3970 Punkten) der seit Anfang April bestehenden
Seitwärtsbewegung abgeprallt. Ein zunächst bullishes Zeichen. Aber
noch ist nicht aller Tage Abend. Gleich mehr dazu in den
US-Konjunkturdaten.
Ich habe heute, aufgrund dieser Unsicherheiten und der anstehenden
Fed-Sitzung, im Target-Trader genau das gemacht, was gestern wohl
einige Amis gemacht haben. Ich habe meine Long-Position abgeheged (dh.
ich habe meine Long ausgerichtete Position mit einer Short Position
abgesichert, so dass egal was passiert, die Summe mehr oder weniger
Null bleibt) Das heißt, ich kann jetzt entspannt abwarten, was am
Dienstag passiert, ob die Zinsen steigen oder unverändert bleiben, ob
die Märkte steigen oder fallen werden. Nachdem ich weiß, wie sich die
Fed entscheidet, kann ich darauf reagieren.
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Freitag, 30. April 2004
US-Konjunkturdaten
von Jochen Steffens
Die persönlichen US-Ausgaben sind um 0,4 % gestiegen. Erwartet wurde
ein Anstieg um 0,7 bis 1,0 % nach zuvor 0,4 % (revidiert von
0,2 %).Die persönlichen Einkommen sind um 0,4 % gestiegen. Erwartet
wurde ein Anstieg um 0,4 % nach zuvor bereits 0,5 % (revidiert von
0,4 %). Das gleicht sich soweit aus, nicht wirklich interessant.
Eine andere Nachricht kam über die Ticker, die Inflation in den USA
soll so stark wie seit 13 Monaten nicht mehr angewachsen sein. Leider
fehlt mir hier noch die Bestätigung und die Zahlen. Eventuell mehr
dazu am Montag.
Der endgültige Verbraucherstimmungsindex der Uni Michigan notiert bei
94,2. Erwartet wurde der Index bei 93,2 bis 94,0 nach vorab
veröffentlichten 93,2. Einen Monat zuvor hatte der Index bei 95,8
notiert.
Damit liegt der Wert über dem vorläufigen Wert. Damit dürfte dieser
Wert die Zinserhöhungsängste erhöhen.
Noch heftiger ist der Chicagoer Einkaufsmanagerindex für April 2004
ausgefallen. Der Einkaufsmanagerindex notiert bei 63,9. Erwartet wurde
der Index bei 60,3 bis 60,5 nach zuvor 57,6.
Na, ich bin gespannt, was die Amis nach den Abgaben der letzten Tage
aus diesen Vorgaben machen. Im Moment siehr es noch sehr uneinheitlich
aus. So langsam bin ich aber auch gespannt, ob die Fed nicht doch
reagiert.
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Freitag, 30. April 2004
Deutsche Bank legt gute Zahlen vor
von Jochen Steffens
Im ersten Quartal konnte die Deutsche Bank einen Überschuss von
941 Mio. Euro erzielen, nach einem Verlust von 219 Mio. Euro im
Vorjahresquartal. Das Ergebnis versechsfachte sich auf 1,561 Mrd.
Euro. Hier hatte allerdings im Vorjahresquartal eine Abschreibung auf
eine Beteiligung am Gerling-Konzern das Ergebnis belastet.
So wie Anfang des Jahres für Aktien getrommelt wurde, ist es kein
Wunder, dass der größte Posten das Firmenkundengeschäft und
Investmentbanking (CIB) mit einem Vorsteuergewinn von 1,2 Mrd. Euro
gewesen ist. Denn hierbei wurde ein Großteil dieses Gewinns durch den
Handel mit Aktien, festverzinslichen Papieren und Derivaten
erwirtschaftet. Im reinen Beratungsgeschäft des Investment Banking
wurde weniger verdient.
Die deutsche Bank erzielte eine bereinigte Eigenkapitalrendite vor
Steuern von 22 % nach 13 % im Vorjahresquartal.
Konzernchef Josef Ackermann bekräftigte die Prognose 2004 einen
Vorsteuergewinn von 6,5 Mrd. Euro und eine Eigenkapitalrendite von
25 % vor Steuern zu erzielen.
Die Deutsche Bank rutschte nach diesen Zahlen erst einmal ins Minus
und notiert aktuell bei 68,29 Euro oder minus 2,01 %. Sell the good
news. Allerdings gilt das erste Quartal traditionell als das stärkste
Quartal. Vielleicht machen sich hier auch schon die ersten Anleger
Sorgen, dass gerade das Aktiengeschäft im zweiten Quartal aufgrund der
Seitwärtsbewegung an den Märkten nachlassen könnte.
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Freitag, 30. April 2004
Volkswagen, schlechter erwartet und alles Schlechte schon drin.
von Jochen Steffens
Volkswagen musste im ersten Quartal wie erwartet einen deutlichen
Gewinneinbruch hinnehmen. Das operative Konzernergebnis sank im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 50 % auf 329 Mio. Euro.
Allerdings lag dieses Ergebnis damit doch noch über den
Analystenerwartungen. Das Ergebnis nach Steuern brach um 87 % auf
26 Mio. Euro ein. Einzig der Umsatz konnte um 6 % auf 21,9 Mrd. Euro.
zulegen.
Begründet wurde der Gewinneinbruch mit negativen Wechselkurseffekten
in Höhe von 300 Mio. Euro (VW hatte sich nicht gegen
Wechselkurseffekte abgesichert) und natürlich mit den hohen Kosten für
die neue Modelle.
Nordamerika macht ebenfalls weiter Sorgen. Nach einem Gewinn von
188 Mio. im Vorjahresquartal fiel hier in diesem Quartal ein Verlust
von 71 Mio. Euro an. Ich hatte letztes Jahr geschrieben, dass ich
vermute, dass VW das Amerika Geschäft zu Gunsten des China-Geschäfts
fallen lassen will. Volkswagen hat sich z.B. nicht gegen
Währungseffekte abgesichert und beteiligt sich nicht an der
Rabattschlacht in den USA.
Bei VW ist mittlerweile alles Schlechte im Kurs enthalten. Da gilt im
Gegensatz zu Daimler: Buy the bad news. Besonders, wenn die schlechten
Analystenerwartungen noch übertroffen werden konnten. Letzteres ärgert
mich ein wenig, da ich eigentlich geplant hatte bei schlechten Zahlen
in eventuell deutlich fallende Kurse hinein eine Position aufzubauen.
So ist mir Volkswagen, mit einem Kursgewinn von über 3,11 % auf 37,75
im Hoch leider etwas davon gelaufen.
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Freitag, 30. April 2004
Ein bisschen ist tödlich...
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Die Nachricht vom Dienstag, dass der Optimismus der US-Verbraucher
weiter steigt, hat mich innehalten lassen; ich hatte nicht gedacht,
dass dieser Wert noch höher steigen könnte.
Die amerikanischen langfristigen Zinssätze sind seit fast 50 Jahren
nicht mehr so niedrig gewesen wie jetzt. Die kurzfristigen Zinssätze -
und besonders die Leitzinsen der Fed, die bei 1 % stehen - sind nur
zweimal in den letzten 200 Jahren auf dem aktuellen Niveau gewesen.
Die Konsumenten sind nicht nur optimistisch, dass diese
außergewöhnlich günstigen Umstände andauern werden - sie haben sogar
ihre Häuser darauf gebaut.
Es ist nicht so, dass ich wüsste, was passieren wird. Das räume ich
immer wieder ein, dass ich das nicht weiß. Es ist nur so, dass einige
Dinge besser als andere zu sein scheinen. Obwohl die Märkte angeblich
perfekt sein sollen, sind sie nur so perfekt wie die Einschätzungen
der Leute, die an ihnen handeln. Aber für den Fall, dass Sie, liebe(r)
Leser(in) es nicht bemerkt haben sollten: Investoren kalkulieren nicht
kalt und emotionslos Wahrscheinlichkeiten. Stattdessen werden sie von
Massenstimmungen angesteckt und gehen mit dem Trend.
Aber die Geschichte ist nur dann wirklich sinnvoll, wenn man genug von
ihr hat. Ein bisschen ist tödlich. Wenn die Zinsen für ein Jahr
fallen... dann denkt der typische Investor, dass sie noch ein
weiteres Jahr fallen können. Wenn sie 3 Jahre fallen, dann beginnt der
typische Investor zu denken, dass sie weiter fallen werden. Und wenn
sie 20 Jahre lang fallen, dann denkt er, dass sie für immer fallen
werden.
Wir sollten hier kurz anhalten und die perverse Eleganz des Ganzen
bewundern: Denn je zuversichtlicher der Investor wird, desto näher
rückt der Moment, an dem sich der Trend umkehren muss. Das bedeutet
nicht, dass man wüsste, wann das genau passieren wird... aber
zumindest kann man eine erleuchtete Einschätzung über die
Wahrscheinlichkeiten abgeben. Die große Masse der Kleinanleger mag
richtig liegen in Bezug auf das, was kommen wird... oder sie liegt
falsch... aber sicherlich haben sie die Wahrscheinlichkeiten
verzerrt.
Der durchschnittliche Konsument... und der durchschnittliche
Investor... gehen eine bemerkenswerte Wette ein. Sie haben beide im
Verhältnis zu ihrem Einkommen mehr Schulen als jede Generation vor
ihnen aufgenommen - und einen Großteil davon auch noch zu flexiblen
Zinssätzen. Sie haben sich an der weltweit größten Schuldenblase aller
Zeiten beteiligt, und sie wetten nicht nur, dass diese niemals platzen
wird... sondern auch, dass sie durch sie zu Reichtum und Wohlstand
getragen werden.
Ich werde dagegen wetten. Nicht, dass ich wüsste, was passieren wird.
Aber ich glaube, dass diese Konsumenten und Anleger die
Wahrscheinlichkeiten falsch berechnet haben.
Und es schien so, als ob sich gestern ein scharfes Objekt der
Schuldenblase mit erhöhtem Tempo genähert hat. Mehr Details von Eric
Fry in New York:
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Freitag, 30. April 2004
China: Wirtschaftswachstum von knapp 8 %
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
Dieser Mann bewegte die Märkte! Ein paar Wörter von Wu Xiaoling,
Vize-Gouverneur der Bank of China, haben die Rohstoffmärkte - und den
Aktienmarkt - durchsacken lassen.
Dieser Mann prognostizierte, dass sich Chinas Wirtschaftswachstum im
laufenden Jahr auf weniger als 8 % verringern wird, nach 9,3 % im
letzten Jahr. Um sicherzustellen, dass diese Prognose auch eintritt,
verordnete die chinesische Regierung den Banken einen
Kreditvergabestopp bis Montag. Die Regierung verkündete auch, dass sie
bald die Kreditvergabe-Richtlinien straffen will.
Die Folge: Fast jeder an einer Börse gehandelte Rohstoff geriet schwer
unter Druck. Gold, Palladium, Platin, Kupfer und Silber sackten durch.
Aber auch die"Rohstoff-Währungen" verloren an Wert. Der australische,
der kanadische und der neuseeländische Dollar verloren gegenüber dem
US-Dollar. Der südafrikanische Rand sackte gegenüber dem US-Dollar
sogar um fast 4 % durch. Damit verlor der Rand sogar noch mehr als der
Goldpreis. Mit anderen Worten: Für die südafrikanischen
Goldproduzenten war gestern ein guter Tag, da sie in Landeswährung für
eine Feinunze Gold, die sie auf dem Weltmarkt gegen Dollar verkauften,
mehr verdienten. Und dennoch fielen auch die südafrikanischen
Goldminenaktien zurück. Am Mittwoch sackten Titel wie Harmony Gold und
Durban Deep um über 9 % durch.
Der April war ein sehr grausamer Monat für Investoren, die in den
traditionellen"sicheren Häfen" Zuflucht gesucht haben. Diejenigen,
die bei Anleihen und Gold Kapitalerhalt gesucht haben, haben
stattdessen Kapital verloren. Im April ist der XAU-Index der
Goldminenaktien um über 20 % gefallen.
Wie sollte man als Investor auf diese entnervende Volatilität
reagieren? Ist die eine Kaufgelegenheit? Ist es Zeit, die Hoffnung für
einen gewaltigen Gold-Bullenmarkt - der den Goldpreis auf 1.000 Dollar
je Feinunze hievt - zu begraben?
Wenn der derzeitige Selloff beim Gold und den anderen Rohstoffen eine
Kaufgelegenheit ist, dann ist es eine Gelegenheit, die voller Gefahren
ist. Die Investoren müssen ins fallende Messer greifen... obwohl es
heute so aussah, als ob der Boden gefunden sein könnte.
Wenn die Fed die Zinsen erhöht und die Bank of China die Kreditvergabe
wirklich drastisch einschränken will, dann sind das schlechte News
fürs Gold. Denn das gelbe Metal mag keine Konkurrenz durch attraktive
Zinsen. Andererseits ist der Dollar immer noch eine Papierwährung. Und
auch die fiskalische Situation der USA hat sich nicht verbessert. Wenn
der Dollar seinen Rückgang erneuern sollte, dann sollte der Goldpreis
steigen.
Der Goldpreis würde in einem solchen Umfeld prosperieren... aber der
Markt könnte auch andere Pläne haben.
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Freitag, 30. April 2004
Bahnbrechende Erfindung einer britischen Bank!
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
*** Aus London kommen News, die neue Hoffnung für die Inflation und
Verzweiflung für die menschliche Rasse bringen.
Sie werden sich daran erinnern, liebe(r) Leser(in), dass die
Weltwirtschaft derzeit zwischen zwei gegensätzlichen Kräften steht,
die beide unaufhaltsam ihren Weg gehen.
Auf der einen Seite die Deflation. Ein Nebeneffekt der Globalisierung
ist, dass sich die weltweiten Kapazitäten erhöhen, und die
Produktionskosten pro Gut sinken. Die Preise fallen. Es gibt aber auch
eine allgemeine Deflation, wenn wie während der Weltwirtschaftskrise
oder wie im Japan der 1990er eine Volkswirtschaft in einen langen
Abschwung eintritt, die Leute aufhören, sich Geld zu leihen,
Arbeitsplätze verloren gehen, weniger Geld zirkuliert.
Allerdings braucht man sich keine Sorgen zu machen, denn überall auf
der Welt fördern die Zentralbanker eine Inflation, weil sie die haben
wollen. Fed-Gouverneur Ben Bernanke ist wahrscheinlich derjenige
dieser Bande, der am freimütigsten spricht:"Wir haben... eine
Notenpresse", teilte er der Welt zuversichtlich mit.
Man kann zwar Geld drucken, aber man muss es auch in die Hände der
Leute bringen, ohne dass das Geld seinen Ruf als solides
Wertaufbewahrungsmittel verliert. Das ist ein komplexes Problem, das
die sogenannten Monetaristen stark beschäftigt.
Aber jetzt kommt die englische Barclays Bank mit einer Lösung... die
sie - wie Penicillin - eigentlich durch Zufall entdeckt hat.
Als bei einem Geldautomaten die Geldfächer aufgefüllt wurden, da wurde
ein Fehler gemacht. In die Fächer für die 10-Pfund-Scheine wurden
20-Pfund-Scheine eingefüllt. Als jemand 10 Pfund abheben wollte, da
erhielt er 20 Pfund. Und als er auf der Abrechnung nachsah, da stellte
er fest, dass auch nur 10 Pfund abgebucht worden waren.
Da dieser Kunde das nicht für sich behalten konnte, war dieser
Geldautomat bald von Leuten umlagert. Sie können sich vorstellen, wie
populär eine Bank ist, die 2 Pfund für den Preis von 1 Pfund ausgibt.
Bald gab es eine lange Warteschlange - darunter eine Frau in
Bademantel und Schlappen - die vom Fehler der Bank profitieren
wollten.
Leider kümmerte sich niemand darum, die Bank zu alarmieren.
Offensichtlich war das ganze Städtchen glücklich darüber, einem
blinden Mann Bleistifte zu stehlen. An diesem Tag wurden umgerechnet
rund 100.000 Euro abgehoben.
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Freitag, 30. April 2004
Schmerzvolle Lösungen
von Marc Faber
In einem Umfeld, in dem fleißig Geld gedruckt wird, die Schulden und
die Kurse von Finanzanlagen stark wachsen - da können wirkliche
Schnäppchen zu einem Relikt der Vergangenheit werden. Bis zu dem
Zeitpunkt, zu dem ein wirtschaftlicher oder finanzieller Zwischenfall
wieder zu reizvollen Bewertungen in der einen oder anderen
Anlageklasse führt.
Ich erwähne das, weil ich es derzeit in der Welt der Aktien, Anleihen,
Rohstoffe und Immobilien zunehmend schwer finde, günstig bewertete
Anlageobjekte zu finden, bei denen ich eine Strategie des"Kaufen und
liegenlassen" vertreten könnte.
Und ich habe das Gefühl, dass - bis auf wenige Ausnahmen - die meisten
Anlagekategorien in den nächsten paar Jahren zu niedrigeren Preisen
bzw. Kursen verfügbar sein werden. Nehmen Sie das Beispiel Neuseeland.
Vor ein paar Jahren waren die Lebenshaltungskosten dort niedrig, weil
der neuseeländische Dollar im Keller war - und das Angebot am
Immobilienmarkt groß. Aber jetzt hat sich der neuseeländische Dollar
gegenüber dem US-Dollar fast verdoppelt, und damit hat sich auch das
Preisniveau gegenüber den USA fast angeglichen.
In diesem Umfeld wechseln die Investoren von sicheren und liquiden
Anlagekategorien mit niedrigen Renditen in solche Anlagekategorien,
die höhere Renditen versprochen, wie Aktien, Immobilien und Rohstoffe.
Ich brauche wohl nicht zu betonen, dass die Geldpolitik der Fed, die
die Zinsen künstlich niedrig hält (real gesehen sind sie sogar
negativ) diese Präferenz für riskantere Anlagekategorien fördert. Sie
schüttet damit noch Ã-l ins Feuer der laufenden Spekulation bei Aktien,
Anleihen mit niedriger Bonität, Rohstoffen, Immobilien und Währungen.
Deshalb sind die Fondsmanager fast gezwungen, signifikante Risiken
einzugehen und das"Momentum-Spiel" mitzuspielen, um die unrealistisch
hohen Rendite-Erwartungen ihrer Kunden erfüllen zu können.
Meiner Ansicht nach ist das sehr gefährlich, aus mehreren Gründen.
Zunächst einmal können einige Anlagekategorien an Wert verlieren -
selbst dann, wenn die Fed eine Politik des leichten Geldes fährt. Und
zwar ganz einfach aus dem Grund, dass es ein Überangebot gibt. Das war
bei Rohstoffen in den Jahren zwischen 1980 und 2001 der Fall. Dann
kann es zu einem Wertverlust kommen, weil sich die Psychologie der
Anleger ändert. Das war ganz bestimmt in Japan nach 1989 der Fall, als
die japanischen finanziellen Institutionen und die Ã-ffentlichkeit
risikoavers wurden und Bargeld und Anleihen gegenüber Aktien
bevorzugten.
Und selbst in Phasen der Inflation können die Aktienkurse real
(inflationsbereinigt) fallen, wie wir es während der deutschen
Hyperinflation von 1918-1923 gesehen haben. Die deutschen Aktienkurse
fielen 1918 um 40 %, 1919 um 10 %, 20 % in den Jahren 1920, 1921 und
1922; und 30 % im Jahr 1923.
Kombinieren Sie jetzt die Faktoren Gier, den Performancedruck unter
den Fondsmanagern, die Ansicht, dass es kein Abwärtsrisiko gibt, und
die Tendenz der privaten Anleger, auf steigende Anlagekategorien zu
setzen - und Sie können sehen, warum derzeit fast jede Anlagekategorie
im Wert zulegt! In dieser Situation muss sich der kluge und nur auf
wirkliche Werte setzende Investor fragen, ob es das Risiko wert ist,
an dieser durch die Fed erneuerten Investment-Manie teilzunehmen.
Der Bullenmarkt der 1970er bei den Rohstoffen ging Hand in Hand mit
einem Bärenmarkt bei den Anleihen. Die Bullenmärkte bei Anleihen und
Aktien der 1980er gingen Hand in Hand mit einem Bärenmarkt bei den
Rohstoffen. Und während in den 1990ern die westlichen Aktienmärkte
explodierten, da kollabierten in Japan und den Emerging Marktes die
Kurse. Deshalb tendierte ich zu der Ansicht, dass auch im Jahr 2004
einige Anlagekategorien an Wert gewinnen würden, während andere - wie
Anleihen - einen Bärenmarkt erleiden würden. Nach längerer Überlegung
habe ich jetzt Bedenken, dass irgendwann in der nahen Zukunft"alles"
im Kurs fallen könnte!
Wenn die Zinsen steigen (und eines Tages werden sie zumindest in den
USA wieder steigen, angesichts der Inflation, die wir derzeit bei den
Vermögensanlagen und Rohstoffpreisen sehen), dann kann man damit
rechnen, dass gleichzeitig Anleihen, Aktien, Rohstoffe und Immobilien
an Wert verlieren werden. Auch wenn ich ein krasses
Deflations-Szenario, wie es Robert Prechter oder Gary Shilling
aufzeigen, als unwahrscheinlich betrachte, fühle ich doch, dass auf
die aktuelle universale Inflation bei Vermögensanlagen ein ernsthafter
Knall und eine Deflation bei Vermögensanlagen folgen werden. Das wird
den Konsum in den USA hart treffen. Aber wann?
Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, wann dieser Knall erfolgen
wird. Aber angesichts der überkauften Situation beim US-Aktienmarkt,
dem extrem bullischen Umfeld (was ein historischer Indikator für das
Erreichen eines Topps ist), den (bis vor kurzem) parabolisch
steigenden Rohstoffmärkten und der Tendenz der Märkte, die
Zentralbanker (besonders Greenspan, Bernanke & Co.) zu vernichten -
könnte der Knall jederzeit eintreten.
Es ist wahr, dass niemand voraussehen kann, wie das Endspiel der
aktuellen spekulativen Welle aussehen wird, und wann der Knall
schließlich erfolgen wird. Aber eine schmerzliche Lösung für die
aktuelle Inflation bei allen Anlagekategorien ist unausweichlich, so
sicher, wie die Nacht auf den Tag folgt.
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