- Interest Rates and"The Death of Gold" - Popeye, 06.05.2004, 22:01
- Klar, seit tausenden von Jahren hats funktioniert, heute ist alles anders. LOL (o.Text) - igelei, 07.05.2004, 08:54
- Re: Darf man auch mal was zu Gold etc. lesen, - dottore, 07.05.2004, 10:25
- Re: Darf man auch mal was zu Gold etc. lesen, - Popeye, 07.05.2004, 12:27
- Re: Außer Tocqueville gibt's nur Ignoranten? - dottore, 07.05.2004, 14:34
- Re: Außer Tocqueville gibt's nur Ignoranten? - Popeye, 09.05.2004, 14:30
- Re: Außer Tocqueville gibt's nur Ignoranten? - dottore, 07.05.2004, 14:34
- Re: Darf man auch mal was zu Gold etc. lesen, - Popeye, 07.05.2004, 12:27
Re: Außer Tocqueville gibt's nur Ignoranten?
-->Hi,
>diese Position versteh' ich nun gar nicht. Im Zweifel zählt für mich, ob der Vortrag originell oder vernünftig ist, wobei mir lieber ist, ich weiß in welchem Lager der Autor grundsätzlich steht.
Der Autor ist"brainstormer" bei Tocqueville. Das Unternehmen ist stolz darauf"contrarian" zu sein, was aber auf einen Etikettenschwindel hinausläuft. Denn bei Tocqueville gilt: immer invested sein bei"very little cash (cautionary) position".
Die contrarian position nämlich wäre: Nicht invested zu sein, womit man natürlich kein Geschäft macht (außer beim Vermieten oder Verkaufen von Tresoren).
Grundlage dieser Philosophie wiederum ist, dass Inflation und Steuern immer am Vermögen des Investors nagen und man dieses abstellen möchte. Grundsatz daher: Investments in equities.
Nun ergibt sich leider (siehe Russells luzide Ausführungen, die vom Autor Hathaway auch schön zitiert werden; Warren Buffett hatte Ähnliches ausgeführt), dass bei equities nichts Gutes zu erwarten ist. Aber nicht nur das: Russells berühmter DTL vom 19. April, betreffend die aktuelle Lage, wird so interpretiert:
"Russell observes, rising interest rates are deflationary. The potential destruction to financial asset values from rising interest rates is unprecedented."
Nun steht Tocqueville natürlich dumm im Regen rum. Die Titel, in die man ständig investiert sein will und aus denen die returns für das Management nur kommen können, stehen in größter Gefahr! Was anderes heißt denn wohl"potential destruction"?
Also muss ein Kaninchen aus dem Hut gezaubert werden, um die reiche Klientel bei der Stange zu halten, und - schuppdiwupp! - das isses auch schon: GOLD.
Und weil man schön contrarian bleiben will, wird das alberne Rothschild-Beispiel (wenn die rausgehen, muss man rein) und zwei Beiträge der FT (der eine aktuell, wie hier schon beschrieben und diskutiert, und der andere aus 1997 (!) -"The Death of Gold") über den Wir-sind-doch-ganz-anders-Leisten geschlagen.
So quetscht sich der Autor die - nicht minder alberne - Parallele aus den 70er Jahren aus den Rippen, wo zwar auch steigende Zinsen zu beobachten waren, aber dummerweise kein Mensch von einer Überschuldung oder gar von deflationären Gefahren gesprochen hatte, wie der als Kronzeuge bemühte Russell heute.
Damit ähnelt der"brainstorm" dem, was jüngst uns dank R.Deutsch aus den Seiten von SafeHaven (ja, ja) entgegen strahlte (Castrese [!] Tibaldi als sog."Autor"). Unten kommt dann die übliche"Gold-hilft-gegen-alles"-Empfehlung heraus.
Die einzig ernst zu nehmende Position bei Deflation, wenn man sie schon mit nicht unnnachvollziehbarer Logik à la Russell (debts, debts, debts!) an die Wand malt, nämlich ready cash at hand, wird gar nicht erst in Erwägung gezogen. Sondern so kurz eingangs kursorisch mit T-Bills und Gold geblendet.
Wirkliche Contrarians sind diese Herrschaften also mitnichten. Denn die contrarian position zu"always be invested" lautet logischerweise."Don't be invested", oder simply"stash your cash".
Damit man auch etwas für die Schlafloseren unter den very rich clients hat, wird also der Tocqeville Gold Fund präsentiert, denn:
"In such a context, gold's ability to protect capital will become widely appreciated".
Aha! In welcher Form sich dies materialisieren wird, wird sich weisen, wobei der Hinweis darauf, dass der"kleine" Edelmetall-Crash"one more misadventure of hot money" gewesen sei, so recht nicht zu dem obigen Satz passen will. Aber man könnte natürlich auch sagen: Erst müssen die kleinen Piffer per Volatilität aus dem Markt geschüttelt werden, damit dann Big Money so richtig einstigen kann.
Nur steht in der Sternen, was Big Money dann mit Big Gold (loco?) überhaupt anfangen will. Es gibt ganz andere Sachen, die ebenfalls schön, selten und beständig sind und die in einm deflationären Ambiente selbst innerhalb des kleinen Kreises der beati cognoscentes keinen Markt mehr hatten. Man studiere die Auktions- und Händler-Kataloge der großen Häuser aus diesen - zugegebenermaßen seltenen - Phasen, etwa 1873/95 oder 1929/38.
In der deflationären Periode 1830/45 wurden die schönsten Rittergüter und Stadtpalais in allerfeinsten Lagen sogar per Lotterie oder Aktien-Auslosungen verhökert - meine Sammlung dazu (zu der auch die Ortschaft gehörte, aus der Johannes Paul II. kommt, schließlich stammt Seine Heiligkeit von Leibeigenen ab) hatte ich auf der EW-Tagung I zum Besten gegeben.
Was an dem Tocqueville-brainstorming am meisten stört, ist die unsägliche Arroganz:
"As contrarian investors, we are thankful for the continual feast of ignorance served up by the financial media."
Also jeder außer Tocqueville ist ein Idiot? Hybris kommt vor dem Fall! Jedenfalls ist das meine (auch ganz persönliche) durchgehende Lebenserfahrung.
>Wenn die 'Objektivierung' nicht im eigenen Kopf stattfindet oder stattfinden kann steht man ohnehin ratlos in der Ecke und sollte am besten gar keine eigenen Anlageentscheidungen treffen.
Ratlos? Mein Rat: Dort, wo ein solcher hochnäsiger Schmarrn verzapft wird, subito abziehen!
>Soweit der Markt psychologische Fundamente hat (bei Gold ganz sicher)
Die hat jeder Markt, that's why we are here.
>sollte man sich sogar mit diesen Denkmustern auseinandersetzen,
Denkmuster haben etwas mit dem Verstand und nichts mit dem Gefühl zu tun, wie schon Schopenhauer unvergleichlich dargelegt hatte.
Dass aber bei Tocqueville mit Denkmustern ("rationaler Analyse") operiert wird, um eine bestimmte Anleger-Psychologie, um nicht zu sagen -Psychose ("always be invested!") zu erreichen, ist schlicht HEIMTÜCKE!
>auch wenn sie ökonomische nicht das Gelbe vom Ei sind. (Nicht nur @dottore war jüngst short...)
Das freut mich.
>Die Suche nach"objektiven und unabhängigen Informationen" soweit sie die Zukunft betreffen sind eine Fata Morgana, die nur Börsebbriefleser suchen.
Ich denke schon, dass das Forum hier versucht, objektiv und unabhängig zu sein. We live to learn.
Mit allerbestem und dankendem Gruß!

gesamter Thread: