- Hurra,Hurra, der Höller der ist wieder da, seit ihr alle da? - EM-financial, 07.05.2004, 18:20
- Immerhin hat er das Rad neu erfunden... - bernor, 07.05.2004, 23:35
Hurra,Hurra, der Höller der ist wieder da, seit ihr alle da?
-->Das Kasperletheater fängt wieder an ;-)
Interview mit Jürgen Höller (EuramS)
Als Star der Motivationstrainer versprach Jürgen Höller einst Zigtausendenden"Weg zu Reichtum und persönlicher Freiheit¦, wollte mit seiner FirmaInline Motivations AG an die Börse gehen und landete 2002 schließlich imKnast. EURO-Reporter Carl Batisweiler besuchte ihn jetzt nach seinervorzeitigen Freilassung aus der Haft.
EURO: Ihr Absturz geschah parallel zum Niedergang der New Economy. VieleOpfer der Börsen-Baisse suchen jetzt den Neuanfang - wie Sie selbst. WerdenSie jetzt zum Guru aller Gescheiterten?
Höller: Das weiß ich nicht. Aber es gab einen kausalen Zusammenhang. Ich binja nicht gescheitert, weil meine Seminare nicht mehr liefen. Die Inline AGhat operativ Geld verdient. Bis zum tragischen Ende. Der geplante Börsenganghatte die Kosten hochkatapultiert. Nachdem der IPO ausfiel, lagen ein paarMillionen Mark offene Rechnungen auf dem Tisch, die durch das operativeGeschäft nicht gedeckt waren. Als die Staatsanwaltschaft dann untersuchthat, ist die Finanzierung geplatzt und die Insolvenz musste eingeleitetwerden.
EURO: Um jetzt nach vorne zu schauen: Sie teilen die schlechte Erfahrung mitvielen Kleinanlegern aber auch gescheiterten Unternehmern. Wo geht es jetztmit Jürgen Höller hin?
Höller: Wichtig ist, dass ich wieder anfange und auf die Bühne zurückkehre.Aber anders als vorher - kleiner, feiner. Ich werde das Rad nicht mehr sogroß drehen und vor allem nicht mehr so unfrei werden. Denn damals war ichja Getriebener von meinem eigenen Apparat. 140 Mitarbeiter, die ernährtwerden mussten, ich hatte keine Auszeiten mehr - all das werde ich nichtmehr tun. Ich kehre zu dem zurück, wo ich herkam.
EURO: Welche Lehren haben Sie aus Ihrem Absturz gezogen?
Höller: Entweder man fällt hin und bleibt liegen - und bemitleidet sichsogar - oder man steht wieder auf. Das gilt für Anleger wie Unternehmer ingleicher Weise. Ich nehme diesen negativen Umstand und mache das Bestedraus. Meine Lebensmaxime ist: Ich bin nur dann gescheitert, wenn ich liegenbleibe. Hinfallen ist keine Schande, aber das Liegenbleiben. Ich werde alsoweitermachen, diesmal ohne Börse, und mich auf die eigenen Füße stellen.
EURO: Was ist jetzt bei den Seminaren neu? Feuerlaufen gibt¦s nach wie vor,auch Scherben-Laufen? Gibt¦s wirklich neue Inhalte?
Höller: Ich hab die Seminare komplett neu überarbeitet. Und was denFeuerlauf und das Scherbenlaufen betrifft, mit dem ich ja berühmt, teilweiseauch berüchtigt geworden bin: das tut mir weh, wenn meine ganze Tätigkeitimmer wieder auf das Scherbenlaufen reduziert wird. Ein Seminar dauert dreiTage und da wird eine Stunde Feuerlauf gemacht. Der Inhalt ist aberArbeiten. Ich habe da einen neuen Stil entwickelt. Ich trage den Leutennicht nur theoretisch vor, sondern sie setzen durch Arbeitsunterlagen diestheoretische Wissen sofort in die Praxis um. Sie werden angehalten, dieInhalte in Vergleich zu ihrem beruflichen oder privaten Leben zu setzen -ich bin ja ein ganzheitlicher Trainer - und dann Erkenntnisse daraus ziehenund konkret einen Handlungsplan entwerfen. Ohne Handeln kommt keineVeränderung.
EURO: So viel Veränderung können wir aber noch nicht erkennen.
Höller: Die Seminare sind jetzt unter dem Oberbegriff"Lifing¦zusammengefasst."Lifing, die Kunst zu leben.¦ Der Untertitel erklärt auch,um was es in diesen Seminaren geht. Da spielt natürlich der Beruf eineRolle, der berufliche Erfolg ist schließlich nicht unwichtig. Auch derfinanzielle Erfolg im Sinne von frei und sicher zu sein, spielt eine Rolle.Aber es gibt eben mehr. Es reicht nicht aus, wenn ich beispielsweise mit 60in meiner Finca lebe, beruflich und finanziell meine Ziele erreicht habe,aber meine Gesundheit ist ruiniert, die Ehe kaputt und ich bin einsam undallein. Deshalb muss es ganzheitlich sein.
EURO: Geld und Reichtum waren ja bei vielen Motivationstrainern, auch beiIhnen, der große Schlüssel zu allem. Ist das jetzt - sie hatten ja reichlichZeit zum Nachdenken - die Zeit nach dem großen Geld, einem Streben nachanderen Dingen?
Höller: Geld ist nicht alles, um Gottes willen. Es ist ein Bereich derwichtig ist, man braucht eine gewisse finanzielle Freiheit. Das heißt: Ichhabe jetzt alles verloren, ich fange bei Null an. Oder, ganz im Gegenteil:Ich werde die nächsten Jahre noch ordentlich an die Gläubiger zahlen.Deshalb ist Geld wichtig. Ich in meiner Lage habe ich aber gelernt, dass esgenauso wichtig ist, die Gesundheit zu bewahren, eine intakte Partnerschaft,eine intakte Beziehung zu den Kindern und zu seinen Freunden zu haben. Weildaraus genauso viel, ja noch mehr Glück zu ziehen ist, als wenn ich nureinen tollen Wagen hab und ein tolles Haus oder mir einen tollen Urlaubleisten kann.
EURO: Es gab bei ihren Seminaren auch immer die Unterscheidungkurzfristige/langfristige Ziele. Was sind jetzt die kurzfristigen und wasdie langfristigen Ziele des Jürgen Höller, was ist Ihnen wichtig, wasunwichtig?
Höller: Die kurzfristigen sind relativ einfach. Die sind daraufausgerichtet, dass ich jetzt wieder die ersten Seminare fülle, zeigen kann,dass auch Jürgen Höller eben Fehler gemacht hat. Ich habe mir tausendmalVorwürfe gemacht und es auch bitter bereut. Ich bin aber auch der Meinung,dass ich meine Strafe abgebüßt habe und möchte nun einen Schlussstrichziehen. Und Kunden und Fans um eine zweite Chance bitten. Ich willbeweisen, dass ich inhaltlich nach wie vor gut bin, dass ich durch dieErfahrungen, die ich gemacht habe, sogar etwas besser, gereifter bin alsfrüher, wo ich ein bisschen einseitiger orientiert war als es heute der Fallist.
EURO: Die Bereitschaft der Firmen, für Motivationsseminare zu bezahlen, istohnehin immens gesunken. Wie wollen Sie ehemalige Kunden, vor allemUnternehmen, überzeugen, bei Ihnen zu buchen, Ihnen ihre Leute wiederanzuvertrauen?
Höller: Ich bin da optimistisch, weil das einfach mein Naturell ist. Ich binseit letztem Mittwoch offiziell entlassen und habe seither sechs offizielleBuchungen von Firmen oder Seminarveranstaltern. Am Samstag habe ich daserste Seminar in Ã-sterreich, dann habe ich drei Tage ein eigenes Seminar inSaalfelden und fliege dann direkt weiter für ein Seminar nach Mallorca. Ichdenke, dass die Nachfrage viel geringer ist als damals.
EURO: Wie wollen Sie dann Geld verdienen?
Höller: Die Firma Lifelearning, für die ich jetzt tätig bin, besteht auszwei festen Mitarbeitern und einigen selbstständigen Vertriebsleuten, dieauch für eigenes Risiko arbeiten. Die Firma ist hier im Hause, derFixkostenblock ist natürlich nur noch ein Bruchteil von damals, als wir inder Spitze 140 Mitarbeiter hatten. Ich brauche nicht mehr 15.000 Leute imJahr, mir reicht ein Bruchteil, um gute Umsätze zu erzielen.
EURO: Sie haben gesagt, Sie wollen es jetzt ganzheitlich angehen. Das klingtschon sehr nach Esoterik.
Höller: Ich würde es nicht als Esoterik bezeichnen, ganzheitlich zu leben,der ganzheitliche Erfolg ist einfach das Normalste der Welt. Vielleicht istdas in dem Rausch verloren gegangen, den ich damals hatte. Ich hatte 1995die Firma mit eineinhalb Mitarbeitern gegründet. Innerhalb von fünf Jahrenwar sie so groß, dass damals die größten Banken Deutschlands, ja sogar derWelt, Interesse an uns hatten, JP Morgan zum Beispiel, die West LB, die BankBaden-Württemberg. Die hatten uns mit bis zu 55 Millionen Mark Wertangesetzt. Und in diesem Rausch, den ich damals hatte, habe ich vielleichtdie Dollarzeichen zu stark gesehen.
EURO: Das wirft man Ihnen ja vor, dass Sie nur noch das Geld gesehen haben.
Höller: Ich hatte davor viele Jahre ganzheitlich gelebt, bin aber - das weißich heute -meinem Weg ein wenig untreu geworden. Und vielleicht war dassogar gut, um meinen Weg wieder zu finden, nämlich die Ganzheitlichkeit. Ichhabe ja immer gesagt, es reicht nicht aus, wenn du nur Geld verdienst. Ichbaue auch immer den gesundheitlichen Aspekt aus, ich habe auch immer überBeziehungen gesprochen. Ich habe es also immer ganzheitlich gesehen - abernicht in den drei Jahren, als der Börsengang anstand. Da sah ich nur nochdas Geld, nur noch den beruflichen Erfolg. Und das habe ich dann auch in denSeminaren verstärkt in den Vordergrund gestellt.
EURO: Was ist denn nun der neue Trend in der Branche?
Höller: Ob das die Kollegen jetzt viel anders machen - ich weiß es nicht,ich habe keinen Kontakt mit den anderen großen Trainern. Ich bin seit einerWoche in der Freiheit, ich orientiere mich ganz nach mir. Da sieht mannicht, was die anderen machen. Ich für mich weiß jetzt, dass viele andereDinge genauso wichtig sind wie der berufliche Erfolg.
EURO: Es gab die Lasershows, es gab die"Yahooo¦-Anfeuerungen. Wird einHöller-Seminar nun wie einst die Massenveranstaltung in der Olympiahalle -nur eben kleiner?
Höller: Auch das war so, dass die großen Hallenveranstaltungen immer nur vonden medialen Bildern her in Erinnerung blieben. All das wurde dezimiert, aufdas Feuerwerk zu Beginn, auf die so genannten Energiepausen, zu denen in derOlympiahalle 10.000 gesprungen sind. Das hat nur einen Bruchteil derSeminare ausgemacht. Das so genannte Toben von Managern war ja nur, wenn ichnach einer Stunde Seminar gemerkt habe, so langsam geht bei denen der Deckelzu, weil es schwierig ist, sich den ganzen Tag zu konzentrieren. Dann sindalle aufgestanden, wir haben Musik eingelegt, ein bisschen Spaß gehabt, dreiMinuten, und dann ging es wieder mit der Arbeit weiter.
EURO: Wie sehen die neuen Seminare aus?
Höller: Das Ganze wird jetzt herunter gefahren auf das Wesentliche. DieEnergiepausen, wo wir uns drei Minuten bewegen, werde ich beibehalten, weiles einfach toll war. Und danach setzen wir uns wieder hin und arbeitenkonzentriert. Viele andere Dinge, die tatsächlich aus Showgründen gemachtwurden, lasse ich wegfallen. Ich möchte mich jetzt mehr auf den Inhaltkonzentrieren, ohne den Spaß dabei zu vergessen. Warum muss Lernen immereine bierernste Sache sein?
EURO: Was steht bei den Seminaren nun ganz oben - finanzieller Erfolg,beruflicher Erfolg oder privates Glück?
Höller: Sie sind jetzt im"entweder oder¦. Ich lasse mich aber nicht in eineEcke drängen. Ich habe das Jürgen-Höller-Lebensrad entworfen, das hat 16Speichen. Jede Speiche steht für etwas, beginnend etwa mit Beruf als Speiche1. Speiche 4 könnten dann Kinder sein und so weiter. Nur alle Speichen gebendem Lebensrad, das immer weiter rollt, den nötigen Halt. Gerät eine Speichezu kurz, haben wir ein Problem. Und das gilt es als erstes zu erkennen. Diemeisten Leute machen sich gar keine Gedanken: Wo liegen denn meine Probleme,was sind denn meine falschen Handlungsweisen? Sie machen weiter wie bisher.
EURO: Und was machen Sie dabei?
Höller: Es ist ja nicht damit getan, eine Speiche nachzuziehen und alles istwieder top. Wichtig ist, immer wieder anzuhalten, zu schauen, ob auch allesstimmt. Nach einem Jahr kann ja alles anders ausschauen. Deshalb zumBeispiel kommen die Leute auch immer wieder mal zu mir. Und es gehören alleBereiche des Lebens dazu. Ich kann nicht sagen: das und das ist wichtiger.Es ist alles gleich wichtig.
EURO: Das ist doch ein sehr psychologischer Ansatz. In der Psychologiegehört aber doch immer Vertrauen dazu. Wie wollen Sie nach der jüngerenVergangenheit das Vertrauen ihrer Anhänger zurückgewinnen?
Höller: Ich glaube, ich bin jetzt authentischer als vorher. Das haben mirviele Menschen geschrieben und mittlerweile auch gesagt. Ich stand jahrelangals Erfolgsmensch da, der seine Firmen aufgebaut hat, den erfolgreichstenFitnessclub in Deutschland etwa, die erfolgreichste Unternehmensberatung fürSportanlagen. Wir haben die Weiterbildungs-Branche erobert. Ich hatteErfolg, habe es auch genossen, das nach außen zu zeigen: Schaut mal her, derJürgen Höller, der Kleine von früher, ist erfolgreich geworden.
EURO: Das Ergebnis kennen wir.
Höller: Was den Leuten gefehlt hat, war der Bezug zu mir. Die dachten: Nagut, der ist oben, der kriegt 50.000 Mark am Tag, aber ich als LieschenMüller hab schlichtweg ein Problem meinen Verkauf zu regeln. Ich war also zuweit weg von diesen Kunden. Jetzt sagen die: Wer kann uns denn besser sagenwie es funktioniert - und jetzt auch noch, wie es nicht funktioniert - unduns sagen, wie ich aus dem Loch, aus der Krise herauskomme, wenn nicht der?Krise ist dabei auf die unterschiedlichsten Bereiche bezogen. Was ist eineKrise überhaupt? Ich sehe Krise mittlerweile anders. Eine Krise ist eineChance - das war früher nur ein Schlagwort, das jetzt mit Leben gefülltwerden muss.
EURO: Sie sind ja gerade erst aus der JVA entlassen. Wie weit sind Siedabei, Ihre eigene große Krise zu überwinden?
Höller: Ich unterteile zwischen mental-geistig und der tatsächlichenmateriellen Realität. Mental-geistig habe ich es schon seit einigen Monatengeschafft. Materiell ist sie erst überwunden, wenn ich Schaden wiedergutgemacht habe, was wohl noch einige Zeit dauern wird. Das Wichtigste istaber, dass man seine Krise annimmt und sie mental überwindet. Denn für mich- und das ist jetzt etwas Esoterisches - folgt die Materie immer dem Geist.Praktisches Beispiel: Wenn ich eine Firma gründe, muss ich mir dasGeschäftsmodell dazu erst erdacht haben.
EURO: Das Geschäftsmodell haben Sie beibehalten. Was kommt danach?
Höller: Mittelfristiges Ziel ist es, den angeschlagenen Namen Jürgen Höller- der natürlich ramponiert ist - wieder ins Positive zu drehen. Ich willzeigen, dass die Inhalte, die ich glaube weitergeben zu können, nichts mitden Fehlern zu tun haben, die ich gemacht habe.
EURO: Im Internet werben Sie mit dem Satz für sich"Ich hatte 23 Stunden amTag Zeit mit mir selbst zu meditieren.¦ Wie soll man das verstehen?
Höller: Ich war ja die ersten sieben Monate auf acht Quadratmeterneingesperrt, hatte keinerlei Kontakt, keinerlei Kommunikations- oderBeschäftigungsmöglichkeiten. Ich hätte entweder den ganzen Tag Fernsehenkönnen oder mich mit meinen Gedanken, mit mir selbst beschäftigen können -letzteres habe ich dann auch getan. In dieser Zeit ist alles an Gefühlen, anErkenntnissen hochgekommen, was eigentlich so hochkommen kann. Am Anfang warSchmerz, Selbstvorwürfe, Selbstmitleid - auch das ist passiert - und dannkamen langsam die Einsichten und die Erkenntnisse. Von Reue, von Schuld.Und dann eben auch die Erkenntnis: Was kann ich aus dieser Krise eigentlichlernen?
EURO: Das Ergebnis?
Höller: In jeder Krise ist auch etwas Positives zu sehen. Ich habeunglaubliche Erkenntnisse gehabt, die ich dann benutzt habe, um mich ausdiesem Loch wieder herauszuziehen.
EURO: Das war die Untersuchungshaft. In der Verhandlung haben Sie alleVorwürfe des Staatsanwalts eingeräumt, der Prozess war dadurch schnellerledigt und Sie kamen in den normalen Vollzug. Gerade noch Jürgen Höller,der Star und Kumpel der Promis, jetzt im Gefängnis. Wie ist das mit sogenannten normalen Kriminellen hinter Gittern?
Höller: Ich habe in der JVA alles kennengelernt. Ich hatte als Nachbarn denTotschläger, den Kindesmisshandler oder einfach nur den Eierdieb. Ich hattenatürlich einen Promistatus, jeder hatte sich schon seine Meinung über michgemacht. Die einen fanden mich gut und toll, andere lehnten mich ab, obwohlsie mich alle gar nicht kannten. Es war die Polarisierung wie sie schon inder Freiheit. Ich hab mich eingefunden und jeden angenommen wie er war.Einen Promibonus hatte ich allerdings nicht.
EURO: Wie zeigte sich das?
Höller: An meinem ersten Tag der Strafhaft bekamen andere Neulinge sofortden Hausarbeiter-Status, das heißt, sie hatten einen verantwortungsvollenPosten, hatten Privilegien. Ich dagegen musste in den ersten WochenAkkordarbeit in den JVA-eigenen Fabrikbetrieben machen. Da hatte ich ersteinmal das Gefühl eher einen Promi-Malus zu haben. Aber auch das hat mirgenutzt, Einsichten zu gewinnen. So weiß ich jetzt, was es heißt,Akkordarbeit zu leisten, sein Geld mit harter körperlicher Arbeit zuverdienen - was ich vorher ja nie musste. Das hat mir doch die Einsichtgegeben, wie schön mein Beruf ist.
EURO: Wie muss man das verstehen?
Höller: Früher hätte ich mir vielleicht gesagt: Oje, nächste Woche schonwieder nach Ã-sterreich auf Seminar. Heute freu ich mich unterwegs zu sein,ich freu mich sogar, wenn ein Stau ist - alles ist besser, als hinterGittern zu sein.
EURO: Sie bekamen dann einen Job in der JVA-Bibliothek, durften sogar ihreeigenen Bücher ausleihen. Gab es denn mal Anfragen, ob der Jürgen Höllernicht gleich die schweren Jungs motivieren könnte, etwas Neues, Besseres mitihrem Leben anzufangen?
Höller: Nein, das wäre ja eine Bevorzugung gewesen, das wurde peinlichstvermieden. Und es wurde mir auch deutlich gemacht, dass es nicht gewünschtist, wenn ich da mit Rat und Tat zur Seite stehe. Natürlich kamen manchedirekt auf mich zu - in der JVA können schließlich gewaltige Problemeentstehen, in den Beziehungen vor allem, bei nur zwei Stunden Besuchszeit imMonat. Da habe ich dann eher im kleinen Rahmen versucht zu helfen, so vonZelle zu Zelle.
EURO: Sie haben sich schon bei Ihrem Prozess über den Hohn und Spottbeklagt, der Ihnen auf einmal entgegenschlug. Haben Sie die Reaktionenmitbekommen, als während ihre Haftzeit ihr Buch"Wir schaffen es Bello¦erschien?
Höller: Das hat schon alles sehr weh getan, wie man noch nach einem getretenhat, der schon am Boden liegt. Aber zum Buch"Bello¦: Das ist einhervorragendes Hundebuch, das ich begleitet habe als kleiner Co-Autor. FrauKirchberger ist in Ã-sterreich die Hundexpertin, ist erfolgreiche Züchterin,Präsidentin des Hunde-Verbands und verlegt eine Zeitschrift mit 50.000Auflage. Sie hat einfach verschiedene Methodiken, die ich bei Menschenverwende, auf Hunde übertragen. Ich fand das witzig. Und das Buch istfachlich wie inhaltlich sehr gut geworden. Auch wenn mir klar war, dassviele spotten werden,"der Höller ist jetzt auf den Hund gekommen¦. Das istokay, soll jeder seine Kritik anbringen wie er will. Aber auf das Buch lasseich nichts kommen. Es hat halt nicht so viel mit mir zu tun, ich habe nurein wenig dazu beigetragen. Und ich werde sicher auch keine Hunde-Seminareveranstalten.
EURO: Wer ist denn von den vielen Prominenten um Sie herum von einst nochda, wer hat Kontakt zu Ihnen gehalten?
Höller: Also die einfachen, besser"normalen¦ Kunden haben mir teilweiserührend die Treue gehalten, auch in die JVA Briefe geschrieben. Man kannfast sagen: Je prominenter meine Klientel war, desto weniger hat sie in derKrise von sich hören lassen...
EURO: Wollen Sie denn jetzt wieder zurück ins Scheinwerferlicht?
Höller: Ich hab sicher auch da Fehler gemacht. Ich war halt auch jung vorJahren als ich anfing. Und da kamen die ersten Medien, und ich hab esgenossen, im Scheinwerferlicht zu stehen. Auch das hat sich relativiert.Meine Frau hat gesagt, das sind die Geister, die du riefst, das musst dujetzt auch aushalten, den Spott und die Häme.
EURO: Nie wieder Schlagzeilen?
Höller: Ich lehne nicht ab mit der Presse zu kommunizieren, dieÃ-ffentlichkeit hat auch ein Recht darauf zu erfahren, was macht der JürgenHöller, und mich auch öffentlich messen zu lassen. Wenn ich denn meineBotschaften verbreiten kann, ist das okay. Ich werde aber nicht mehr selbstbestrebt sein, im Scheinwerferlicht zu stehen, sondern eher die Pressekommen lassen.
EURO: Sie prägten den Begriff"Komfortzone¦. Die müsse man verlassen, umetwas zu erreichen. Haben Sie sich nach den jüngsten Erfahrungen IhreKomfortzone, in der Sie es sich ein wenig bequem machen können, ein wenigvergrößert?
Höller: Alles, was innerhalb der Komfortzone liegt, ist mein täglichesLeben, das ich schon kenne. Was dort auftaucht sind Aufgaben, die ich nochlösen kann. Außerhalb davon liegen Sorgen, Probleme und Krisen - und zwarnicht die kleinen Problemchen von irgendwelchen Stars. Ich habe ein MengeProbleme am Hals gehabt, ich habe eine Menge traumatische Dinge erlebt,besonders in der Haft natürlich, so dass viele Alltagsdinge mich heute nichtmehr aufregen.
EURO: Sie selbst sagen, Sie haben es schon geschafft aus der Krise zukommen. Wie hat das eigentlich ihre Familie bewältigt?
Höller: Auch hier hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. Bei den Freundenund Bekannten waren die einen sofort weg, die anderen haben ganz fest zu unsgestanden. Auch bei den Schulkollegen meines Sohnes und deren Eltern war esso. Die einen haben sich gefreut, dass die Höllers mit ihrem großen Hauseine aufs Dach bekommen haben. Die überwiegende Mehrheit hat aber geholfen,dass meine Kinder nicht bestraft werden für Dinge die ich getan habe.
EURO: Das bekannte Bild ist immer noch der Jürgen Höller der vollen Hallen,der mit Ferrari vor der Tür. Wie viel Prozent sind vom alten Höllergeblieben, was ist neu?
Höller: In Prozenten kann man das nicht sagen, vielleicht 80 Prozent,vielleicht 60 Prozent. Vieles von dem was ich früher gesagt, gelebt habe warrichtig und ist auch noch richtig. Manches sehe ich differenzierter.
EURO: Was zum Beispiel?
Höller: Eine meiner Autosuggestionen, die ich selber angewendet habe, war"Ich bin der Beste¦. Das würde ich heute nicht mehr tun. Ich bin immer nochFan der Autosuggestion. Was ich jetzt aber sage, ist:"Ich gebe meinBestes¦. Das ist ein kolossaler Unterschied bei der Auswirkung. Suggeriereich"Ich bin der Beste¦, gibt es erstens Verlierer und zweitens habe ichversagt, wenn ich nur Zweitbester bin. Da bleibt dann Frust. Wenn ich abermein Bestes gebe, dann werde ich eben nur Vierter, weil es einfach dreiBessere gibt. Und trotzdem fühle ich mich als Gewinner, weil ich immerhinVierter geworden bin.
EURO: Im Sport ist das eigentlich ein undankbarer Platz.
Höller: Gerade im Sport ist der Ansatz aber gut. Ich habe ja sehr vieleSpitzensportler betreut. Ich würde die Leute heute nie wieder darauf impfen"Sei der Beste¦, sondern"Gib dein Bestes¦. Dann aber nicht nur einmal imJahr beim großen Wettkampf, sondern bis hin zur kleinsten Trainingseinheit.Wenn das der FC Bayern-München dieses Jahr getan hätte, dann wäre er nichtso verkrampft gewesen, sondern hätte befreiter gespielt. Vielleicht wäre erdann auch nur Vierter, aber von den Fans her in Deutschland hätte erdeutlich mehr gewonnen.
EURO: Herr Höller, vielen Dank für das Gespräch.
Vita Jürgen Höller:Der gelernte Speditionskaufmann wurde 1963 in Schweinfurt geboren, istverheiratet und hat zwei Kinder (4, 8). Mit 19 gründete er vier Firmen undging damit fast Pleite. Die Wende kam, als er ein Motivationsbuch entdeckteund die Thesen daraus für sich verfeinerte. Höller vermarktete Fitnessclubsund Sportanlagen, stieg in der Weiterbildungs-Branche ein. 1999 wollte mitder Inline AG an die Börse. Im April 2003 wurde er wegen Untreue,vorsätzlichem Bankrott und falscher eidesstattlicher Versicherung zu dreiJahren ohne Bewährung verurteilt. Wegen guter Führung wurde er vorzeitigentlassen.

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