- Saddam-Anklage soll Probleme haben - dottore, 08.06.2004, 10:27
- Re: Saddam-Anklage soll Probleme haben - Diogenes, 08.06.2004, 11:34
- Nicht nur er... - bernor, 09.06.2004, 00:53
- Re: Nicht nur er... - bernor - nereus, 09.06.2004, 10:44
- ErgÀnzung - bernor, 09.06.2004, 22:37
- Re: ErgÀnzung - Wassermann, 10.06.2004, 05:08
- Re: Gestank - Tassie Devil, 10.06.2004, 07:56
- Re: ErgÀnzung - bernor - nereus, 10.06.2004, 11:11
- Re: ErgÀnzung - bernor / nereus - bernor, 10.06.2004, 16:37
- Re: ErgÀnzung - bernor (2) - nereus, 10.06.2004, 22:31
- Re: ErgÀnzung - nereus (2) - bernor, 11.06.2004, 15:13
- Re: ErgÀnzung - nereus (2) - bernor - nereus, 11.06.2004, 16:41
- D'accord. (o.Text) - bernor, 11.06.2004, 20:57
- Re: ErgÀnzung - bernor + nereus - Tassie Devil, 12.06.2004, 11:22
- Re: ErgÀnzung - nereus (2) - bernor - nereus, 11.06.2004, 16:41
- Re: ErgÀnzung - nereus (2) - bernor, 11.06.2004, 15:13
- Re: ErgÀnzung - bernor / nereus - Tassie Devil, 12.06.2004, 11:43
- Re: ErgÀnzung - bernor (2) - nereus, 10.06.2004, 22:31
- Re: ErgÀnzung - bernor / nereus - bernor, 10.06.2004, 16:37
- Re: ErgÀnzung - Wassermann, 10.06.2004, 05:08
- Re: Mahnmale - Tassie Devil, 10.06.2004, 04:03
- Re: Mahnmale - Tassie - nereus, 10.06.2004, 14:43
- Re: Mahnmale - nereus - Tassie Devil, 12.06.2004, 02:48
- Re: Mahnmale - Tassie - nereus, 10.06.2004, 14:43
- ErgÀnzung - bernor, 09.06.2004, 22:37
- Re: Nicht nur er... - bernor - nereus, 09.06.2004, 10:44
ErgÀnzung
-->Hi nereus,
Die âimpulsgebende SelbstlĂ€ufertheorieâ wird immer gerne inâs Feld gefĂŒhrt da sie mangels Dokumenten und Sachbeweisen das wacklige GedankengebĂ€ude stĂŒtzen sollen.
Allerdings haben diese âwolkigenâ Umschreibungen einen entscheidenden Haken.
Niemand lĂ€Ăt sich in einer bĂŒrokratischen Hierarchie von oben einen Massenmord, mit Planung und DurchfĂŒhrung, aufhalsen ohne Befehl bzw. schriftliche Anweisung.
Dieses PhĂ€nomen ist noch heute alltĂ€glich zu beobachten, gerade wenn es um brisante Entscheidungen geht. Man sichert sich ab - fĂŒr den Fall der FĂ€lle und will es explizit (schwarz auf weiĂ) haben. Denn im dĂŒmmsten Fall muĂ man die Suppe alleine auslöffeln.
Ich habe im Kalendaruim der Danuta Czech (KL Auschwitz) eine Verurteilung eines polnischen HĂ€ftlings gefunden, wobei der Lagerkommandant fĂŒr die Todesstrafe plĂ€dierte und eine gewaltige Maschinerie angeworfen wurde, um diese Entscheidung von höchster Stelle abzusegnen.
Nach mehreren Wochen kam der endgĂŒltige Befehl aus Berlin die Todesstrafe nicht zu vollstrecken und diese in Bunkerhaft bzw. Schwerstarbeit umzuwandeln.
Bei Bedarf zitiere ich nochmal exakt aus diesem Buch - ich schreibe das jetzt nur aus der Erinnerung.
Was ich damit sagen will: Wenn im Falle eines einzigen HĂ€ftlings das komplette BĂŒrokratiegetriebe angeworfen wurde, dann ist es völlig abwegig anzunehmen, daĂ hunderttausend Menschen ohne Befehl und schriftliche Anweisung ĂŒber Jahre hinweg umgebracht worden sein sollen.
Das glaube ich auch nicht. Nur muĂ man hier unterscheiden zwischen der - streng geheimen! - BĂŒrokratie innerhalb des"Projektes Endlösung" (so wĂŒrde man's heute formulieren) und dem ĂŒbrigen, offiziellen Staatsapparat - warum sonst wurde in dem Wust von Akten (komplette, kurz vor SchluĂ gröĂtenteils nach Westen ausgelagerte AktenbestĂ€nde, zurĂŒckgehend bis 1867) trotz akribischer Suche bisher keine einzige konkrete Anweisung zur"Endlösung" gefunden?
Der Knackpunkt ist die"Schnittstelle" zwischen politischer FĂŒhrung (hier Hitler) und der"ProjektfĂŒhrung" (hier Himmler): Hitler scheint Himmler bis zu dessen"Verrat" (Versuch, sich an Hitler vorbei mit den Alliierten zu arrangieren) vertraut zu haben - da waren, zumal bei vertraulichen Unterredungen in kleinstem Kreis, keine Aktenvermerke o. Ă€. nötig. Im ĂŒbrigen verlief das Einholen der Zustimmung eines Vorgesetzen, der eine Angelegenheit definitiv zu entscheiden hatte, vermutlich so, wie es in jeder Verwaltung noch heute lĂ€uft: der Bearbeiter schickt den Vorgang zum Chef, der, sofern einverstanden, unterschreibt - und im Regelfall bei sich selbst keine Kopie / Notiz o. Ă€. zurĂŒckbehĂ€lt.
Die Aufzeichnungen, vor allem die Statistiken, die es, so Eichmann 1961 in seinem ProzeĂ, tatsĂ€chlich gab, hatten - weil die"Endlösung" im wahrsten Sinne"Geheime Reichssache" war - keinen"Rechtfertigungs"-Charakter, sondern waren reines Controlling: Steuerung des Ganzen einschlieĂlich Disziplinierung der Beteiligten (also keine willkĂŒrlichen ErschieĂungen usw.) - daher waren diese Papiere, nachdem die"Aktionen" abgeschlossen und die Lager, wie vorher die Insassen, möglichst spurenlos beseitigt (bzw. kurz vor Ankunft der Roten Armee gerĂ€umt) wurden, ĂŒberflĂŒssig und wurden somit ebenfalls vernichtet.
Wenn eine solche Operation nicht nur die Austilgung der Opfer, sondern generell die Tilgung aller Spuren verlangte, dĂŒrfte dieses erst recht fĂŒr die"Dokumente" gegolten haben.
DaĂ so etwas möglich war, zeigt auch die Vernichtung aller Unterlagen ĂŒber die amerikanischen WK-II-Kriegsgefangenen-Lager wĂ€hrend der ersten Amtszeit des PrĂ€sidenten (und vormaligen alliierten Oberbefehlshabers in Europa) Eisenhower: davon blieb gerade mal ein Durchschlag ĂŒbrig (siehe hierzu J. Bacque:"Der geplante Tod" - der englische Originaltitel"Other Losses" steht fĂŒr die Rubrik"sonstige Verluste", mit dem in den amerikanischen Lagerstatistiken offenbar das Massensterben der deutschen Insassen bezeichnet wurde - auf dem erhaltenen Durchlag wurde irgendwann nach der Vernichtungsaktion die"ErlĂ€uterung" aufgetippt: es seien Volkssturmleute gewesen, die man - ohne ordnungsgemĂ€Ăe Papiere! - wieder entlassen habe... tatsĂ€chlich wurde niemand von den Amerikanern ohne einen Wisch entlassen - der diente schlieĂlich auch als Schutz vor erneuter Verhaftung - siehe auch E.v. Salomons"Der Fragebogen").
Also muĂ es einen solchen Befehl gegeben haben, der noch irgendwann gefunden wird oder..
Mein Fazit: die Wahrscheinlichkeit dafĂŒr ist Ă€uĂerst gering.
GruĂ bernor

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