- Daily Reckoning/Deutsche Fassung - Sorrento, 22.06.2004, 21:44
Daily Reckoning/Deutsche Fassung
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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 22. Juni 2004
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* Bund will Deutsche Telekom und Deutsche Post verkaufen
* Und schon wieder der ZEW Index
* Continental: Übernahme von Phoenix unsicher
* Irgendetwas passiert immer
* Widerstandsfähig oder verwundbar?
* Ist Ihnen das nicht peinlich?
* Der Aufstieg der Konsumgesellschaft
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Dienstag, 22. Juni 2004
Bund will Deutsche Telekom und Deutsche Post verkaufen
von Jochen Steffens
Der 160. Handelstag der Seitwärtsbewegung
Ein zunächst trostloser Tag. Gegen Mittag kam dann endlich etwas
Bewegung in den Markt, als Gerüchte aufkamen, der Bund will seinen
26-prozentigen Anteil an der Telekom und den 20-prozentigen Anteil an
der Post bis Ende 2006 auf den Markt bringen. Aber auch das ist keine
wirkliche Überraschung. Bei der Telekom konnte man im März und April
bei knapp unter 15 Euro einen sehr großen Verkäufer ausmachen. Nachdem
die Telekom diese Marke zwei Monate lang nicht überwinden konnte,
gaben die Investoren auf, der Kurs brach auf ca. 12,60 Euro ein. Nun
wird es interessant, ob sich die Telekom auch trotz dieser Nachricht
im Nacken stabilisieren kann.
Eine weitere Nachricht von einem neuen Anschlag im Irak auf eine
Ã-lpipeline belastete die Märkte im weiteren Verlauf zusätzlich.
Insgesamt macht die 4000er Marke dem Dax mehr Schwierigkeiten, als so
mancher gedacht hat. Immer wieder gerne erinnere ich mich an die
bullishe Stimmung Anfang des Jahres, als jeder Analyst die
tolldreisteten Kursziele rausposaunte. Ich habe Zahlen von 6.000
Punkten gelesen. Nichts... 160 Handelstage seitwärts, ich hatte Sie
gewarnt.
Mein"bullishster" Traderkollege und ich haben eine Wette laufen, dass
der Dax am 31.12.04 unter 4.500 Punkten stehen wird. Er ist überzeugt
davon, dass er an diesem Tag über dieser Marke notiert, ich hingegen
rechne mit einer Notierung unterhalb dieser Marke.
Der Wetteinsatz ist, wie es sich für einen Kölner gehört, ein deftiges
Essen in einem bekannten Kölner Brauhaus. Das hat für uns einen
"historischen" Hintergrund. In diesem Brauhaus haben wir uns zum
ersten Mal getroffen und Kölsch getrunken und damit eine der
erfolgreichsten Zeiten unserer Zusammenarbeit besiegelt. Mittlerweile
arbeitet er bei einer großen Vermögensverwaltung in der
Geschäftsführung, während ich einen täglich erscheinenden
Börsen-Newsletter herausbringe, den Sie sicherlich alle kennen.
Trotzdem telefonieren wir noch recht häufig miteinander und sprechen
über die Märkte. Meistens mit einem breiten Grinsen im Gesicht, wenn
er wieder einmal den Dax auf 5000 und höher raufredet, während ich das
ein oder anderer Horrorszenario an die Wand male. Diese Diskussionen
sind zuweilen sehr konstruktiv. Selten sind wir einer Meinung, doch
immer wieder ist es sehr interessant, die Sichtweise und Argumente der
Bullenseite zu hören. Wenn wir jedoch einmal die gleiche Meinung
haben, dann können wir uns darauf verlassen, dass diese auch
eintrifft.
In diesem Jahr befinden wir uns in einem seltsamen Einklang. Obwohl
die Bullen Anfang des Jahres in der eindeutigen Überzahl waren,
prognostizierten wir beide Ende letzten Jahres eine Seitwärtsbewegung
für den Anfang des Jahres (er nur etwas kürzer) und wir beide erwarten
eine Rallye vor der Wahl. Nur über das Ausmaß dieser Rallye gibt es
noch gewisse unbedeutende Unstimmigkeiten (siehe Wette). Aber auch die
Kriegsrallye letzten Jahres haben wir beide gesehen, hier hatte ich
allerdings einen kürzeren Verlauf prognostiziert.
Im Moment herrscht bei uns noch etwas Unstimmigkeit darüber, wie die
Börsen im Jahr 2005 verlaufen werden. Er schwankt zwischen aufwärts
bis seitwärts, während ich auf abwärts bis seitwärts tippe. Warten wir
aber erst einmal ab, wer das Essen und die Kölsch bezahlen muss.
Zum Iran:
Tatsächlich sind acht britische Soldaten festgenommen worden, da sie
mit ihren Patrouillenbooten in iranische Hoheitsgewässern eingedrungen
sind. Nun sollen diese Soldaten im Iran strafrechtlich verfolgt
werden. Allerdings ist zu hören, dass beide Seiten nach einer
diplomatischen Lösung suchen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die britische Regierung es
zulässt, 8 Soldaten im Iran vor Gericht stellen zulassen. Es besteht
also ein nicht unerhebliches Konfliktpotenzial. Im Moment rechne ich
jedoch nicht damit, dass es hier zu einer Eskalation kommen wird,
zumal der Iran eigentlich an einer Verbesserung der Beziehungen zu den
USA interessiert ist. Und die Briten sind als Verbündete der USA im
Irak. Doch wird die USA notfalls Drohungen aussprechen, um dem
Verbündeten zu helfen? Vielleicht sogar einen militärischen Konflikt
in Kauf nehmen? Im Moment noch kaum vorstellbar. Ich nehme an, es wird
etwas dauern, bis eine Lösung gefunden wird.
Dienstag, 22. Juni 2004
Und schon wieder der ZEW Index
von Jochen Steffens
Wie einige von Ihnen wissen, nehme ich den ZEW Index gerne als
Kontraindikator. Schließlich berechnet sich dieser Index aus einer
Umfrage unter 310 Analysten und institutionellen Anlegern. Besonders
in den Extremphasen kann man eine deutliche Korrelation erkennen. Im
Moment jedoch ist dieser Index wenig aussagekräftig.
Der Index, der die Konjunkturerwartungen der Analysten wiederspiegelt,
stieg von 47,4 auf 46,4 Punkten und notiert damit eher im
Niemandsland.
Begründet wurde dieser Anstieg mit der kräftige Außennachfrage, dem
starken deutschen Auftragseingang und der Beruhigung auf dem Ã-lmarkt.
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Dienstag, 22. Juni 2004
Continental: Übernahme von Phoenix unsicher
von Jochen Steffens
Der Reifenhersteller und Autozulieferer Continental hält ein Scheitern
der geplanten Übernahme des Konkurrenten Phoenix für möglich. Ob das
Übernahmeangebot nachgebessert wird hänge davon ab, ob die Übernahme
dann noch Sinn mache. Sofern die Bedingungen, die Continental genannt
hat, nicht erfüllt werden, kann die Übernahme scheitern, so
Continental.
Die Aussage soll wahrscheinlich für ein wenig Druck sorgen.
Continental geht im Moment noch davon aus, dass die Übernahme gelingen
wird. Im Moment haben knapp 53 % der Phoenix-Aktionäre dem Angebot
zugestimmt. Continental braucht 75 Prozent der Phoenix-Aktien für eine
erfolgreiche Übernahme und bietet 15 Euro je Phoenix-Aktie. Die
Annahmefrist des am 26. April gestarteten Übernahmeangebots läuft noch
bis zum 28. Juni.
Dienstag, 22. Juni 2004
Irgendetwas passiert immer
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Letzte Woche ist nicht viel passiert. Das ist ok für mich.
Wahrscheinlich wird auch diese Woche nicht viel passieren. Aber - und
hier beginne ich wie die Warnungen auf Zigarettenpackungen zu klingen
- es wird eine Woche kommen, in der etwas passieren wird. In dieser
Woche, und in den darauf folgenden Wochen, wird man sich wünschen,
dass man etwas getan hätte, um sich zu schützen.
Was ich tue, ist einfach. Ich habe keinerlei Aktien mehr im Depot. Bis
auf ein paar alte Titel, die ich einfach nicht verkaufen möchte. Ich
sehe keinen Grund dafür, in Aktien investiert zu sein: sie befinden
sich am oberen Ende ihrer Bewertungs-Bandbreite. Eine Inflation wird
die Bewertungen fallen lassen. Eine Deflation wird die Bewertungen
fallen lassen. Ein Ã-l-Schock, höhere Zinsen, ein Krieg... alles
könnte die Bewertungen und damit die Aktienkurse fallen lassen. Das
Einzige, was sie nicht fallen lassen wird, ist"nichts". Und das
Problem mit"nichts" ist, dass man sich darauf nicht verlassen kann.
Irgendetwas passiert immer.
Glücklicherweise erwarten die Leute"nichts". Deshalb unterschätzen
sie einige Wahrscheinlichkeiten. So zum Beispiel die
Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften Inflation. Eine Absicherung
dagegen ist günstig. Der Goldpreis notiert immer noch unter 400
Dollar. Und inflationsgesicherte Anleihen kosten nur ca. 2 % mehr als
normale Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit. Die Immobilienpreise
sind in San Diego County im letzten Jahr um fast 40 % gestiegen. Im
Vergleich dazu sind die Mieten niedrig.
Die Greenspan-Fed bestärkt die Konsumenten in der Ansicht, dass hohe
Schulden kein Problem seien; die Immobilienpreise werden schon weiter
steigen, so dass der Anteil der Schulden am Vermögen zurückgehen wird.
Aber stellen Sie sich nur vor, was passieren würde, wenn sich die
Immobilienpreise in den USA plötzlich von einem Tag auf den anderen
vervierfachen würden! Die Leute könnten dann ihre Hypotheken
verdoppeln oder verdreifachen und kein Problem haben, oder?
Nur ein Problem. Wie soll der Schuldendienst bezahlt werden? Der
durchschnittliche amerikanische Buerger, der"nur" 1 Haus hat, müsste
das schon verkaufen, um seinen"Reichtum" zu realisieren. Aber
dann... wo würde er dann leben? Und an wen würde er verkaufen? Wenn
er ein Haus für 1 Million Dollar kaufen möchte, dann würde das bei 6 %
Zinsen schon mehr als ein durchschnittliches Jahreseinkommen an Zinsen
auffressen.
Deshalb können die Immobilienpreise - anders als die Aktienkurse -
nicht in der jetzigen Situation deutlich weiter steigen. Die Leute
könnten sich diese Häuser sonst nicht mehr leisten.
Nachdem in Japan die Spekulationsblase am Aktienmarkt geplatzt war, da
stiegen die Immobilienpreise noch 4 Jahre weiter. Dann brachen auch
sie ein. Nun, in den USA ist das Platzen der Spekulationsblase am
Aktienmarkt nun auch 4 Jahre her.
Und hier ist Eric, mit den letzten News aus Manhattan:
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Dienstag, 22. Juni 2004
Widerstandsfähig oder verwundbar?
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Manhattan
In diesen Tagen scheint der Markt gleichzeitig widerstandsfähig und
verwundbar zu sein. Widerstandsfähig gegenüber steigenden Zinsen,
steigenden Ã-lpreisen und endlosen Terrorangriffen im Mittleren Osten.
Gleichzeitig verwundbar gegenüber genau denselben Trends.
Ob widerstandsfähig oder verwundbar - der Markt ist seit Monaten ohne
klare Richtung, was die meisten professionellen Investoren quält. Alle
Hedgefonds-Manager, mit denen ich spreche, jammern, wie schwer es sei,
in so einem Umfeld Geld zu verdienen. Und wie leicht es ist, Geld zu
verlieren.
"Zyklen beim Anleihenmarkt sind monumental, sogar epochal lang",
schreibt James Grant im"Grant's Interest Rate Obserer"."In den USA
fielen die Renditen in den letzten 40 Jahren des 19. Jahrhunderts. Sie
stiegen in den ersten 20 Jahren des 20. Jahrhunderts. Sie fielen
zwischen 1920 und 1946 und stiegen zwischen 1946 und 1981. Sie fielen
zwischen 1981 und 2003. Jetyt glaube ich, dass sie wieder steigen
werden. Wenn man sich die vergangenen Trends ansieht, dann könnte
dieser Rendite-Anstieg lange dauern... (ein neuer) Bärenmarkt bei den
Anleihen hat am 13. Juni 2003 begonnen, als die Rendite der
10-jaehrigen US-Staatsanleihen bei 3,11 % ihren Tiefpunkt erreicht
hatte."
Wenn Grant Recht hat, dann hat dieser"epochale" Bärenmarkt bei den
Anleihen gerade seinen ersten Geburtstag gefeiert. In den letzten 12
Monaten ist die Rendite de 10-jaehrigen US-Staatsanleihen um 160
Basispunkte gestiegen, von 3,11 % auf 4,71 %."Um die Rendite der
10-jaehrigen US-Staatsanleihen wieder auf 3,11 % zu drücken, würde die
Fed noch überzeugendere Reden-Schreiber brauchen, oder eine
deflationäre Krise."
Bei CNN/Money wurde Robert Cromer vorgestellt, als Beispiel für einen
"Land-Baron", der mit Immobilien Geld verdient. Er hat besonders
Häuser gekauft und die Käufe fast vollständig mit Schulden finanziert.
In einem guten Jahr verdient er 175.000 Dollar. Der Wert seiner Häuser
ist auf 3,2 Millionen Dollar gestiegen, er hat 2 Millionen Dollar
Hypotheken.
Aber die Mieteinnahmen, die mit den Häusern erzielt werden können,
bleiben im Monat 3.100 Dollar unter den Zinszahlungen, die auf die
Schulden geleistet werden müssen. Und die Zinszahlungen werden
steigen, um 20.000 Dollar pro Jahr mit jedem Prozentpunkt Zinsanstieg.
Was passiert, wenn die Zinsen steigen werden? Oder was passiert, wenn
die Immobilienpreise in den USA nicht mehr weiter steigen sollten -
sondern sogar fallen würden? Oder was würde passieren, wenn das
Unvorstellbare eintreten würde - wenn die Zinsen steigen würden UND
die Immobilenpreise fallen würden?
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Dienstag, 22. Juni 2004
Ist Ihnen das nicht peinlich?
von unserem Korrespondenten Bill Bonner, derzeit in Paris
***"Ist Ihnen das nicht peinlich? Sie haben den Leuten empfohlen, bei
400 Dollar je Feinunze Gold zu kaufen. Danach fiel der Goldpreis auf
unter 375 Dollar."
Ich habe diese Frage von keinem Investor's Daily Lesers erhalten.
Nicht, dass ich diese Frage nicht verdienen würde. Aber die
Leser(innen) waren offensichtlich zu höflich, um diese Frage zu
stellen.
Ich beantworte sie dennoch.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass sich das
US-Leistungsbilanzdefizit im ersten Quartal auf den neuen Rekordwert
von 144,9 Mrd. Dollar erhöht hat. Das sind fast 600 Mrd. Dollar pro
Jahr... und fast 6 % des BIP. Defizite in dieser Höhe haben
normalerweise nur einige Bananenrepubliken. Aber für die größte
Volkswirtschaft der Welt ist das ein ungewohnter Wert. Wie sich das
auswirken wird, kann ich nicht sagen. Aber normalerweise werden solche
Defizite dadurch korrigiert, dass der Wert der betreffenden Währung
drastisch fällt. Und wenn der Wert des Dollars fällt, dann müsste er
gegenüber einem anderen Wert fallen. Wie gegenüber dem Gold.
Also, ist Gold ein gutes Investment? Nicht wirklich. Es ist nur ein
Schutz gegen viele schlechte Investments.
*** Und unser Korrespondent in Pittsburgh, Byron King, schrieb mir
dies:
"Es scheint, als ob der Krieg bereits begonnen hat, und die andere
Seite hat die Initiative ergriffen, während wir anderweitig
beschäftigt sind. Der Sturz des Schah (dank Jimmy Carter) gab dem
radikalen Islamismus einen staatlichen Sponsor, und sichere interne
Kommunikationslinien, für die Intellektualisierung und das Planen
eines Krieges gegen den Westen."
"Afghanistan gab dem radikalen Islamismus ein Traingslager, das
fortgeschrittene Infanterie-Ausbildung ermöglichte, bei dem gelernt
wurde, wie man einen militärisch ausgereiften Gegner bekämpft."
"Das Internet hat dem radikalen Islamismus seine tägliche
Kommunikation und Verbindung weltweit gegeben. Und die westliche
Selbstgefälligkeit ("Was, ich, mir Sorgen machen?") hat dem radikalen
Islamismus seine fünfte Kolonne bei jedem Ziel gegeben. (So
versteckten sich z.B. Die Terroristen des 11. September 2001 in
Sichtweite, sie nahmen Flugstunden, sie heirateten deutsche Mädchen
und erhielten in Hamburg Sozialhilfe...)"
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Dienstag, 22. Juni 2004
Der Aufstieg der Konsumgesellschaft
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
In den USA gibt es eine geburtenstarke Generation, die dem Rentenalter
immer näher rückt. Es ist die Generation der"Babyboomer", oder kurz
"Boomer". Diese Generation hat sich im Lauf der Jahrzehnte ziemlich
verändert. Ein bisschen erinnert sie an die deutsche Generation der
"68er". Mit den 1980ern kamen das Familienleben, der mittlere
Lebensabschnitt und ein Verlangen nach materiellen Dingen, denen sie
bisher abgeschworen hatten."Es war an der Zeit", erinnert sich Todd
Gitlin,"um geradeheraus vom Marihuana zum Weißwein und von den hippen
Kommunen zu den Sommern in Cape Cod zu gelangen." Die Boomergeneration
"konnte nicht ewig in einem animierten Schwebezustand verharren", so
Strauss und Hall. Kurz, die Boomer begannen, massiv nach Konsum und
Karriere zu streben.
Am 25. März 1984 erklärte die New York Times jenes Jahr zum"Jahr des
Yuppies." Die Yuppies (Young Urban Professionals) fingen an zu
heiraten und bekamen Kinder. Das wurde richtig hip."Verschobene
Freuden waren ganz plötzlich in Mode", bemerkte das Wall Street
Journal Mitte des Jahrzehnts.
Es gab da aber ein Problem. Die Generation, die es bisher vermocht
hatte, durch ihre schiere Anzahl alles in ihrem Sinne zu bekommen,
hatte auf einmal einige Faktoren gegen sich. In den 1980ern drückten
die vielen Boomer, die auf den Arbeitsmarkt strömten, die Gehälter
nach unten."Amerika wurde überschwemmt von Moden, Diäten und Witzen
über Perrier trinkende Verräter, die beschäftigt waren mit Dingen, die
Newsweek als 'transzendentale Übernahmen' beschrieb." Doch es war das
erste Mal in der amerikanischen Wirtschaftsgeschichte, dass es einer
Generation nicht gelang, den Lebensstandard ihrer Eltern zu erreichen
- geschweige denn, ihn zu übertreffen.
In den 1980ern waren die Boomer nun in ihrer mittleren Lebensphase und
sollten eigentlich Ersparnisse für ihre Pensionierung anlegen.
Stattdessen häuften sie aber zunehmend Schulden an. Betrachtet man das
Bild ihrer Realeinkommen, so erwies sich die Attraktivität von
Krediten als zu stark, um ihnen widerstehen zu können. Die
Kreditkartenfirma Amex warb mit den"Privilegien einer
Mitgliedschaft." Und die Boomer unterschrieben in Massen. Nach den
Angaben der amerikanischen Bundesbank von 1999 haben mehr als 42 % der
Baby Boomer im Durchschnitt Kreditkartenschulden von 11.616 DOLLAR.
Sie verschuldeten sich massenweise. Und sie behielten ihr
Ausgabeverhalten bis weit in die Neunziger bei: Auflaufende
Kreditkartenschulden und hohe Hypotheken waren die Folge. Anstatt es
zu sparen, gab der durchschnittliche Boomer sein Geld aus. Diese
Ausgaben - multipliziert mit Millionen von Konsumenten - hatten einen
bemerkenswerten Effekt: die gesamte Wirtschaft wurde bald von
Krediten, Geländewagen und Werksverkäufen überschwemmt. Die Natur der
Wirtschaft wechselte über die Lebensspanne der Boomergeneration hinweg
schrittweise ihren Fokus von der Produktion zum Konsum. Am Ende der
Neunziger wurde der Trend grotesk: Dem Wert eines DOLLAR
Bruttosozialprodukt standen 4,8 Dollar an Kredit und Schulden
gegenüber.
Was braucht man, um Wohlstand zu schaffen? Zeit. Arbeit.
Vorstellungskraft. Fähigkeiten. Geduld. Statt jede daherkommende Münze
einfach auszugeben, ist es notwendig, einige zu sparen, um sie in
Kapitalverbesserungen zu investieren - z.B. in neue Maschinen -, damit
mehr Wohlstand geschaffen werden kann. Aber hier war eine Generation
am Werk, bei der die hart erarbeitete Tradition der Vergangenheit
verloren gegangen ist. Sie hatten keine Geduld, um zu sparen oder zu
investieren.
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