- The Daily Reckoning - The Once and Future King (Dan Ferris) - Firmian, 29.06.2004, 20:01
- Deutsche Fassung - Sorrento, 29.06.2004, 20:06
Deutsche Fassung
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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 29. Juni 2004
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* Die Wahltaktik der steigenden Märkte - so positionieren Sie sich
richtig!
* Die große Woche
* Eine langfristige Beziehung
* Diese Amerikaner!
* Klavier und Ballett in Paris
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Dienstag, 29. Juni 2004
Die Wahltaktik der steigenden Märkte - so positionieren Sie sich
richtig!
von Jochen Steffens
Ich glaube immer noch, dass Bush die Wahl gewinnen wird. Ich vermute,
dass hier in Europa einige Kommentatoren zu früh"frohlocken". Sie
wissen, dass ich aufgrund der desolaten Wirtschafts- und Außenpolitik
der Bushregierung auch lieber einen Wechsel sehen würde. Bei dieser
Hoffnung scheint zumindest in Europa nahezu Konsens zu bestehen.
Aber sie kennen meine Theorie zur wahlkamptaktischen Beeinflussung des
Ã-lpreises. Und bereits jetzt hat die US-Regierung die Käufe zum Aufbau
der strategischen Ã-lreserven nahezu eingestellt. Auch die Vorverlegung
der Machtübergabe an den Irakkrieg hat den Ã-lpreis weiter sinken
lassen. Offenbar startet das Projekt"billiges Ã-l" bereits etwas
früher...
Die Ã-lindustrie in Amerika steht eher hinter Bush und hofft sicherlich
auf einen Wahlsieg der jetzigen US-Regierung. Und ich schätze, dass
auch die US-Ã-lindustrie im August den Ã-lpreis weiter nach unten
"bewegen" wird. Denn die Förderquoten der Opec sind auf Anschlag, wenn
die Ã-lnachfrage in den USA nun plötzlich drastisch sinken würde, käme
es zu einer Ã-lschwemme, die sofort den Ã-lpreis weiter in die Knie
drücken würde. Es wäre eine recht"preiswerte" Wahlkampfhilfe -
einfach nichts zu kaufen.
Nach neuesten Untersuchungen, werden viele Amerikaner ihre
Wahlentscheidung von der Wirtschaftslage abhängig machen - dabei
zählt, wie sich die Wirtschaft in den letzten drei Monaten vor der
Wahl verhält.
Was wird geschehen, wenn der Ã-lpreis sinkt:
Die Benzinpreise und die Energiepreise in den USA werden sinken. Das
bedeutet, die Amerikaner haben wieder mehr Geld in ihren Taschen,
womit sie konsumieren können. Das wiederum wird dazu führen, dass
Konsum anzieht, der wichtigste Motor der amerikanischen Wirtschaft.
Das wird natürlich direkte Auswirkungen auf die Gewinnerwartungen der
Firmen haben - auch die"weichen", also umfragebasierten
US-Konjunkturdaten, werden sich verbessern: Besonders interessant
werden die Einkaufsmanager- und die Verbrauchervertrauen- Indizes
werden.
Die sich verbessernde Stimmung wird eine neue Investitionsbereitschaft
bewirken, die wiederum vielleicht schon sehr schnell einen direkten
positiven Einfluss auf den US-Arbeitsmarkt hat.
Sinkende Energiepreise und Ã-lpreise werden aber auch den Produzenten
ermöglichen, ihre Produkte billiger herzustellen - das erhöht die
Gewinnmargen - auch aus diesem Grund würde es steigende
Gewinnprognosen geben.
Bei sinkenden Energiepreisen, wird die Inflationsrate wieder deutlich
sinken. Das bedeutet, dass die Fed zum Beispiel wieder das
Deflationsgespenst aus dem Hut zaubern könnte, sofern sie die Bush
Administration unterstützen will. Die Fed würde somit dem Markt das
beruhigende Gefühl geben, die Zinsen blieben langfristig niedrig.
Steigende Kurse wären die Folge.
Wenn ich US-Präsident wäre und die amerikanische Ã-lindustrie hinter
mir hätte, ich wüsste was ich in den USA vor der Wahl machen würde...
Die Ã-lpreise nach unten treiben, was würden Sie tun?
Sogar das niedriger BIP-Wachstum der letzten Woche könnte ein
geschickter Schachzug sein. Schließlich sind es prozentuale Werte.
Wenn das erste Quartal etwas schwächer notiert, ist es umso leichter
ein besseres Ergebnis für das zweite Quartal zu"erzeugen" - das BIP
Wachstum wird in der heißen Phase des Wahlkampfes veröffentlich,
dürfte also, bei einem guten Ergebnis, auch zur besseren Stimmung
beitragen...
Das sind, wie gesagt, alles Thesen und ich warte auf weitere
Anzeichen, die diese Thesen untermauern. Sollten Sie also erkennen,
dass die Ã-lpreise weiter drastisch fallen, spielen Sie die Long Seite
und setzten Sie auf steigende Kurse - es könnte für lange Zeit die
letzte große Rallye werden.
Das genaue Gegenteil wird der Fall sein, wenn die Ã-lpreise wieder
steigen, zum Beispiel nach einem Anschlag auf eines der großen
Ã-lfelder in Saudi -Arabien. Sie können sich sicherlich vorstellen,
dass dies auch die Terrororganisationen wissen.
Meiner Hand geht es heute bereits etwas besser, trotzdem gebe ich
direkt weiter an Bill - der sich heute mit Taxifahrern und Ballet
"rumzuschlagen" hat.
Dienstag, 29. Juni 2004
Die große Woche
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Das ist die große Woche. Das ist die Woche, in der Alan Greenspan
damit beginnen wird, das rückgängig zu machen, was er so gut getan
hat.
Zumindest ist es das, was die Leute erwarten.
Als ein deflationärer Abschwung drohte, da ergriff die Fed unter
Greenspan Notfall-Maßnahmen. Sie hat die Leitzinsen immer weiter
gesenkt... bis nicht mehr viel übrig war, das man senken konnte. Seit
der Weltwirtschaftskrise und dem Zweiten Weltkrieg waren die
US-Leitzinsen nicht mehr so niedrig - bei 1 % - gewesen!
Aber es schien zu funktionieren. Zusammen mit Steuersenkungen,
Erhöhungen der Staatsausgaben und Erleichterungen der
Kreditvergabepraxis schien der Leitzins von 1 % genau das zu sein, was
der Markt wollte. Der Abschwung wurde verschoben. Die Aktienkurse
stiegen. Die Beschäftigtenzahl stabilisierte sich. Das Preisniveau
fiel nicht. Die Wirtschaft schien sich zu erholen... im ersten
Quartal wuchs die US-Wirtschaft um 3,9 %. Und dennoch hat die Fed die
Leitzinsen bei 1 % gelassen. Wo ist der Notfall, der diesen
Notfall-Zinssatz rechtfertigt, fragen sich die Leute.
Oberflächlich gesehen gibt es keinen"Notfall". Im Gegenteil. Fast
jeder Indikator spricht dafür, dass die Investoren und Konsumenten
niemals so sorglos waren. Niemals zuvor sind soviele Häuser ge- und
verkauft worden. Niemals zuvor wurden soviele Hypotheken
aufgenommen... zu variablen Zinssätzen.
Jetzt sind sich dieselben Leute, die die niedrigen Zinsen genutzt
haben, sich sicher, dass Greenspan denselben Trick noch einmal in die
entgegengesetzte Richtung durchführen kann.
Denn erst vor ein oder zwei Wochen hat Greenspan verkündet, dass der
Kampf gegen die Deflation vorüber sei. Angst vor einer Deflation liege
nun"sicher hinter uns", so Greenspan. Das aktuelle Problem sei jetzt
eine mögliche Inflation.
Können wir uns darauf verlassen, dass die Fed auch diesen Geist sicher
überwinden wird?
Was ich weiß, ist, dass die Fed unter Greenspan sehr lange Geld zu
sehr günstigen Zinsen vergeben hat; sie hat damit nicht auf einen
Notfall reagiert... sondern einen geschaffen. Indem sie eine
scheinbare Stabilität geschafft hat,... hat sie das Finanzsystem des
Planeten destabilisiert. Die Chinesen kaufen Rohstoffe, um Dinge zu
produzieren und dann an Leute zu verkaufen, die sich diese Dinge nicht
leisten können (die Amerikaner). Die Armen der Welt sparen ein Viertel
ihres Einkommens, um das dann den Reichsten zu leihen, die fast nichts
sparen. Die größte Volkswirtschaft ist auch die Volkswirtschaft mit
den höchsten Schulden. Und die größten privaten Schuldner der Welt
kaufen und verkaufen sich gegenseitig Häuser - und denken, dass sie
dadurch reicher werden.
Inflation? Deflation? Ja, wahrscheinlich beides.
Und jetzt nach New York:
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Dienstag, 29. Juni 2004
Eine langfristige Beziehung
von unserem Korrespondenten Eric Fry in Downtown Manhattan
"Niemand hat jemals den kompletten Zyklus einer Papierwährung
überlebt, ohne gewünscht zu haben, er hätte Gold gekauft", das hatte
Bill Bonner letzten Monat vor den Teilnehmern der"Gold Show" in
Manhattan erklärt. Ich stimme dem zu - aber ich möchte sofort
hinzufügen, dass dieser jemand gleichzeitig zu verschiedenen
Zeitpunkten auch gewünscht hätte, dass er Papiergeld statt Gold
gehalten hätte... oder besser noch überteuerte"Wachstumsaktien"
statt Papiergeld.
Der Besitz von Gold ist eine langfristige Beziehung, liebe(r)
Leser(in), kein One-Night-Stand. Und wie bei jeder langfristigen
Beziehung ist eine vollständige und nicht flatterhafte Hingabe
notwendig, wenn man das Maximum erzielen will.
Glücklicherweise weiß das Gold, wie es die Herzen der Goldanhänger
gelegentlich heißer schlagen lassen kann. Letzte Woche stieg der
Goldpreis auf über 400 Dollar je Feinunze.
Robert Rubin, US-Finanzminister unter Clinton von 1995 bis 1999,
meint:"Wir (die USA) sehen uns mit einem horrend ernsten Problem
konfrontiert. Ich denke, dass die Wahrscheinlichkeit hoch - wenn auch
nicht sicher - ist, dass die Defizite (...) ab einem bestimmten Punkt
ernste Auswirkungen auf unsere Märkte und unsere Volkswirtschaft haben
werden."
"Das Timing kann niemand prognostizieren. Man kann es nicht
quantifizieren. Es passt in kein Modell, das die Leute für Prognosen
nutzen. Aus all diesen Gründen widem die Leute diesem Thema weniger
Aufmerksamkeit, als ihm eigentlich zukommen sollte."
In starkem Kontrast zu dieser Ansicht besteht der AKTUELLE
US-Finanzminister, John Snow, weiterhin darauf, dass die übergroßen
US-Defizite keine großen Risiken für die Finanzmärkte oder die
amerikanische Wirtschaft bedeuten.
Aber der Anleihenmarkt und der Goldmarkt sprechen für Rubin. Denn die
Kurse der langlaufenden US-Staatsanleihen sind in den letzten 12
Monaten gefallen, was die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen
von 3,11 % auf 4,64 % erhöht hat. Und der Goldpreis ist gestiegen,
seit George W. Bush ins Weiße Haus eingezogen ist.
"Ohne Änderungen bei Steuern und Staatsausgaben könnten wir einen
Punkt erreichen, an dem immer größere Schulden nur deshalb aufgenommen
werden müssen, um die immer größer werdenden Zinsen bezahlen zu
können", warnt der Fed-Gouverneur Edward Gramlich.
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Dienstag, 29. Juni 2004
Diese Amerikaner!
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in Paris
"Aggh... les Americains...!"
Mein Taxifahrer hörte sich die Nachrichten im Radio an. Irgendetwas
schien ihm nicht zu gefallen.
"Ich mag Amerikaner. Aber nicht Bush", sagte er.
"Ich höre das ziemlich oft", erklärte ich ihm."Die Leute sagen, dass
sie die Amerikaner mögen - wahrscheinlich sind sie einfach höflich -,
aber dass sie Bush nicht mögen. In den USA ist es genau andersrum. Da
tendieren die Leute dazu, Frankreich zu mögen, aber nicht die
Franzosen..."
"Heh, heh... Sie müssen Amerikaner sein... was halten Sie von Ihrem
Präsidenten?"
"Ja, Bush ist eine Enttäuschung", meinte ich."Die Leute, die ihn
gewählt hatten, dachten, dass sie einen Mann wie Reagan bekommen
würden - einen Mann, der sich nicht zu sehr um politische Details
kümmern würde, aber ein ehrlicher Kerl mit guten Instinkten wäre. Aber
jetzt hat sich herausgestellt, dass seine Instinkte so fehlerhaft sind
wie alles andere. Er ist eine nationale Schande."
"Oh, dann denke ich, dass Sie den anderen unterstützen... wie heißt
der nochmal, Kerry?"
"Machen Sie Scherze? Der ist doch noch schlimmer..."
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Dienstag, 29. Juni 2004
Klavier und Ballett in Paris
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
Bei uns haben zurzeit von der Schule organisierte Klavierabende, bei
denen die Kinder spielen, Saison."Für Elise" wird naehzu jeden Abend
gespielt, manchmal mehrfach. Ich habe nichts gegen dieses Stück. Aber
ich beginne, es zu verabscheuen. Vielleicht würde ich es mögen, wenn
ich es jemals richtig gespielt hören würde. Aber wenn es von einem
10-jährigen falsch vorgespielt wird, dann ist es schmerzlich,
zuzuhören.
Mein Sohn Henry, 14, spielte letzte Woche. Wir saßen 2 Stunden im
Saal, bevor endlich Henry begann, der Musterschüler von Madame
Vermier. Aber diesmal hatte er vorher so viele falsche Töne gehört,
dass er auch selbst ein paar einbaute - wahrscheinlich hatte er
gedacht, dass es von einem erwartet wird, zur falschen Zeit falsche
Töne zu spielen.
Dann, vorgestern, hatte mein Sohn Edward, 10, eine Tanzvorführung. Aus
Gründen, die mir nie klar gemacht wurden, hat er sich dieses Jahr für
einen Ballettkurs angemeldet. Der arme Junge musste seine
Ballettschuhe verstecken, damit seine Freunde das nicht herausfinden;
aber er schien es zu genießen, auf der Bühne zu tanzen.
Er nimmt bei Madame Slowona Stunden. Die Vorführung ihrer Schüler fand
im Palais de Congres statt, und die Tänzer(innen) sahen wie Tausende
von Schneeflocken, Mäusen, Feen, Zigeuner aus.
Die kleinen Mädchen betraten zuerst die Bühne... Reihe für Reihe. Je
älter die Tänzer(innen) wurden, desto ehrgeiziger wurden sie auch. Ein
armes Mädchen kam aus dem Tritt. Deshalb wurde sie von einem Mädchen
hinter ihr immer angestupst. Nach mehreren Stupsern drehte sich das
aus dem Takt gekommene Mädchen um und schlug nach der hinter ihr
stehenden Tänzerin. Es entstand kein Schaden; und da soviele auf der
Bühne waren, nahm das kaum jemand wahr.
Es gibt eine Sache, die ich an den Franzosen bewundere - sie nehmen
Restriktionen, Regeln und Gesetzte nicht zu ersnt. Überall stand, dass
die Besucher während der Aufführung sitzen bleiben und keine Fotos
machen sollten. Aber den ganzen Abend über wurde überall im Theather
fotografiert... während die Leute in den Gängen hin und her rannten.
Meine Frau Elizabeht erzählte mir:"Das ist mir schon bei einem Video
aufgefallen, dass Henry's Klasse während der Klassenfahrt in Rom
gedreht hat. Du weißt doch, jedes Mal wenn sie eine Klassenfahrt
machen, dann wird für die Eltern ein Film gedreht. Nun, Du warst wohl
gerade nicht da, aber ich habe den Film gesehen. Sie waren im Vatikan.
Und da konnte man Schilder sehen, auf denen stand, dass Filmen oder
Fotografieren streng verboten sei. Nun, natürlich haben sie das
überhaupt nicht beachtet. Sie haben alles gefilmt... auch das
Verbotsschild war zu sehen. Und das in dem Film, der für die Eltern
gedreht wurde!"
Schließlich, nach Stunden, kam Edwards Gruppe tanzender Kosaken auf
die Bühne. In der Schule ist es für Edward oft schwer, still zu sitzen
und sich zu konzentrieren. Als Kosak wäre er besser dran; er schien es
zu genießen, bei einem wilden Steppentanz mitzumachen.
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