- The Daily Reckoning - Rodney Dangerfield (Doug Casey) - Firmian, 30.06.2004, 21:03
- Deutsche Fassung - Sorrento, 30.06.2004, 21:13
Deutsche Fassung
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I N V E S T O R ' S D A I L Y
Der E-Mail-Dienst für Investoren, Ausgabe vom 30. Juni 2004
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* Von der Kriegssrallye zur Sommerrallye - ein klare Prognose ist im
Moment unmöglich!
* US-Konjunkturdaten
* Unmittelbar vor der Zinsentscheidung der Fed
* Machtübergabe im Irak keine wirkliche Entlastung
* Auf Schlosskauf in der Normandie
* Bargeld ist König
* Über den Investor Verlag
* Empfehlen Sie"Investor's Daily" weiter
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Mittwoch, 30. Juni 2004
Von der Kriegssrallye zur Sommerrallye - ein klare Prognose ist im
Moment unmöglich!
von Jochen Steffens
Hmmmmm...
Sie sehen mich skeptisch. Warum?
Eine großes bekanntes Börsen-Magazin titelt den Dax heute auf 5.000.
Ein großer bekannter Börsendienst geht in seinem E-Mail Verteiler von
einem Dax bei 5.000 aus. Ich habe in letzter Zeit häufiger den Begriff
"Sommerrallye" gelesen.
Sommerrallye - Ich erinnere mich amüsiert an 2000-2001: Von der
Sommerrallye zur Herbstrallye, über die Winterrallye zur
Weihnachtsrallye direkt über die Sylvesterrallye auf zur
Frühjahrrallye eierte die Osterrallye direkt wieder auf die
Sommerrallye zu. Es war ein schlechtes Jahr für Rallyes...
Als dann die langersehnte Rallye endlich kam, nach dem Anschlag am
11.September, hat"keiner" damit gerechnet - zumindest konnte man nach
dem 11. September kaum irgendwo"Herbstrallye" lesen, erst als diese
voll in Gange war, tauchte der Begriff der Patriotenrallye auf. Als
diese"bullishe Haltung" endlich in den Medien angekommen war -
startete der 2. Angriff auf die neue Tiefs bei 2100 Punkten im Dax.
Aber auch die meisten Fondmanager und institutionelle Anleger sollen
nach einem Zeitungsbericht im Moment von steigenden Märkten im Sommer
ausgehen. Das letzte Mal war so viel Bullenstimmung Anfang des Jahres
zu hören - Sie wissen, dass ich damals gewarnt habe und Sie wissen,
was danach passiert ist - Nichts - keine Rallye - keine steigende
Märkte.
Immer wenn zu viele Rallye schreien, sind zu viele investiert, so dass
es keine Käufer mehr gibt.
Aber jetzt? Der niedrige Ã-lpreis! Die US-Ã-lvorräte sind nach Angaben
des American Petroleum Institute, API auf dem höchsten Niveau seit 2
Jahren. Doch die Nachfrage ist in den USA kaum gestiegen - zumindest
im Vergleich zum Vorjahr. Gut, wir ahnen, was da los ist.
Die Ã-lpreise sinken weiter, eine US-Zinserhöhung um 25 Basispunkte ist
eingepreist, sollten alle Recht behalten und uns steht tatsächlich
eine Sommerrallye bevor?
Nein, diesmal warne ich nicht! Nicht so wie Anfang des Jahres. Diesmal
ziehe ich mich auf den bekannten Standpunkt von Bill Bonner zurück
(der übrigens tatsächlich bei der Suche nach einem"Schloss" verlustig
gegangen war, Sie hatten also Recht!). Dieser Standpunkt lautet: Ich
weiß, was die Märkte machen sollten, aber nicht, was sie machen
werden.
Der Juli gilt im langjährigen Mittel als der zweitschwächste Monat des
Jahres, kurz hinter dem September - statistisch gesehen (auf den
Nasdaq bezogen). Doch das ist auch kein Hinweis, sondern nur eine
Statistik. Nein, ich kann mich im Moment nicht festlegen, wann die
Rallye startet - ich weiß nur, dass sie vor der Wahl starten wird.
Immer, wenn ich mir unsicher bin, frage ich mich, was denn der Weg des
größten Schmerzes wäre, bekanntermaßen ein Weg, den die Börse gerne
geht. Dafür müsste die Seitwärtsbewegung im Dax kurz nach oben
gebrochen werden, wonach er dann 2-4 Wochen lang ins Bodenlose stürzt,
um schlussendlich in der Wahlrallye zu münden...
Das würde ich auch prognostizieren, wenn wir uns nicht in einem
Wahljahr befinden würden - aber im Moment scheint alles irgendwie
anders zu sein.
Ich hoffe Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich mich diesmal nicht
festlege - der große Rahmen ist jedoch gesteckt.
Meiner Hand geht es bereits noch etwas besser, vielen Dank für Ihre
Genesungswünsche. Ich denke spätestens nächste Woche ist sie wieder
voll einsatzbereit - wird auch Zeit.
Mittwoch, 30. Juni 2004
US-Konjunkturdaten
von Jochen Steffens
Oha, was ist das? Um 16.00 Uhr wurde der Chicagoer
Einkaufsmanagerindex für Juni 2004 veröffentlicht. Dieser notiert bei
56,4. Erwartet wurde der Index bei 64,0 bis 65,0 nach zuvor 68,0.
Das ist ein fast schon dramatischer Einbruch. Zwar immer noch über 50
Punkte, aber mit insgesamt stark sinkender Tendenz (Werte über 50
Punkte weisen auf ein Wirtschaftswachstum hin). Das schlechtere BIP,
die durch den sinkenden Ã-lpreis sinkenden Inflationsrisiken, ein
schlechter Einkaufsmanagerindex - das alles könnte auch bewirken, dass
die Fed die Zinsen diesmal noch unverändert lassen wird.
Die Märkte quittieren es mit Kursabschlägen.
(Vielleicht war ja doch etwas an dem Gerücht dran, dass die Fed dem
Weißen Haus Bescheid gegeben hat, die Zinsen erst im Herbst anzuheben
(ich hatte davon berichtet) - aber soll man sich auf Gerüchte
verlassen?)
Morgen mehr dazu, nun aber zu Bill Bonner, der das Ende der Langeweile
ersehnt:
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Mittwoch, 30. Juni 2004
Unmittelbar vor der Zinsentscheidung der Fed
von unserem Korrespondenten Bill Bonner
An den Finanzmärkten ist schon lange nichts mehr passiert. Ehrlich
gesagt ist mir das ein bisschen langweilig geworden.
Es wird etwas passieren. Selbst wenn es so unwichtig scheint, dass es
weniger als nichts ist.
Ich beziehe mich nicht auf die Übergabe der"Souveränität" an die
Iraker - zumindest an die Iraker, die von der US-Regierung für
zugverlässig gehalten werden. Nein, ich meine einen anderen Humbug.
Es geht um die heutige Zinserhöhung der Fed. Wahrscheinlich werden die
Leitzinsen auf 1,25 % erhöht. Die amerikanische Inflationsrate
(Konsumentenpreise, offizielle Zahlen) liegt bei rund 3 % pro Jahr.
Wenn die Fed die USA ernsthaft vor einer steigenden Inflationsrate
schützen wollte, dann sollte man denken, dass sie nicht für weniger
als 3 % Geld verleihen würde. Tatsächlich vergibt sie aktuell Geld für
1 %, und ab Morgen vielleicht für 1,25 %.
Immerhin wird die Fed ein Ende - oder so... das wird zumindest
weithin angenommen - der Ära der fallenden Zinsen einläuten. Diese Ära
hatte in den ersten Jahren der ersten Amtszeit von Ronald Reagan
begonnen.
1980 waren die Zinssätze in den USA bis auf 20 % gestiegen. Im
nächsten Vierteljahrhundert fielen sie. Die Renditen am
US-Anleihenmarkt fielen letztes Jahr im Juni auf ein 46-Jahrestief,
dank dem auf Rekordtief stehenden Leitzinssatz. Mittlerweile sind die
Renditen wieder gestiegen. Aber der Leitzins steht immer noch bei
1,0 %. Und er wird heute wahrscheinlich um 25 % erhöht werden, was das
Ende eines 24 Jahre dauernden Trends markieren wird.
Was wird dann als nächstes passieren?
Die New York Times schreibt über ein durchschnittliches amerikanisches
Ehepaar:
"Joyce Diffenderfer beginnt sich zu fragen, wie sie und ihr Ehemann
Curtis mit den wachsenden Zinskosten für ihre Kreditkartenschulden in
Höhe von 16.000 Dollar klar kommen werden."
"Die Diffendorfers sind eine von Millionen amerikanischer Familien,
die durch die jüngste welle der niedrigen Zinsen in den Besitz eines
Hauses gekommen sind (...), und jetzt müssen sie mit dem Zinsanstieg
klarkommen."
Ein Mann, der gelernt hat, in einer Welt mit 1 % Leitzins so gerade
über die Runden zu kommen, wird diese Welt wahrscheinlich etwas
weniger freundlich finden, wenn der Leitzins auf 1,25 % gestiegen ist.
Aber eine Welt mit einem Leitzins von 5 % wird ihm sicherlich Probleme
bereiten. Und was mit einer Welt mit Leitzinsen von 10 % oder sogar
20 % (die gab es, als Paul Volcker Fed-Vorsitzender war) wäre...
daran wage ich gar nicht zu denken.
Es gibt Dinge, die wir wissen, liebe(r) Leser(in), und Dinge, die wir
später wissen werden. Was wir wissen, ist, dass die Fed ihren Auftrag
- finanzielle Stabilität - auf merkwürdige Weise erfüllt. Seit ihrer
Gründung hat der Dollar 97,5 % seines Wertes verloren.
Wir wissen, was passierte, nachdem die Fed in den Paul Volcker-Jahren
die Geldpolitik verschärft hatte. Was wir später wissen werden, ist,
was passierte, nachdem die Geldpolitik in der Greenspan-Ära gelockert
worden war.
Jetzt zu Eric Fry:
Mittwoch, 30. Juni 2004
Machtübergabe im Irak keine wirkliche Entlastung
von unserem Korrespondenten Eric Fry in New York.
Wir Amerikaner haben den Irak großzügigerweise den Irakern
zurückgegeben. Aber das Land hat sich gegenüber den Zeiten Saddam
Husseins sehr verändert. Jetzt, wo die US-Army das Land befreit hat,
sind die irakischen Terroristen so frei wie nie zuvor. Sie können das
Leben, die Freiheit und das Streben nach Glück, Jihad-mäßig, genießen.
Ich bezweifle, dass irgendeine Regierung - amerikanisch oder irakisch
- die Unruhe beseitigen kann, die zu Terrorangriff auf Terrorangriff
führt. Und ich bezweifle auch, dass die"Machtübergabe" ein
signifikanter Wechsel gegenüber dem status quo war. Denn immer noch
besetzt die amerikanische Armee das Land, auch wenn jetzt die Iraker
"die Macht haben". Und solange US-Truppen im Land sind, werden sie von
irakischen Militanten angegriffen werden.
"Wir finden es fast intellektuell unehrlich", so Tobias Levkovich,
Stratege bei Smith Barney,"anzunehmen, dass die Machtübergabe an eine
irakische souveräne Regierung die Todesopfer der Anschläge, die
Besetzung, die Gewalt, die finanzielle Belastung der USA und die
Befürchtungen der Aktienmärkte beseitigen würde."
Wenn nicht intellektuell unehrlich, dann doch illusionär... und
dennoch stiegen die Kurse an der Wall Street zunächst. Aber nicht
lange, denn die Kleinanleger begannen, sich wegen der heute
anstehenden Zinserhöhung Sorgen zu machen.
Oder vielleicht machen sich die Kleinanleger auch deshalb Sorgen, weil
die Renditen am Rentenmarkt auch bereits ohne Erlaubnis von Alan
Greenspan klettern? Die Rendite der amerikanischen
10-jährigen-Staatsanleihen ist bereits auf rund 4,75 % gestiegen.
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Mittwoch, 30. Juni 2004
Auf Schlosskauf in der Normandie
von unserem Korrespondenten Bill Bonner in London
Letztes Wochenende habe ich mir ein französisches Schloss angesehen,
das verkauft werden soll. Ich kann schönen alten Gebäuden einfach
nicht widerstehen. Auch wenn die alten Steine nicht sprechen können.
Das Chateau, das ich mir ansah, steht in der Normandie. Es wurde von
einem berühmten Franzosen kurz vor der Revolution gebaut, und nach dem
Bau lebte ein anderer darin. Es ist im Stil des 18. Jahrhunderts
errichtet, auf einem großen Grundstück. Von innen sieht das Chateau
deprimierend aus. Den Besitzern scheinen Geld und Energie ausgegangen
zu sein. Die Farbe blättert von den Wänden, und die Teppiche sehen so
aus, als ob sie seit den Zeiten Napoleon III. nicht mehr geklopft
worden seien. Seit der Belagerung von Paris im Jahr 1870 hat sich
dieses Chateau kaum verändert. Doch, ein paar Zeichen von Modernität
gibt es. Rostige Heizungen. Und in einem Raum stand ein Fernseher, der
von einem alten Mann benutzt wurde.
Mein Pulsschlag beschleunigte sich. Ich bin ein"Value Investor", ein
"do-it-yourself"-Handwerker und ein Steine-Liebhaber. Und hier gab es
überall Steine, nicht nur im Hauptgebäude, sondern auch in der
Gartenmauer, in Nebengebäuden. Es gab realen Wert... und Dinge, die
ich selber reparieren und ausbessern konnte, viele Jahre lang.
Bei Immobilien ist die Lage alles. Dieses großartige Anwesen kostet
weniger als ein Durchschnittshaus in La Jolla. Zumindest dann, wenn
man nur den Kaufpreis betrachtet. Die wirklichen Kosten fallen später
an - wenn man das Dach reparieren muss... oder die 20 Schlafzimmer
streicht.
"Nun, was hältst Du davon", fragte ich meinen Sohn Henry nach der
Besichtigung.
"Hmmm... ich finde, es ist ziemlich schön. Aber da gibt's soviel
Arbeit, die zu tun wäre..."
"Ja, aber ich kann diese Arbeit verrichten. Das sind Projekte, die wir
genießen können."
"Dad... Du meinst, dass DU das genießen kannst. Aber Du erwartest
doch nicht von uns, dass wir hier jedes Wochenende zum Arbeiten
hinfahren, oder?"
"Nun, nicht jedes Wochenende. Und nebenbei - das wäre gut für Dich. Du
lernst, wie man praktisch arbeitet. Das führt zu Charakter."
"Dad, wir haben Dir schon beim Hausbau in Maryland geholfen. Und die
letzten 8 Jahren haben wir dieses Haus in Poitou restauriert. Ich
denke, dass mein Charakter schon ganz ok ist."
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Mittwoch, 30. Juni 2004
Bargeld ist König
von Dan Ferris
Schnell.
Was ist derzeit das am günstigsten bewertete Investment?
Und welches Investment würden Sie nicht besitzen wollen?
Wenn Sie Gold sagen, dann liegen Sie falsch.
Die Antwort ist: Bargeld.
Ich sage Ihnen hiermit, dass Sie jede Menge Bargeld halten sollten,
und ich kann es erklären.
Die einfache Erklärung ist: Jeder Investor, der wirklich weiß, was er
tut, hält derzeit hohe Bargeldbestände. Und mit"jeder Investor, der
wirklich weiß, was er tut", beziehe ich mich auf die größten
Investment-Gehirne unserer Zeit. Auf Warren Buffett, Staley Cates &
Mason Hawkins, Jim Gipson, Tweedy Browne und Alan van den Berg.
Warren Buffett hat mehr Geld investiert als jeder andere Mensch auf
diesem Planeten. Und laut seinem letzten Rechenschaftsbericht hält er
34,68 Milliarden Dollar Bargeld. Das entspricht einem Bargeld-Anteil
von rund 25 % (der insgesamt von seinem Fonds Berkshire Hathaway
angelegten 138 Milliarden Dollar).
Staley Cates und Mason Hawkings sind die Co-Manager des Longleaf
Partners Fund, und dieser Fonds hält einen Bargeldanteil von 25 %. Ich
habe Staley Cates nach den Gründen gefragt. Ich fragte ihn:
"Was tun Sie, wenn es nichts Kaufenswertes gibt? Tee trinken und
abwarten? Alle Value Investoren halten derzeit viel Bargeld."
Cates:"Ja, wir trinken Tee und warten ab. Das ist oft schwer (...)
aber wir haben den alternativen Fehler (zwanghaft etwas zu tun) oft
genug getan, um ihn nicht wiederholen zu müssen."
Der S&P 500 hat ein durchschnittliches KGV von 16,4 - das befindet
sich in der Nähe des historischen Durchschnittswertes von 16. Und seit
1995 befand sich die Bewertung immer über diesem Durchschnittswert.
Wenn Sie Aktien kaufen wollen, dann müssen Sie immer noch vorsichtig
sein, und nur das kaufen, was sicher und günstig genug ist. Egal, was
Sie jetzt mit Ihrem Geld tun - denken Sie dran, dass"Bargeld der
König ist". Stellen Sie sicher, dass Sie mehr Bargeld als alles andere
haben.
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