- Ohne Schulden geht es nicht - im Moment! - silvereagle, 07.07.2004, 16:45
- Denk mal nach - sensortimecom, 07.07.2004, 17:08
- Re: Ohne Schulden geht es nicht - im Moment! - Burning_Heart, 07.07.2004, 18:07
- Re: Oh, oh lieber Silvereagle - R.Deutsch, 07.07.2004, 18:18
- Re: Oh, oh lieber Silvereagle - Silberfuchs, 07.07.2004, 19:11
- "Wohlstand für alle" oder wie? - dass ich nicht lache:-( - mario, 07.07.2004, 18:58
- Falsche Argumente! Da gibts nichts zu widerlegen. - Prosciutto, 07.07.2004, 19:08
- Re: Ohne Schulden geht es nicht - im Moment! - Fürst Luschi, 07.07.2004, 19:39
- Re: Prima beschrieben. Keine weiteren Fragen...owT. - Zet, 07.07.2004, 21:51
- Wie sieht dieser"Eigentumspool der ZB" denn genau aus? danke! (o.Text) - ingobert, 08.07.2004, 09:46
- Re: Da staun' ich aber Bauklötzer, lieber silvereagle! - Uwe, 07.07.2004, 22:18
Ohne Schulden geht es nicht - im Moment!
-->Hallo allerseits,
ich lehne mich mal wieder ein wenig aus dem Fenster, und behaupte, dass das System von Schulden auf der einen und Guthaben auf der anderen Seite im Grunde eine wunderbare Sache sein kann; unter anderem einer der wichtigsten (Motivations)Faktoren, die uns in den letzten Jahrzehnten so gewaltig vorwärts gebracht hat.
[Kurzer Exkurs: Wer mit dem vorigen Satz nicht einverstanden ist, und folglich der Meinung ist, in den letzten Jahrzehnten sei es vor allem bergab gegangen, den bitte ich folgendes zu widerlegen:
1.) Die allgemeine Lebenserwartung ist nicht nur im Westen, sondern auch in den Entwicklungsländern beträchtlich gestiegen.
2.) Der allgemeine Lebensstandard (Autos, Computer, Reisen, billige Medikamente etc.etc.) ist um ein Vielfaches gestiegen.
3.) Die Situation unserer Umwelt wie insbesondere Luftqualität, Wasserqualität sind in Summe weitaus besser als noch vor 30 oder 40 Jahren, vor allem in den Großstädten.
Sollte eine solche Widerlegung nicht möglich sein, dann würde ich um eine Außerstreitstellung meines besagten obigen Satzes bitten - auch wenn sich der innere Schweinehund noch so sehr dagegen sträuben mag.]
Da die Entwicklung dieser letzten Jahrzehnte eine ungemein komplizierte war, mit vielen Rückschlägen, aber letztlich ungebremster Bewegung nach vorne, ist es natürlich schwierig, festzustellen, welche der beobachtbaren Faktoren dieses Wirtschafts- und Technologiewunder mehr beflügelt haben, und welche es eher gebremst haben. Dennoch kann man mE ziemlich sicher davon ausgehen, dass die charakteristischsten Merkmale unseres"westlichen" Systems (im Vergleich zu anderen, die bei weitem nicht so erfolgreich abgeschnitten haben) auch ganz wesentlichen Anteil an den gezeitigten Ergebnissen haben.
D.h., z.B.: Wenn sich das"westliche" System vom"sozialistischen" ganz wesentlich in der Existenz privaten Kapitals unterscheidet, und ersteres in vier Wochen so produktiv ist, wie das andere in einem ganzen Jahr, dann kann man ohne Zweifel davon ausgehen, dass Kapital in privaten Händen wesentlich mehr Potential bietet, als in (alleinig) staatlichen Händen.
Ein weiterer Punkt fällt bei Betrachtung dieser Entwicklung ins Blickfeld: Die Ausweitung des Schuldenstandes in den westlichen Nationen. Von Frankreich bis Deutschland, von Italien bis Belgien, von den USA bis in die Schweiz: Überall stiegen sowohl die privaten wie auch die öffentlichen Schulden ganz massiv, geradezu explosionsartig an. Und das nicht erst seit gestern, sondern spätestens seit den 60ern. Rein gefühlsmäßig hat der größte Teil des"Fortschrittswunders" aber erst seit diesen Jahren so richtig eingesetzt: Man denke vor allem an die Mikroelektronik, die ziemlich genau seit jener Zeit praktisch in jeden Lebens- und Wirtschaftszweig unaufhaltsam eingedrungen ist und zu Produktivitätswundern ohne Ende geführt hat - und weiter führen wird.
Diese - hoffentlich ebenso unstrittige - Entwicklung ging also einher mit einer gigantischen Verschuldungsorgie, privat wie staatlich. Rein zufällig? Ich glaube kaum: Diese massive Verschuldung im Wege von fiat money hat einen ganz wichtigen Beitrag geleistet, in so kurzer Zeit das notwendige Kapital bereitszustellen, um die entsprechenden Forschungsarbeiten und Investitionen überhaupt finanzieren zu können.
Was wäre bei einem Goldstandard nach altem Muster geschehen? Die Nachfrage nach Kapital (= Gold) wäre nach entsprechenden Anfangserfolgen beträchtlich gestiegen. Damit wäre Gold immer teurer geworden; schnell würde die Entwicklung von einer durch Spekulation angetriebenen"Goldhausse" überschattet - mit vielen Ups an Downs, wie wir es ja beim Gold kennen. Und es hätte lange gedauert, bis über die vermehrte Förderung in neuen Minen weiteres Gold auf den Markt gekommen wäre. Ich wage einmal zu behaupten, dass dies vielen jungen Start-Ups in den 70ern eine seriöse Kalkulierung ihres Kapitalbedarfes sehr erschwert, wenn nicht völlig verunmöglicht hätte. Gewonnen hätten vor allem diejenigen, die ein glücklicheres Spekulantenhändchen gehabt hätten, und wer in der Spekulation Glück hat, muss noch lange nicht mit seinem eigentlichen Produkt auf dem richtigen Weg sein...
Es ist also durchaus denkbar, dass all die bahnbrechenden Entwicklungen in dieser so kurzen Zeit ganz entscheidend mit der relativ leichten"Verfügbarkeit" von fiat money zusammenhängen. Aber auch die industrielle Massenfertigung, meines Wissens zur Blüte gebracht in den 1920ern in den USA, könnte einen Beleg für diese Theorie liefern. Schliesslich waren es vor allem die USA, die nach Ende des 1. WK (aus welchen Gründen immer!!) vom Goldstandard sukzessive abwichen. Alles nur Zufall?
Die Welt entwickelt sich weiter. Sie hat das immer getan, also besteht nicht der geringste Grund, dass dies nicht auch in Zukunft so sein wird. Man kann freilich vieles an der Vergangenheit kritisieren; aus dem Blickwinkel der Gegenwart ist man immer gescheiter. Worum es mir hier geht, ist folgendes: Wenn etwas (bei entsprechender Betrachtung) unzweifelhaft gute Ergebnisse gezeitigt hat, dann kann es so schlecht nicht gewesen sein. Sprich: Fiat money hatte (und hat) seinen Sinn. Das heisst aber nicht, dass das ewig so weitergehen muss: Siehe vorhin! Es wäre sehr unwahrscheinlich, dass in einem sich bewegenden Universum irgendetwas auf Dauer gleichbleibt. Soll heissen: Auch fiat money ist nicht der letzte Schluss. Mit Sicherheit nicht!
Aber zur Zeit haben wir nun mal nichts Besseres. e-gold und Co. spielen (in ihrem Bereich) seit Jahren eine nicht unwesentliche Rolle, keine Frage. Aber so etwas wie wirkliche Bedeutung im alltäglichen Leben der großen Mehrheit der Menschen haben all diese Ideen nicht erlangt. Nicht einmal am Rande. Dafür funktioniert fiat money einfach viel zu gut. Dennoch haben diese Firmen möglicherweise noch Potential, denn immerhin handelt es sich dabei ja um etwas unstrittig Neues, eine Weiterentwicklung: Gold und Silber müssen nicht mehr real hin- und hertransportiert werden. Eine Buchung erfolgt innerhalb von Sekunden. Damit gleicht es sich in einem wichtigen Punkt dem fiat money an, während es aber seinen wichtigsten Nachteil beibehält: die mangelnde Verfügbarkeit. Dem wiederum steht jedoch eine gewisse Wertsicherung als positives Pendant gegenüber, während fiat money bekanntlich dazu verdammt ist, durch Inflation irgendwann bei Null zu enden (wovon wir freilich weit, weit entfernt sind, bitte realistisch bleiben). e-gold wird also als Nischenprodukt eine interessante Alternative sein. Auch als Stachel im Fleisch unbesonnener fiat-money-Verantwortlicher kann es eine gewisse Rolle spielen. (Viel) Mehr aber wohl nicht.
Abschließend ist es wohl auch an der Zeit, ein Wort zur Bedrohung durch ausufernde Schulden zu verlieren. Keine Frage, das ist eine Bedrohung und sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Solange wir ein fiat money - System haben, ist es völlig ausgeschlossen, ohne Schulden auszukommen. Die muss es - immerzu und immer wieder - geben. Dennoch wäre es wohl unverantwortlich, sich ohne Maß und Ziel zu verschulden,"weil das ja so super" wäre. Das System verträgt (und da denke ich natürlich an den größten Schuldner, den Staat) keine kurzfristigen Gewalt-Sprünge, und die Geschwindigkeit der Neuverschuldung zu reduzieren, war bestimmt keine falsche Entscheidung der Poltitik in sämtlichen westlichen Staaten. Niemand kann ein Interesse daran haben, dass auch die Begleichung der kurzfristigen Schulden von Tag zu Tag immer unwahrscheinlicher wird.
Des weiteren muss man sich natürlich überlegen, wofür man das so generierte Kapital ausgibt: Wenn es - wie in der Vergangenheit - zum weitaus größten Teile in neue Technologien und Betriebe (und bitte: privat geführte!) investiert wird, dann bin ich auch dafür. Wenn man damit aber in erster Linie Wahlzuckerl à la"Sozialleistungen" oder sonstige"Steuergeschenke" (die man sich dann allesamt auf Dauer wieder nicht leisten kann) oder Gleichmacherei welcher Art auch immer produzieren will, dann sollte man mE"Nein, danke" sagen. Das geht garantiert in die Hose, das sagt einem schon der Hausverstand.
Wie die nächste, umfassende Weiterentwicklung von"Geld" aussehen wird, was also nach fiat money kommen wird, darüber kann man mE z.Zt. nichts Seriöses sagen. Eine Rückkehr zu immobileren Zeiten wie dem Goldstandard ist wohl wirklich nur über einen schlimmen, schlimmen Krieg denkbar. Dagegen kann man sich auch ganz einfach absichern: selbst ein Bruchteil des eigenen Vermögens, in Gold und Silber angelegt, würde einem die dadurch entstehenden Unannehmlichkeiten (und sofern man das ganze biologisch überlebt) zumindest entsprechend versüßen. Aber als zielführende Variante für diese so gewachsene Gesellschaft kann man das getrost vergessen, und auf der Müllhalde des ewigen Pessimismus und der Misanthropie entsorgen. ;-)
Gruß, silvereagle

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