- Sinn und Unsinn der Wertpapiere - Sorrento, 15.07.2004, 14:22
- Re: Sinn und Unsinn dieses Postings - JLL, 15.07.2004, 17:48
Sinn und Unsinn der Wertpapiere
-->Sinn und Unsinn der Wertpapiere
Tobias am Wednesday, 14. July 2004, 15:05
am Beispiel der öffentlichen Anleihen und der Aktien
Das Beispiel öffentliche Anleihen
Man nehme einmal an, die Verschuldung von Bund, Ländern und Gemeinden (1,37 Billionen Euro) läge in Form von frei handelbaren Anleihen vor. Man nehme des Weiteren an, diese Anleihen wären auf alle Bundesbürger gleich verteilt. Einerseits wären wir in gleicher Höhe - und zwar mit ca. 16.600 Euro pro Kopf - Gläubiger unseres Staates. Andererseits wären wir im gleichen Maße Schuldner, da wir uns als Staatsbürger 16.600 Euro geliehen haben und diesen Betrag mit Zins und Zinseszins zurückzahlen müssen. Guthaben und Schulden sind immer gleich groß. Das Kuriose in diesem Fall ist: Jeder wäre Gläubiger seiner selbst. Mit der linken Hand würde jeder Bundesbürger bei 5% Verzinsung 830 Euro Steuern zahlen, mit der rechten Hand würde jeder 830 Euro Zinsen kassieren. Die Stimmung im Land wäre durchwachsen: Einerseits ärgert sich die Bevölkerung über hohe Steuern in ihrem ach so verschuldeten Staat, andererseits freut[1] sie sich über hohe Zinseinnahmen. Könnte man da nicht gleich Schulden und Guthaben streichen, um „Transaktionskosten“ zu sparen[2]?
Das Beispiel Aktien
Bei einigen Aktiengesellschaften (Deutsche Börse, Royal Dutch Petroleum, Ryan Air, Nokia…) ist der Gewinn[3] pro Mitarbeiter deutlich höher als der - nicht ohne Grund so genannte - „Personalaufwand“. Auch wenn ein Teil des Gewinns für Investitionen dringend benötigt wird, diese Konstellation ist dennoch bemerkenswert. Bei einer Gleichverteilung aller Aktien auf die Belegschaft und bei Vollausschüttung des Gewinns ergäbe sich so mehr als eine Verdopplung des Lohnes. Könnte man da nicht gleich die Löhne anheben? Gewinn und Dividenden würden damit zwar niedriger ausfallen oder völlig wegfallen, was aber die Beschäftigten aufgrund Lohnerhöhung nicht stören sollte.
Die Überlegungen eines Angestellten: Bedenkt ihr auch das Halbeinkünfteverfahren? Dividenden werden niedriger besteuert als Löhne und Gehälter - von Sozialabgaben ganz zu schweigen! Wir, die vereinten Belegschaftsaktionäre, sollten auf der nächsten Hauptversammlung eine Lohnsenkung auf null beschließen. Diese Einsparung bedeutet höhere Gewinne für unsere Firma und damit höhere Dividenden für uns. Fazit: Brutto verändert sich natürlich nichts, aber netto bleibt für uns mehr übrig.
Wenn auf der nächsten Hauptversammlung kein solcher Beschluss gefasst wird, weil der Tarifvertrag eine Lohnsenkung nicht zulässt, so bleibt als Alternative nur eine Lohnerhöhung oder Prämienzahlung. Die Dividende würde dann überhaupt nicht erwirtschaftet werden. Genauer: Die Beschäftigten würden gar nicht um die Dividende betrogen werden. Marxistisch gesprochen: Der Mehrwert würde den Proletariern in voller Höhe zufließen, da sie ja zugleich auch die Kapitalisten sind, also beiden „Klassen“[4] angehören.
Als dritte Möglichkeit wäre auch eine Preissenkung (Umsatzsenkung) denkbar. Alle Produkte der Firma werden um den Betrag verbilligt, den bislang die Dividende ausmachte. Genauer: Alle Produkte wären nicht mehr wie sonst um diesen Betrag verteuert. Die Käufer würden gar nicht erst die im Preis versteckte Dividende bezahlen müssen, um sie später als (Klein)aktionär (zum Teil) wiederzubekommen[5]. Diese kapitalismustypische Umstandskrämerei würde der Vergangenheit angehören.
Fazit
Wenn alle Wertpapiere gleich verteilt wären, dann würden wir als Anleihenbesitzer uns unsere eigenen Zinsen zahlen. Als Aktionäre würden wir uns unsere eigenen Dividenden ausschütten. Bei Gleichverteilung sind Wertpapiere sinnlos! Dies würde dann auch für Rating-Agenturen, Anlageberater, „Aktienkultur“-Prediger und ähnliche Branchen gelten. Nur bei einer ungleichen Verteilung haben Wertpapiere überhaupt erst einen Sinn! Frage:
Warum und wozu wurden Wertpapiere erfunden, wo doch ihre Gleichverteilung sinnlos ist und ihre Ungleichverteilung ihnen zwar Sinn verleiht, diese aber zu schwersten volkswirtschaftlichen Schäden führt? Liegt der Sinn der Wertpapiere in der Herbeiführung von Krisen und Katastrophen?
<ul> ~ zitiert aus einem Blog</ul>

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