- Schulden durchaus schon Steuern von heute - dottore, 22.07.2004, 11:41
- Gibt es Obergrenzen für Grundsteuer? Wie weit kann eine Gemeinde die - Odin, 22.07.2004, 11:55
- Re:The Sky is the limit (o.Text) - LOMITAS, 22.07.2004, 12:04
- Obergrenzen für Grundsteuer - Zandow, 22.07.2004, 17:22
- Das nennt man Entlastung - Turon, 22.07.2004, 12:37
- Auf Spiekeroog wurde mit der Erhöhung Kurtaxe die Sau rausgelassen - Easy, 22.07.2004, 12:49
- Schulden = Steuern = Zins? - Zandow, 22.07.2004, 17:17
- Re: Schulden = Steuern = Zins? - dottore, 23.07.2004, 14:56
- Sehr schön. Besten Dank! (o.Text) - Zandow, 23.07.2004, 15:32
- Re: Schulden = Steuern = Zins? - dottore, 23.07.2004, 14:56
- Gibt es Obergrenzen für Grundsteuer? Wie weit kann eine Gemeinde die - Odin, 22.07.2004, 11:55
Re: Schulden = Steuern = Zins?
-->Hi Zandow,
>wenn sich aus der Steuer (Schulden beim Abgabepflichtigen ex nihilo) der Zins ableiten läßt, bessergesagt diese Steuer bzw. deren Erhöhung der Zins ist, müßten sich doch durch die Steuererhöhungen die privaten Zinsen erhöhen. Oder nicht? Der genaue Übergang von der Steuererhöhung zum privaten Zins ist mir noch nicht ganz klar. Können Sie`s mir erklären?
Eine Steuererhöhung allein besagt noch nichts. Es sei, denn es ist eine klassische Substanzsteuer (Kopfsteuer, Haussteuer, usw.). Die meisten Steuern heute sind Ergebnissteuern und wenn die Ergebnisse nicht vorliegen (man weicht bei MWSt.-Erhöhung auf weniger Verbrauch aus - Steuersumme bleibt gleich) war die Steuererhöhung für den Wind.
Es müssen also auch erhöhte Steuereinzahlungen erfolgen. Diese bedingen höhere Auszahlungen an den Staat. Das dazu benötigte Geld muss beschafft werden (bei ceteris paribus - also niemand senkt seine Auszahlungen woanders).
Die Beschaffung kann dann nur über zusätzlichen Kredit erfolgen, d.h. der sog. Kreditnehmer muss einen höheren Anteil der von ihm seinerseits erwarteten künftigen Einzahlungen an den Kreditgeber abtreten. Diese höhere Anteil ist dann ein höherer Zinssatz, zuerst gerechnet von oben (als Zession) und dann auf die Kreditsumme aufgeschlagen.
Einfaches Beispiel:
Zunächst keine Steuern. Jemand erwartet in einem Jahr 1000 und kann die 1000 voll für sich verwenden, sobald sie eingetroffen sind.
Steuern werden eingeführt und liegen bei einem bei 500. Fällig zu Beginn des Jahres. Der Steuerzahler hat die nicht und muss sich die 500 also beschaffen. Dazu leiht er sich 500. Dafür muss er den vereinbarten Zins von 10 % bezahlen. Also insgesamt 550.
Er verspricht, sie aus seinen späteren Einzahlungen, mit denen er fest rechnet in Höhe von 1000 zurück zu zahlen. Er bekommt die 1000 und muss 550 zurück zahlen. Die 500 sind eh klar und die 50 sind von den 1000 dann 5 %, auf die er verzichten muss. Statt der 1000 kann er jetzt über 450 verfügen.
Will er über die 1000 verfügen, muss er sich die 550 zusätzlich leihen, da er mehr als die 1000, die er erwartet hatte, nicht eingezahlt erhält. Entweder er verzichtet also oder er leiht sich diese, indem er von seinen Einzahlungen, die wieder ein Jahr später eintreffen, in Höhe des Zinses auf die 550, also weitere 55 abtritt. Womit er also schon 5,5 % abtreten müsste.
Jetzt wird die Steuer auf 800 erhöht. Wieder Beschaffung zu 10 %. Er muss also 880 zurückzahlen. Die 800 sind eh klar. Und die 80 sind bei gleichen 1000 dann schon 8 %. Er hat in einem Jahr noch 220 zur Verfügung.
Will er in einem Jahr über genau die 450 verfügen, über die er vor der Steuererhöhung verfügen wollte, muss er sich wiederum die Differenz beschaffen, also 450 minus 220 = 330. Für die 330 muss er 10 % bezahlen, also 33. Diese 33 gehen in einem weiteren Jahr von den dann wieder 220 bei ihm verbleibenden (siehe eben) ab. 33 von 220 sind dann schon 15 %.
Da dies beim Leihgeber natürlich genauso abläuft und auch dieser immer weniger zur freien Verfügung hat, wird er sich die freie Verfügbarkeit entsprechend teurer abkaufen lassen (sofern er sich nicht selbst verschuldet, um dann diese Schuldsumme seinerseits weiter zu geben, die Weitergabe natürlich mit einem Zinsaufschlag).
So schiebt sich bei Steuererhöhungen das Zinssatz-Niveau tendenziell immer weiter nach oben. Es sei denn: Die Steuerzahler verzichten auf einen immer größeren Teil der von ihnen erwarteten Einzahlungen zugunsten des Staates. Dadurch haben sie weniger zur Verfügung und verarmen nach und nach.
Oder: Die Steuerzahler rechnen in Höhe der erhöhten Steuerzahlung mit zusätzlichen Einzahlungen an sie und erhalten diese auch. Dann erhalten sie ihren Verfügungsstatus und müssen sich nicht selbst zur Erhaltung desselben verschulden.
Da dies aber nicht für alle Steuerzahler möglich sein kann, weil höhere Einzahlungen an alle nur möglich sind, wenn sich wenigstens einer von ihnen in Höhe der Einzahlungen zusätzlich verschuldet, um das auszahlen zu können, was die anderen an Einzahlungen erhalten und überdies andere (Zahl ist offen) auf das zur sofortigen Verfügung verzichten müssen, was der Leihnehmer der sich dann ergebenden Summe sich leiht, müssten die Leihgeber ihrerseits auf Verfügbarkeit verzichten und sich somit schlechter stellen als sie bei Nicht-Leihgabe wären.
Letztlich läuft's also auf einen Mix hinaus, der auch noch dadurch beeinflusst wird, wie und an wen und auch wie schnell der Staat die bei ihm eingezahlten Summen wieder auszahlt. Verzögert er diese Zahlungen, was schon in der Natur der Sache liegt, weil er erst auszahlen kann, nachdem bei ihm eingezahlt wurde, müssen jene, die zum Termin auf diese Zahlungen angewiesen sind, sich ihrerseits verschulden, da sie ihrerseits ebenfalls laufende Zahlungstermine zu beachten haben.
Oder eben der Staat verschuldet sich, indem er seinerseits erwartete (und erzwingbare) spätere Einzahlungen abtritt, sich also"verschuldet", indem er Steuereinzahlungen zediert.
Alles läuft demnach einzig und allein darauf hinaus, wie hoch die erwarteten bzw. erzwingbaren späteren Einzahlungen angesetzt werden und wie hoch diese relativ zu den davon abzutretenden Einzahlungen sind. Dies wiederum ist eine reine Frage der"Stimmung", geht also in den Bereich der Massenpsychologie.
Extrembeispiel:
Ein Optimist rechnet mit Einzahlungen von 100-200-400-800. Dann kann seine Steuer entsprechend steigen: 50-100-200-400. Er behält zwar jeweils die Hälfte, aber doch eine vervierfachte Summe (gegenüber dem Ausgangspunkt) und fühlt sich entsprechend wohl.
Ein Pessimist rechnet mit 100-120-160-200 und käme selbst mit der verdoppelten Summe nicht mehr zurecht, da er sich 200 der auf ihn fallenden Steuern (400) beschaffen müsste.
Je besser also die Stimmung, umso schöner ist das Leben für alle. Solle sich der Optimist aber getäuscht haben und im 4. Jahr bleibt sein Einkommen bei 400, wäre er den gesamten Betrag auch als Steuer schuldig, was sein Mütchen sofort kühlen würde.
Steuererhöhungen wirken also vor allem auf die Stimmung, d.h. auf die Einschätzung der Differenz zwischen erwarteten und (von der erwarteten Summe) abzutretenden Einzahlungen. Geht die Differenz gegen Null (aufgrund von Steuererhöhungen) werden keine new credits mehr genommen (also künftige Einzahlungen mehr abgetreten). Dann wird versucht, die old credits abzuwickeln, was immer schwieriger wird, je länger es dauert (starke Liquiditätsanspannung mit hohem Kurzfristzins, Pleitewellen). An zusätzliche Kreditaufnahme denkt niemand mehr (Kreditverweigerung, keine Investitionen usw.) und am Ende wird der Zins wieder das, was er - summenmäßig - schon am Anfang war: die Steuer.
So in etwa.
Herzlichen Gruß zurück!

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